GQ - [Die MSG]

Entschlossen griff Nina nach dem Topf und ging damit zum Fluss, um Wasser hineinzufüllen. Dass man das abkochen musste, wusste sogar sie. Aber wie man Feuer machte ... Ein wenig angestrengt, weil der Topf fast zu schwer für sie war, kam sie zu Tristan zurück und suchte sich eine Stelle aus, wo man wahrscheinlich ganz gut kochen konnte. Bestimmt brauchte man Feuer und Laub, aber womit zündete man das an? "Hast du ... einen Feuerstein oder so?"

"Hmm ... Ja, natürlich ...."
Er gab ihr seinen Feuerstein, nicht aber das Schlageisen dazu. Da musste sie schon selbst drauf kommen. Aber er schaute ihr äusserst interessiert bei ihren Bemühungen zu. Ja, irgendwann würde er ihr womöglich helfen. Aber im Moment war es noch deutlich zu amüsant ihr dabei zuzuschauen, wie sie sich einen abmühte und kaum vom Fleck kam. Das liess ihn ein wenig seine Sorgen vergessen.

Erschrocken blickte Neythani drein, als plötzlich die Reija Paladine den Raum betraten und direkt zum angriff übergingen. Aldred trat den Paladinen entschlossen entgegen. Amun Raak war bewusstlos, blieben also noch sie selber, Finn und Eve. Neythani griff ihren Speer fest mit beiden Händen. Sie würde sich selber. Vielleicht würden auch noch die Novizen ihnen zu Hilfe eilen. Doch sie konnte dies nicht mit sicherheit sagen.

Olnhalf hatte nicht vor, stehen zu bleiben, als Aldred in seinen Weg trat. Nein, er würde den Verbrecher hier und jetzt richten und sich dann der falschen Auserwählten annehmen. Reija würde niemals eine solche Person unterstützen und indem er sie niederstrecken würde, würde er es beweisen!
Der Paladin schwang sein Schwert zurück, um dem Mörder in seinem Weg den Kopf von den Schultern zu schlagen. Er hatte ja kaum die Kraft, um sich auf den Beinen zu halten, geschweige denn, seinen Schild in den Pfad eines Angriffs zu heben.
Bevor seine Klinge aber niederfahren konnte, wurde Olnhalf von einem Lichtstrahl in die Brust getroffen. Überrascht kam er zu einem Standstill.
„Reija?“, brachte er noch hervor, dann prasselte ein halbes Dutzend Zauber in allen elementaren Formen auf ihn nieder und er brach schnell unter dem Ansturm zusammen. Seinen Begleitern erging es nicht anders. Geschosse in allen Gestalten formten in den Händen der Zauberstudenten, die beim plötzlichen aggressiven Auftreten der Paladine reflexartig einen inkongruenten Chorus aus Zaubersprüchen angestimmt hatten. So schnell, wie das Bombardement begann, endete es wieder und die fünf Paladine lagen reglos nur Schritte von Aldred entfernt am Boden.
„Was ist passiert?“, fragte Finn, der gerade die Treppe vom Podium hocheilte, um zu sehen, was dieser Lärm sollte.

So schnell, wie der Ansturm begonnen hatte, war er auch schon vorbei, den Zauberern sei Dank. Verständnislos schüttelte Eve den Kopf. Statt ihrer Rache nachzuhängen hätten sie lieber einsehen sollen, wer der wahre Feind ist. Narren. Langsam trat Eve auf die Leblosen Körper zu und blieb beim Nahsten Paladin stehen, beugte sich hinab und fühlte seinen Puls. Sie hatte keine Ahnung, ob es tödliche Zauber waren, die die Lehrlinge verwendet hatten. Woher auch? Sie war Priesterin, kein gelehrter Priester.

Aldred hatte nicht unbedingt damit gerechnet, Hilfe zu erhalten. Diese Paladine waren Menschen wie sie und zudem Angehörige eines angesehenen Ordens. Wer in Reijas Namen stritt, der kämpfte für einen höheren Zweck und dem stellte man sich in der Regel nicht in den Weg. Dass die Reaktion der Zauberlehrlinge so eindeutig ausfiel, war überraschend. Wenngleich freilich nicht unwillkommen. In seinem Zustand, nur mit Neythani und Evelynn, die ebenso lädiert waren wie er, an seiner Seite, hätte er diesen Kampf nicht ausfechten wollen, wenn er es nicht gemusst hätte.
"Danke euch. Danke euch allen", wandte er sich den Zauberlehrlingen zu während Evelynn vor dem nächsten Paladin in die Hocke ging, "Aber was habt ihr mit ihnen gemacht? Sind sie tot?" Wenn sie es waren, dann würde ihnen das viele Probleme ersparen. Und doch: sie hätten es nicht verdient. Es mochten verblendete Männer gewesen sein, aber ganz sicher keine bösen Menschen. Besser, wenn sie noch am Leben wären. Entwaffnet und gefesselt wären sie ebenso keine Gefahr mehr.

