[MSG] Rotes Gold

"Nichts macht müden Joe munterer als ein feiner Johnny.", konstatierte Steeler trocken, lachte dann trockener, und fuhr sich über die Haarstoppeln.
"Ich bin gespannt auf diesen Auftrag. Der andere Jonny, Jonny Derek, scheint da unten in der Gegend zu sein. Zumindest nach meinen letzten Infos. Wenn wir den bei der MSA abliefern, kriegen wir ordentlich Schotter."
Damit meinte er vor allem sich selbst, denn als Truppführer bekam er nun mal eine ordentliche Summe, aber darüber hinaus war er seinem Trupp ja prinzipiell wohlwollend. Auch wenn er Worte wie prinzipiell nur in den Mund nahm, um gegenüber seinen Vorgesetzten bei der MSA intelligent zu erscheinen. Konnte man nichts machen, er war halt blöd und strassenschlau.
"Ich würde sagen, wir haben das Lager in knapp einer Viertelstunde abgebaut. Hoffe ich mal. Dann kommen wir los, und greifen im Morgengrauen an. 5000 Kilometer nach Süden fahren sich halt nicht von alleine." Es war wahr, der letzte Auftrag hatte sie irgendwo an die Nordgrenze des Wasserfarmgebietes gebracht, und jetzt mussten sie die Strecke nach Süden halt schneller zurücklegen. Steeler tippte nervös mit den Fingerspitzen auf seinen Knien, und entschied sich dann, aufzustehen und mitzuhelfen. So war der Funkverstärker im Nu die Rampe hochgebracht. Mit einem Blick ins Lager versicherte sich der junge Orientale, dass die anderen soweit mir dem Abbau fertig waren, und nickte dann in Richtung der Neuankömmlinge, die die Zeltkisten herantrugen.
"Also Leute, rein mit euch, und schön Hand in Hand, Zweierreihen, damit wir keinen verlieren."

Zehn Minuten später saßen sie alle mehr oder weniger diszipliniert im Gunship. Der Boden begann zu vibrieren, so dass die Kisten im Hinterteil etwas rüttelten. Das stellte dennoch keine Gefahr für Kaoru und ihre Arbeit an den Speedern dar: Sie waren fest vertäut.
Das Gunship hob sich langsam mit einem Ächzen vom unebenen Marsboden ab, und die Stützen fuhren ein. Dann begann es südwärts zu schweben, mit zunehmender Geschwindigkeit.
Der Georgier stand am Fenster und blickte in den Nachthimmel, von dem sich klein einer der Monde des Mars abhob. Phobos? Wie hieß der andere? Egal. Die Marsoberfläche raste unter ihnen dahin, und in seinen Händen entwickelte sich wieder ein Meisterwerk der Drehkunst, und angesteckt wandte sich Steeler jovial an Nick.
"Dickerchen. Jetzt kannst du meinetwegen mitrauchen. Wir werden gut acht Stunden brauchen, bis wir da sind. Da kannst du dich gerne davor zudröhnen."
Er zog an dem Joint und reichte ihn dem Australier, setzte sich dann mit einem Wink in die Runde hin.
"Lass ihn rumgehen."

"Also sei nicht so gierig, Nick", raunte Richard, der zur Linken von des übergewichtigen Killers saß. Eingearbeitet in seine Sitzgelegenheit war er damit beschäftigt gewesen, seinem Katana verschiedene Pflege zukommen zu lassen. Kleinlich hatte er Fingerabdrücke und Fettrückstände entfernt, und war gerade dabei gewesen, die makellos gearbeitete Saya auf hochglanz zu polieren, als Joe einen Joint in die Runde warf. Mit einem Seitenblick auf den Australier sagte er an Joe gewandt: "Kannst du uns noch ein paar Details zum Auftrag geben? Du weißt ja, kenne deinen Feind..."
Schmunzelnd lehnte er sich zurück und beobachtete Nick, während er darauf wartete, eine gewissen Gabe von ihm zu erhalten.

"In Ordnung. Dann beeilen wir uns besser, je schneller wir damit fertig sind desto schneller können wir uns wiede rim Lager die Hintern wärmen."
Ohne einen Moment des Zögerns und ohne einen Blick zurück auf das rasch verschwindende Lager brachte Frederik seinen eigenen zusammengepackten Kram an Bord des Gunships und suchte sich einen bequemen Platz auf ein paar Decken, die normalerweise die Speederbikes vor sich niederschlagenden Flüssigkeiten schützen sollten – und vor solchen, die bei der hohen Lauftemperatur aus den Maschinen ausdünsteten und sich dann an allen möglichen Orten niederschlugen, wenn sie abkühlten. Die niedrigen Temperaturen auf dem Mars ließen manchmal umdenken.
Irgendwo, aus irgendeiner Tasche, zauberte Freddie seinen eigenen Joint hervor. Half dabei, die Stunden rumzubekommen. Und beim Keep Smiling, wenn einer der Söldner ihm wieder allzu sehr auf den Sack ging. Rasch zündete er ihn an einem Feuerzeug an, das noch von der Erde stammte. In der dünnen Luft glimmte der Joint schwächer als normal, aber das sorgte nur dafür, dass man mehr von ihm hatte. Viel mehr gab es auf dem Flug nicht zu tun. Ihren Funkempfänger hätten sie noch anwerfen können – ein wenig Unterhaltung aus der Stadt, aber erstens fraß der Unmengen Strom und zweitens war kaum Platz für ihn im Innenraum. Als sie noch ein paar weniger gewesen waren hatte das funktioniert ...

