[MSG] Run for your lives

Auch Torgan betrat nun den Tunnel. Hier fühlte er sich etwas sicherer als draußen im Freien. Sicher waren sie im Vorteil, wenn sie sich alle versteckten und dem Drecksvieh eine Falle stellten.
"Suchen wir uns alle eine Deckung.", sagte der Zwerg, immer noch kurzatmig von dem Höllensprint. "Gut verteilt, aber auch nicht zu weit von einander entfernt. Wenn er uns dann sucht und uns zu nahe kommt, feuern wir alle auf ihn. So müssten wir ihn klein kriegen."

Der Tunnel führte in einen relativ leeren und offenen Lagerraum, aber an diesen an schloss ein Maschinenraum und dieser erfüllte hervorragend die Anforderungen, die der Plan des Corporals barg: ausreichend Deckung für sie alle und trotzdem halbwegs freie Schusslinien. Leila fühlte sich nicht wirklich wohl dabei, den Trupps derart aufzuteilen und aufzuteilen – wenn etwas Unerwartetes geschah oder sie zur Flucht gezwungen werden würden, würden sie nie wieder alle zusammen finden – aber zumindest konnte sie trotz der massigen Maschinen, die den Raum ausfüllten, wenigstens erahnen, wo die anderen sich befanden. Hinter einem Laufband kauernd, die Thunderhammer mit beiden Händen umklammert haltend, versuchte sie den Augenblick der Ruhe zu nutzen um wieder zu Atem zu kommen und ihren Puls zu beruhigen.

Moth folgte der Priestersoldatin und liess sich neben ihr auf den Hintern fallen, den Rücken gegen das Laufband lehnend. Eigentlich hätte er es vorgezogen, die Nähe der Lichtanbeterin zu vermeiden, aber er schätzte, dass sie die besten Überlebenschancen hatte, mit ihren Schildern und was auch immer Priester noch so immer Ärmel hatten. Demzufolge war es in ihrer Nähe am sichersten. Die Zauber und das Rennen hatten ihn ausgelaugt und er atmete heftig. Dazu kam noch der Schmerz in seiner Seite, der nicht von zu viel Rennen kam. er würde seine Implantate überprüfen müssen, obwohl er sich schon vorstellen konnte, wie sie aussahen. Andererseits würde gleich eine verdammte Teufelswache in den Raum brechen. Vielleicht konnte er sich noch ein wenig mehr Verderbnis ertragen, wenn es bedeutete, seinen Kopf noch ein wenig länger behalten zu dürfen.

„Warte besser ein paar Sekunden mit dem Feuern, vielleicht schnappt er sich zuerst die anderen“, meinte er zu der Priesterin und drehte sich um, damit er den Tunneleingang ebenfalls im Auge behalten konnte. Verdammt.

Mit dem Feuern warten? Das war keine Option! Sie hatten ihre Order. Das hier war kein Versteckspiel, das war ein Hinterhalt. Wenn der Dämon in ihr Schussfeld kam, dann würden sie aus allen Rohren schießen und das so lange, bis er sich nicht mehr rührte. Keine Sekunde zögern, keinen Schuss vergeuden. Sie würden ohnehin einiges an Glück benötigen, wenn sie ihn erledigen wollten, ehe er sie entdeckte. Es war möglich, keine Frage. Die Garonas der PVK mochten ältere Modelle sein, aber sie besaßen den Durchschlag um auch eine gepanzerte Teufelswache zu erledigen. Wenn man sie nur ordentlich traf.
Ohne den feigen, verachtenswerten Dämonenrufer auch nur zu beachten ging Leila, beide Hände an der Waffe, in Anschlag, die Ellbogen auf dem Förderband abgestützt. Stumm wartete sie auf ein Zeichen, dass ihr Feind sich näherte. Und sie musste nicht lange warten. Keine halbe Minute später erklang das Geräusch schwerer Panzerstiefel auf blankem Stahlbeton. Doch es kam nicht aus dem Gang, auf den sie alle zielten. Es kam aus ihrem Rücken! Der Dämon musste einen anderen Weg gefunden haben!

