Torran - das RPG

"Das war jetzt beinahe genug, um sie mit auf die Wache zu nehmen und für ein paar Nächte in eine Zelle zu stecken, Fräulein", erklang vom Eingang her, ungewohnt schlagfertig, die Stimme des Sergeanten. Unterdessen kam das Geräusch schwerer Stiefel immer näher und kurz darauf sah Beckett zwei Männer der Patroullie die Werkstatt betreten. Dass sie sich die Stiefel abgeputzt hatten wagte er zu bezweifeln. Einer der Männer grüßte zu ihm hinauf, Beckett grüßte zurück.
"Was treiben sie hier in der Stadt, Mr.Gjorsha?", war der Sergeant weiter zu vernehmen, wobei er den fremdländischen Namen nicht annähernd korrekt auszusprechen vermochte, "Wage zu behaupten, dass sie nicht allein einer Liebschaft wegen den ganzen Weg von Nawerisha her auf sich genommen haben. Gibt dort doch sicher auch Mädchen."

"Selbstverständlich nicht", meinte Krishan kopfschüttelnd. "Ich habe bereits alle mir zugeteilten Arbeiten erledigt und geniesse nun soetwas wie einen kurzen Urlaub, bevor das Schiff wieder ablegt", erklärte er.
"Deswegen nutze ich auch jede Minute, um mit meiner Liebsten zusammen sein zu können."
Er seufzte tief.
"Gibt es sonst noch etwas, das sie gerne von uns wissen möchten?"

"Für den Anfang könnten sie anfangen, meine Frage zu beantworten", hörte Beckett, nur noch mit einem Ohr lauschend, aus dem Flur den Sergeant, "Was treiben sie hier? Was waren das für Arbeiten, die sie verrichtet haben?" Obwohl seine Wortwahl höflich blieb war offenkundig, dass der Sergeant den Ausländer nicht mochte. Vermutlich gerade deshalb, weil er ein Ausländer war. Beckett konnte diese Ansicht nachvollziehen. Sollte dieses Pack doch bleiben, wo sie her kamen. Waren ohnehin alles Diebe und Halsabschneider.
Für den Augenblick galt sein Hauptaugenmerk allerdings weniger dem Sergeant und den Bewohnern des Hauses, sondern vielmehr der Suche der beiden Männer unter ihm. "Seht euch mal um den Tisch herum um", riet er ihnen, von oben aus einschätzend, wo etwas, das durch das Fenster gebrochen war, hätte landen müssen. Wonach sie suchen mussten, musste er den Männern nicht extra sagen. Spuren. Glassplitter, Kleidungsfetzen. Vielleicht Blut...

Einen kurzen Moment lang dachte Krishan nach, wie er ihnen die Geschichte schmackhaft machen sollte.
"Ich bin für die Bestellungen zuständig. Deshalb gehe ich den Aufträgen nach und kontrolliere, ob diese bis zum gegebenen Zeitpunkt ausgeführt sein werden. Ebenfalls bin ich dafür zuständig, dass die importierte Ware zu ihrem vorbestimmten Platz gelangt. Hat viel mit Administration zu tun..."

"Für wen arbeiten sie? Wer gibt diese Aufträge?", versuchte der Sergeant noch immer nicht einmal, freundlich zu sein. Beckett bekam es ohnehin kaum noch mit. Was dort unten in der Werkstatt geschah war in diesem Moment viel interessanter. Einer der Männer hatte sich gebückt, fuhr mit der ausgestreckten Hand über den Boden und hielt schließlich inne.
"Was gefunden?", verlangte Beckett neugierig zu wissen.
"Ein paar getrocknete Spritzer auf den Dielen", erwiderte der Mann, "Blut, würde ich schätzen... aber kann auch schon alt sein..."

So ausführlich wie möglich erklärte Krishan, wer sein Auftraggeber war, wie der Mann hiess, wo er wohnte und was er untertags so machte.
Sein Blick glitt dann rasch zu den anderen Männern die hier waren und er hoffte eigentlich, dass diese Typen alle einfach mal verschwinden würden.
Dann konnte er sich weiter mit der Orangenenhaarigen Frau unterhalten, damit die endlich sein Geld rausrückte.
"Kann ich noch etwas für die Herren tun?"

