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 Mutanten (Originaltitel: Jagd um MK-366)

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Dreyri
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BeitragThema: Mutanten (Originaltitel: Jagd um MK-366)   Mutanten (Originaltitel: Jagd um MK-366) EmptyMo 25 Feb 2013, 19:28

Sooo hier kommt sie endlich xD Aus meinen Lieblingsrpg will ich ne Story machen.
Ich werde mich aber möglichst genau an das RPG halten. Deshalb ... bitte lasst euch von der seltsamen Logik einfach nicht stören Smile
Kritik, Anmerkungen und Lob sind natürlich erwünscht!


Da das Original ein RPG ist, gehören natürlich nicht alle Charaktere mir.

In diesem Kapitel gehören folgende Charaktere nicht mir:

Rust Engine (©️ by SageCape/ Nickel-Krypton)



Svetlana (New York, 7. September 2050)

Zombies halfen wunderbar gegen Stress. Ein paar von ihnen mit Kugeln spicken und schon konnte man das Leben wieder halbwegs geniessen. Nur leider hatte Svetlana das Spiel schon so oft gespielt, dass sie die einzelnen Levels langsam in und auswendig kannte. Langsam wurde es Zeit, dass Rust ihr ein neues Game kaufte.
Als hätte er gehört, dass sie gerade an ihn dachte, trat er zur Haustüre herein. Sie hörte ihn ziemlich gut, obwohl der Ton des Fernsehers voll aufgedreht war.
Die Tür schlug krachend zu, das Haus erzitterte. Sofort schmeckte Svetlana in ihrem Mund den penetranten Geschmack von saurer Milch, gewürzt mit etwas Chilli und dazu eine Prise Erbrochenes.
Rust war wohl schlecht gelaunt, so wie er heute schmeckte. Ihr Magen begann fast zu rebellieren. Hastig tastete sie nach der Kaugummipackung in ihrer Nähe, klaubte einen Kaugummi und steckte ihn sich zwischen die Zähne. Der starke Pfefferminzgeschmack überdeckte Rusts Laune ein wenig. Dafür wurde ihr Charakter gerade arg bedrängt und als er dann nachladen musste, erwischte es sie.
Game over.
Langsam senkte sie den Controller und legte ihn auf den Boden. Dann lauschte sie Rust. Offenbar schnitt er sich gerade eine Kugel aus dem Arm. Er war getroffen worden? Kein Wunder, war er so schlecht gelaunt. Na hoffentlich war die Kugel nickelfrei.
Sie hörte Rust zu, wie er alles verfluchte, das es wagte, die Erde mit ihm zu teilen. Seine schlechte Laune fühlte sich an wie eine Ohrfeige in Endlosschlaufe.
„Rust!“, brüllte sie deswegen. „Hör auf so laut zu denken! Ich versuch mich hier zu konzentrieren!“
Eigentlich sollte sie sich ja wirklich konzentrieren. Die Typen vom Institut hatten sie ‚gebeten’, ihre Fähigkeiten zu trainieren, weil sie annahmen, dass da mehr rauszuholen war, als Gedankenlauscherei. Doch sie hatte keine Lust darauf. Zombies abknallen war halt einfach toller.
Gerade wollte sie das Level neu starten, als ihre Tür sich öffnete. Rust erschien im Türrahmen und blickte auf sie herab. Mit diesem strengen angepissten Gesichtsausdruck, den nur er so beherrschte. Da sie auf dem Boden sass, wirkte er noch grösser auf sie, als sonst schon. Das lag aber nicht daran, dass er extrem groß war. Sie war nur einfach sehr klein. Mit ihren 1.60 Meter, war sie sicher etwa zwei Köpfe kleiner, als der Blonde.
Sie ahnte, dass gleich irgendeine Schelte kommen würde, weshalb sie so freundlich war und Fernseher und Konsole ausschaltete. Anschließend hob sie den Kopf und schaute wieder zu ihm auf. Durch den Vorhang an Haaren, den ihre Stirnfransen bildeten, konnte sie ihn zwar ansehen, aber er würde kaum Augenkontakt finden. Das gab ihr ein wenig das Gefühl der Überlegenheit.
„Und wie definierst du denn ‚laut denken’?“, fragte Rust, während er sich mit einer Schulter an den Rahmen lehnte.
Svetlana seufzte. Das hatte sie ihm schon x-tausend Mal erklärt. Nun, Rust war halt ein wenig beschränkt. Damit musste sie umgehen. Sie erhob sich langsam.
„Wenn du ‚laut’ denkst, dann denkst du aggressiv, aktiv einfach ... zu laut. Das fühlt sich an, wie wenn ich saure Milch trinken würde, während mir jemand mit nem Hammer auf dem Kopf rumhämmert.“
Sie drückte sich die Hände gegen die Schläfen und schloss die Augen. Sie hatte den hässlichen Geschmack immer noch im Mund. „Und ... und dieses Training, das mir die Typen aufhalsen wollen ... es klappt einfach nicht“, brummte sie, wobei sie die Arme verschränkte. Er musste ja nicht wissen, dass sie das alles bereits irgendwie konnte. Niemand musste das wissen. Das würde sie nur noch wertvoller machen für diese Sklaventreiber!
Statt irgendwas zu antworten, dachte Rust lediglich daran, wie er denn nicht aggressiv denken sollte, wenn er angeschossen worden war und er nicht einmal alle Ziele erwischt hatte. Rust wandte sich von ihr ab, hielt dann aber inne. „Ich denke nicht, dass du der Post auf dem Küchentisch Beachtung geschenkt hast, oder?“ Seine Stimme klang nach wie vor ziemlich bissig.
„Ich hab gemerkt, dass sie da liegt. Aber wozu soll ich sie anschauen? Ist ja sowieso alles für dich.“ Sie hob die Schultern und griff nach seinem Arm. Sofort rauschten Bilder, Gedanken, Gefühle und allerlei Geschmäcke durch ihren Kopf. Alles, war Rust in der letzten Zeit erlebt hatte, seit sie ihn das letzte Mal berührt hatte, konnte sie in einem Durchzug sehen und spüren.