"Was soll's schon noch groß an weiteren Informationen geben?", antwortete Nick patzig und riss Steeler den Joint aus der Hand, doch anstatt selbst dran zu ziehen gab er ihn ohne den Stummel auch nur anzusehen an Richard weiter. So dringend hatte er es nun wirklich nicht und nach Steelers Aussetzer vorhin - von den jetzt auf Nick einprasselnden Kommentaren ganz zu schweigen - war ihm gründlich die Lust vergangen. Die sollten sich mal alle nicht so haben. Er vertrug das Zeug genauso gut wie sie auch. Und wenn er wollte, dann würde er jeden hier unter den Tisch saufen. Da waren seine Masse und sein robuster Magen ein unschlagbarer Vorteil. Nur... saufen würde Joe ihnen so kurz vor dem Kampf mit Sicherheit nicht erlauben. War wahrscheinlich auch besser so.
Er griff in die Tasche seiner Jacke, eines alten, schon recht herunter gekommenen Militärparkas in verwaschen-grünem Camo-Muster und zog eine Tüte Soy-Chips heraus. Mit lautem Knistern zerriss die Stanniolfolie und kurz darauf landete eine Hand voll der Chips in seinem Mund. Nick kaute mit Hingabe. Soy-Chips waren eine der wenigen wirklich guten Dinge auf dem Mars. Aber irgendwas Gutes musste der verdammte rote Planet ja haben. Nachdem er den Mund wieder leer hatte - das heißt: so leer, dass er sich eine verständliche Artikulation zutraute - fuhr Nick mit seinen Ausführungen fort. "Wir suchen uns ein paar abseits gelegene Farmen, brennen sie nieder, hängen ein paar Trotzköpfe in die Pumptürme", schilderte er gestenreich seinen Vorschlag für das Vorgehen, "Wenn der Rest von dem Haufen den Hinweis versteht werden sie abhauen und wir können es uns gemütlich machen. Aber das ist Republik-Territorium, nich', Joe?" Er warf einen kurzen, fragenden Blick zu Steeler hinüber. "Dann werden sie's natürlich nich' verstehen. Dann stellen die wahrscheinlich 'ne Art Miliz auf und hetzen uns die auf den Hals. Am besten, wir suchen uns irgend 'nen schönen Canyon oder sowas für's Basislager, bauen ein paar Selbstschussanlagen auf oder verminen den offensichtlichen Eingang. Und wenn sie dann kommen um unsere Ärsche mit Blei vollzupumpen geben wir ihnen Saures. Danach, denk' ich, können wir immer noch weiter sehen. Was sagt'er dazu?"

"Also die übliche Vorgehensweise...", sagte Brad ruhig, aber mit einem unheilverkündenen Lächeln. "Na um so besser." Er verstand seinen Job mittlerweile und es würde ihm sicherlich nichts ausmachen. Er wusste, dass es Menschen gab, die solche Vorgehensweise als 'barbarisch' und 'grausam' einstufen würden, aber ihm (und wahrscheinlich auch dem Rest der Truppe) war das relativ egal, solange er seinen Schotter bekommen würde.
Auch Brad nahm den Joint, als er dran war und zog hingebungsvoll daran, bevor er ihn weitergab. Aaaaaah, das tat gut. Sofort wurde seine Missmutigkeit, die er immer noch von dem unsanften Erwachen hatte, verdrängt und durch ein angenehmes Glücksgefühl verdrängt. Wobei... acht Stunden waren im Grunde viel Zeit, um zu dösen und bei der Ankunft topfit für das ruchlose Tagwerk zu sein...

Nachdem er die seichte Wanderdroge an Brad weitergereicht hatte, zog Ríchard eine Paar Kopfhörer aus seiner Tasche und stopfte sich einen davon in sein linkes Ohr, anschließend verband er den kleinen Stecker am Ende der Hörer mit der Buchse seines Audiogerätes und schaltete eine Playlist mit etwas aufreibender Musik ein. Dann stand er auf, griff erneut in seine Hosentasche, holte einen Kaugummi hervor und befreite ihn von seiner Aluminiumhülle.
Kurz hielt er ihn Nick hin, doch ehe dieser reagieren konnte, steckte sich der Chinese das Chemieerzeugnis in den Mund. Während einer knappen Verbeugung sagte er: "Ich bin meine Ausrüstung warten, falls ihr mich sucht." Mit einem kurzen Nicken zu Joe ging er in den hinteren Teil des Gunship. Kurz musste er innerlich lachen. Oh, wie er es liebte, den Australier zu trizen, wenn dieser sich so aufgebracht und ... unzivilisiert verhielt.
Im Lagerraum wuselte immer noch Kaoru um die Speeder herum und verständigte sich scheinbar nonverbal mit ihrem Drohnenhündchen. Es war Richard bislang ein Rätsel gewesen, wie das funktionieren sollte, aber eigentlich spielte das keine Rolle, da ihr Talent mit Technik umzugehen, das mehr als wett machte. Nicht mehr als nur einmal hatte sie seine Handfeuerwaffen gewartet, repariert und modifiziert. Auf die letzte Neuerung war er schon fast etwas wie stolz: ein unauffälliges Leserdioden-Set, welche ein extrem präzises Zielen ermöglichten. Innerlich hoffte er, sie in auf dieser Mission erstmalig testen zu können, da ihm diese Freude das letzte Mal verwehrt blieb.
Kurz nickte Richard ihr zu, nahm seinen Metallkoffer aus dem Schrank und setzte sich schweigend auf eine Bank und begann den Inhalt vorsichtig zu inspizieren. Eine Konversation würden sie eh nicht führen, Kaoru war still, wenn sie arbeitete, was vielleicht auch einer der Gründe war, weshalb er lieber hier hinten saß, als vorn am Stammtisch. Außerdem, nach Ende des letzten Liedes, brachen sich die ersten Takte von State Of East Londons Lady of the lake Bahn in seinen Gehörgang. Leise mit den Füßen trommelnd nahm er ein Magazin aus der Halterung.

https://www.youtube.com/watch?v=YUpIg9ZFsd4
"Klingt nach einem Plan, aber unser erstes Ziel wird absolut dezimiert, Nick. Bis auf ein paar hübsche Mädels."
Das war es also, mal wieder. Grimmig griff sich Steeler seine Impaler und lud sie durch, entsicherte sie, sicherte sie, nahm das Magazin ab und versuchte im Licht der Neonröhren irgendwas bezüglich der Ladekapazität zu erkennen. Dreck das. Zumindest der Akku der Waffe war voll: Er hatte sie aufgeladen. Das Laden käme noch.
"Jones! Gib mal den Sack Kugeln her.", blaffte er den Hünen an, der ihm gegenüber gerade fertig geworden war, seine Waffe mit den kleinen, aber sich tödlich im Flug verformenden Kugeln, der Standardmunition für Gaussgewehre, durchzuladen.
"Kein Stress, Steeler. Bin grade fertig."
Der Sack segelte durch die Luft und landete zwischen Steelers Beinen. Dieser begann, das Magazin mit den Kugeln zu stopfen. Die Impaler verwendete die selben großen Kugeln wie die Snipergun von Jones. Damit konnte man eine Menge Schaden anrichten, egal ob auf kurze oder lange Entfernung.
Der Joint wanderte wieder zu im, und bestrebt, ihn bei sich zu behalten, tat der Georgier mehrere tiefe Züge.

