[MSG] Kapitel IV: Ein unerwartetes Wiedersehen

"Ich verneige mich vor Euch, Lord Schwarzfuß.", sagte Bolvar Fordragon. "Ich möchte so gerne Eure Füße küssen."
"Ich bin zu jung, um zu regieren! Ihr seid der bessere Kandidat und noch ein viel besserer König als mein Vater!", pflichtete Anduin bei.
"Ihr seid mein großer Held!", rief Caleb und klatschte in die Hände.
"Hier ist die Krone, mein Hübscher.", sagte Serrah und brachte ihm seine Königskrone. "Für Euren großartigen Sieg über Groteskos, den Boss der brennenden Legion!"
"Danke, danke.", sagte Aldrion und nahm die Krone entgegen. Gerade wollte er sie aufsetzen, da kamen plötzlich überall Naga aus dem Boden geschossen, fielen über die Gäste her und fraßen sie auf. Aldrion konnte nichts mehr machen.
"NEEEEEEEEIN!", brüllte er.
Plötzlich war er ganz woanders. Er stand einem riesigen Schwarzdrachen gegenüber. "Willkommen bei den Gladiatorenkämpfen. Du wirst gegen hundert Orcs einzeln kämpfen und wenn du alle besiegt - oder auch verloren hast - kämpfst du gegen mich."
"NEEEEEEEEEEEEEIN!", brüllte Aldrion noch verzweifelter.
Schweißgebadet erwachte er und sah sich verwirrt im Himmelbett um. "Was ist passiert?" Uff, er hatte nur schlecht geträumt. Dem Licht sei Dank.
"König Schwarzfuß!" Shalindreya, Serrah und Ena standen an seinem Bett. "Schämt Ihr Euch nicht, bei Eurer Hochzeit zu verschlafen? Aus den Federn mit Euch!"
"Meine Hochzeit?", rief der frischgebackene Monarch überrascht und sprang aus dem Bett. Wer war noch mal seine Braut? Eigentlich wollte er alle drei nehmen.
Plötzlich stürmte John herein. Er trug ein Brautkleid und umarmte Aldrion stürmisch. "Und Süßer, gefalle ich dir?", rief er und knutschte den König selig ab.
"NEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEIN!", brüllte Aldrion.
"MEINE FRESSE!", brüllte Gerhin zornig. "Was brüllst du so, Hackfresse? Du hast mich aufgeweckt."
Aldrion versuchte, sich zu erinnern und fand sich irgendwo in der Pampa wieder. "Sorry, Zwerg...", murmelte er bedröppelt. "Hab nur schlecht geträumt..."
"Echt?", rief der Zwerg begeister. "Cooooool! Was denn? Was denn?"
"Ach, nix Besonderes...", murmelte der Assassine.

"Bei Illidans vergammelten Fußnägeln, was soll dieses Geschrei? Verdammt nochmal." Malacay rieb sich über sein Gesicht und gähnte dann nochmal ausgiebig. "Wenn die Paladin meine magie nicht blockiert hätte, würd ich dir den Hintern rösten, Schurke,"grummelte er mürrisch. Amras wachte nun auch auf und streckte sich erstmal. Nat wachte erst auf, nachdem sein Sohn ihn am Arm rüttelte. Fragend blickte er zu seinem Sohn. "Wir müssen wohl bald weiter, ess etwas und mach dich fertig, Vater," erwiederte Amras freundlich.

Zalaschi schlief trotz des geschreis von Aldrion immernoch tief und fest. Im gegensatz zum Schurken schien er einen schönen traum zu haben, den seine Atmung war ruhig und gleichmässig, was man sehr gut an der "Seifenblase" an seiner Schnauze erkennen konnte die sich immer wieder aufblähte und wieder zusammenzog.
Er bemerkte nichteinmal das Isis auf seinem rücken landete und den Naga intensiev zu mustern schien.

Alia hingegen war bereits wach und machte sich an der Feuerstelle zu schaffen. Es war noch etwas Holz übrig und nach kurzer Zeit hatte sie aus der alten Glut wieder ein kleines Feuerchen entfacht. Dann schnappte sie sich einen Kessel, holte frisches Wasser und begann es zu über dem Feuer zu erwärmen. "möchte nochjemand einen Tee haben?"