Berührungen waren nicht ganz so schlimm, wenn sie sie regelmässig tat. Deswegen fasste sie Rust auch öfters kurz an. So kamen nicht zu viele Informationen auf einmal, was deutlich erträglicher war, als wenn sie eine völlig unbekannte Person anfasste.
Rust ließ diese Berührungen meistens zu, auch wenn es ihm, wie sie wusste, immer unangenehm war. Er war hier immerhin der Chef, doch sie wusste alles über ihn. Svetlana verstand, dass das sicherlich nicht angenehm war. Doch früher war er es ja immer gewesen, der sie dazu gezwungen hatte, zumindest ihn zu berühren, in dem er oftmals einfach ihre Hand gepackt hatte.
Je mehr sie ihre Fähigkeiten benutzte, umso besser. Fand er zumindest.
Rust wandte sich ab und ging in die Küche. Sie folgte ihm, nachdem sie sich ihre Lieblingskopfhörer geschnappt hatte. Sie setzte sich die Dinger auf und drückte einen Knopf auf der rechten Seite, um die Musik abzuspielen. Sie drehte die Musik so lauf auf, dass sie Rusts Gedanken nur noch ganz schwach wahrnahm. Während Rust sich die Post durchsah, öffnete sie den Kühlschrank. Eigentlich hatte sie Lust auf Müsli, doch Müsli ohne Milch war furchtbar. Denn der Appetit auf Milch war ihr gerade gründlich vergangen. Also entschied sie sich für Toast. Sie steckte vier Scheiben in den Toaster, wobei sie Rust beobachtete. Sie war froh, konnte er ihre Gedanken nicht hören. Denn einerseits gehörte er zu den wenigen auserlesenen Menschen, die sie mochte, doch andererseits traute sie ihm nicht immer über den Weg. Er kannte sie gut und das war sein Vorteil ihr gegenüber. Rust war der Boss - und es gab Situationen in denen er das unmissverständlich klar machte.
„Die wollen dich mal wieder im Institut sehen“, sagte er beiläufig. Er hatte die Zeitung aufgeschlagen und las darin. Trotz der Lautstärke ihrer Musik, konnte Svetlana erraten, was er gesagt hatte. Sie seufzte tief auf.
„Ich hab keinen Bock auf das Institut.“ Die Toastscheiben sprangen hoch und sie schnappte sich einen, von dem sie abbiss. „Wenn die mich sehen wollen, kannst du ihnen ja ein Foto von mir vorbeibringen“, schlug sie mit vollem Mund vor.
Triumphierend stellte sie fest, dass er die Bemerkung tatsächlich amüsant genug fand, sich ein Grinsen abzuringen, das nach wenigen Sekunden aber schon wieder erloschen war.
„Es ist wirklich wichtig, dass du regelmässiger bei ihnen vorbeigehst. Schließlich überprüfen sie dann auch deine Gesundheit und mit deinem Training, bei dem du nicht vorwärtskommst, können sie dir wohl auch besser helfen, als ich.“
Blablabla, dachte Svetlana sich.
„Du hast leicht reden“, grummelte sie, nachdem sie das Toaststück gegessen hatte. „Du hörst deren Gedanken ja nicht die ganze Zeit! Warum kannst nicht einfach du diese Tests hier im Haus durchführen?!“ Sie schnappte sich die restlichen Toasts und setzte sich damit zu Rust an den Tisch.
„Hast du nicht einen Auftrag für mich? Ich will wen zum Schweigen bringen ,bitte!“
„Ich bin weder Arzt noch Forscher und ich wüsste auch gar nicht, was ich genau testen müsste. Das richtige Material ist hier auch nicht vorhanden“, erwiderte er, ohne von der Zeitung aufzublicken.
„Aber wenn du jetzt zum Institut gehst, dann hab ich heut Abend sicherlich einen Auftrag für dich.“
Svetlana starrte ihn einen Moment lang an. Sie musterte sein Gesicht, die schmalen, grünen Augen, das Lippenpiercing, die langen blonden Haare, die er wie so häufig, zusammengebunden hatte.
„Na schön“, schnaubte sie nach einer Weile und erhob sich. Die Toasts ließ sie liegen. Statt sie zu essen, legte sie die Kopfhörer nieder und schnappte sich das Telefon, um ein Taxi zu rufen. Nachdem dies erledigt war, ging sie sich umziehen. Da es Herbst war, war es nicht allzu auffällig, dass sie fünf Minuten später von Kopf bis Fuss beinahe gänzlich eingekleidet war.
„Ich gehe. Aber dafür will ich heute Abend Pizza!“
Rust würdigte sie nach wie vor keines Blickes. „Von mir aus!“, gab er aber genauso aggressiv wie sie zurück.
Daraufhin schenkte sie ihm einen ironisch gemeinten Luftkuss und verliess das Haus. Seit sie zwölf war, wohnte sie mit Rust zusammen hier. Es war ein relativ ruhiges Quartier, abseits der New Yorker Metropole, in dem vor allem reiche, alte Leute wohnten. So hörte sie des Nachts nicht so viele Stimmen und konnte einigermaßen gut schlafen. Früher, als sie noch im Institut selber gewohnt hatte, hatte man ihr abends immer ein Schlafmittel gegeben, damit sie sich ausruhen konnte. Schließlich hatte man sie zu Rust gegeben. Rust war damals frisch im Institut gewesen. Er hatte seine Aufgaben gewissenhaft erledigt. Warum ausgerechnet er ihr Ersatzvater wurde, interessierte Svetlana inzwischen nicht mehr. Tatsache war, dass sie mit ihm so gut auskam, wie ein Mann Mitte zwanzig und ein siebzehnjähriges Mädchen miteinander auskommen konnten. Er hatte sie allerdings sehr geprägt. Seinetwegen war sie von Mozart auf Seven Death Machine umgestiegen. Oder auch Klassiker wie Metallica und Slayer hörte sie oft. Aus reinem Protest hatte sie ihre honigblonden Haare schwarz gefärbt und sich einen Pony wachsen lassen, der ihre Augen verdeckte. Der Rest der Haare trug sie lang und gerade. Hin und wieder zu einem Pferdeschwanz gebunden. Beispielsweise bei einem Auftrag. Ausserdem hatte sie sich piercen lassen. Lippenpiercing, Nasenpiercing und ihre Ohren waren übersät mit kleinen Steckern.