Der Rest der Fahrt verlief einigermaßen beschwerdefrei, abgesehen von Steelers Flüchen über Bodenwellen, die ihn aus seinem Nickerchen rissen. Und mit der aufgehenden Sonne kam auch die Meldung von Tim, dem Piloten, dass man im Sektor angekommen sei. Bald waren alle wach, mit Waffen gerüstet, und mehr oder weniger kampfeslustig.
"Okay, wie immer. Jackie an der Minigun und Jones geben Deckung, während die Fußtruppen reinlaufen. Ich und noch wer nehmen die Speeder und mischen die Jungs auf. Springt aus der hinteren Ladeluke, sobald wir hundert Meter vor der Ortschaft sind und haltet eure Köpfe unten. Kann ja sein dass die Sniper haben. Aber es gibt ja ... Bodenwellen."
Langsam zog das Gunship vom Horizont heran. Kommen hören würden sie sie nicht, aber zu übersehen war das langsam näherkommende Gefährt nicht. Dann hielt es an, während auf den Wachtürmen um das Lager Bewegung in die bisher müden Wächter kam. Die Ortschaft selbst, bestehend aus selbigen Wachtürmen, synthetischen Kuppeln und den allgegenwärtigen Wasserpumpen im Zentrum, lag still da.
"LOS! RAUS! TUT WAS FÜR EUER GELD!", brüllte Steeler, und klopfte jedem, der an ihm vorbei aus der Ladeluke sprang, auf den Rücken. "Wir sehen uns heut Nachmittag in den Ruinen!"

Richard war der erste, der aus der Ladeluke sprang, erstens konnte er als agiles Ziel vorerst die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und zweitens wollte er unbedingt vermeiden, auf einen der Speeder zu steigen. Nicht das er Angst davor hatte, nur konnte er sich einer gewissen dauerhaften Fahruntauglichkeit rühmen. Aber wofür zum Teufel gab es Piloten, denen so etwas in die Wiege gelegt wurde?
Mit dem Rücken an das schützende Gunship gepresst, eilte er vorwärts und warf einen flüchtigen Blick auf die Ortschaft. Zwei Wachtürme in direkter Schussbahn, einer auf elf der andere auf zwei Uhr.
Richard und sprang um das Gunship herum und sprintete in Richtung Ortsrand, um dort vorerst Deckung hinter den schützenden Mauern der ersten Häuser zu suchen.
Auf halber Strecke flogen ihm Kugeln um die Ohren, woraufhin er seinen Kopf noch tiefer senkte und eine Zahn zulegte. Die nächste Kugelsalve schlug knapp vor ihm ein, sodass sich kleine Brocken aus dem Boden in seine Sichtfeld sprengten. Er schlug eine Haken nach rechts und erreichte nach ein paar großen Sätzen die Hauswand. Hart prallte er mit der rechten Schulter dagegen, zog sofort eine seiner Handfeuerwaffen aus dem Halfter in seinem Jackett. Kurz klopfte er sich den Staub von der Schulter und glitt bis zur Hauskante nach vorn, während er seine Waffe entsicherte. Vorsichtig riskierte Richard einen Blick um die Ecke, der sofort mit Kugeln erwidert wurde. Reflexartig zog Richard den Kopf zurück und lies die Salve verebben, schaute wieder um die Ecke und gab einige Schüsse auf die Wachen im Turm ab. Zusätzlich aktivierte er die neuerworbene Zielunterstützung. Kaoru hatte ganze Arbeit geleistet, zwar hatte er die Wachen sicherlich nicht ausschalten können, doch er war sich sicher, dass er trotz der Distanz wenigsten Körpertreffer gelandet hatte.
Wieder in Deckung zog er die zweite Waffe aus ihrem Halfter und entsicherte sie, nachdem er sich einen neuen Kaugummi gönnte.
Mit dem Turm komme ich so nicht weiter... Ich muss auf was größeres Warten, dachte der Killer und brachte sich in Stellung, um notfalls auftauchende Bodentruppen in Schach zu halten, während er auf das Eintreffen des restlichen Korps wartete.

Die Substanz blubberte merklich als Kaoru die Tanks am Rücken von Chatikka befestigte. Sie hatte die Drohne mit einem Flammenwerfer umgerüstet. Dank ihrer Bauweise ging das ziemlich schnell und sie hatte sowohl den Umbau als auch die Reparatur der beiden Speeder rechtzeitig geschafft. Wozu gab es wachhaltende Mittelchen? Und trotz Schlafmangel würde sie den Einsatz locker durchhalten. Kaoru öffnete ihr persönliches Spind - wahrscheinlich das einzige Spind mit eingebautem Wachgeschütz - und holte ihre Rüstung hervor. Eine Spezialanfertigung mit höherem Kragen. Einerseits schützte sie das vor Stichen oder Schüssen in den Hals und zweierseits verbarg es ihre Narben. Eine Win-Win-Rüstung, sozusagen. Rasch stellte Kaoru auf die Frequenz der Korps.
"Kamiya hier. Ich nehme den zweiten Speeder. Holt mir ein paar Ersatzteile da raus."
Sich durch den anderen Söldnern hindurchdrängelnd schnappte sich Kaoru den zweiten Speeder. Sie war bei weitem eine bessere Pilotin als Schützin. Mit dem üblichen Geräusch sprang der Speeder an. Kaoru nahm sich den Moment die Funktionalität des Gefährts zu überprüfen. Alles war im grünen Bereich. Es konnte losgehen. Als erster der beiden Speeder schoss Kaoru aus dem Gunship, mit Chatikka dicht auf den Fersen. Kaoru umrundete die Siedlung, hauptsächlich um Flüchtenden den Weg abzuschneiden. Ein paar Schüsse hier und dort würden ihnen die Flucht schon vermiesen.