Jurek warf Ena einen kurzen Blick zu, bevor er ihr zulächelte. "Ich werde Ena und unser Kind begleiten, solange es das Sicherste für sie ist." teilte er Shalindreya mit. Zwar würde er nachher nochmals mit Ena darüber reden, ob sie wirklich weiter nach den Rissen suchen sollten, aber das hatte noch Zeit. Jetzt musterte er kurz John, bevor er sich ihm und der Schamanin zuwandte. "Würde es dich stören, wenn ich bei dem Gespräch auch anwesend bin?" wollte er von dem Untoten wissen.

Serrah war noch vor allen anderen aufgewacht. Die Blutelfe saß in voller Rüstung auf einem Stein am Seeufer und starte auf den Loch hinaus. Eine Brise brachte die Ried- und Binsengräser in Bewegung. In dem Kies vor ihr steckte ihr Schwert, mit blanker Klinge, die das Licht der aufgehenden Sonne auf die Steine sprenkelte. Weiter draußen auf dem See tauchte einer der Drescher auf, dann noch einer. Die Tiere waren im Grunde nicht wirklich aggressiv, verteidigten aber ihr Territorium. Und sie waren natürlich an das Wasser gebunden, was bei Loch Modan hieß, dass sich ihr Lebensraum auf den See beschränkte. Serrah strich sich eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. Vom Lagerplatz her ertönten die üblichen morgendlichen Schreie und anderes Gerede, an das sich Serrah schon in der brennenden Steppe gewöhnt hatte. Mit dieser Gruppe gab es wirklich kaum eine ruhige Minute.
Weit über dem See näherte sich ein roter Punkt in auf und Abbewegungen. Was auch immer dort flog, schien seine Bewegungen nicht wirklich kontrollieren zu können. Goldenes Gefieder reflektierte die Sonne und sandte einen Blitz Licht über den See. Serrah bemerkte das Tier erst als es flatternd vor ihr aufkam und sich mit einem kläglichen Krächzen näherte. Der Vogel, denn um einen solchen handelte es sich, war ein Sonnenfalke, die Botenvögel der Dämmerung. Der Falke sprang flügelschlagend auf Serrahs ausgestreckte Hand.
"Hallo, Nirn", grüßte die Blutelfe. Nirn war ihr persönlicher Botenfalke und sie hatte ihn lieb gewonnen. Die Nachricht hingegen enthielt das übliche: Berichte von Kämpfen gegen die Untoten, wie weit die Reinigung der Pestländer vorangeschritten war, Neuigkeiten zur Ausbildung und so weiter. Der letzte Satz hingegen ließ es Serrah kalt den Rücken hinunter laufen. Die Gesundheit Eurer Mutter hat sich gebessert. Das war mehr als sie zu hoffen gewagt hatte.
Nirn machte es sich auf einer der Schulterplatten bequem und zupfte an einer Haarsträhne herum, bis Serrah ihm ein paar Körner hin hielt. Serrah streckte die Beine aus. Alle Anstrengung schien vergessen.

Und schon war ihr Stecher angehoppelt gekommen. Jetzt sucht er noch den Kontakt mit ihr, aber man wird sehen wie schnell sich das ändert wenn sie plötzlich Erdbeeren mit Schokoladeneis auf Kaktusgeele will und das MITTEN in Silithus. Es gibt keine Kakteen in Siltihus, nur ein großes, dummes, verschlossenes Tor.
"Ja.. ja das würde es. Ich bin Sensibel, und wenn ich mit zuvielen Leuten auf einmal reden muss, oder ich mich belauscht fühle, dann werde ich Nervös und könnte ausversehen noch jemanden anzünden.. aus nervösität. Möchtest du das sie angezündert wird? Ich glaube kaum. Also.. mach etwas nützliches und versuch nicht.. noch jemanden zu schwängern" Er wedelte mit seiner Hand Jurek davon.
Seltsam. Er hätte immer gedacht das er das einmal zu Flynn sagen müsste.. und nicht zum wem anderes.
Wo war Flynn überhaupt? Mit einem kurzen Blick nach hinten versicherte er sich das nicht plötzlich irgendetwas pseudoflauschiges ihn in beschlag nehmen würde.
Sah sicher aus.
Aber ich wette das dachten sich die Frauen die er flach legte auch immer, kurz bevor sie dann in einem Bett aufwachen und eine große, feuchte Nase vor ihrem Gesicht haben.
Ob es wohl Leute gab die es erregte die Nase eines Hundes abzulecken? Wie wohl die Nase eines Hundes schmecken würde? Wahrscheinlich seltsam. Oder nach Vanillie.