Mit dem Taxi erreichte sie das Institut in einer knappen halben Stunde. Das Gebäude war hässlich. Gigantisch und hässlich. Ein Betonklotz, ausgestattet mit sieben Stockwerken und diversen Nebengebäuden.
Langsam ging sie auf den Eingang zu, zeigte den Wachposten ihren Ausweis und trat ein. Der Eingangsbereich sah deutlich freundlicher aus, als das Äussere des Institutes anmutete. Der Boden war aus schickem Marmor, links vorne befand sich ein geschwungener Tresen, hinter dem drei Sekretärinnen den Empfang bildeten. Rechts hatte es einen Wartebereich, der mit weichen Sofas ausgestattet war. Dazu gesellten sich zwei Getränke und ein Snackautomat.
Über dem Empfang war in großen Buchstaben ‚Willkommen im Institut für Biowissenschaft und Genforschung - New York’ geschrieben.
Svetlana schritt an den drei Damen vorbei zu den Fahrstühlen, die fürs Personal gedacht waren. Laute Musik hämmerte nach wie vor in ihren Ohren. Sie genoss das. Im Fahrstuhl wählte sie den dritten Stock. Oben angekommen ging sie den Boden musternd den Flur entlang. Rechts und links von ihr öffneten sich weitere Flure, Zimmer und Büros. Hier oben war der medizinische Forschungsbereich. Sie kannte sich hier wunderbar aus. Immerhin hatte sie ihre halbe Kindheit hier oben verbracht.
Zielsicher betrat sie einen der Räume, ohne anzuklopfen. Die Ärztin, die an einem Tisch sass und irgendetwas mit dem Mikroskop untersuchte, hob den Kopf.
„Oh, Svetlana. Du hast dich gar nicht angemeldet.“
„Das hast du richtig erkannt“, schnaubte die Jugendliche und schmiss sich auf einen der Stühle.
„Das nächste Mal meldest du dich bitte an. Es kann nicht sein, dass ich meinen Zeitplan deinetwegen immer dermassen umkrempeln muss!“
„Ich habe nicht darum gebeten, hierher zu kommen“, erwiderte Svetlana. Die Ärztin seufzte, legte die Probe weg und erhob sich. „Nur weil du Mr. Engines Liebling bist, heißt das nicht, dass du kommen und gehen kannst, wie du willst“, wies sie Svetlana zurecht.
Diese war sich solche Diskussionen schon längst gewohnt und machte sich nicht viel draus.
Schließlich ging es los. Als erstes wurde sie von Kopf bis Fuss auf Krankheiten und Gebrechen untersucht. Sie wurde geröntgt, musste diverse Konzentrationsaufgaben lösen. Später wollte man dann testen, wie gut sie inzwischen Hautkontakt vertrug. Svetlana sträubte sich, doch es half alles nichts. Ihre Aufgabe war es, die Hände von zwanzig ihr völlig unbekannten Menschen zu schütteln.
Bereits beim fünften begann sie zu zittern und kriegte üble Kopfschmerzen. Beim Zehnten übergab sie sich und beim Dreizehnten brach sie schreiend zusammen. Erst als man ihr ein Beruhigungsmittel verabreicht hatte, wurde sie still und weinte nur noch leise.
Das völlig verstörte Mädchen wurde nach Hause gebracht, wo sie sich kommentarlos in ihrem Zimmer verkroch und schliesslich einschlief.
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BeitragThema: Re: Mutanten (Originaltitel: Jagd um MK-366)   Mutanten (Originaltitel: Jagd um MK-366) EmptySa 02 März 2013, 23:24

Rust (New York, 7. September 2050)

Kurze Zeit nachdem Svetlana gegangen war, hatte auch er sich auf den Weg gemacht. Da er der Chef einer wichtigen Abteilung war, die sich vor allem um die Sicherheit im Bezug auf die Mutanten beschäftigte, hatte er halt einiges zu tun. Eine kurze Pause nach einem Auftrag, den er sich selbst gegeben hatte lag drin, zumal er Svetlana hin und wieder in den Hintern treten musste.
Inzwischen wohnte sie schon so lange bei ihm, dass sie ihm fast irgendwie ans Herz gewachsen war. Sie war wie eine kleine Schwester für ihn. Auch wenn sie zickig, stur und vorlaut war, inzwischen war er beinahe fast ein wenig froh, dass sie sich mit ihm das Haus teilte. Es gab ihm ein wenig Halt. Denn damals, vor fünf Jahren, war für ihn eine ganze Welt zusammengebrochen. Als Rust Miller war er gestorben und als Rust Engine wieder auferstanden.
Er bereute selten etwas. Doch dass er damals so unvernünftig gewesen war und betrunken von New York nach Ottawa hatte fahren wollen, das bereute er. Vor allem, weil er damit nicht nur sich selbst, sondern auch seinen kleinen Bruder in den Tod gerissen hatte. Später war er im Institut aufgewacht. Er war völlig verwirrt gewesen, bis die Forscher ihn aufgeklärt hatten. Er könne sich regenerieren, doch man müsse herausfinden, wie weit diese Regeneration ging.
Die Tests waren das Schlimmste gewesen. Unzählige Pistolenkugeln hatten seinen Körper durchbohrt, ohne auch nur eine Narbe zu hinterlassen. Er hatte das gesamte Giftsortiment des Institutes kosten dürfen, war radioaktiver Strahlung ausgesetzt worden, ihm wurden sogar Körperteile abgeschnitten. Nichts von alledem hatte ihm was ausgemacht. Es sei denn, die Kugeln waren mit Nickel legiert. Es war ein Zufall gewesen, dass seine Nickelallergie ans Tageslicht gekommen war. Und auch der fehlende kleine Finger an seiner linken Hand war nicht nachgewachsen. Die Forscher sagten, das läge daran, dass er die Allergie schon vor der Umwandlung gehabt habe. Den Finger hatte er bei der Arbeit verloren, schon Jahre bevor er gestorben war.