Nick hatte nicht einmal versucht, einen der Speeder zu ergattern. Nick bekam nie einen Speeder, daran hatte er sich inzwischen schon gewöhnt. Der Grund dafür war ganz einfach: die Speeder schnappten sich die Leute, die am schnellsten bei ihnen waren. Und das war Nick nicht. Nie! Nick war einfach nicht schnell. Damit musste er sich wohl oder übel abfinden. Er hatte einfach zu viel mit sich herum zu schleppen und das Gewicht lähmte ihn. Das war eben die Tragik, wenn man mit einem schweren Granatwerfer ins Feld zog! Da blieb ihm eben wenig anderes als den Kopf unten zu halten und auf die Schutzweste zu vertrauen. Tief vornüber gebeugt hastete er hinter den flinkeren Mitgliedern des Trupps und natürlich den Speedern her. Das war der einzige Vorteil, wenn man so schwer an der Ausrüstung zu schleppen hatte: man lief hinten, also hatte man immer ein paar wandelnde Kugelfänger vor sich. Man war selten der erste, der ins Visier des Gegenfeuers geriet.
Etwa sechzig Meter vor der Ortsgrenze peitschte eine Maschinengewehrsalve durch die Reihe der anstürmenden Sölder, einer der Männer ging zu Boden. Ob tot oder nur angeschossen konnte Nick nicht erkennen. Es war ihm aber auch gleich. Sein eigener Kopf war ihm da wichtiger! Keuchend hob er den linken Arm an dem er den Handschuh mit der montierten Sturmpistole trug, gab einige grob gezielte Schüsse in Richtung des Wachturms, von dem aus sie beschossen wurden, ab. Nicht, dass er hoffte irgendwas zu treffen. Es ging mehr darum, ein wenig Sperrfeuer zu legen. Wenn jeder der Söldner ein paar Schuss abgab, dann mussten sie da oben die Köpfe in Deckung halten. Und dann kamen keine Kugeln runter.
Noch zwanzig Meter bis zum äußeren Rand der Ansiedlung. Inzwischen ging Nicks Atem schwer wie ein Dampfhammer, sein Herz pochte als wolle es ihm die Brust zersprengen und der Schweiß schoss ihm aus allen Poren, vermischte sich auf seiner Haut mit dem rötlichen Marssand, der unter seinen schweren Schritten aufwirbelte. Verdammte Schutzweste, verdammter Granatwerfer! Verdammtes schweres Zeugs! An einer Hauswand, die ein gutes Dutzend frischer Einschusslöcher aufwies ging Nick in Deckung. Kopf runter, sichern. Den Schweiß von der Stirn wischen. Dann weiter! Der Wachturm war ganz nahe. Im Moment war Nick aus dem Schussfeld heraus, doch der Turm war ihr Ziel. Da musste er hin. Feuer unterdrücken! Der Rest wäre eine Kleinigkeit. Mit aller Wucht, die seine Masse - das heißt natürlich: die Masse seiner Ausrüstung! - ihm verlieh warf er sich um die Ecke des Hauses, ging auf ein Knie herab und legte mit dem Granatwerfer an. Das war alles andere als trivial den auszuschalten. Das war ein richtiger Bunker. Da schoss man nicht so einfach rein. Zwei Granaten prallten an den Wänden nahe des stationären Geschützes, aus dem es Kugeln auf die Söldner hagelte, ab und explodierten harmlos auf den umliegenden Dächern. Die dritte schließlich tat ihr Werk in der Luft, unmittelbar vor dem Maschinengewehr. Augenblicklich verstummte das Feuer. Nick bezweifelte, dass er den Schützen wirklich erwischt hatte. Aber mit ein bisschen Glück war die Waffe hinüber...

Als letzter jagte Steeler mit dem Speederbike los, nachdem er sich versichert hatte, dass nur noch der Pilot und der Minigunner im Schiff waren. Während letzterer mit Feuersalven auf die Wachtürme begann, machte der Georgier seinen Weg Richtung Ortschaft, eine Hand am Lenker, mit der anderen lässig die Bullpup gepackt, in seinen Augen ein Display mit seinem Trupp und einer Zielhilfe, perfekt abgestimmt auf seine Arme. So ließ es sich leben. Und heute abend würde er sich einen schönen Joint drehen und ein weißhäutiges Mädel vernaschen.
Hui, da kam ja ordentlich was rum! Er legte sich mit dem Speederbike in die Kurve und schlug so einen Haken, dass der Marsstaub nur so aufwirbelte. Jetzt brauchte er nur einen Einstieg ins Kampfgeschehen. Ah, Richard schien ein wenig in Problemen zu stecken.
"Gunner! Auf den Wachturm konzentrieren, wo Richard und ich herumstehen! ... Bald!" in den Funk brüllend näherte er sich in Schlangenlinien dem Ziel. Glücklicherweise waren die Jungs beschäftigt genug mit Richard und den anderen Anstürmenden. Er hielt aprupt und sprang neben Richard an den Eingang.
"Schon da, Dick. Wollen mal sehen, was ich anrichten kann."
Mit aktivierter Gravpeitsche schleuderte er seine Hand um die Ecke, versuchte Blind einen der Wachposten aus dem Eingang zu reißen. Es gelang! Der Siedler segelte durch die Luft, wild feuernd, nur um dann sekunden Später mit dem Jackhammer aus der Schwebe geholt zu werden.
"Wieviele sind noch da drin, Dick?!"

Während Richard an der Wand stand und seine Gegebenheiten ordnete, platzte Steeler förmlich aus einer Wolke Marsstaub heraus, hielt auf ihn zu und bremste mit einem Manöver abrupt bei ihm ab. Der Chinese sann einen kurzen Moment über sein Unvermögen, ein Fahrzeug zu steuern nach und nickte Steeler zu.
"Schon da, Dick. Wollen mal sehen, was ich anrichten kann.", sagte Joe und Richard nickte kurz in Richtung Turm. Der Georgier verstand und lies seine Gravpeitsche um die Ecke schnellen, erwischte tatsächlich einen der Wachen, den wenig später der Jackhammer niederstreckte.
"Wie viele sind noch da drin, Dick?!", wollte Steeler wissen.
"Zwei waren es am Eingang. Einen hast du dir geangelt, der andere wird sich in den Turm zurückgezogen haben. Auf den Schießständen oben befinden sich noch zwei Mann, einer davon mindestens leicht verletzt. Wenn du mir nach oben Deckung geben kannst, bin ich im Nu im Turm und kann sie von Innen auseinander nehmen." Die Augen des Chinesen blitzten kurz dunkel auf, und ein unterschwelliges Lächeln umspielte seine Lippen. Mittlerweile hatte er so etwas wie Gefallen an diesem Job gefunden, irgendwie liebte er die Herausforderung und die immer wieder neuen Szenarien bei ihren Einsätzen. Sie hatten sich nach längerer Zusammenarbeit aufeinander eingeschossen. Und Joe Steeler, so wie er jetzt vor ihm stand, hatte die Führung inne und dafür zollte ihm Richard tiefen Respekt.
Er steckte eine Waffe für den Moment weg, um erneut einen Kaugummi aus seiner Tasche zu fischen. Er hielt ihn dem Korps-Anführer hin und sagte: "Hier, wir machen es doch cool, oder? Like a Boss."
Dieses Mal lachte er deutlich.