Mit nachdenklich gerunzelter Stirn betrachtete Nina den Haufen trockenes Laub, den Topf, die Pilze und den Feuerstein. Den hatte sie natürlich, wie der Name bereits sagte, auf das Laub gelegt, damit er jederzeit Feuer fangen und es entzünden konnte. Aber irgendwie schien da etwas im Prozess nicht richtig zu sein. Hatte Tristans Feuerstein womöglich auf seinen Reisen einige Blessuren bekommen? So ganz stabil und vollständig sah er ja nicht wirklich aus. „Ich glaube, dein Feuerstein ist defekt. Da ist gar kein Feuer“, meinte sie und deutete auf das kalte Lagerfeuer. "Was tun wir nun?"

Als Tristan sah, dass das hier ihr voller Ernst war, begann er schallend zu lachen. Er musste so sehr lachen, dass er sich setzen musste und sich den Bauch hielt. "Ist das dein Ernst? Du denkst Feuersteine machen das von selbst? Bist du dumm?!"
Er legte sich hin und lachte noch lauter. "Du musst natürlich Funken schlagen, sonst kannst du da noch ewig so sitzen bleiben!" Die Alte war echt nicht zu beneiden.
"Das ist besser als alles was ich bisher erlebt hab. Du solltest im Zirkus arbeiten!"

Für einige quälend lange Herzschläge herrschte beklemmte Stille, in der niemand gewillt zu sein schien, das Wort zu ergreifen. Dann überwand einer der Zauberlehrlinge sich. "Ich glaube, die Zauber haben miteinander rückgekoppelt...", begann er zu erklären, ein Versuch, der bei Aldred auf grundlegend unfruchtbaren Boden fiel. Von Magie verstand er zu wenig, als dass er viel aus den Worten hätte machen können. "Die Zauber sollten sie nicht töten, aber so viel entfesselte Energie kann... unvorhergesehene Dinge anstellen. Es ist schwer vorauszusagen, was passiert, wenn synergetische Effekte auftreten."
"Sie sind also tot?", hakte der Aldred, den jungen Mann unwirsch unterbrechend, nach.
"Ja, ich glaube es...", kam es kleinlaut zur Antwort.
Aldred nickte verständig. Er hatte es bereits befürchtet. Doch er fühlte nichts dabei. Da war nichts in ihm, das sich dadurch berührt fühlte. Tot. Wie so viele andere. Vier weitere unnötige Opfer dieses Krieges.
Er kniete neben dem ihm nächsten, reglosen Paladin nieder, nahm dessen Helm ab. Ein bleiches Gesicht kam darunter zum Vorschein, jung und glattrasiert, schulterlanges blondes Haar, vom Helm eng an den Schädel gedrückt. Die Augen waren noch offen, Verwunderung für immer in ihrem Blick gefangen. Mit steinerner Miene fuhr Aldred mit der Hand über die Lider, schloss sie dem jungen Paladin. So viel Pietät musste sein, bevor der Pragmatismus wieder die Oberhand gewann.
"Helft mir bitte mit der Rüstung", bat er die Umstehenden und begann, die Riemen des Plattenpanzers zu lösen, "Ich kann ein wenig Stahl am Leib gebrauchen, falls diese Schwarzen auch noch ihren Weg hier hinein finden."

Auch Eve fand kein Lebenszeichen bei dem Toten, den sie untersucht hatte. Bedauernd schüttelte sie den Kopf, bevor sie sich wieder erhob und ihre Reserven sammelte, um wieder Autorität auszustrahlen.
"Richtig, nehm ihnen ab, was wir gerade gebrauchen können", griff die Priesterin die Worte Aldreds auf. "Dann sammelt die Toten in einer Ecke." Sie zögerte einen Moment. Es war wahrscheinlich unmoralisch, aber wenn Moral gegen Leben stand... "Besser noch, nutzt die Körper, um die Barikaden zu verstärken. Je mehr die schwarzen Ritter durchdringen müssen, um hier herrein zu kommen, desto mehr Zeit haben wir."
Sie sah ihre Reisegefährten nicht an, als sie die Worte sprach. Irgendwas in ihr hatte Angst vor der Reaktion. Tote als Wall verwenden. Nein, Moralisch war es nicht, die Leichen mit derart wenig Respekt zu behandeln.