Da seine Familie und seine Freunde ihn für tot hielten, durfte er sich bei ihnen nicht melden. Also hatte er beschlossen, das Beste aus der Situation zu machen. Er hatte hart für das Institut gearbeitet, war stets pflichtbewusst und effizient gewesen. Dem hatte er es wohl zu verdanken, dass er nun Chef war und sich mit noch mehr Papierkram rumschlagen musste. Glücklicherweise gab es dafür ja auch Sekretärinnen.
Rust verliess das Haus, schloss die Tür hinter sich ab und stapfte zur Garage. Svetlana hatte ja einen Hausschlüssel, also war das kein Problem. Aus der Garage holte er sein Motorrad. Das Fahrzeug war toll. Es war zwar schon stolze zwanzig Jahre alt, doch es lief völlig ohne Probleme. Ein grosser Vorteil daran war, dass die Maschine so groß und schwer war, dass Svetlana sie niemals alleine hätte aus der Garage schieben können. Anfangs hatte sogar er Mühe damit gehabt, doch inzwischen hatte er ordentlich Muskeln aufgebaut und er war ja von Natur aus eher grob gebaut. Schwarz wie die Nacht war das Motorrad. Er setzte sich drauf, schaltete den Motor ein und fuhr los. Auf einen Helm verzichtete er. Selbst wenn er einen Unfall erlitt, ausmachen würde es ihm kaum was.
Während der Fahrt entschied er sich, vorher noch einkaufen zu gehen, weshalb er in den Supermarkt ging. Svetlana hatte Pizza bestellt. Eigentlich gar keine schlechte Idee. Er kaufte Pizzen und ähnliches Fertigzeug. Dann blieb er allerdings bei den CD’s hängen, weshalb er erst nach zwei Stunden rauskam und weiterfuhr. Von hier aus war es nicht mehr weit bis zum Institut.
Er hatte gerade sein Fahrzeug geparkt, als er ein paar Institutsleute mit Svetlana in ihrer Mitte zu einem Auto gehen sah. Rust sah dem Auto hinterher, als es davonfuhr. Hm, seltsam. Vielleicht gingen sie noch ein wenig in die Stadt, um den Umgang mit Menschenmassen zu üben?
Seufzend spazierte er ins Institut, wo er sogleich angehauen wurde. Eine dunkelhäutige Frau kam ihm lächelnd entgegen. „Boss! Na, wie geht’s?“, fragte sie. Es war Ruby. Auch sie war ein Mutant, wobei man es ihr eigentlich kaum ansah. Nur die roten Augen verrieten, dass sie anders war. Ruby war eine tolle Frau. Soweit er wusste, war sie etwas älter als er. Ungefähr dreissig war sie schon. Sie war schon hier gewesen, als er dazukam. Sie war stets zu allen nett und mütterlich und half den neugeborenen Mutanten immer gerne bei ihren Problemen. Ruby hatte die Fähigkeit, sich durch feste Materialien bewegen zu können. Deswegen tauchte sie oftmals einfach aus dem Nichts auf. Fast immer wurde sie von Lester und Liam begleitet. Lester war ihr Freund. Ihm sah man überhaupt nicht an, dass er ein Mutant war. Wie seine Freundin war auch er sehr freundlich und offen, doch meistens überliess er Ruby das Reden.
Liam hingegen konnte kaum auffälliger sein. Riesige Segelohren, schwarze Knopfaugen und ein lippenloser Mund zeichneten sein Gesicht. Seine Haut war blassrosa und von einem dünnen Flaum an gräulichen Haaren bedeckt. Um dies zu verdecken, trug er meistens langärmelige, eng anliegende Klamotten. Im Moment trug er eine Mütze, die seine Ohren nach unten drückte. Auf seinem Rücken trug er große, lederne Schwingen, die eindeutig einem Flughund zuzuordnen waren. Ja, Liam war ein Geschöpf, das aus der grotesken Mischung aus Flughund und Mensch entstanden war.
Wie genau das funktioniert hatte, wusste Rust nicht und eigentlich wollte er es auch nicht wissen.
„Gut soweit“, beantwortete Rust die Frage. Ruby, Lester und Liam waren ein gutes, zuverlässiges Team, das er gerne losschickte. Liam war tagsüber sowieso nicht allzu gerne draußen, weshalb ihn kaum jemand sah. Und wenn, dann spukten halt ein paar Tage lang wieder Berichte über mysteriöse Fledermäuse in den Zeitungen herum. Das war nichts, was das Institut nicht wieder hätte geradebiegen können.
„Also, dieser ST-224 wurde liquidiert. Ich hab den Bericht bereits in dein Fach gelegt.“ Ruby nickte in Richtung der Treppe, weil in diese Richtung Rusts Büro lag.
„Danke. Wenn weiter nichts ist, könnt ihr meinetwegen nach Hause gehen. Ich melde mich wieder, wenn ich eure Hilfe sonst brauche.“
Ruby nickte leicht. Sie wirkte ein wenig bekümmert, doch er ignorierte das und ging weiter. Es war nie schön, andere Mutanten töten zu müssen. Er selbst hatte Glück, genoss er einen solch hohen Status. Ihn nannte man bei seinem Namen. Andere Mutanten waren nur eine Nummer. Auch er war früher nur eine Nummer gewesen. SI-123. Leicht zu merken, zumal alle Mutanten, die in New York ‚geboren’ wurden, mit dem Buchstaben ‚S’ anfingen.
Auf dem Weg in sein Büro, wurde er schon wieder aufgehalten. Es war einer der Forscher, der Svetlanas Testergebnisse ausgewertet hatte. Heutzutage ging so was ja schon langsam verdammt schnell.
„Darf ich Sie bitten, kurz in mein Büro zu kommen? Ich habe einige Dinge mit Ihnen zu besprechen“, sagte der Mann, der mit P. Rewes angeschrieben war. Rust seufzte unterdrückt, folgte Rewes aber in dessen Arbeitszimmer. Dieser ließ sich unterwegs einen Kaffee raus.
