[MSG] Die hohe Kammer

Lotis stand auf und ging unruhig auf und ab, dabei peitschte sein Schwanz ungeduldig von einer Seite zur Anderen.

"Hälst du das wirklich für eine gute Idee Kurama?" Er blickte ihn an.
"Eben haben wir gesehen, dass wir uns auf den Stein nicht komplett verlassen können. Sicher, es war vielleicht nur eine einmalige Störung, aber was wenn es nicht so ist? Dann säße derjenige hier und könnte sich nicht sicher sein, ob er wirklich den Zauber gerade wirken muss oder nicht. Und bis Klarheit herrscht wäre es längst zu spät. Sicher, man könnte auch die ganze Zeit den Zauber aufrecht erhalten richtig?"
Er hielt einen kurzen Moment inne und fuhr dann ohne jemand anderen zu Wort kommen zu lassen fort.
"Falsch!" Bei dem Wort schlug er mit der Faust auf die Lehne seines Stuhles an dem er wieder angekommen war.
"Das wäre viel zu auffällig und würde uns nur verdächtig machen oder unsere Tarnung komplett auffliegen lassen und wir hätten genau das erreicht, was Kitsera befürchtet."

Er hielt in seiner Wanderung inne und blickte die anderen wieder an. War er wirklich der einzige, der die stoffliche Ebene verlockend fand?

"Wenn die Angst um unser Leben uns daran hindert das richtige zu tun, dann haben wir vielleicht lange genug gelebt."

Kitsera zögerte, eingeschüchtert von Lotis Rede. Doch dann erhob sie das Wort, wenn auch nicht so klar und deutlich, wie sonst.
"Ich denke, Lotis hat Recht. Mit allem. Ich meine... Wir leben nun schon so lange... Aber was haben wir davon, außer das wir unseren eigenen Dingen nachgehen und die Sterblichen beobachten? Und... Leben... Tun wir das wirklich? Wir müssen weder Essen noch Trinken oder schlafen. Wir verspühren keinen Durst, keinen Hunger, keine Müdigkeit. Wir können nicht sterben, solange wir uns hier verschanzen. Natürlich sollten wir nicht gleich leichtsinnig einfach in die Kämpfe stürzen, aber wollen wir uns wirklich von der Möglichkeit, sterben zu können, abhalten lassen, unsere Auserwählten zu unterstützen? Mehr zu unterstützen, als es als... Götter... sinnvoll wäre?"
Sie sah Kurama und Caligo an.
"Ich bin dafür, wir gehen alle auf die Welt und während unseres Aufenthaltes auf Lonais werde ich weiter nach einer Möglichkeit suchen, Schutzzauber in Steine zu binden, ohne das sie über uns kanalisiert werden." Sie lächelte mild und aufmunternd. "Uns wird schon nichts passieren. Auch von den Völkern wird nicht jeden Tag jemand getötet und vor Allem nicht ohne vorherigen Gefängnis Aufenthalt."

Caligo betrachtete Lotis während seiner Rede und anschließend sah er zu Kitsera, welche diesen noch Recht gab. Er selbst empfand seine unsterbliche Existenz und die beinahe Allmacht als sehr angenehm und das was er sich immer als Sterblicher gewünscht hatte.
„Nun gut, sagen wir, wir helfen den Auserwählten? Wie genau sollen wir ihnen helfen, wenn nicht in der Schlacht? Du weißt sie werden nicht unbedingt auf uns hören wenn wir als einfache Sterbliche auftauchen oder werden an uns Zweifel warum wir von ihren Plänen wissen. Selbst wenn wir es zusammen bekommen das sie auf uns zu kommen und uns versuchen zu überreden bei der Rebellion mit zu machen, könnte es dann nicht auch sein das sie ihre Verantwortung auf uns abwälzen wollen?“, kam es von Caligo, während er zwischen Lotis und Kitsera hin und her sah. So wie er sich kannte würde er die anderen so oder so auf die Ebene der Sterblichen begleiten, doch er musste auch seinen Zweifel Luft machen und vielleicht ein wenig sein Misstrauen gegenüber den Sterblichen kund geben.

Nachdenklich legte Kitsera den Kopf schief.
"Es sind gute Argumente, die du bringst, Caligo." Sie schwieg eine Weile, während sie nachdachte. "Wir sollten uns ihnen vielleicht als Söldnergruppe vorstellen. Dann hätten sie einen Grund, sich mit uns auszutauschen und mit uns zusammenzuarbeiten, ohne das sie uns die Verantwortung übertragen könnten. Oh, sie könnten uns in Positionen stellen, ja, aber die eigentliche Arbeit, die Organisation, wird bei ihnen bleiben, denn Söldner folgen nur."

Unruhig ließ Kurama seine Schweife hin und herwedeln. Kitsera und Lotis hatten zwar recht, doch trotz ihres hohen Alters wollte er persönlich kein allzu großes Risiko eingehen. Doch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, beantwortete Kitsera Caligos Frage. "Bist du dir sicher?" wandte er sich an die hohe Herrin. "Würden sie uns das abkaufen? Ich bezweifle, dass sie von sich selbst denken würden, irgendetwas zu besitzen, wofür sie sich unsere Dienste erkaufen könnten. Außerdem, würdet ihr mit jemandem so etwas planen, der euch jederzeit für Geld verraten könnte?"