Neythani blickte Eve verwirrt an. Tote benutzen, um die Schwarzen zu bremsen? "Wenn wir diese leute schon so respektlos behandeln müssen, dann sollten wir wenigstens ihre Gesichter bedecken. Selbst wenn sie uns böses wollten, sollten wir ihnen wenigstens etwas würde lassen."

Die Priesterin runzelte leicht die Stirn - was unter ihren Falten glücklicherweise nicht auffiel - wagte es aber nicht, Neythani den Blick zuzuwenden.
"Für Würde ist noch Zeit, wenn wir in Sicherheit sind", sagte Eve in einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete. "Jetzt ist es wichtiger, zu verhindern, dass wir den Toten Gesellschaft leisten." Im nächsten Moment begann sie selbst, mit gutem Beispiel vorran zu gehen, griff einem der Toten unter die Arme und zerrte ihn zu der Barrikade an den Türen. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie ein paar der Magier Aldred beim Ablegen der Rüstung eines der Paladine halfen.

"Die Toten werden die Heerschar nicht aufhalten", äußerte Aldred düster seine Meinung, während zwei Zauberlehrlinge ihm die Brustplatte eines der Paladine anlegten, "Wenn sie es durch die Tür und die Bänke schaffen, dann schieben sie auch die Leichen beiseite." Weitere Anstalten, seine Gefährtinnen davon abzuhalten, unternahm er jedoch nicht. Er konnte es nicht wirklich gutheißen, was sie da taten, aber um ehrlich zu sein scherte es ihn auch nicht wirklich. Totes Fleisch. Mehr war es letztendlich nicht.
"Finn!", rief er den Jungen zu sich, der seit dem Auftauchen der Paladine auffällig still und zurück gezogen geblieben war, "Wenn die Schwarzen angreifen und durch diese Tür brechen, sieh zu, dass du bei den Lehrlingen und in Deckung bleibst. Ich habe die Befürchtung, dass das alles hier noch richtig unschön wird..."

Neythani half Eve dabei, die Toten vor die Tür zu Stapeln, legte sie aber so, das ihr Gesicht nicht zu sehen war. Es war so schon unangenehm für sie, die Toten so zu behandeln, obwohl die Paladine ihnen ja Schaden zufügen wollten.

Sie halten Wacht an der verbarrikadierten Tür und niemand tat diese Nacht ein Auge zu, nach dem unglücklichen Vorfall mit den Paladinen noch weniger als schon zuvor – sah man einmal von Amun'Raak ab, der sich unruhig in der merkwürdigen Bewusstlosigkeit, die ihn umfangen hatte, herum warf. Schweigend saßen oder standen sie im Schein der magischen Lichter, die die Lehrlinge herauf beschworen hatten, keiner von ihnen daran interessiert – oder auch nur mit genügend verbliebener Kraft gesegnet – etwas zu sagen. Die Stunden flogen ins Land, doch an der Tür tat sich nichts. Kein Pochen, kein Poltern, kein Versuch sie nieder zu reissen. Nicht einmal ein leises Kratzen. Irgendwann fand Sinna die Kraft, herum zu gehen, sich um ihrer aller Wunden zu kümmern. Auch Amun'Raak sah sie sich an, nur um jedoch nach einer Weile zu verkünden, dass sein Zustand etwas von höherem Ursprung und jenseits ihrer Macht war. Es war die einzige Unterbrechung der Stille in dieser Nacht.
"Es muss jetzt bereits Morgen sein. Die Sonne sollte schon am Himmel stehen", meldete sich einer der Lehrlinge schließlich zu Wort.
"Das Licht hält sie nicht auf. Wir wurden auch schon tags von ihnen angegriffen", erwiderte Aldred lethargisch. Nach den Strapazen der Nacht hatte er Mühe, sich auch nur aufrecht zu halten. Zu wenig Schlaf, der Kampf und dann das Gewicht der Rüstung des toten Paladins. Er sehnte sich nur noch nach Ruhe.
"Aber wir können uns nicht ewig hier verschanzen", hielt ein anderer Lehrling dagegen, "Wenn sie nicht angreifen, dann sind sie vielleicht auch nicht mehr hier. Und früher oder später müssen wir hier heraus."
Aldred blickte ihn eine ganze Weile lang an. Oder so kam es ihm zumindest vor. Vielleicht waren es auch nur ein paar Herzschläge. "Vermutlich hast du recht", gestand er dann schließlich ein, "Ewig können wir uns nicht einschließen. Also nach draußen?"