„Setzen Sie sich doch bitte“, lächelte er Rust an, wobei er auf einen Stuhl deutete. Rust tat wie geheissen. Er beobachtete Rewes, wie er aus dem Regal hinter dem Schreibtisch einen dicken Ordner, beschriftet mit SE-373, herauszog und auf die Tischplatte legte.
„Es ist erstaunlich aber auch irgendwie beunruhigend“, begann er mit seinen Erklärungen, nachdem er sich gesetzt hatte. Er schlug den Ordner auf und weckte nebenbei seinen Computer aus dem Schlafmodus.
„Wie immer litt SE-373 unter massivem Stress, der sich während ihres Aufenthaltes kaum verringerte.“
Der Forscher holte ein paar Röntgenaufnahmen und diverse andere Papiere hervor. „Erinnern Sie sich, wie wir früher befürchteten, die Dauerbelastung ihres Gehirnes könnte SE-373 irgendwann Schaden zufügen? Nun, das Gegenteil ist der Fall.“
Er legte fünf Aufnahmen von Svetlanas Gehirn vor Rust hin. Auf jedem konnte man - wenn man das medizinische Wissen dazu hatte - die Aktivität des Gehirnes erkennen. „Noch vor fünf Monaten nutzt SE-373 ihr Gehirn wie jeder andere Mensch zu ungefähr 10% aktiv. Doch nun sind es bereits 35%. Wir schließen daraus, dass ihr Gehirn, da sie langsam erwachsen wird, sich voll und ganz auf ihre Fähigkeiten abstimmt. Das wiederum bedeutet, dass sie zu weitaus mehr fähig ist, als sie uns momentan weismachen will. Laut Berechnungen sollte sie schon längst dazu in der Lage sein, Menschen zu manipulieren. Und eigentlich müsste sie, wenn sie jemanden berührt, ihre eigenen Erinnerungen, Gedanken und Gefühle an den Berührten weitergeben können.“
Er machte eine kurze Pause, wobei er Rust musterte, der dazu noch nicht viel zu sagen hatte.
„Sehr theoretisch ist die These, dass sie inzwischen jemanden alleine mit Kraft ihrer Gedanken töten können soll ...“
Er erhob sich, rieb sein Kinn zwischen Zeigefinger und Daumen. „Hat sie Ihnen gegenüber mal irgendwie erwähnt, dass ihre Fähigkeiten Fortschritte machen? Ist Ihnen aufgefallen, dass ihre körperlichen Aktivitäten gestiegen sein könnten? Liest sie schneller? Rechnet sie besser? Sie steht es um ihre Reaktionen?“
Nun schnaufte Rust leicht genervt auf. Der Bericht war viel zu lang und viel zu theoretisch. Trotzdem war es ja irgendwie erleichternd, wenn Svetlana ihnen vielleicht bloß etwas verheimlichte.
„Mir scheint das alles sehr theoretisch gehalten“, sprach er seinen Gedanken dennoch aus. War ihm irgendwas an ihr aufgefallen? Er war kein sonderlich guter Beobachter, weil ihn solche Dinge einfach nicht interessierten. Doch es würde sehr gut zu der Jugendlichen passen, wenn sie ihm etwas verschwieg.
„Es wurden auch schon bei anderen Mutanten erhöhte Hirnaktivitäten festgestellt und es änderte sich trotzdem nicht stark etwas. Ich werde mir Svetlana deswegen aber mal vorknöpfen“, versicherte er dem Forscher.
„Wir währen froh drum“, erwiderte der, während er sich nun wieder setzte und die Fingerkuppen aufeinander legte. „Sie kommt sehr selten vorbei und wenn sie hier ist, dann streitet sie beharrlich ab, dass sich ihre Fähigkeiten verändert haben. Im Übrigen hatte sie heute mal wieder einen ihrer Panikanfälle ...“
Er verstummte kurz und furchte die Stirn.
„Was mir persönlich am Herzen liegt ist Folgendes: Sie kann all unsere Gedanken hören und über sie selbst wissen wir nur das, was sie uns zeigt. Genau das ist in den letzten Jahren immer weniger geworden. Falls sich SE-373 weiterhin entwickelt und wir das nicht mitkriegen, könnte sie durchaus eine Gefahr fürs Institut werden. Stellen Sie sich mal vor, die Gedankenleserin würde sich diesen Rebellen anschliessen, die sich gegen das Institut stellen. Sie weiß viel zu viel über uns als dass das passieren darf! Nun meine Frage an Sie, Mr. Engine. Sehen Sie sich in der Lage, SE-373 weiterhin selbstständig im Auge zu behalten oder würden Sie sie lieber im Institut unter Arrest stellen?“
Rust, der beim Wort ‚Panikanfall’ kurz fast ein schlechtes Gewissen kriegte, blickte den Forscher verärgert an. Wurde er nun schon in Frage gestellt?!
„Ich denke, gerade weil sie sich noch entwickeln könnte, ist sie ausserhalb des Instituts besser aufgehoben. Sie braucht ihre Ruhe und wie wir ja nun aus neuster Erfahrung wissen, ist dieser Ort nicht in der Lage gewesen, seine Insassen bei sich zu behalten.“
Das war der Grund für sein frühes aufstehen gewesen. Sein Handy hatte geklingelt und am anderen Ende der Leitung hatte ein aufgebrachter Mann ihm erzählt, dass die erst vor zwei Tagen ins IBG von New York gebrachte Mutantin MK-366 ausgebrochen sei. Sie war offenbar äusserst stark und hatte eine ganze Stange Geld gekostet, weshalb ihr Verlust als verdammt grober Fehler eingestuft werden konnte. Rust hatte sich gleich aufgemacht, sie zu suchen, war dabei aber lediglich auf fünf Typen einer Mutantengang gestossen, die er alle bis auf einen dann auch abgeknallt hatte.
Es kam immer mal wieder vor, dass rebellische Mutanten ausbrachen, bevor sie euthanasiert werden konnten. Diese Mutanten waren dem Institut selten freundlich gesinnt und immer wieder konnte beobachtet werden, dass diese Gruppen sich zu einem mittleren Aufstand zusammenrotteten.