"Was ist das, 2012? Aber nur weil du es bist, Dick. Dann mach mal Schaschlik aus ihnen."
Hastig fummelte Steeler den Kaugummi aus der Verpackung, ließ sie achtlos auf den Boden Fallen und begann darauf herumzukauen, während er einen Moment Atempause einlegte.
Dann nickte er Dick zu, tat einen Satz zurück und feuerte in den Schiessstand über ihm. Glückstreffer! Der linke Schütze, der gerade einen Mann seines Trupps aufs Korn genommen hatte, fiel mit einem Lauten Schrei vom Turm. Halt... das war nicht er gewesen, das war Jones an der Minigun. Naja, solange das Feuer von ihm weg war... Er nahm sich alle Zeit der Welt, den verbleibenden Schützen aufs Korn zu nehmen, während Richard wohl gerade innerhalb des Turmes Geschnetzeltes machte, und bließ ihm ein schönes Loch in die Schläfe. Mit einem Wimmern ging der Siedler erst auf die Balustrade des Schießstandes nieder, dann fiel seine Waffe zu Boden, vor Steelers Füße. Keine Gaußwaffe, das stand fest. Der Georgier befestigte seine Gaußwaffe auf dem Rücken und löste den Revolver an seiner Seite aus seinem Halfter.
"Ich wünsch dir da drin viel Spaß, Dick. Gehe mal zum nächsten Turm weiter. Von oben solltest du keinen Stress mehr-"
Eine Kugel schlug knapp neben seinem Kopf auf der metallischen Oberfläche des Turms ein. Teufel! Er hastete nach innen, in Deckung. Mit wirklichen Scharfschützen hatte er jetzt nicht gerechnet!

Freddie musste sich nicht beeilen, um an sein Fahrzeug zu kommen, denn niemand machte es ihm streitig. Die Speeder waren einem sofortigen Ansturm ausgesetzt – sein Gleiter oben auf dem Gunship allerdings nicht, denn er war der einzige, der von der Truppe wusste, wie man ihn flog. Dennoch beeilte er sich genauso wie die anderen – er wollte starten, bevor sie zu nahe an der Ansiedlung waren. Eilig zog er die schwere Klappe beiseite, die das Schiff oben abschloss, ließ die Bodenklappe des Gleiters in den entstandenen Freiraum herab und zwängte sich durch die entstehende Öffnung in das kleine Gefährt. Mit geübten, schon lange routinierten Handgriffen zog er die Klappe unter sich wieder zu, initialisierte das System und stellte die beiden Düsen, die hinten aus dem Gleiter ragten, auf volle Leistung. Treibstoffhahn und Ausklinken aus den Halterungen auf dem Rücken des Schiffs folgten, einen Moment später nur zündete er – und für ein paar Sekunden raketengetrieben schoss der Gleiter davon, mit einem Aufbrüllen, das wegen der dünnen Atmosphäre außerhalb nur im Gleiter selbst in seiner eigentlichen Lautstärke hörbar war. Bläulich schossen die Flammen einen halben Meter weit steif aus den Düsen, bis Frederik mit einem Knopfdruck die Tragflächen zur Entfaltung brachte und mit einem sanften Zug an einem Hebel den Schub wieder zurückfuhr. Der Lärm stoppte und die Flammen erloschen fast, als immer mehr die Tragflächen und immer weniger die Triebwerke die Aufgabe übernahmen, den Flieger in der Luft zu halten. Sofort zog Frederik nach oben und steuerte Richtung Siedlung – eine erste Aufgabe würde es sein, sich einen Überblick zu verschaffen und daraufhin wichtige Ziele anzugreifen.
"Hier Freddie, bin in der Luft. Gibt's schon etwas Wichtiges?"

Auch Brad hatte einen Speeder ergattert und wütete bereits wie ein Dämon in der Hölle. Da war ein Wachposten - jetzt war es ein Wachposten mit drei Kugeln im Gehirn. Und der Hüne fuhr staubaufwirbelnd weiter.
Dann sah er, wie Steeler nur knapp einem Angriff entging. Verdammt, hatten sie die Lage also doch unterschätzt. Das war eindeutig das Werk eines Scharfschützen gewesen und das bedeutete, dass auch Brad selbst in Gefahr war. Er war nämlich kein schweres Ziel bei seiner Größe. Er wählte einen Turm aus, dessen Wachposten bereits tot waren, stieg von seinem Speeder und betrat das feindliche Gebäude.

Grade umrundete Kaoru eine der igluförmigen Wohnbarracken, da kam ein Gleiter in Sicht. Nichts besonderes. Eines jener Modelle, die sich sogar eine arme, vielköpfige Familie noch leisten konnten. Allerdings wurde der Gleiter grade bemannt. Und ob die Kolonisten damit in die Kämpfe eingreifen oder flüchten wollten war egal. Ihre Befehle waren eindeutig. Keine Überlebenden. Niemanden übrig lassen. Freddie musste schon in der Luft sein. Ihr Speeder verfügte nicht über die Feuerkraft um einen Gleiter auseinanderzunehmen. Und die Granaten waren nicht genau genug.
"Freddie, da ist ein Gleiter bei meiner Position. Will grade in die Luft gehen. Kümmerst du dich drum?"
Den Speeder in einer scharfen Kurve herumreißend, feuerte Kaoru mit den Geschütz des Speeders ein paar Mal auf die Kolonisten, die in Deckung gingen. Dann war sie an den Menschen vorbeigeschossen. Mehr als Zeit erkaufen konnte sie hier sowieso nicht.