Torgan hatte einen Moment das Gefühl, als würde er gleich in Ohnmacht fallen. Dieses widerwärtige Vieh hatte sie alle nach Strich und Faden verarscht! Und er war Schuld. Er war einfach nicht zum Anführer geboren. "Position ändern!", schrie er, wobei seine Stimme sich fast überschlug. "SCHNELL!"
Dann hastete er los, eine andere, besser gelegene Deckung zu suchen. Der Zwerg hoffte inständig, die Anderen hätten genug Geistesgegenwart, das Gleiche zu tun.

Heilloses Chaos erfüllte den Trupp. Nur für einen Moment, freilich, in dem sich jeder nach einem neuen Versteck umsah, aus seiner alten Deckung los hastete, versuchte, eine bessere Stellung zu erreichen. Aber in eben jedem Moment, da sie alle sich im Offenen befanden, wurde eine Stahltür am Rand der Halle mit Wucht aufgeschlagen und in ihr stand, den Rahmen mit seiner massigen Gestalt ganz und gar ausfüllend, die Teufelswache, die riesige Felklinge locker auf der Schulter. Mit einem diabolischen Grinsen, das durch die freie Kinnpartie ihres Helms nur zu deutlich zu sehen war, stürmte sie in die Halle.
Leila schrie panisch auf und blieb wie angewurzelt stehen. Kein Zweck mehr, nun noch zu rennen, Deckung zu suchen. Sie waren überrumpelt worden. Kalt erwischt, völlig auf dem falschen Fuß. Es dauerte vielleicht eine Sekunde, bis sie die Lähmung überwand und ihr bewusst wurde, was es zu tun galt. Kämpfen. Jetzt half nur noch, den Dämon zu töten, ehe er sie tötete. Sie griff die Thunderhammer mit beiden bebenden Händen und feuerte das gesamte Magazin auf den hünenhaften Feind.

Auch Ahanas SMG knatterte los. Der Taure machte sich keine Illusionen. Die Kugeln würden dem Dämon kaum schaden und er war ein verlockendes Ziel, wie er da ohne wirkliche Deckung in Taurengröße dastand. Den Tank des Flammenwerfers hatte er bereits vorher verschwendet, aber um genau diese Scheiße hier zu verhindern! Die SMG war leer geschossen. Mit beiden Händen griff Ahana nach einer metallenen Strebe, die durch den Aufprall auf die tragende Konstruktion verbogen worden war. Mit angespannten Muskeln zog und zerrte Ahana an der Strebe, bis sie sich schließlich löste. Als Waffe war es die wahrscheinlich dümmste Idee seit dem Schokoladespeer. Vor allem gegen einen Dämon dieser Größe. Durch die verschiedenen Waffen, die von dem Trupp benutzten wurden, machten es ihm unmöglich seine unsagbar dämliche Heldentat zu vollbringen.
Der Taure machte sich bereit den Dämon im Nahkampf anzugreifen.