Ein wenig beleidigt zuckte Nina zurück. Dass sie so schallend und gemein ausgelacht wurde, war sie nicht gewohnt – normalerweise überschüttete man sie mit Lob und Freundlichkeit und sagte ihr, wie gut sie alles machte. Noch nie zuvor hatte sie jemand gefragt, ob sie dumm war. Sie hatte an eine der angesehendsten Universitäten eine medizinische Fachausbildung erfahren und mit Bravour abgeschlossen. Selbstverständlich war sie nicht dumm. Aber das hier … Das kannte sie eben nicht. Und statt sie auszulachen, könnte dieser Klotz ihr ja auch einfach helfen. Mit Schmollmund und verschränkten Armen warf sie ihm den Stein vor die Füße. „Und wie bitte soll ich das tun? Woher soll ich das denn kennen? Und ich muss nicht im Zirkus auftreten. Das wäre wohl der richtige Ort für einen Affen wie dich!“

"Affe? Das ist das Kreativste was dir in den Sinn gekommen ist? Ach komm, das kannst du besser ..."
Er griff nach dem Stein und dem Schlagstahl und ging vor dem Zeug in die Hocke, um das Feuer halt selbst zu entfachen. Mit kräftigen Schlägen zündete er einige Funken, bis das Material Feuer fing. Dann ging er auf die Knie, um mit Gefühl hinein zu blasen, ehe er damit begann, sachte weiteres Material aufzuschichten.
"Siehst du? Es ist keine Kunst."

„Und woher genau sollte ich bitte wissen, wie man diese Dinger bedient?“, schmollte Nina immernoch und zog die Beine an, weil es langsam um das Lagerfeuer herum warm wurde. Ihr Fuß schmerzte wegen der Falle, ihre Ehre war verletzt und sie sah aus wie eine Vogelscheuche. Und zu allem Überfluss hatte dieser Zirkusaffe sie auch noch lächerlich gemacht. Schlecht gelaunt knallte sie den Topf auf das Feuer, sobald dieser fertig war und wartete, bis das Wasser kochte. Ohne ein weiteres Wort mit Tristan zu wechseln drehte sie sich von ihm weg und begann, die Zutaten in mundgerechte Stücke zu zerschneiden.

Es war Arbeit gewesen, die Barrikaden an der Tür zu errichten, es war ebensolche Arbeit, sie wieder zu entfernen. Das Mobiliar, die heraus gerissenen Tische und Bänke, die Körper der Paladine. Aldred hätte nicht behaupten können, dass er noch viel Kraft in sich verspürt hätte, aber er war es gewohnt, seine Arbeit zu verrichten ohne sich zu beschweren, also packte er zuvordest mit an und wuchtete Stück um Stück beiseite, bis sie die Flügel der Tür wieder aufschwingen konnten. Tatsächlich drang ihnen Sonnenlicht entgegen und tatsächlich war von den Schwarzen keine Spur zu sehen. Immerhin etwas.
Und wenngleich Aldred selbst skeptisch blieb, zumindest die Zauberlehrlinge schien der Anblick des Tages mit offenkundiger Erleichterung zu erfüllen. Wie Gefangene, die man nach Jahren in der Finsternis aus ihrem Kerker entließ, strömten sie nach draußen, sodass Aldred, noch einmal zurück ging um Amun'Raaks regungslose Gestalt aufzuheben, sich als das Schlusslicht der Gruppe wiederfand. Langsam, den Vogelmann in starken Armen haltend, trat er den anderen folgend hinaus auf den Hof. Jetzt erst wurde er der Bresche in der Mauer der Akademie gewahr, eines Lochs von nicht weniger als vier Schritt Breite, wie von der Faust eines Riesen oder zumindest eines enormen Katapultgeschosses gerissen.
"Es ist nicht mehr sicher hier", verkündete er das offenkundige, sich an die Lehrlinge wendend, "Ihr solltet zusehen, dass ihr hier fort kommt. Am besten nach Kilath oder in eine andere große und befestigte Stadt. Das wird in diesen düsteren Zeiten wohl das Sicherste sein."

Während sich die Anderen nach draußen strömten, tat Eve etwas, was wahrscheinlich ziemlich töricht war. Doch sie war es ihrer Göttin schuldig. Unbeobachtet entfernte sie sich von der Gruppe und schlug den Weg ein, der zu dem Zimmer führte, in dem sie geschlafen hatte. Die Zeichen des Kampfes waren noch vorhanden - ebenso wie ihre Hellebarde. Erleichtert ließ sie das Schwert des Schwarzen Ritters zu Boden fallen und griff nach ihrer eigenen Waffe. Das vertraute Gefühl tat gut und ließ zumindest einen Teil der Erschöpfung unwichtig wirken.
Doch die Anstrengungen waren noch immer zu merken und alleine wäre Eve ein einfaches Opfer - trotz ihrer Hellebarde. Daher hielt sie sich nicht länger in dem Raum auf, alles was sie besaß trug sie nun eh wieder bei sich. Mit raschen Schritten machte sie sich daran, die Anderen wieder einzuholen.