Haken schlagend rannte Richard unter dem Feuerschutz von Steeler zum Turmeingang, spähte kurz hinein und glitt mit erhobenen Waffen in den Turm. Außerhalb schlug etwas auf dem Boden auf.
Einer im Treppenhaus und einer weiter oben, dachte er und drückte sich mit dem Rücken zur Wand die Treppe hoch. An der nächsten Biegung erkannte er eine Gestalt am anderen Ende und sprang instinktiv zurück, kurz bevor eine Geschosssalve in die Wand einschlug. Vorsichtig lugte er wieder aus der Deckung hervor, als ein Mark erschütternder Schrei hinter der Schattengestalt des Wachpostens ertönte. Kurz zuckte der Mann zusammen, doch das reichte Richard aus, um zwei Schüsse auf ihn abzugeben, welche in den rechten Oberschenkel und den Bauch trafen. Der Getroffene sackt vorn über und sackte die Treppe hinunter. Im Vorbeigehen vollstreckte Richard das Todesurteil.
Am oberen Ende der Treppe angelangt, genügte ein kurzer Blick nach draußen, um festzustellen, das auch die andere Wache den Turm verlassen hatte. In geduckter Haltung eilte er bis zu den niedrigen Schutzmauern auf dem Schießstand, von hier aus würde er einen guten Überblick an die anderen liefern können. Ein lauter Knall zerriss die Luft, als ein größeres Projektil in die Turmwand einschlug und Richard sah, wie Steeler in den Turm stürzte.
Verdammt, wo haben diese Landeier Scharfschützen her, fluchte Richard innerlich während er den Blick eilig über das Gebiet schweifen lies. In der Richtung aus der der Schuss ungefähr stammte, waren einige Flachbauten zu erkennen, die scheinbar zu einem größeren Komplex an Wasserpumpen gehörten. Im Hintergrund ragten einige synthetisch Kuppeln auf.
Richard beschloss, sich wieder in den Turm zurückzuziehen, bevor der Schütze versuchte besser zu zielen.
"Fred, hier liegen vermutlich Scharfschützen rum. Knapp 200 Meter von uns ist ein Flachbaukomplex mit Wasserpumpen, vielleicht kannst du mal Ausschau halten oder was fallen lassen, wenn du dort vorbeikommst", gab der Killer per Funk durch und zupfte seinen Anzug wieder in die richtige Position, während er nach unten zu Steeler ging, "Hab's gesehen, Joe. Und nun?"
Angespannt starrte Richard durch den Ausgang nach draußen, verborgen im Dunkel des Treppenhauses.

Zwei Söldner brachen die Fronttür des Turms, den Nick unter Feuer genommen hatte, auf und verschwanden im Inneren. Bald darauf ertönten Schüsse aus dem Inneren. Damit war die Sache für ihn wohl erledigt. Die Jungs würden das Ding schon schaukeln. Da konnte er beruhigt weiter vorrücken. Über den Funk kamen eine ganze Menge Sprüche herein. Sah so aus, als liefe es nicht überall so glatt wie auf dieser Seite der Siedlung. Und alle riefen sie nach Freddie! Der würde sich ja zerteilen müssen, wenn er all diesen Hilferufen nachkommen sollte. Nick entschied, dass er mit dem Scharfschützen ebenfalls aushelfen konnte. Von seiner Position aus konnte er von der Flanke her auf den bezeichneten Komplex vorrücken. Er verfiel in raschen Trab und hielt sich in die Richtung, in der sein Ziel liegen musste. Schon nach ein vielleicht hundert Metern war er außer Puste und musste langsamer machen, doch schließlich erreichte er sein Ziel. Mehr aufs Geratewohl denn wirklich gezielt gab er ein paar Granaten auf das Gebäude ab, sprengte hier einen Fenstersturz, dort ein Stück Mauer, sodass das Dach auf einer Länge von vielleicht zwei oder drei Metern herab kam. Unwahrscheinlich, dass er den Sniper damit erwischt hatte, aber zumindest war der damit abgelenkt. Besser für den Rest der Jungs. Nick selbst brach mit der Schulter eine Tür auf und betrat den Komplex, den Grantwerfer lose in der Rechten, die Waffe an seinem Handgelenk im Anschlag. So lautlos, wie ihm das eben möglich war, bewegte er sich tiefer in das Gebäude.

Eine Meldung auf Steelers HUD zeigte ihm, dass sich Nick um die Sniper kümmerte. Vielleicht würde er Hilfe brauchen... "Dick! Geh zu Nick rüber, Haus beim Wasserspeicher."
Er hetzte aus dem Turm, schwang sich auf das Speederbike und jagte los. Das sollte bis Mittag gelaufen sein, ansonsten würde die Hitze den Kampf unangenehm machen.
Vor ihm sprang ein bulliger Wächter aus der Deckung eines Hauses. Steeler zögerte nicht und die schwerkalibrigen Kugeln rissen unangenehm rote Öffnungen in seine kugelsichere Weste. Es ging weiter. Hinter ihm ertönte ein lauter Schall. Eine Wendung des Kopfes versicherte ihn seiner Befürchtung. Ein anderes Speederbike! Mit einem Mal riss er das Steuer herum und bog in die Siedlung ein. Anscheinend folgte ihm der andere Speeder, denn Kugeln pfiffen an seinen Ohren vorbei. Rasch bog er in eine Gasse zwischen zwei Häuser ein, hielt an und sprang ab. Die Waffe gezückt erwartete er den Ansturm des Feindes. Statt eines röhrenden Speederbikes aber lugte eine rotschöpfige Siedlerin um die Ecke und feuerte eine Salve auf ihn ab, als sie ihn sah.
"Na grossartig. Häuserkampf.", schnappte Steeler. Die Dirne würde ihm bezahlen, wenn er sie lebendig kriegte.