Moth tat das einzig sensible, als die Teufelswache auftauchte und warf sich, kopfvoran, über das Förderband, hinter dem er sich versteckte, um sich auf der anderen Seite davon zu verkriechen. Als aber der Kugelhagel begann, wagte er es, den Kopf aus seinem Versteck zu strecken.
Der Dämon stolzierte förmlich in den Raum und seine ganze Haltung drückte aus, dass die Kugeln, die unaufhörlich auf ihn einprasselten, ihn in keinster Weise störten. Im Gegenteil, er schien es zu geniessen. Moth griff nach seiner eigenen Pistole, doch bevor er sie gezogen hatte, entschied er sich für etwas anderes. Er würde wahrscheinlich in wenigen Minuten sterben, aber er wollte zumindest alles probieren, was er tun konnte, bevor er unweigerlich von dieser Nethermissgeburt in Stücke gehackt wurde.
Seine Hand glitt in seine Tasche und umklammerte einen kleinen Kristall. Er hatte nur zwei davon und um nur einen herzustellen, hatte er monatelang Formulare ausfüllen müssen. Die Zusage hatte er nur bekommen, weil Seelensplitter ein fundamentaler Bestandteil vieler der mächtigsten Zauber waren, die Hexenmeister wirken konnten. Und dann war es ihm immer noch verboten gewesen, einen Pakt mit einem Dämon zu schliessen. Zu stark war die korrumpierende Wirkung dieser Verbindung, zu gross die Macht, die ihm dann zur Verfügung gestanden hatte. Aber er kannte die Formeln und Rituale, sie hatten sich tief in seine Erinnerung eingebrannt, als er sie damals zum ersten Mal gehört hatte. Die Widernatürlichkeit der Magie war es, die ihn angezogen hatte. Das Verbotene, Dunkle und Geheimnisvolle, die sie versprach. Wenn sein bevorstehender Tod kein Grund war, sie noch einmal in Erinnerung zu rufen, was dann?
Der Hexenmeister erhob sich zu seiner vollen Grösse und begann gutturale Worte zu schreien. Seine Stimme veränderte sich nach einigen Sätzen, wurde zuerst zu einem Krächzen und begann dann, mehrfach widerzuhallen. Moth streckte den Seelensplitter aus und die Teufelswache stützte für einen Moment, als er den violetten Kristall sah. Mit einem lauten Kreischen rammte Moth den Kristall, die Essenz der Seele einer Katze, in seine andere Hand und streckte diese in die Höhe. Seine Stimme wurde lauter, lauter als eine menschliche Stimme sein sollte. Der Kristall löste sich auf und vermischte sich mit dem Blut, das Moths Blut herablief. Unmöglichlicherweise schien Moths Stimme noch lauter zu werden und etherische Ketten bildeten sich um die Teufelswache, die seine Bewegung einschränkten und ihn an Ort und Stelle festhielten. Inzwischen konnte man die Macht hören, die in seiner Stimme mitschwing und die Luft mit einem unglaublichen Druck erfüllte. Mit zwei letzten Worten beendete er den Zauber, um den Dämon in einen Pakt zu binden und…
… die Teufelswache fegte die Ketten mit einer Handbewegung zur Seite und gab einen höhnischen Laut von sich. Moth faltete wie ein Klappmesser zusammen und krachte zu Boden. Er nahm einen röchelnden Atemzug, alle Kraft aus seinem Körper verschwunden. Verdammt.

Klonk! Der Helm der Teufelswache schepperte als mehrere Kilo Stahlstrebe mit der verzweifelten Kraft eines Dampfhammers darauf trafen. Die teuflische Zauberei des Hexenmeisters hatte Ahana genau jene Gelegenheit gegeben, auf die der Taure gewartet hatte. Und nun stand er nur mit einem Stück langen Stahls bewaffnet vor einem Dämon, der ihn in Stücke hacken konnte ohne dabei auch nur mit dem Schwitzen anzufangen.
Der Dämon knurrte und drehte sich, wobei er ein Schwert zog, das mindestens so lang war wie Ahana selbst. Mit einem Fauchen und dem Geruch von Schwefel ging die Klinge in grünliche Flammen auf. Ahana sank das Herz in die Hose. Der Taure warf dem Dämon die Stahlstrebe gegen die Brust und lief in die entgegen gesetzte Richtung los.

