Blutiger Weg

Langsam ging Ignis zu Fachna, während er sie betrachtete. „Wie geht es dir, mein kleiner Saphir?“, fragte er sie mit sanfter Stimme. Sie lächelte zwar, doch das Ausdruck in ihren Blick gefiel ihm nicht wirklich. Er hoffte doch das es ihr wieder besser ginge und sie sich erholen würde. Wenn sie ihm gut genug hören würde, würde er ihr berichten was sie erlebt hatten und vielleicht hatte sie auch eine Idee zu der ganzen Situation. Er war sich nicht sicher wie sie darauf reagieren würde das die Kaiserlichen hinter dem ganzen steckten und es angeblich Verhandlungen für einen Art Frieden gab.

Wie stellte man am geschicktesten Nachforschungen zu einem Thema so brisant wie diesem an? Wie fragte man nach etwas, wovon im Grunde niemand wissen durfte, ohne sich selbst dabei in die Schusslinie zu bringen? Wie auch immer Damion es drehte und wendete, Damion konnte einfach keinen Weg finden, sich nach den Verschwörern zu erkundigen, ohne selbst zugeben zu müssen, dass er von den Unterhandlungen wusste. Wissen tötet so zuverlässig wie eine Klinge zwischen den Rippen, hatte einmal jemand zu ihm gesagt. Natürlich hielt Damion das für Schwachsinn. Wissen tötete nicht. Aber Wissen konnte nur allzu rasch dazu führen, dass man eine Klinge zwischen die Rippen bekam. Und diese tötete.
Nein, an dieses Unterfangen musste er mit äußerster Vorsicht heran gehen. Jedes Wort abwägen. Und noch mehr jeden möglichen Gesprächspartner. Damion kannte – quasi berufsbedingt – eine Menge dubiose Gestalten, die in der Unterwelt der Stadt tätig waren und einiges mitbekamen, was selbst der Schwarzen Sonne verborgen blieb. Aber vertrauen konnte er nicht einer davon. Jeder dieser Männer würde nur solange mit ihm zusammen arbeiten wie der Wert seines Kopfes nicht seinen lebenden Nutzen überstieg. Danach musste er jederzeit damit rechnen, besagten Kopf abgeschnitten und versilbert zu bekommen. Mehr noch als bei den Nachforschungen nach dem verschollenen Kind bewegte Damion sich bei dieser Aktion auf dünnem, auf hauchdünnem Eis. Aber das hatte er sein Leben lang getan. Und er würde sich davon sicher nicht seine Zuversicht verderben lassen.

Fachnas Ohren zuckten bei dem vertrauten Klang von Ignis Stimme. Kurz verschwand der seltsame Ausdruck aus ihren Augen, doch rasch kam er zurück.
"Ich... höre wieder", murmelte sie laut. "Noch nicht gut, aber der Heiler ist zuversichtlich, das ich mein Gehör vollständig zurück erlangen werde."
Sanft streichelte sie ihre Ohren. Nun konnte man erkennen, wenn man darauf acht gab, das es der Ausdruck in ihren Augen ein Funke von Wahnsinn war. Fachna war glücklich, das sie ihr Gehör zurück hatte, doch die Zeit der Stille war nicht Spurlos an ihr vorrüber gegangen. Fachna schüttelte kurz ihren Kopf und ließ ihre Hände sinken, bevor sie Ignis wieder betrachtete. Abermals verschwand der Wahnsinn aus ihrem Blick und dieses Mal schien er nicht wiederzukommen.
"Du warst fort heute... Hast du das Kind schon gefunden?"