Johns Blick hatte sich auf Jureks Schuhen fest gefahren, die er mit offenen Mund anstarrte, aber auch nur deshalb weil sein Kopf grade in diesen Moment mit einem haufen Scheiße gefüllt wurde, den man Kiloweise aus seinem Kopf holen könnte.

"Ist schon in Ordnung, Jurek. Ich glaube nicht, dass John mir etwas tut. Mach doch schon einmal Frühstück!" Ena lächelte müde, doch sie richtete sich dennoch auf und griff den Untoten an der recht knochigen Schulter, um ihn dann recht direkt etwas von den anderen entfernt wieder abzusetzen, nur für den Fall, dass er gerade eine mentale Starre hatte. Es war ein etwas frostiger Morgen, wie Ena fand, aber das tat gut. Es weckte auf. Neugierig betrachtete die Schamanin den Untoten und fragte sich zugleich, was er nur über Kidnerkriegen wissen konnte, was er ihr erzählen könnte. "Was gibt es denn?"

John lies sich Mitschleifen. Lange her das ihn so jemand an der Schulter gepackt hat.. ohne ihn danach umbringen zu wollen.
"Ich finde ihr saht so glücklich aus... über eure Schwangerschaft da dachte ich mir, ich könnte euch etwas erzählen um euch die unbegründeten Ängste zu nehmen, und euch dafür frische, begründete wieder zurück zu geben."
"Ihr fragt euch jetzt sicher.. was kann ein UNTOTER schon von der Geburt wissen? Oder vom Kinder kriegen? Zu meiner verteidgung, selbst als lebender fiel es mir äußerst schwer ein Kind zu kriegen.. ich habe es nie versucht, aber mir fehlten damals schon die nötigen, weiblichen Geschlechtsteile. Aber um auf das eigentliche zurück zu kommen.. ich Lebe jetzt schon verdammt lange. Ich gehe sogar soweit, zu sagen, das seit meinem Tot ich schon zu lange Lebe, und viele Leute die ich treffe werden mir in diesem Punkt wo tatsächlich zustimmen.. wenn sie nicht grade versuchen meinen Zustand.. umzukehren.." John räusperte sich. Die Frage stand im Raum, wie lange John es wohl schaffen könnte UM, wie sagt man so schön, das heiße Baby zu reden. Also nicht über, sondern drum herum.
"Ihr werdet euch normal verhalten.. für eine ganze Weile.. und dann geht es lust. Hunger auf Schlange mit Honig Mantel, Erdbeeren in Pfeffersauce, Zwiebeln in Erdbeereis. Seit gut zu dem der euch geschwängert hat.. vertraut mir.. denn wenn das mit dem Essen los geht dann werdet ihr im schreckliches antun. Ihr werdet ihn scheuchen, herum jagen lassen, ihn seiner Männlichkeit berauben und aus ihm das genervteste nervenbündel machen, das ihr euch vorstellen könnt! Gut.. nur weil eine Orkin das gemacht hat, heißt das nicht ihr das auch macht.. aber ich bevor ich Untot wurde, war ich auch ein Mensch und hatte Freunde. Ja, ich hatte Freunde.
Aber nachdem ihr das Ding, und so wie ich euch nach circa.. einer Woche? zwei Wochen? Wie lange kennen wir uns schon? Eigentlich egal.. so wie ich euch kenne, werdet ihr das Baby aus euch heraus schießen wie eine Kanone und dann habt ihr auch nicht mehr Hunger auf Zeug bei dem sogar mir die Galle hoch kommt.." John machte eine Pause, sah sie eindringlich an und nickte dabei.
"Aber danach.. geht es eigentlich. Jetzt denkt ihr vielleicht: ´´Oh gott, ein Baby, soviel verantwortung, soviel was ich tun und beachten muss´´. Falsch! Ein Baby verhält sich nur bedingt anders als ein Haustier. Ich finde mit eurem.. Elementar.., Monster.., kuschel Kugel.., Irgendwas seit ihr da schon gut beraten.. nur das ihr ihm.. oder.. ihr.. oder.. es nicht die Brust gebt.." hoffte John.
"Es ist wie eine Vase, die ihr so sehr liebt, das ihr sowieso nur die ganze Zeit damit verbringt euch darum zu kümmern das sie nicht anstaubt.. oder umfällt. Keine Sorge, Babys gehen nicht kaputt wenn sie umfallen.. ich habe erfahrung darin. Übrigens so am Rande.. versucht niemals ein Taurenbaby zu fangen. Ihr glaubt ihr packt es.. aber ihr schafft es nicht.. dann bringt ihr es zum levitieren und es rammt euch mit voller wucht frontal..." Das heiße Baby John! Wie eine Kartoffel!
John fing sich nach einigen Sekunden wieder, lies Ena jedoch nicht genug zeit zu antworten, und fals sie es versuchen würde, würde er sie gnadenlos zu Boden quatschen.
"Hört auf meinen Rat.. vergesst levitierende Taurenbabys.. vergesst Vasen.. was ich euch jetzt sage ist wichtig.. und ich rate euch das nicht zu vergessen.." zum erstenmal seit Anfang dieses Gespräches, möglicherweise zum ersten mal seit sie sich kennen oder zum ersten mal seit John exsitiert, wurde er ernst. Das merkte man an der Tonlage, und daran das die restlichen Muskeln in seinem Gesicht eine wirklich.. ´´erahnbare´´ Strenge zeigten.