Niemand konnte den Rüstungsingenieuren der Gan'Arg ihr Können absprechen. Die massigen, servounterstützten Plattenpanzer aus Teufelsstahl, die die Elite der Teufelswachen – wie auch dieses Exemplar – trugen, konnten selbst Treffers aus nächster Nähe standhalten. Für eine Weile zumindest. Aber dem konstanten Kugelhagel eines halben Dutzends Garonas und Thunderhammer-Pistolen hielt kein Material der Welt stand. Irgendwann gab selbst Teufelsstahl nach, barsten die verbeulten, lädierten Rüstungsplatten schlichtweg entzwei. Und die Zeit, die der Hexenmeister und der Strafgefangene ihnen erkauften, war genau jenes Quäntchen, das zu viel für den Kampfanzug des Dämonen war. Erst brach eine Kugel an der Hüfte durch, wo das Material leichter und flexibler gestaltet war, dann eine unter der Achsel, dann schließlich barst der Helm. Innerhalb von Herzschlägen nicht weniger als ein Dutzend mal getroffen geriet die Teufelswache ins Wanken. Doch die Konstitution des Legionärs glich der der legendären Stranglethorn-Gorillas, die selbst nach einem Feuerstoß in den Kopf noch nicht zum Stehen kamen. Grünliches Blut in alle Richtungen spritzend ging der Dämon in einem letzten Versuch, noch jemanden mit sich zu reissen, auf den zurück weichenden Tauren los.

Das Geballer hörte nicht auf. Auch Torgan feuerte in wilder Verzweiflung mit seiner Waffe, doch irgendwann ging ihm die Munition aus. Nun hatte er alles verbraucht und konnte nicht mehr schießen. Na wunderbar. Der faule Zauber, den einer ihrer Mitkämpfer angewandt hatte, beunruhigte ihn auch, aber das war im Moment von untergeordneter Bedeutung. Aber wenigstens hatten die Bemühungen des Teams Wirkung auf das Ungeheuer, das nun ziemlich übel einstecken musste. Leider konnte Torgan nun nichts mehr tun außer die Daumen zu drücken, dass die Anderen es zu Ende bringen würden.

Zeit zum ausweichen blieb ihm nicht mehr. Endlich drang die Nachricht dass der Körper tot war zum Gehirn des Dämon durch und die Kreatur fiel um. Ahana warf sich nach hinten, aber trotzdem wurden seine Beine unter dem Dämon begraben. Der Taure heulte vor Schmerz auf als Tropfen des dämonischen Bluts zischend in seinem Fell landeten und dann noch einmal als seine Beine eingeklemmt wurden. In Panik schlug Ahana dem Dämonen ins Gesicht. Und noch einmal, bevor er realisierte, dass sein Feind bereits tot war. Dafür schmerzte seine Hand jetzt und zischte, weil dem Dämonen Blut aus dem Maul lief.
"Nehmt das Biest von mir runter. Bei der Erdenmutter, der spuckt immer noch Blut."
Mit einer Hand versuchte Ahana das Gesicht des Dämonen von ihm selbst wegzudrehen, damit nicht noch mehr von dem ätzenden Blut auf seiner Haut landete.

Tot! Die Bestie war tot! Erledigt! Obwohl sie sie überrascht hatte. Obwohl sie sie alle auf dem falschen Fuß erwischt hatte. Aber sie hatten gut reagiert. Hatten rasch und koordiniert den Angriff abgewehrt. Und den Dämon besiegt! Das Adrenalin, das durch Leilas Adern schoss, verschaffte ihr ein Hochgefühl, das der Situation so gar nicht angemessen war.
Der Taure allerdings konnte dieses Gefühl keinenfalls teilen, eingeklemmt unter dem Leib des Dämons. Und es war ihm nicht zu verdenken. "Ruhig, Sträfling", sprach Leila, an ihn heran tretend. Ihre Fingerspitzen glommen auf, als sie die Macht des Heiligen Lichts durch ihren Körper leitete und einen Funken auf ihn überspringen ließ, der das ätzende Blut zurück drängte und seine Wunden verheilen ließ. Davor, Hand an den Leichnam der Teufelswache zu legen, zögerte Leila jedoch. Für soetwas fehlte ihr schlicht die Kraft.