Der Söldner war sich nicht sicher ob ihm der Ausdruck in Fachnas Augen gefiel, war jedoch erleichtert als er aus ihren Blick verschwand. Auch war Ignis sehr froh zu hören das sie sehr wahrscheinlich ihr Gehör vollständig zurück erlangen würde.
„Das ist schon mal eine gute Nachricht, zumindest eine bessere als die die ich habe“, meinte Ignis, bevor er sich zu Fachna aufs Bett setzte und leise seufzte, „Das Kind haben wir mehr oder weniger gefunden, aber wir konnten es nicht mit zurück bringen. Ein anderer Söldner hat es vor uns erreicht.“ Kurz pausierte Ignis wieder, während Fachna mit einen schwachen lächeln betrachtete. „Wir wissen jetzt auch wer dahinter steckte und leider steckte das Kaiserreich dahinter. Sie hatten das ganze als einen Art Test geplant und wollten so Söldner zu ihnen locken denen sie einen Auftrag übertragen würden. Es geht um eine Verschwörung die versucht Verhandlungen zwischen der schwarzen Sonne und dem Kaiserreich zu verhindern. Doch sie wollten uns den Auftrag nicht übertragen, weil ich nicht unsere Namen hergeben wollte. Vielleicht hätte ich das ganze auch besser lösen können, aber in diesen Moment...“ Die restlichen Worte ließ er ungesagt und betrachtete seine langjährige Freundin, wie sie auf diese Informationen reagieren würde.

Das Wurfmesser gab ein widerlich schmatzendes Geräusch von sich als Damion es aus dem Brustkorb des Toten zog. Musste sich irgendwie zwischen den Rippen verkeilt haben. Unschön. Und unschön, dass er überhaupt davon hatte Gebrauch machen müssen. Noch immer hämmerte sein Herz wild gegen die Rippen, pulste das Adrenalin durch seine Venen.
"Hässlicher Bastard!", keuchte Damion und spuckte dem Toten ins Gesicht. Selbst Schuld, dass er jetzt in der Gosse lag. Hätte er mal nicht versuchen sollen, den Söldner kalt zu machen. Der Kerl war Damion aus der Kneipe gefolgt. Mit einer Axt in den Händen. Hatte ihn durch die Straßen gehetzt. Aber damit, dass der wieselflinke Söldner noch ein Ass im Ärmel hatte, damit hatte er wohl nicht gerechnet. Verächtlich wischte Damion die Klinge am Mantel des Toten sauber. Es war ein schmales Messer, aber angenehm schwer, der Knauf mit Blei ausgewuchtet. Scheiße, ging es ihm unterdessen abermals durch den Kopf. Von jetzt an würde er noch vorsichtiger sein müssen. Immer würde er nicht Glück haben. Aber er musste weiter machen. Es ging hier schließlich um Gold!

Tröstend nahm die Katzenfrau Ignis in den Arm.
"Du hast getan, was du für das Beste hälst", versuchte sie ihn aufzumuntern, bevor sie über den Rest seiner Worte nachdachte.
"Was hast du vor, wegen des Kaiserreichs zu unternehmen? Und wo ist Damion?"
Sie War sich fast sicher, dass der Söldner wieder Erkundigungen einholen würde. Doch war es wirklich so schlau, nach Hinweisen zu suchen? Fachna selber würde, wenn sie die entsprechenden Kontakte hätte, zuerst bei der Schwarzen Sonne nachfragen. Niemand konnte ihnen böse Absichten unterstellen, waren sie doch mehr oder weniger durch Zufall an die Informationen zu den Friedensverhandlungen gekommen. Fachna frage sich, ob wohl eine Belohnung dabei herraussprang, wenn sie auf eigene Faust versuchen würden, herrauszufinden, wer die Verhandlungen sabotierte.

Ignis lächelte leicht als er merkte wie sein Spahir ihm versuchte etwas aufzumuntern. „Wo genau Damion ist weiß ich leider nicht, doch er versucht über seine Kontakte einige Informationen zu bekommen“, begann Ignis und seufzte leise, wenn er daran dachte die Verschwörung auf eigene Faust auf zu decken, „Ich hab bereits einen meiner Kontakte in der schwarzen Sonne gefragt und er hat mir gesagt das er selbst nichts darüber weiß, aber sich mal für mich umhören würde. Mit etwas Glück bekommen wir im Laufe des Tages eine Nachricht das er etwas heraus gefunden hat.“
Es blieb natürlich die Frage ob Damion oder sein Kontakt wirklich was heraus finden würden, doch er brauchte auch einen Plan wenn die Beiden nichts heraus fanden. Wenn er sich recht erinnerte würden sie bis morgen Zeit haben, bevor wieder ein Botschafter mit Eskorte sich auf den Weg machen würde.
„Selbst wenn wir nicht heraus finden worum es genau geht oder ob der Kaiserlicher die Wahrheit gesagt hat, sollten wir versuchen die Gruppe zu finden die sich wieder auf den Weg machen wird morgen und sollte dann etwas passieren könnten wir dennoch eingreifen.“