"Denkt nicht darüber nach was ihr verlieren .. was ihr alles opfern oder aufgeben werdet. Ich verspreche es euch. ES ist es wert. Egal was auf euch zu kommen wird, oder wie verzweifelt eine Situation enden kann, wenn ihr Mutter seid, werdet ihr immer eine Möglichkeit finden das Problem zu lösen.. und wenn ihr dafür Arthas selbst gegens Schienbein treten müsst.." Ein magischer Moment. Es fehlt nur das Licht das vom Himmel kommt, und John erleuchtet. Wobei es vielleicht besser wäre, würde es dunkler werden damit man seine Fresse nicht mehr sehen muss..

Doch so schnell dieser Moment kam, voller ernsthaftigkeit, voller charme, voller Liebe so schnell ging er auch wieder..
"..und nach 18 Jahren schießt ihr das Gör aus dem Haus, und könnt euch noch am gleichen Tag schwängern lassen. Nur diesesmal werdet ihr noch bevor der Bauch dick wird, Heulkrämpfe bekommen.." Er klopfte ihr auf die Schulter. "Immer dran denken.. RAUSZIEHEN gillt nicht als Verhütung.. macht es wie Kultivierte Menschen und stülpt ihm Schafsdärme über sein bestes Stück.."

Johns ungewöhnlich langer Wortschwall hatte Ena in eine verdutzte Starre versetzt. Einige Male hatte sie versucht, einen Einwand oder eine Antwort anzubringen, war jedoch buchstäblich zu Boden geredet worden. Nun stand sie vor dem Untoten und versuchte, den Kern aus seiner Aussage zu filtern. Hatte er sie nun trösten wollen oder doch eher darauf abgezielt, ihr Angst zu machen? Die Schamanin wusste es nicht. Dennoch versuchte sie einigermaßen freundlich zu sein. Er hatte immerhin einige essentielle Dinge angesprochen. "Ob Jurek mich noch mag, wenn ich fett und launisch bin?", fragte sie plötzlich aus einer spontanen Eingebung heraus, Sorge im Blick. Ja ... jetzt mochte er sie noch abgöttisch lieben, aber wie sah das in ein paar Monaten aus?