Der Gleiter kippte ab, auf den der Siedler zu, der gerade abgehoben hatte, und eröffnete rasch das Feuer aus den beiden schweren Maschinengewehren unter dem Rumpf. Die Kugeln pfiffen um das große, recht schwerfällige Gefährt, prallten aber wirkungslos von der Außenhülle ab, auch wenn sie hässliche Spuren hinterließen. Der Feind jedoch machte sich nicht die Mühe, das Feuer zu erwidern, sondern schien mit Höchstgeschwindigkeit fliehen zu wollen.
Freddie drehte ab. Nicht aus humanitären Gründen, nicht, weil es ihm etwas ausgemacht hätte, die Triebwerrke des Fliegers so weit zu zerlegen, dass er als Feuerball auf dem Boden aufgeschlagen wäre – sondern weil in jenem Moment die Meldung kam, dass da ein Scharfschützennest war, das ausgehoben werden wollte. Und während sich seine Erleichterung, nicht auf wehrlose Siedler schießen zu müssen etwa in dem Bereich bewegte, den fünf Dollar, auf der Straße gefunden, ausmachten, war es doch sehr viel dringender, zuerst die Bedrohung für die eigenen Truppen auszuschalten.
Angespannt und mit Höchstgeschwindigkeit hielt Freddie auf die genannte Position zu, nach den Schützen Ausschau haltend. Der Komplex, aus dem das Feuer gekommen war, war anscheinend mit einigen unauffälligen Scharten versehen worden, im . Mitten im Anflug hörte der Pilot allerding seinen plötzlichen, schrecklich lauten Schlag links vom Cockpit, von etwas sehr Hartem auf das Metall der Außenhülle, nach der Position zu urteilen möglicherweise sogar am Triebwerk. Er war anscheinend bemerkt worden. Nicht so wichtig, entschied Freddie, hielt weiter auf sein Ziel zu und löste schließlich die Verankerung des Bombenschachts – als auf einmal ein schwaches Signal aus dem Gebäude kam. Nicks Signal.
"Fuck, Nick! Was zur Hölle machst du in meinem Ziel?", brüllte Freddie, völlig die Beherrschung verlierend, nicht einmal wissend, ob der Angesprochene überhaupt die Explosion überlebt hatte, die etwa ein Achtel des Komplexes – tatsächlich auch dasjenige, das Freddie treffen wollte – zerstört hatte. Warum gab der Verrückte keine Meldung? Andererseits war Denken noch nie Nicks Stärke gewesen ...

"Was werd' ich schon groß machen, du Gehirnakrobat?", gab Nick patzig zurück. Die Bomben, die Freddie abgeworfen hatte, scherten ihn nicht groß. Sie waren am exakt anderen Ende des Gebäudes nieder gegangen. Aber der Ton des Piloten ging ihm gründlich gegen den Strich. Sollte der doch mal hier unten seinen Arsch riskieren! "Ich nehm' dir Arbeit ab. Hab gehört, da gibt's 'nen Gleiter, den du vom Himmel holen sollst. Steeler war recht deutlich was Überlebende angeht. Du hast ihn dir doch nicht durch die Lappen gehen las... Scheiße!"
Eines hatte Nick natürlich nicht bedacht: er trug keinen Helm, lediglich ein Headset. Sein kleiner Disput mit Freddie musste für den Scharfschützen hier drin ebenso gut wie ein Leuchtsignal gewesen sein. Nicht, dass Nick sich zuvor bereits Mühe gegeben hätte, unauffällig zu sein. Aber das war nun doch noch mal etwas anderes gewesen. Es war sein Glück gewesen, dass der Gebäudekomplex recht verwinkelt war. Und das der Scharfschütze sich zu schnell bewegt hatte. Nick hatte das Huschen aus dem Augenwinkel gesehen und sich sofort zu Boden fallen lassen. Straßenkämpferreflexe. Die Kugel riss statt seinem Kopf ein faustgroßes Stück Stahlbeton aus der Mauer. Nick erwiderte den Beschuss aus dem Liegen, jagte einen Feuerstoß aus der MP durch die Türöffnung, in der nun der Scharfschütze seinerseits hastig Deckung suchte. Ob er etwas getroffen hatte war schwer zu sagen. Jedenfalls ließ der Sniper sich nicht mehr blicken.
Nick ließ sich Zeit um wieder zu Atem zu kommen, ehe er sich wieder in die Höhe wuchtete. Natürlich folgte er dem Scharfschützen nicht durch die vor ihm liegende Tür. Das wäre eine Todesfalle gewesen. Stattdessen ging er außenrum. Auch nicht arg viel sicherer, aber zumindest ein wenig unkalkulierbarer. Diesmal gab er sich wirklich Mühe, leise zu sein. Einer der Gründe, warum er so lang gewartet hatte. Wenn er schnaufte wie ein Walross war es mit dem Überraschungseffekt gleich vorbei. Wieder war ihm das Glück hold: der Raum, aus dem er beschossen worden war, hatte einen zweiten Eingang. Und die Tür stand offen. Mit der MP in alle Richtungen sichernd betrat er das Zimmer, die Luft angehalten.
All die Vorsicht jedoch, stellte sich heraus, war überflüssig. Schon auf den ersten Blick erkannte Nick, dass der Schütze keine Gefahr mehr für ihn darstellte. Oder für irgendwen sonst. Er kauerte an einer Wand, tief herab gesunken, sein Gewehr lag vor ihm auf dem Boden. Er hatte die Hand auf seine linke Seite gepresst, doch dies konnte wenig daran ändern, dass ihm das Blut nur so aus dem Körper troff. Also hatte er doch getroffen, stellte Nick nüchtern fest. Dass der Kerl im Sterben lag berührte ihn wenig. Was ihn hingegen, nun, nicht exakt berührte, aber zumindest verwunderte war, dass der Schütze noch fast ein Kind war. Vielleicht vierzehn, fünfzehn Jahre, aber Nick war nicht sonderlich gut im schätzen. Furcht lag im Blick des verwundeten Jungen als er Nick erblickte.
"Werden... sie mich töten?", fragte er zitternd. Da war etwas bettelndes in seinen Augen. Dieser Junge wollte noch nicht sterben. Er war noch nicht bereit dazu. Aber Steeler hatte gesagt, dass es keine Überlebenden geben sollte. Und Nick bezweifelte stark, dass der Junge seinerseits Gnade gezeigt hätte. Er hatte immerhin gekämpft.
"Kombattant!", erklärte Nick knapp. Und drückte ab.