"Aber wie sollen wir die Gruppe finden? Die Stadt ist groß und sicher werden sie nicht auffällig hinausgehen", überlegte Fachna laut. Sie schauderte bei dem nächsten Gedanken, der ihr kam. "Sie werden wohl einen der Geheimgänge nutzen. Möglicherweise sogar einen, an den wir nicht heran kommen, weil er direkt von der schwarzen Sonne ausgeht."
Fachna biss sich auf die schwarze Unterlippe, während sie nachdachte, was sie am Besten tun könnten. Sie wollte nicht wieder in die Geheimgänge. Ein Hauch von Furcht kroch in ihr Gesicht und auch der Wahnsinn kehrte zurück.
"Wir werden sie nicht finden", sagte sie dann mit überraschend leiser Stimme. "Nicht finden..."

Man konnte es drehen und wenden wie man mochte: ein Name war einfach nicht viel. Eine dürftige Ausbeute für das, was Damion an Zeit und Risiken für Leib und Leben investiert hatte – den Toten, den er in einer Seitengasse hinter einem Stapel Fässer versteckt hatte nicht eingerechnet. Und es war nicht einmal der Name eines Verschwörers. Nur ein Kontaktmann. Ein Mann, der vielleicht zwischen Damion und den Verschwörern vermitteln konnte. Ein riskantes Geschäft mit vollkommen offenem Ausgang. Gut möglich, dass noch ein weiterer Mann mit durchschnittener Kehle hinter einem Stapel Fässer endete ehe die Nacht vorbei war. Gut möglich, dass er dieser Mann war. Aber was tat man nicht alles für den süßen Ruf des Goldes?

Ignis seufzte leise, bevor er seine Arme um Fachna legte. „Eine gute Überlegung“, begann der Söldner dann, „Doch ich halte es für unwahrscheinlich das sie einen der Geheimgänge benutzen die vom Herzen der Stadt ausgehen. Davon kenne ich alle und zwei davon liegen direkt im Herzen der Stadt, so das kein Fremder ihm nutzen kann. Es bleibt zwar eine kleine Auswahl, aber ich glaube eher das sie versuchen werden oberirdisch die Stadt zu verlassen. So können die Verschwörer leichter verschwinden und zu schlagen.“ Er war sich recht sicher das die Gruppe sich Oberirdisch bewegen würden, sonst würden sie wohl kaum Söldner brauchen um die Gruppe zu schützen. Denn wenn man sich unter der Erde bewegte so war die Gefahr eines Überfalls sehr gering und man konnte die Wachen verringern. Andererseits machte das das ganze auch nicht viel einfacher, denn wie unterschied man eine gepanzerte Gruppe von einer anderen? „Ich bin mir absolut nicht sicher wie wir die Gruppe finden oder erkennen sollen, aber mit etwas Glück erfahren wir entweder über Damion noch etwas oder über einen meiner Kontakte in der Sonne. Sollte sich nichts ergeben dann könnten wir uns noch zum Herzen der Stadt begeben und dort unsere Augen offen halten. Wenn die Kaiserlichen Wachen ihre Rüstung nicht verändern, könnten wir sie daran erkennen und ihnen folgen.“

Fachna schüttelte den Kopf.
"Nein, Geheimgänge sind sogar wahrscheinlicher: Man kann ungesehen die Stadt verlassen, was unliebsame Blicke verhindert. Warum sonst sind die Verhandlungen bisher geheim geblieben? Außerdem reichen die Geheimgänge wohl kaum bis in das Kaiserreich, es bleibt also noch genug Zeit für einen Überfall."
Die blauen Augen funkelten auf. Fachna schien sich in eine Idee zu verrennen.
"Ich bin mir sicher, sie nutzen die Geheimgänge. Sowohl sie, als auch die Verschwörer. Kaum jemand kennt sie, sie sind nahezu perfekt, um ungesehen aus der Stadt zu kommen oder sie zu betreten und an ihrem Ausgang kann man gut einen Hinterhalt legen."
Ein mordlustiges Lächeln legte sich auf ihre Lippen, bevor sie in Ignis Augen sah. Sofort wurde ihr Ausdruck weich und sanft, wie er sonst immer war.