"Wenn er euch nicht liebt.. dann wenigstens das was bald immer größer und größer werden wird.. und damit meine ich weder euren Bauch noch euer Baby.. sondern das was jeder Mann liebt, wenn es anschwillt.." er zwinkerte ihr zu nach dieser Anspielung. "Also.. ich gehe jetzt wieder zurück. Sonst frisst Butzi noch den kleinen Jungen und ich darf ihr wieder die reste zwischen den Zähnen raus puhlen, denn ansonsten jault sie die ganze Nacht wegen den Zahnschmerzen, ich darf ihr dann in ein par Monaten wieder einen Zahn ziehen und dann beißt sie mir die Hand ab worauf ich wieder Reste zwischen ihren Zähnen rauspulen darf.."
Mit diesen Worten, diesen anscheinend, endlosen Worten bewegte er sich langsam wieder zurück zu der Gruppe.

Die Gruppe machte sich schließlich zur Abreise bereit und zog weiter, immer gen Norden am Ufer des Loch entlang. Nach etwas mehr als einer Woche erreichten sie den gewaltigen Stonewrought-Damm, der den Loch nach Norden hin begrenzte. Bereits am Tag zuvor hatten sie das Bauwerk aus der Ferne sehen können, und seit jemand auf Calebs Frage, was das denn sei, geantwortet hatte, war der Junge ganz wild darauf gewesen, dorthin zu gehen. Nach einem halben Tag des bittens und bettelns hatte Shalindreya seinem Drängen schließlich entnervt nachgegeben.

Nun betraten sie den Damm - zu Fuß, denn die Pferde hatten sie davor zurück lassen müssen - und Caleb hatte es eilig, zu dem Geländer zu laufen und über den Rand nach unten zu lugen.
"Waaaaaaaahnsinn!" rief er begeistert. "Da gehts ja voll weit runter!"
In der Tat hatte man von hier aus einen prächtigen Panorama-Blick über das Sumpfland, das den nächsten Schritt ihrer Reise darstellen würde.

Die beiden ungleichen Elfenbrüder sowie der alternde Paladin blieben bei den Pferden, während Caleb den Damm bestaunte.
Amras hatte den Damm selber zwar auch noch nicht gesehen, aber es interessierte ihn momentan auch nicht so sehr. Ihn interessierte nur, das sie weiter kamen. Nathanael hing seinen Gedanken nach und Malacay war sowieso missgelaunt, seit Amras seine Magierrobe zerrissen hat. Nun trug er wie sein Bruder ein Weißes Leinenhemd und eine normale hose, sowie festes schuhwerk.

War das ... normal? Wie lange war es her, dass sie und Jurek im Gasthaus von Goldhain die Nacht verbrachten? 12 Wochen? Länger? Ena wusste nur eines: Irgendetwas stimmte da nicht. Seit zwei Tagen schienen sich sämtliche Kleidungsstücke mit Knöpfen vehement zu weigern, zuzugehen. Sie hatte sich schon zuvor aufgebläht gefühlt, aber wenn sie nun versuchte den Bauch einzuziehen bewegte sich gar nichts. Seltsam. Vielleicht lag es daran, dass sie so schlank war - gewesen war. Sie hatte ihre Entdeckung noch niemandem erzählt. Nicht einmal Jurek. Ena hatte Angst, dass man sie am Ende doch nicht mitnehmen würde. Auch wenn es natürlich nur eine Frage der Zeit war, bis es irgendjemandem auffiel. Seufzend trat sie neben Caleb an den Rand des Damms. Schon lustig. Wenn sie in hunderte Meter Tiefe blickte, war es ihr egal. Sobald sie Fleisch roch, drehte sich ihr Magen um. Tja...