Caligo sah nun zu Kurama und hätte wohl leicht gelächelt wenn er es gekonnt hätte. Zumindest noch ein Hoher Herr der ähnliche Bedenken hatte wie er selbst. Bevor jedoch Kitsera antworten konnte, antwortete er für sie, zumindest zum Teil. „Nun, wenn sie schlau genug sind, dann könnten sie den Söldnern die Schätze der Parasiten anbieten. Natürlich gelten wohl viele Söldner nicht als Vertrauenswürdig. Auch würde unsere Gruppe keinen Ruf haben, was die Sache noch erschwert. Doch ich gebe zu das als Söldnergruppe wir noch die größte Erfolgschance hätten“, meinte Caligo und sah nun wieder zu Kitsera, „Dennoch hoffe ich das du schnell diese Edelsteine fertig bekommst.“ Caligo gefiel die Sache immer noch nicht und er würde die anderen nur ungern begleiten, doch er würde es tun. Er hoffte sehr das das nicht sein letzter Fehler wäre, den er machen würde. Er konnte sich noch gut an sein Leben als Sterblicher erinnern und er wusste das er als Sterblicher keine Angst vor dem Tod hatte. Doch nun als hoher Herr hatte er angst zu sterben.

Lotis bleckte kurz die Zähne und begann dann erneut zu sprechen.

"Sicher, eine Söldnergruppe ist ein gute Idee, aber ich hatte da noch einen anderen Vorschlag: Eine Gruppe von Banditen. Wenn wir ihnen klarmachen, dass wir genug Gründe haben die Eindringlinge zu hassen, werden sie uns vermutlich vertrauen. Davon abgesehen: Im Gegensatz zu einer Söldnergruppe würde eine Banditengruppe wenn sie versuchte die Seiten zu wechseln mit Sicherheit im Gefängnis landen."
Er leckte sich kurz über die Lippe und fuhr dann rasch fort um nicht den Gedanken an eine öffentliche Hinrichtung aufkommen zu lassen.
"Ein weiterer Nachteil daran sich als Söldner auszugeben, wäre das wir uns verdächtig machen, wenn wir ablehnen sollten die Eindringlinge versuchen uns anzuwerben. Als Banditen könnten wir auch einige kleinere Feindgruppen verschwinden lassen und deren Besitztümer unter den Armen verteilen. Das würde uns Sympathie und Glaubwürdigkeit einbringen und gleichzeitig einen Nährboden für die Revolution schaffen."

Abwartend sah er die anderen an.

"Auch Söldner sind ihren Leuten loyal... Es gibt kaum Söldner unter den Völkern, die sich freiwillig den Sarvelgern zu Diensten stellen lassen - außer natürlich der Auftrag betrifft die Sicherheit eines Dorfes. Außerdem können auch Söldner einen persönlichen Groll gegen die Sarvelger führen."
Wie um ihre Worte zu untermauern, berührte sie den Stein. Zwei Natrachen erschienen auf der Oberfläche: Eine alte Frau und ein wesentlich jüngerer Mann.
"Diese Beiden, als Beispiel, werden sich der Rebellion anschließen. Denn sie haben ihnen wichtige Natrachen verloren. Was also spricht dagegen, das wir als eine Söldnergruppe nicht ein ähnliches Motiv hätten?"

„Ich wäre auch für den Vorschlag mit den Söldnern. Denn sollten die geschnappt werden, wird man sie nicht sofort töten, wie man es mit Banditen vielleicht machen würde. Außerdem würde es uns auch ermöglichen eher ungehindert durch die Reihen der Parasiten zu gehen“, begann Caligo und betrachtete das Bild das am Stein erschienen war, bevor er zu den anderen hohen Herren sah. „Einen weiteren Vorschlag hätte ich dennoch, auch wenn er vielleicht nicht gleich am Anfang umsetzbar ist. Wir sollten auch unseren treusten Anhängern die Anweisung geben die Auserwählten zu unterstützen, falls ihr noch welche habt.“ Caligo wusste das die Zahl seiner Anhänger nie besonders groß gewesen war, welche ihm Fanatisch angebetet hatten und wohl für ihm in den Tod gegangen wären. Sicher glaubten fast alle seiner Kinder an ihm, doch die Anzahl dieser Fanatiker war sehr zurück gegangen und doch gab es immer noch einige Fanatische Anhänger von ihm. Er wusste nicht genau wie es bei den anderen Aussah, doch er wusste auch wenn sie ihre Anhänger dazu bringen würden den Auserwählten zu folgen, hätten diese es um einiges Leichter.