Der Forscher schürzte die Lippen. „Wenn Sie meinen“, brummte er, „wenn wir schon beim Thema sind, hier ist eine Akte über MK-366, die zu lesen sicherlich sinvoll wäre.“ Er öfnete während er sprach eine Schublade und warf Rust dann achtlos einen zusammengehefteten Stapel Papier hin.
„Die Typen aus Chicaco haben uns gewarnt, dass sie eventuell ausbrechwütig ist. Sie hat ihre Fähigkeiten noch nicht wirklich unter Kontrolle. Aber ich habe diesen Deal ja nicht veranlasst.“ Er guckte auf seine Uhr. „So, ich sollte nun eigentlich weiter. Ist sonst noch was?“
Rust amüsierte es, dass der Forscher so pikiert auf seine Bemerkung reagierte, sagte aber nichts weiter dazu, sondern krallte sich die Akte und stand ebenfalls auf.
„Nein, vielen Dank für Ihre Ausführungen.“ Die viel zu lang waren. Warum konnten Forscher sich nie kurz halten?
Die beiden Männer verabschiedeten sich voneinander. Endlich konnte Rust in sein Büro sitzen und noch etlichen Papierkram erledigen. Wegen dieser Mutantin stand alles mehr Kopf als vorerst angenommen und er kriegte kaum Ruhe.
Kurz vor sechs verliess er das Institut dann völlig entnervt, einfach nur froh, nach Hause zu können, sich nichts weiter als ein Bett und viel Schlaf wünschend.
Im Haus war es ruhig, als er ankam. Svetlana neigte dazu, nach anstrengenden Institutsbesuchen eine Weile zu schlafen. Nur gut so. Er hatte keinen Bock auf ein Gespräch mit ihr. Wirklich nicht.
Er warf die Einkäufe in den Kühlschrank, nahm im Gegenzug eine Bierdose heraus, entschied sich dann um und nahm das ganze Sixpack zum Sofa. Dort schaltete er den Fernseher ein, ließ sich tief in das Sofa sinken und starrte einfach so vor sich hin.
Eigentlich interessierte er sich nicht einmal für die Sendung. Stattdessen brodelte und kochte es in seinem Kopf. MK war immer noch nicht gefunden, Svetlana verheimlichte ihm vielleicht einiges und er wurde im Institut angezweifelt. Klar, mit 26 war nicht jeder bereits in einer Chefposition. Schon gar nicht, wenn man ein Mutant war. Die Mutanten waren die Schwarzen der Neuzeit. Zum Glück wusste die Menschheit noch nicht viel über sie. Das erleichterte den Umgang ungemein.
Rust blinzelte, als der Fernseher auf einmal schwarz wurde.
„Warum guckst du dir Waschmittelwerbung an?“, seufzte Svetlana hinter ihm und dann spürte er schon ihre Hände in seinen Haaren. Er gab ein unwilliges Geräusch von sich, hinderte sie aber nicht daran, die Haare zu einem Zopf zusammen zu flechten.
„Und warum so trübsinnig. Ist was passiert? Erzähl es mir.“
„Bringst du mir die Whiskeyflasche?“, fragte er, ohne aufzusehen. Daraufhin verschwanden ihre Hände und kurze Zeit später setzte sie sich neben ihn auf die Sofalehne und reichte ihm die Flasche. Er nahm einen grosszügigen Schluck. „Willst du auch was?“
Sie nahm ihm die Flasche ab und trank ebenfalls. Nun bemerkte er, dass sie Handschuhe trug. Also hatte sie noch nichts von seinem Gespräch mit dem Forscher mitgekriegt.
„Du solltest schlafen gehen“, sagte sie leise. „Du bist müde.“
„Ja, aber weißt du was? Diese MK-366 ... sie kann ganze Wände deformieren. Meinst du nicht, sie bricht heute Nacht hier ein?“ Er nahm ihr die Flasche wieder ab und trank sie in einem Zug leer. Für einen kurzen Moment spürte er das berauschende Gefühl des Alkohols, ihm wurde warm und sein Kopf fühlte sich so schwer und dennoch beflügelt an. Es war schwer zu erklären.
„Wenn sie einbrechen will, soll sie. Ich bin die beste Alarmanlage der Welt. Ich würde sie bemerken, bevor sie auch nur einen Ziegelstein bewegt hat“, grinste Svetlana und rutschte vom Sofa runter, um ihm das Kinn auf die Knie zu legen und über seine Oberschenkel zu streicheln. „Ich kann heute Nacht auf dich aufpassen.“
Hmja, irgendwie hatte sie ja Recht. Sie merkte alles, was in unmittelbarer Nähe des Hauses ablief. Sie würde es sofort bemerken, wenn etwas sonderbar war.
„Du hast Recht“, lächelte er, „mit dir als vorraussehende Alarmanlage und mir als lebender Schild, wird die uns nichts anhaben können. Ach, übrigens. Ich habe gehört, dein Besuch im Institut sei nicht so lustig gewesen.“
Er fragte sich, ob er sich entschuldigen sollte, weil sie ja nur seinetwegen ins Institut gegangen war. Doch er ließ es.
Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen und zog sich die Handschuhe aus. „Ich hasse diese Typen ... sie haben mich gezwungen, eine ganze Stunde in einem überbesetzten Büro auszuhalten. Ohne Musik!“, schnaufte sie. „Doch mich interessiert ja schon, was sie dir erzählt haben.“
Sie streckte die Finger nach ihm aus. Er schnaubte wütend. „Du könntest auch einfach fragen, wenn du was wissen willst.“
Svetlana hielt inne. Ihre Fingerspitzen schwebten einige Millimeter vor seiner Wange -dann zog sie die Hand zurück, zog die Handschuhe aber nicht wieder an.