"Funktion über Form", stellte Serrah fest, die ohne Anzeichen von Höhenangst neben Caleb am Rand des Dammes stand. Die Elfe fuhr fort: "Früher dachte ich, dass die Zwerge ohne jegliche Ästhetik bauen. Dass sie ihren Augenmerk nur darauf auslegen, wie effektiv das Gebäude ist. Im Gegensatz zur hochelfischen Architektur wirkt die der Zwerge klobig und ungelenk. Aber nach einer Weile merkt man, dass ihre Gebäude ihren ganz eigenen Reiz haben. Sicher, sie sind eckig, aber jede Ecke hat eine Funktion. In gewisser Weise sind die Zwerge die minimalistischen Meister der Architektur. Dieser Damm ist Ausdruck ihrer Kunst. Wenig Zier, viel Masse und höchstgradig effektiv."
Vermutlich schlief Caleb gleich ein, aber Serrah konnte sich diese kleinen Anfälle schulmeisterlicher Lehrsamkeit nicht verkneifen. Die Blutelfe trat zu Ena hinüber und lächelte freundlich: "Alles in Ordnung?"

"Holla!", rief Gerhin, der auch einen Blick über die atemberaubende Aussicht warf. "Das ist verrückt, wie tief das ist. Meine Güte." Auch, wenn es sicher nicht so hoch wie der Schwarzfels war, höher als die Aussichtsplattformen in Diesem war es allemal. Gerhin empfand nicht wirklich Angst, allerdings ein berauschendes Gefühl, eine Art Kick. War es, weil er endlich aus diesem vermoderten Berg raus war? Hieß es nicht, dass Zwerge hohe Höhen hassten wie die Pest? Nun, er schien kein Vertreter dieser Sorte zu sein...

"Stürzt nicht ab.", brummte Aldrion, der zwar mit nach oben gekommen war, aber vehement einen Abstand zu dem Abgrund einhielt. Er hatte Höhenangst, das wusste er. Und wenn er da runter sah, würde ihm sicher schlecht werden. Schon beim Gedanken an die Tiefe bekam er so ein furchtbar flaues Gefühl im Magen.
Dass ein kleines Kind und eine schwangere Frau offenbar keine Probleme damit hatten, nach unten zu gucken, verletzte ihn in seinem Stolz, sich überwinden, es ebenfalls zu tun, konnte er aber auch nicht.

"In Ordnung? Natürlich. Alles in Ordnung." Ena zuckte zusammen, aus ihren Gedanken gerissen, lächelte dann jedoch ebenso wie die Elfe und wandte den Blick zu ihr. "Wieso sollte etwas nicht in Ordnung sein?" Fahrig fuhr sich die Schamanin durch die Haare, strich eine Strähne davon hinter die Ohren. "Sehr beeindruckend, deine Ausführungen. Ich wusste nicht, dass man als Mitglied der Argentumdämmerung soviel über Zwerge weiß. Und zudem wissen nur wenige Elfen unsere Architektur zu schätzen."

Caleb verdrehte die Augen, als Serrah ihren Vortrag hielt. Dieses Langohr schaffte es doch tatsächlich, etwas so faszinierendes kaputt zu reden! Er warf einen Blick zur Seite und sah dabei Ena. Ein paar Sekunden lang blieb sein Blick an ihr haften; irgendwie sah sie anders aus als sonst.

Er überlegte kurz, ob er etwas sagen sollte, und kam dann zu dem Schluß, daß ein höflicher gutgemeinter Ratschlag noch niemandem geschadet hatte. "Vielleicht solltest du weniger essen, Ena," meinte er wohlwollend. "Ich glaub, du hast zugenommen."

Shalindreya, die neben dem Jungen stand, glaubte nicht richtig zu hören. Erschrocken sah sie ihn an und gab ihm dann einen kräftigen Klaps gegen den Hinterkopf.
"HEY! Was soll das denn?!" rief er überrascht und sah empört zu ihr auf.