"Den Mund halten, damit wir unsere Arbeit tun können", vernahm Beckett den Sergeanten, aber viel zu tun gab es für die Gendarmen ohnehin nicht mehr. Die beiden Männer in der Werkstatt unter Beckett zumindest schienen zu dem Schluss gekommen zu sein, dass sie getan hatten, was zu tun war. Dass sie sich gründlich genug umgesehen hatten und kaum auf weitere Spuren als jene dürftigen, die sie sichern hatten können, hoffen durften. Sie warfen sich einen Blick zu, der eine zuckte mit den Schultern, der andere nickte. Dann machten sie sich zurück auf den Weg zu ihrem Vorgesetzten und verschwanden aus Becketts Blickfeld. Beckett selbst blieb, wo er war, ein regloser Schatten am Fenster, den man mit einem flüchtigen Blick kaum bemerkt hatte. Abwarten, was der Sergeant entschied. Dann würde er weiter sehen.

'Ich bring sie um... ich bring sie alle um!', ging es durch Liliths Kopf bei der Antwort welche ihr neu gewonnener "Freund" auf seine Frage hin erhielt. Oh aber sie wusste genau wie das war... Unter Tags versuchten sie gegenüber Zivilisten ordentlich den riesigen Schwanz raushängen zu lassen, hielten sich alle für die Größten und am Abend fingen sie an zu saufen weil sie nicht Nachhause wollten zu ihren Cellulite verseuchten Ehefrauen welche ja doch im Endeffekt die Hosen anhatten.
Am liebsten hätte Lilith an Ort und Stelle den Finger in den Mund genommen und drauf los gekotzt, dass war doch hier nicht zum aushalten. Nicht nur weil ihr diese Pisser vermutlich doch noch ein Schnippchen schlagen würden und ihre eigenen Pläne versauen würden.
Als die Beamten wieder nach Draußen gingen um sich zu besprechen, da wurde Lilith zunehmend nervöser, doch sie ließ sich nichts anmerken und blickte stattdessen zu ihrer neuen Bekanntschaft welche sich als "Mahjef Gjorsha" vorgestellt hatte. "Das kann ja wieder was werden... Und ich dachte der Tag endet Heute mit einem schönen Abendessen...", meinte sie und seufzte anschließend leise.

Langsam aber sicher gingen diese Kerle Krishan gehörig auf die Nerven. Warum hatte die blöde Kuh auch das Fenster noch nicht reparieren lassen?
Er verschränkte die Arme und blickte den Beamten hinterher, ehe er nach oben zu dem Typen schaute, der immer noch auf sie runterglotzte. Das war eine verdammt heikle Situation.
Als Lilith zu sprechen begann, blickte er zu ihr und seufzte. Er legte einen Arm um ihre Schulter und zog sie an sich. Schliesslich mussten sie wie ein vertrautes Pärchen wirken.
"Tut mir leid, meine Liebe. Lass dir von diesen Männern nicht den Tag verderben. Sie tun ja auch nur ihre Pflicht…"

Aus dem Haus waren schwere, sich entfernende Schritte zu hören, dann eine Tür, die ins Schloss fiel. Der Gendarmentrupp war abgezogen. Die Bewohner des Hauses kehrten wieder in die Werkstatt zurück, wo Beckett sie zuvor so unhöflich unterbrochen hatte. Damit war die Lage wohl eindeutig. Nicht eindeutig im Sinne, dass es keinen Zusammenhang hiervon zu dem nächtlichen Überfall gab, aber eindeutig im Sinne, dass keine Beweise zu finden gewesen waren, nicht genug, um die beiden mitzunehmen und zu verhören. Ein Jammer. Das hieß, dass sie weiter suchen würden müssen. Nach weiteren Spuren auf dem Dach Ausschau halten. Seufzend erhob Beckett sich aus der Hocke und machte sich daran, den Rest des Hausdachs abzusuchen. Doch er hatte von Anfang an den üblen Verdacht, dass er nichts finden würde. Die Spur führte zu diesem zerbrochenen Fenster. Und dementsprechend würde es auch nichts weiter hier oben geben.