„Ach Rust, ich weiß einfach wirklich nicht, wie weit ich dir vertrauen kann. Dir steht es zwar nicht frei, mich anzulügen ... aber trotzdem!“
Sie holte tief Luft. „Ich möchte dir nun etwas zeigen.“
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BeitragThema: Re: Mutanten (Originaltitel: Jagd um MK-366)   Mutanten (Originaltitel: Jagd um MK-366) EmptyMi 13 März 2013, 21:50

Svetlana (7. September 2050) Teil 1

Lange hatte sie darüber nachgedacht, ob sie es ihm zeigen sollte. Er war der Chef einer ganzen Abteilung. Doch er war auch ein Mutant und wusste, wie es sein konnte, von den Menschen ausgenutzt und wie ein Versuchskaninchen behandelt zu werden. Er würde Verständnis haben. Er musste Verständnis haben!
Sie blickte ihm ins Gesicht, musterte ihn kurz und nahm dann seine linke Hand. Während sie mitkriegte, was er noch gemacht hatte, musterte sie die Stelle an seiner Hand, wo der kleine Finger fehlte. Sie mochte diesen Makel an ihm irgendwie. Auch wenn er nie wieder die Metalgabel formen können. Sie mochte den Makel. Eines ihrer seltenen Lächeln formte sich auf ihren Lippen.
„Das bleibt unser Geheimnis, okay? Ich werde stinksauer, wenn du das diesen Forschertypen erzählst!“
Er nickte ernst. Also schloss sie die Augen, um sich besser konzentrieren zu können. Einen Moment lang geschah überhaupt nichts. Svetlana biss sich auf die Lippen und auf einmal zeigte sie Rust, wie sie die Welt erlebte. Sie teilte ihm mit, wie es war, wenn sie in einer Menschenmasse steckte. Wie wenn tausende von Radios auf verschiedenen Frequenzen in aller Lautstärke liefen. Jeder Gedanke schmeckte anders. Sie zeigte Rust auch, wie es war, wenn sie manchmal um drei Uhr nachts aufstand, nur um die Stille zu hören. Sie klärte ihn darüber auf, wie es war, Träume zu sehen, Emotionen zu schmecken und die Lebensgeschichte wildfremder Menschen zu kennen.
So langsam merkte sie, wie ihm unbehaglich zumute wurde, weshalb sie die Wand wegzog und ihn fragend ansah. Er starrte sie schweigend an. Eine relativ lange Weile blickten sie sich gegenseitig in die Augen. Erst als er dann tief durchatmete, weil er den Atem angehalten hatte, regten sie sich.
Svetlana senkte den Blick. Sie lauschte, was in Rusts Kopf vorging. Er war erstaunt darüber, wie sie dies so lange hatte verheimlichen können.
„Wieso hast du so angst davor, dass jemand deine Fortschritte bemerkt?“, sprach er die Frage leise, beinahe fürsorglich, aus.
„Ich ...“ Sie stockte und blickte auf ihre unbedeckte Hand. Diese ballte sie nach einer Weile zur Faust.
„Weil ich kein Forschungsobjekt sein will! Ich will nicht SE-373 sein. Ich will Svetlana Iwanowa sein! Ich will nicht dazu gezwungen werden, in einem Büro zu sitzen. Ich nicht, dass man mir irgendwelche Flüssigkeiten injiziert, mich an Geräte anschliesst und meine Gehirnwellen misst!“
Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und zog den Kopf ein wenig zwischen ihre Schultern. „Wenn die herausfinden, was ich alles kann, wird ich doch wieder nur wie ein Versuchskaninchen Tag und Nacht überwacht.“
Sie seufzte und lehnte sich dann, vorsichtig darauf bedacht, seine Haut nicht zu berühren an Rusts Schultern und schloss die Augen.
„Ich will niemanden an mich ranlassen ... ausser dich vielleicht.“
Sie fühlte, wie Rusts linke Hand zu ihrem Rücken wanderte und sie dort leicht streichelte. Dann hörte sie ihn seufzen, spürte kurz seinen Warmen Atem.
Sie lauschte, wie er sich daran erinnerte, was mit ihm alles angestellt worden war. All die Tests, die er über sich hatte ergehen lassen müssen. Heute wurde er ja auch nur in Ruhe gelassen, weil er eine relativ hohe Position im Institut ergattert hatte. Man musste sich für eine Seite entscheiden und so hatten sie wenigstens ein geregeltes Leben, ein Dach über dem Kopf und Schutz. In jeder anderen Situation wären sie nur benachteiligt, möglicherweise täglich auf der Flucht und mussten in angst leben, gefangen genommen zu werden.
Dann dachte er an das Gespräch mit dem Forscher. Ob er sich weiterhin fähig sähe, Svetlana hier zu haben, oder sie nicht besser ins Institut zurück solle. Er war sich sicher, dass Svetlana bei ihm gut aufgehoben war. Sie war zwar nicht ganz einfach, doch an ihn hatte sie sich doch irgendwie gewöhnt?
Svetlana musste Rust Recht geben. Sie lebten in Wohlstand, verdienten beide nicht wenig, sie waren beide gesund.
Auf einmal klingelte das Telefon. Svetlana hob den Kopf, ehe sie von Rusts Schoss rutschte, damit er rangehen konnte. Er sah es nicht gern, wenn sie ans Telefon ging.
Er stemmte sich hoch und ging an das Telefon, das auf der Küchenplatte lag.
„Engine“, brummte er. „Oh, hey Rachel ... Ja, sie ist da.“
Svetlana runzelte die Stirn, als Rust ihr zunickte. Rachel hatte einen Auftrag für sie? Um diese Uhrzeit?
Sie nahm Rust das Telefon ab. „Ja?“
„Guten Abend, Svetlana. Hör mal, wir könnten deine Hilfe bei einem kurzfristigen Einsatz gut gebrauchen. Pack deine Ausrüstung zusammen und begib dich zu der Adresse, die ich dir gleich per SMS zukommen lasse. Das ist ein offizieller Befehl. Bis später.“
Rachel legte auf. Svetlana rümpfte die Nase und legte das Telefon wieder hin. Naja, sie hatte ja heute sowieso noch einen Auftrag erledigen wollen. Von daher war das doch gar nicht schlecht.
„Ich muss noch los“, informierte sie Rust, steuerte dann auf ihr Zimmer zu. „Was ist denn?“, rief er ihr hinterher.