Nachdenklich strich sich Ignis übers Kinn und überlegte. Natürlich machte es Sinn die Geheimgänge zu benutzen um die Stadt zu verlassen und das dann die Vorkommnisse sich erst außerhalb der Stadt ereigneten. Besonders da er eigentlich nicht wusste ob die zwei Fraktionen sich im Sumpf trafen oder einfach nur eine Botschaft nach der andren über Boten austauschten? Wenn sie davon ausgingen das sie einen der Geheimgänge benutzen, blieb nur die Frage welchen sie benutzen würden.
„Ja, wahrscheinlich hast du recht, mein kleiner Spahir“, meinte Ignis, bevor er leise seufzte und versuchte zu erinnern wo die Geheimgänge hinführten an die er sich erinnerte. Einige davon konnte er sofort von der Liste streichen da sie entweder in die falsche Richtung führten oder in gefährlichen Gebieten führten. Wenn er davon ausging das sie vom Herzen der Stadt in Richtung des Kaiserreichs aufbrachen, blieben ihm immer noch drei Tunneln die benutzt werden könnten. Es blieben nur noch zwei übrig wenn er davon ausging das Hauptmann die Wahrheit sagte und Kaiserliche Wachen die Gruppe begleiten würde.
„Ich hoffe sehr das wir noch Informationen bekommen, ansonsten müssten wir uns wieder aufteilen und zwei Orte überwachen....“, meinte der Söldner dann und betrachtete Fachna, „Das ganze würde die Sache noch verkomplizieren. Im Moment bereitet mir das ganze einfach nur Kopfschmerzen. Wer hätte gedacht das wir durch einen einfachen Auftrag in eine Verschwörung hinein gezogen werden?“
Im Moment war sich Ignis auch noch nicht sicher was sie wirklich davon hätten wenn sie der ganze Sache nach gehen würden? Konnte gut sein das die schwarze Sonne sie für ihre Mühen entlohnen würde, aber es war nicht garantiert. Es blieb natürlich auch noch die Chance das die Verschwörer genug wertvolles bei sich trugen, das sich das ganze auch so auszahlen würde. Aber das alles würde wohl erst die Zeit wirklich zeigen. Das hieß wenn sie wirklich die Gruppe finden würde und am Ende die Verschwörer erledigen konnten.

In Damions Metier gab es kaum etwas, das so unabdingbar war wie Diskretion. Diskretion wurde erwartet, war notwendig, wenn man überhaupt erst ins Geschäft kommen wollte. Vor allem aber war Diskretion das, was dafür sorgte, dass man seinen Kopf auf den Schultern behielt. Diskretes Vorgehen hatte nur einen einzigen Nachteil: das Warten. Bisweilen konnte man nicht einfach in einem Wirtshaus schnurstracks auf den entsprechenden Partner zugehen und offen auf den Tisch legen, weshalb man hier war. Man musste eine günstige Gelegenheit abwarten. Eine diskrete Gelegenheit. Und Damion hasste warten! Und wo es schon schlimm genug war, in einem Wirtshaus zu warten, so war es noch schlimmer im Freien zu warten. Nachts. In der Kälte. In einer Gasse, in der absolut nichts interessantes passierte! Damion saß auf einem Stapel Fässer, hinter dem man wundervoll eine Leiche hätte verbergen können, das perfekt ausgewuchtete Wurfmesser mit dem Bleiknauf in der Linken und säuberte mit der Spitze seine Fingernägel. Weil er ja sonst nichts zu tun hatte. Es war finster. Aus dem Wirtshaus schien kein Licht, einzig der Mond erhellte die Gasse ein wenig. Wie lange saß er hier schon? Stunden! Sicherlich Stunden. Jedenfalls kam es ihm so vor. Aber es war eben nötig. Diskretion. Abwarten. Es ging um Gold!
Endlich öffnete sich die Tür des Wirtshauses und ein Mann mit Glatze, aber beeindruckendem Schnauzbart trat ins Freie. Ein triumphales Glücksgefühl machte sich in Damions Brust breit und ein Grinsen stahl sich auf seine Züge. Das warten hatte ein Ende. Das musste der Mann sein, den er suchte. Der Kerl schien ihn nicht bemerkt zu haben. Kurz blickte er sich um, dann machte er sich daran, davon zu stapfen. In einer fließenden Bewegung kam Damion auf die Füße, drückte sich von den Fässern ab und landete nahe des Mannes auf der Straße. "He!", rief er ihn mit gedämpfter Stimme an, "Seid ihr Yolwin?"