"Einer Frau sagen, dass sie fett ist? Weiter so, Junge!"
Erschrocken von der plötzlich aufgetauchten Stimme wandte Ena sich um - und riss die Augen auf. Ein sonnengebräunter Mann mit zu einem losen Zopf gebundenen, schmutzig-blonden Haaren schlenderte am Abgrund entlang. Doch das war es nicht, was die Schamanin irritierte: Er trug neben ein beiges Hemd, dessen oberste Knöpfe offenbar nur Zierde waren, eine einfache Stoffhose und feste Stiefel - doch auf seinem Kopf thronte ein gigantischer, mit kunterbunten Federn geschmückter Hut, dessen Krempe seine Augen in Schatten setzte. Deshalb hatte sie Probleme, das Aussehen einer Person zuzuordnen, obwohl die Stimme ihr auf eine unangenehme Weise bekannt war. War das...?
"Na, Schätzchen? Was guckst du so? Hast du mich heimlich vermisst? Keine Sorge, es ist auch genug von mir für dich da, und wenn dieses Elfchen noch mitmacht, haben wir gleich doppelten Spaß!"
Er war es.

Augenrollend wandte sich Ena wieder zu Serrah um, musste sich jedoch gleich wieder umdrehen, als sich aus dem Nichts ein paar Hände um ihre Mitte schlängelte. "Uh, was haben wir denn da?", flötete Flynn, wobei er ihr einen Buschen aus seinem Hut ins Gesicht streckte, den sie leicht etnervt fortblies. "Nichts, was du anfassen kannst!" Energisch schubste sie den Schurken von sich weg, doch dieser war unbeirrbar und hüpfte stattdessen auf das Geländer, balancierte an Ena vorbei und blieb zwischen den beiden Frauen und Caleb stehen. "Habt ihr John gesehen?"

Gerhin verzog das Gesicht? Wer war der Vogel? Der Zwerg hatte ihn noch nie gesehen, aber er schien mit denen bekannt zu sein. Auf jeden Fall schien er von einer ähnlichen Natur zu sein wie der verrückte Untoter, der Gerhin schon zuvor stark erschreckt hatte.
"Mann, mann.", brummte er. "Nun mal nicht aufdringlich, du komischer Vogel!"

Aldrion seufzte, als auch er den Worgen erkannte. Der hatte ihnen gerade noch gefehlt. Als ob sie nicht genug Stress durchgemacht hätten. Und der Junge hatte wirklich keine Manieren, einer Dame ihr Gewicht vorzuhalten. Gut, manche hattens wirklich verdient, aber nicht wenn sie schwanger waren. Dann mussten sie eher mehr essen. Der Kleine musste wirklich noch eine Menge lernen.
Naja, die Reden von Flynn über einen Dreier ließ auch den Assassinen leicht grinsen, was mit seinem Mund sicher schäbig aussah, aber er sagte nichts und wahrte die Distanz. Man fuhr am Besten, wenn man unauffällig war. Zu oft hatte er diesen Grundsatz in der Vergangenheit missachtet, was ihm einige Schwierigkeiten eingebracht hatte. Damals hatte er sich für fast unbesiegbar gehalten und war so derbe auf die Fresse gefallen, dass er schlicht dumm wäre, noch weiter diesem Irrglauben aufzusitzen.

"Meine Schwester", stellte Serrah fest und tippte Flynns Hand mit dem blanken Stahl ihrer gezogenen Klinge an. Es war nicht zu erkennen, ob die Elfe besorgt oder wütend war. Ihre Gestik andererseits war eindeutig, Flynn sollte die Hände von Ena nehmen. Es war keineswegs so, dass Serrah Worgen allgemein hasste, vielmehr war es so, dass sie Flynn speziell misstraute. Jeyne konnte natürlich auf sich selbst aufpassen, andererseits war Serrah der Meinung, dass Jeyne nicht so ganz richtig im Oberstübchen war, wenn es um Männer ging.
"Meine Schwester war bei Euch. Wo ist sie? Wie ging es ihr als ihr sie das letzte mal gesehen habt?"
Jeyne würde die Nachricht von Nirn immerhin mindestens ebenso sehr freuen, wie Serrah selbst. Das Manko dabei war nur, dass sie es erfahren musste. Also musste sie gefunden werden.