„Keine Ahnung. Sind noch keine Details rausgekommen“, antwortete sie wahrheitsgemäss. Rasch schlüpfte sie in eng anliegende, schwarze Kleidung, schnallte sich einen Pistolenhalter um und steckte links und rechts je eine Pistole ins Halfter. Dann zog sie sich eine schusssichere Weste an, eine leichte Windjacke darüber, kniehohe Stiefel mit weicher Sohle und schliesslich band sie sich noch die Haare zusammen.
„Ich nehm das Auto“, rief sie Rust zu, erhielt aber keine Antwort. Beim Vorbeigehen, nahm sie noch ihre frisch geputzte Pump Gun mit.
Die Adresse war eine halbstündige Autofahrt entfernt. Sie parkte in einer Seitenstrasse und ging den Rest zu Fuss. Vor einem heruntergekommenen, alten Industriegebäude, hatte sich bereits eine Truppe Militärmänner versammelt. Svetlana schritt auf diese zu und versuchte den Anführer dieser Kerle auszumachen. Was sie entdeckte, löste bei ihr nicht gerade Begeisterung aus. Der Kerl sah aus, wie ein Milchbubi, das verzweifelt versuchte ein Macho zu sein. Die Haare hatte er nicht militärisch Kurz geschnitten, so wie sie unter dem Helm hervorschauten. Er trug auch nicht wirklich eine Militäruniform. Er trug weite Baggies und einen weiten Kapuzenpullover. Dazu kaute er auf einem Kaugummi rum und aus seinen Wangen sprossen ein paar Härchen.
Er grinste sie breit an, als er sie sah. „Bist du diese Mutantin? Ich bin Lladovic. Dustin Lladovic“, stellte er sich vor und musterte sie von oben herab. Svetlana entging dabei nicht, dass er auf der Höhe ihrer Brüste relativ lange verweilte und er sie bereits in Gedanken auszuziehen begann.
„Ja bin ich“, sagte sie. „Was sind die Details dieser Mission?“
„Nun ... Die haben das Gebäude umstellt und so ... die glauben, dass da MK drin is’ und na ja ... weisste, wir sollen da mal reinguckn und schaun, ob wir die da finden“, erklärte er.
„Verstehe“, erwiderte Svetlana. „Dann mal los.“ Sie wandte sich ab und schritt auf den abgesperrten Bereich zu.
„Hey, hey! Nich’ so eilig, kleine Dame“, grinste der Typ und folgte ihr auffällig breitbeinig. Ging vermutlich nicht anders mit diesen Hosen. „Ich wollt’ schon immer mal ausserhalb des Trainings auf n’ paar echte Mutanten zielen“, erklärte er kauend.
Svetlana verzog leicht den Mund, hob das Absperrband hoch und ging darunter hindurch. Also, so viel grösser als sie war der nun auch wieder nicht.
„Nenn mich noch einmal ‚klein’ und ich reiss dir eigenhändig die Eier aus, verstanden?!“, murrte sie, ehe sie vor der Tür stehen blieb und nach oben schaute. Ja, sie konnte durchaus Gedanken einer Frau vernehmen. Sie klang verzweifelt, hatte furchtbare Angst. Svetlana seufzte leise.
„Schon klar, Mädel“, plapperte der Anführer weiter. Seine Erfahrungen mit Mutanten waren offenbar gleich null.
„Stürmen wir die Bude!“, entschied er und winkte seinen Männern, die sich daraufhin vor und neben der Tür positionierten, um einer nach dem anderen reinzugehen.
Svetlana folgte als Letzte. Sie wusste ja eigentlich, dass niemand hinter der Tür lauerte, doch sie vermutete, dass die Jungs nicht so erfreut wären, wenn sie sich einfach vorgedrängelt hätte. Mit aller Konzentration die sie aufbringen konnte, lauschte sie den Gedanken von MK. Das Mädchen schien wirklich total fertig zu sein. Svetlana biss die Zähne zusammen und schaute sich zur Ablenkung in dem Raum um, in dem sie sich befand. Es war wohl eine ehemalige Lagerhalle oder so. Der Raum war auf alle Fälle groß und geräumig. Eine weitere Tür führte wohl noch tiefer ins Gebäude rein.
Svetlana blieb stehen und konzentrierte sich auf die einzelnen Gedankenstimmen. Es waren mindestens zwanzig Männer anwesend. Das könnte schwer werden. Doch ein Versuch war es wert. Sie konzentrierte sich auf einen von ihnen und manipulierte ihn. Dann packte sie diesen Dustin am Ärmel. „Schnell weg hier!“, raunte sie und zerrte ihn zur Tür. Kaum waren sie da hindurch, ging hinter ihnen eine Schiesserei los.
„Was?!“, ächzte Dustin. „Das ist eine Falle“, versuchte Svetlana ihn zu überzeugen, während sie ihn weiter zog. „Deine Männer wollten dich umbringen! Die sind auf der Seite der Rebellen!“
„W-wie kommst du auf den Schwachsinn?“, zischte Dustin, der doch ein wenig beunruhigt zurück schaute. „Ich kann Gedanken lesen“, antwortete sie bloß.
Nach einer Weile erreichten sie eine Treppe, die nach oben führte, wo MK-366 sich versteckte.
„Hier rauf. Bald sind wir am Ziel.“
„Ist das Ziel nicht auch ein Mutant?“, fragte er inzwischen völlig verwirrt. Er keuchte leise und zog sich die Hosen wieder ein wenig höher, nachdem sie ihm ein wenig runtergerutscht waren. „Wir kriegen das schon hin“, versicherte Svetlana ihm, ehe sie die erste Stufe der Treppe nahm und hochstieg. Er folgte ihr.
Vor einer weiteren Tür stoppte sie und machte ihre Waffe schussbereit. „Hinter dieser Tür befindet sich der Mutant“, murmelte sie. Dustin packte sein Maschinengewehr fester. „Okay. Auf drei?“, fragte er und blickte sie an.
Für den Bruchteil einer Sekunde entgleisten ihm die Gesichtszüge, als Svetlana in diesem Moment herumfuhr und den Lauf ihrer Pump Gun auf ihn richtete.
„Drei“, wisperte sie und schoss.
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