Kurama schwieg einige Augenblicke lang und ließ sich beide Ideen durch den Kopf gehen, bevor er leicht nickte. "Der Vorschlag, als Söldner an die Auserwählten heranzutreten klingt auf jeden Fall besser, als eine Banditenbande zu spielen. Wann habt ihr vorgehabt, dass wir auf sie treffen werden?" wollte er von Kitsera wissen, bevor Caligo nach ihren Anhängerschaften fragte. "Ein oder zwei Kämpferorden dürften noch existieren, die ich zur Verfügung stellen könnte."

"Ich denke, sobald unter den Völkern bekannt zu werden beginnt, das es einen Aufstand geben könnte, sollten wir auf uns Aufmerksam machen. Dann hätte ich auch Zeit, weiter an den Kristallen zu forschen...", beantwortete Kitsera zuerst Kuramas Frage, bevor sie über die von Caligo nachdachte. "Ich weiß nicht... Die Priesterinnen und Priester, die mir huldigen, haben noch nie direkte Anweisungen von mir bekommen. Sicher, ich könnte ihnen Auftragen, die Auserwählten zu unterstützen, aber... Sie sind nur sterbliche und als solche ist ihnen nicht unbedingt bewusst, wie wichtig es ist, das niemand davon erfährt, das wir eingegriffen haben." Sie schloss die Augen und rieb sich die Schläfe, bevor sie Caligo wieder ansah.
"Trotzdem hast du wohl Recht, wir sollten sie irgendwie unterstützen... Vielleicht... genügt es, wenn wir unseren Priesterinnen und Priestern sagen, das sie jeden, der eine Rebellion planen könnte, unterstützen können, soweit es in ihrer Macht steht... Immerhin, mein Orden beherbergt überwiegend Heiler und praktisch gar keine Kämpfer. Sie werden sowieso jeden unterstützen, der von den Völkern Hilfe benötigt."

Caligo betrachtete die anderen Hohen Herren und wenn er in der Lage gewesen wäre Emotionen zu zeigen, hätte man ihm ansehen können das er wütend war. Die anderen hatten anscheinend ganze Orden die nur auf einen Befehl warten würden, während Caligo seine Fanatischen wohl an der Hand abzählen konnte und noch dazu waren seine Anhänger auch eher Außenseiter als in der Gesellschaft integriert.
Zum Teil verstand er warum Kitsera diese drei Sterblichen ausgewählt hatte, sie hatten keinen Ruf und von daher würden andere wohl eher auf sie hören, also wenn sie als Fanatiker der Götter bekannt wären. „Gut, dann sollten wir ihnen die Befehle geben sich um zu hören und jegliche Rebellion zu unterstützen“, meinte Caligo, bevor er wieder zu Kitsera sah und leicht nickte, „Also werden wir uns erst auf die Ebene der Sterblichen begeben wenn die Rebellion sich anbahnt?“

Lotis hätte beinahe gelacht. Ihm war eine organisierte Verehrung nie wichtig gewesen und überhaupt: Die meisten Leute fürchteten ihn. Die die ihn wirklich verehrten waren entweder Spinner oder mürrische Einzelgänger die sich in die Wildnis zurückzogen. Und selbst von diesen hatten viele die Eroberung Lonais' nicht überlebt, da sie es ablehnten sich entwaffnen zu lassen.
Darum schüttelte er auch nur kurz den Kopf bei Caligos Frage.

"Das ist mein Vorschlag", beantwortete Kitsera nickend die Frage von Caligo. "Würden wir uns ihnen zu schnell anschließen, würden sie vermutlich misstrauisch werden, wohingegen sie froh sind, wenn die Rebellion bekannter ist. Bis es so weit ist, sollten wir am Tor der Zwischenwelt umsehen. Und ich werde weiter über die Steine und die darin gebundenen Zauber nachdenken."
Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und betrachtete die . Wiedereinmal fragte sie sich, was sie waren, bevor sie zu den hohen Herren wurden. Nie hatten sie darüber gesprochen, einvernehmlich hatten sie darüber geschweigt. Doch seit sie von Sarvelgen wusste, glaubte sie, das es vielleicht wichtig sein könnte, was sie früher einmal waren. Doch wie könnte sie die andere nach ihrer Vergangenheit fragen? Eine solche Frage passte nicht zu der derzeitigen Situation.

Caligo schwieg fürs Erste und betrachtete Kitsera nachdenklich. Er gab es nur ungern zu doch im Moment war er mit ihren Plan einverstanden. Zwar war er immer noch nicht sehr darauf aus auf die Ebene der Sterblichen sich zu begeben und doch wusste er auch das es wohl unvermeidlich war. Aber anscheinend blieb ihnen noch etwas Zeit um Vorbereitungen zu treffen und seine letzten Anhänger zu kontaktieren.
Man sah Kitsera deutlich an das sie ebenfalls über etwas nach dachte. So entschloss er erneut das Wort zu erheben und sie nach ihren Gedankengängen zu fragen. „Ich sehe doch das dich etwas beschäftigt. Wenn du noch etwas besprechen möchtest solltest du es jetzt ansprechen“, meinte Caligo dann, während er sie weiterhin betrachtete.