Jurek warf Caleb einen fragenden Blick zu. Wusste er nicht, dass man so etwas nicht laut äußerte? Außerdem fiel ihm selbst keine wirkliche Veränderung an Ena auf. Doch der Junge war im Moment das kleinere Problem. Schlimmer war in seinen Augen Flynn, der in diesem Augenblick auftauchte und mit der Schamanin zu flirten begann. Während er schnell zu seiner Freundin aufschloss, seinen Arm um sie legte und sie damit etwas näher zu sich zog, musste er den Impuls verdrängen, den Schurken mit einem gezielten Windstoß vom Damm zu stoßen. "Damit eins klar ist." wandte er sich selbst an den Worgen. "Lasst eure Hände bei euch, solange ihr in Enas Nähe seit...Außer natürlich, es macht euch nichts aus, ein bestimmtes Körperteil zu verlieren."

Während Ena nicht so recht wusste, was sie mit Jureks Arm anfangen sollte und allgemein ein wenig beschämt war, machte es Flynn nichts aus, dass Serrah mit ihrer Klinge gegen ihn stieß. Er balancierte zwar auf einem Geländer, von dem er leicht in den Tod stürzen konnte, doch irgendwie hatte sein gesunder Menschenverstand sich wohl schon vor einiger Zeit verabschiedet. "Oh, eurer Schwester ging es sehr gut. Ich habe sie an eine sichere Stelle gebracht und dafür gesorgt, dass ALLE ihre Bedürfnisse befriedigt sind. Wer weiß, vielleicht darf man in deiner Familie ja auch bald mit einem Wurf junger Wölflein rechnen? Die da stinkt jedenfalls zum Himmel danach." Er schnupperte leicht in der Luft und wies dann auf Ena, deren Wangen sich rötlich zu verfärben begannen. Um aus eventueller Schlagreichweite zu gelangen, hüpfte er, sich den Hut haltend, von seiner erhöhten Position und schaute sich um. "Im Ernst: Wo ist John?!"

Caleb rieb sich den Hinterkopf und registrierte verwundert die vorwurfsvollen Blicke, die ihn von allen Seiten trafen. Was zum Redridge-Geier hatte er denn nun wieder falsch gemacht?! Schließlich gab er es entnervt auf, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Sollten die Erwachsenen doch machen, was sie wollten! Er trat wieder an die Brüstung und weidete sich an dem Panoramablick, den er von hier aus hatte.

"Der ist mir gerade ziemlich egal," sagte Shalindreya kühl. Auch nach all der Zeit, die sie bereits zusammen reisten, brachte sie John gerade so viel Sympathie entgegen, wie einer Perversion des Lebens gebührte. "Viel interessanter finde ich Jeynes Aufenthaltsort - Ihr habt Euch diesbezüglich gerade äußerst vage ausgedrückt!"

Hui, der traute sich aber was! Gerhin musste leicht grinsen, bei den Reden des komischen Typen. Trotz der klaren Drohung von Jurek weiterprovozieren... Er hätte sich das nicht getraut, sondern unter dem Menschen klein bei gegeben. Und es schmeckte ihm nicht, dass er so feige war. Aber er war noch jung! Und er hatte es nicht mit einer Frau getan! Sein bestes Stück zu riskieren war dann doch eher die Tat eines Verrückten. Und er war zwar ein Dunkeleisenzwerg, aber nicht verrückt...

Aldrion seufzte. Ihn nervte dieser Kindergarten ungemein! Konnten sie nicht einfach weiterreisen und einen größeren Abstand zu Sturmwind und damit auch der rachsüchtigen Defias-Gruppierung bringen?

"Hey. Caleb." Flynn gab sich irgendwelchen Vorträgen hin, warum er nicht wissen konnte, was Jeyne trieb oder wo sie war. In der Zwischenzeit legte Ena, welche die angenervte Haltung Calebs bemerkt hatte, ihm eine Hand auf die Schulter. Sie hatte plötzlich einen Verdacht. "Als du meintest, dass ich schwanger bin...Du wusstest, dass das heißt, dass ich ein Kind kriege. Du weißt, dass das...Na ja...Da drin ist?" Etwas verlegen deutete Ena auf ihren Bauch. Wusste er das wirklich nicht? Hatte er vielleicht einfach nur vergessen, was er gelernt hatte? Nun. Klarheit tat wohl dennoch gut.