Für die Novizen des verräterischen Magisters war der Weg damit vorgezeichnet. Fort von hier, in Sicherheit, hinter andere höhere, stärkere Mauern. Aber wie sah es mit ihnen aus? Wo lag ihr Pfad? Wohin würde ihr Weg sie führen? Wohin mussten sie sich wenden. Von der Neststadt der Avior nach Kilath hatte Trevin sie geführt, der Auserwählte Yragonas, aber Trevin war fort. Von Kilath hierher hatte die Notwendigkeit, Finn zu heilen, sie getrieben. Welchen Antrieb hatten sie nun? Amun'Raak wieder zu erwecken? Sicherlich, aber wenn die Magier hier ihm nicht helfen konnten, wo sollten sie dann nach Hilfe suchen?
Und dann erinnerte er sich wieder, was Neythani während des Kampfs gegen die Eindringlinge in der Nacht widerfahren war. Berührt von einer Göttin. Von Luhane. Und hatte sie nicht von einem Tempel gesprochen, den sie aufsuchen sollten?
"Neythani!", rief er nach der Katzenfrau und gesellte sich an ihre Seite während die Novizen sich zu zerstreuen begannen, zweifellos um ihre Sachen für die Flucht zu packen, "Du hast heute Nacht vom Tempel der Erde gesprochen. Davon, dass wir dort hin müssen. Wo liegt dieser Tempel?"

Neythani blickte Aldred verwirrt an. "Ich habe von einem Tempel gesprochen? Davon weiss ich gar nichts.. " Sie hatte nur den speer bei sich, den der junge magiernovize für sie hergestellt hatte.
"Tut mir leid Aldred, ich weiss nichts von einem Tempel. Auch nicht wo dieser Tempel sein soll."

Aldred stutzte. Überraschung war seine erste Reaktion auf ihre Worte. Dann kam Trotz. Er hatte sich das sicher nicht eingebildet. Sie hatte von diesem Tempel gesprochen. Da war er sich sicher. "Doch, du hast uns gesagt, dass wir zu diesem Erdtempel müssen", beharrte er, "Gleich, nachdem diese leuchtenden Muster in deinem Fell erschienen sind. Evelynn!" Hilfesuchend sah er sich nach der Priesterin um, mit einem Blick bittend, seine Worte zu bestätigen. "Ihr wart auch da. Ihr habt es auch gehört, nicht?"

Doch Aldreds Blick glitt vergeblich über die Magierlehrlinge, die noch immer eher unentschlossen im Hof standen. Verständlich, mussten sie doch ihre Heimat aufgeben und einen neuen Ort zum Leben und Lernen suchen. Gerade letzteres würde ihnen wohl nicht gerade einfach fallen. Eve hingegen war nicht zu sehen. Zumindest nicht sofort, denn jetzt erst huschte sie durch die Tür ins Freie, zu den Anderen, die mindestens ebenso erschöpft waren wie die Priesterin. Schließlich fiel ihr des Schmieds bittender Blick auf und mit einem schlechten Gewissen kam sie zu ihm und Neythani herüber. Sie nickte beiden kurz zu.
"Verzeiht. Ich musste noch etwas erledigen", sagte sie und tippte kurz an den Schaft ihrer Hellebarde. Dann sah sie Aldred an. "Ist wieder etwas passiert?", fragte sie mit einem deutlich besorgten Ton in der Stimme.

Wo kam die Priesterin nun denn her? War sie nicht vorhin noch bei ihnen gewesen, als sie ihren improvisierten Bunker verlassen hatten? Aldred hatte nicht bemerkt, dass sie sich abgesetzt hatte. Aber er war auch damit beschäftigt gewesen, Amun'Raak zu bergen. "Ihr erinnert euch daran, wie Neythani heute Nacht das Mal ihrer Göttin erhalten hat, Evelynn?", wiederholte er geduldig, "Als dieses Licht sie eingehüllt hat, hat sie von einem Tempel gesprochen. Einem Tempel der Erde, zu dem wir uns begeben sollen. Neythani meint, sie könne sich nicht erinnern und wisse nicht, wo dieser Tempel sei. Aber ihr habt es auch gehört, Evelynn, richtig?"