Den Wachturm hinter sich lassend, hastete Richard in Richtung des Gebäudekomplexes, wo er auf Nick treffen würde. In den Schatten der Gassen und Wasserpumpen huschte er auf einen Eingang zu, als ein Funk von Freddie kam, der sich hitzig darüber beschwerte, dass sich Nick im Zielgebiet befand.
Die kurze, hitzige Stichelei hörte Richard über Funk, die aufgebrachte Stimme des Australiers hörte er jedoch auch hier draußen.
Wenn er so rum schreit, kann er sich gleich auf das Dach stellen und tanzen, fluchte er und rannte geduckt in das Gebäude hinein. Kaum hatte er die ersten Meter ins Innere hinter sich, als ein Schuss ertönte, dem eine Salve antwortete. Eilig suchte der Asiate Deckung in einem kleinen Nebenraum, während er angestrengt jedem Geräusch lauschte. Plötzlich hörte er schwere Schritte weiter den Flur runter und sah gerade noch einen Schatten vorbeihuschen. Nahezu lautlos schlich er den Gang entlang, atmete noch einmal tief durch und ging mit erhobenen Waffen um die Ecke.
Als er die Szenerie sah, lies er die Feuerwaffen wieder sinken und betrat den Raum. Der Junge, der vor Nick auf der Erde lag, wimmerte etwas, das Richard nicht verstand, bevor ein Schuss dem kleinen Haufen Mensch den Rest Leben aushauchte.
"Kombattant ist wohl nicht gerade Kinder-Chargon, Pengyou", sagte Richard und schaute Nick mit schief gelegtem Kopf an.

"Na warte, Rotschopf, dich krieg ich noch ... und wenn ich dich erwische...!", brüllte Steeler, während Kugeln über seinen Kopf hinwegpfiffen. Er war immer noch in dieser miesen Seitengasse, und konnte von Glück reden, dass die Siedler mit seinen Söldnern zu beschäftigt waren, um irgendetwas großes anzurichten. Dieser bescheuerte Derek! Konnte der nicht einfach das Geld annehmen, das ihm angeboten wurde?
Die Rothaarige lugte eine Millisekunde um die Ecke. Eine Millisekunde genug für Steeler, seine Gravpeitsche rüberzujagen, um sie herüberzureißen. Sie brüllte ihrerseits wiederum, und feuerte wild um sich. Er beendete dies mit einem Tritt seiner Gravboots, und sie prallte gegen die Wand, und sank zu Boden. Ein Tritt und die Waffe schlitterte durch den Sand außerhalb der Reichweite seiner Feindin. Diese funkelte ihn wütend unter ihren Strähnen hervor an.
"Tja, Schätzchen. Du hast dir ein Paar Stunden mit dem Meister verdient.", gewaltsam riss er sie an ihrem Handgelenk nach oben und gab ihr eine Schelle. Sie spuckte ihn an, aber mehr als ein trockenes Husten schien ihr von der Marsluft getrockneter Mund nicht mehr herzugeben. Steeler grinste dreckig und drückte sie mit der Rechten gegen die Hauswand, die Hand an ihrem Kehlkopf.
"Kein Spass, Mädel. Halt die Klappe und kooperiere, wenn du leben willst."
Ein paar Handschellen wanderte in seine Linke.

"Das ist dem jetzt wohl auch schon egal", erwiderte Nick ungerührt und zuckte mit den Achseln. War ja eigentlich auch gar nicht an den Jungen gerichtet gewesen. Mehr an ihn selbst. Als Rechtfertigung seiner Entscheidung. Und gegen die war nichts einzuwenden. Richard hingegen blickte ihn nach wie vor schief an. "Waaas?", empörte der Australier sich, "Was ist jetzt schon wieder, Dick? Weil er noch ein Teen war? Der hat auf uns geschossen, Dick! Hätte ihn ja vielleicht gehen lassen, wenn er sich hier nur versteckt hätte, aber der war ein verdammter Sniper. Hat mir fast den Kopf weggepustet und vermutlich auch ein paar von unseren Jungs. Ich hab's so gehalten wie immer: Kombattanten haben keine Gnade zu erwarten. Ist doch nicht meine Schuld, wenn diese bekloppten Fundis hier schon ihre Kinder zu Killern abrichten!" Als Nick im Alter des Jungen gewesen war hatte er bereits zweimal gesessen und ein Vorstrafenregister gehabt, anhand dessen jeder Richter ihn als hoffnungslosen Fall abgestempelt hätte. Aber getötet hatte er damals noch nicht. Das war erst später dazu gekommen.
"Was scherst du dich eigentlich drum, was ich hier mache? Du hättest ihn doch nicht etwa lebend fangen wollen, Dick? Du bevorzugst doch nicht etwa seit Neuestem Knaben?"

Ihr Gleiter zog davon. Großartig. Der Wind zog an Kaorus Haaren und Kleidern, als sie ihren Speeder beschleunigte und dem flüchtenden Gleiter folgte. Das Speederbike war knapp schneller. Kaoru riss ihren Speeder herum. Nun flog sie in Richtung Gleiter, der träge eine Ausweichbewegung versuchte. Kaoru ließ das Geschütz des Speeders eine Garbe losschicken. Noch im Flug zog sie eine ihrer Granaten hervor, löste den Stift mit dem Mund und ließ sie gegen die Frontscheibe des Gleiters prallen. Die Front des Gleiters wurde zu einem Feuerball. Glas splitterte hörbar. Jemand schrie. Es folgte das Geräusch eines Gleiters, der verzweifelt versuchte, mit zu wenig Triebwerken in der Luft zu bleiben. Für einen Moment trudelte das Gefährt in die Tiefe, dann aber fing es sich in setzte seine Flucht fort.
"Scheiße", fluchte Kaoru: "Chatikka, schnapp dir den Fahrer und seng ihn weg!" Die Drohne machte sich an die Verfolgung des Gleiters. Zum ersten Mal in dieser Schlacht rief Kaoru die taktische Karte auf. Steeler hatte einen Gefangenen und da musste irgendwo ein Speederbike sein. Spitze. Mit ein bisschen Glück konnte Kaoru das Bike zum Gunship bringen oder so.

"To the victor the spoils, mh?", fragte Kaoru Steeler süffisant. Sie mochte Steelers Vorgehensweise vielleicht nicht, aber der Mann war effektiv, also ließ sie es ihm durchgehen. Und es hatte schon seit einer ganzen Weile niemand mehr versucht, sie zu begrabbeln, was vielleicht etwas damit zu tun hatte, dass sie eine Selbstschussanlage über dem Bett hatte. Und eine Drohne mit Flammenwerfer.
"Die hatte doch einen Speeder, oder? Soll ich den zum Gunship schicken? Wir bräuchten die Ersatzteile."