"Die Wege des Schicksals sind derart verschlungen, dass man sie nicht nachvollziehen kann", gab Fachna zur Antwort. Sie lächelte vor sich hin und zuckte kurz mit den Ohren. Es war offensichtlich, dass sie froh war, wieder etwas hören zu können. Plötzlich zuckte sie zusammen und sah zur Tür.
"Hast du das auch gehört? Ich glaube, jemand hat unten angeklopft... Vielleicht ein Freund von der schwarzen Sonne?"
Fragend sah sie Ignis an. Sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich etwas gehört hatte, oder es sich nur einbildete.

Ignis schwieg fürs erste und versuchte ob er selbst auch etwas hören konnte. Doch im Grunde hatte er nichts mitbekommen und auch jetzt hörte er nichts. Doch wenn Fachnas Gehör bereits wieder am Weg der Besserung war, war es gut möglich das sie bereits wieder besser hören konnte als er selbst.
„Ich werde einmal nach sehen“, meinte Ignis dann zu Fachna, bevor er aufstand und langsam in die Haupthalle ging. Dabei lag seine Hand am Knauf seines Kurzschwertes. Im Grunde glaubte er nicht wirklich daran das ihm hier jemand auflauern würde, doch man konnte sich nie zu sicher sein.
Auf den ersten Blick hin war die Halle leer und auch schien niemand mehr an die Tür zu klopfen. So war ging Ignis als erste zu der Tür und öffnete diese, vielleicht wartete ja noch jemand vor der Tür. Doch dort stand niemand mehr. Vielleicht hatte Fachna sich das auch nur eingebildet? Es war eine Möglichkeit die er in Betracht ziehen musste. Als der Söldner sich wieder umdrehte und sich auf den Weg zu seinen Spahir machen wollte, hielt er inne als er etwas auf den Tisch sah.
Etwas unsicher sah er sich im Raum um, doch im Grunde sah er niemanden. Dennoch könnte er schwören das der Dolch vorhin noch nicht im Tisch gesteckt hatte und auch das Papierstück das er fixierte war vorhin nicht da. Zumindest glaubte er nicht das die beiden Dinge einfach übersehen hätte, andererseits lag vorhin seine Aufmerksamkeit vor allem auf der Tür.
Langsam ging der Söldner zum Tisch und zog anschließend den Dolch heraus, bevor er das Papierstück an sich nahm. Als er es auseinander faltete war das erste Symbol das er sofort erkannte die schwarze Sonne. Für die restlichen Symbole brauchte er etwas, doch die ungefähre Nachricht hatte er dennoch schnell entschlüsselt. Sie gaben eine exakte Uhrzeit wieder und eine ungefähre Ortsangabe. Den Ort den die Nachricht angab lag in der nähe eines der Ausgänge von den Geheimgängen. Doch was die Nachricht nicht sagte warum sie verschickt wurde oder was dort sein könnte. Im Grunde ließ es für Ignis nur zwei Schlussfolgerungen zu. Entweder es war ein Hinweis wo morgen die Gruppe vorbei kommen würde oder es war eine Falle.
Die Nachricht fest in seiner Hand haltend ging der Söldner wieder zurück zu Fachna.

Es musste weit nach Mitternacht sein als Damion zum Turm zurück kehrte. Nach seiner Schätzung zumindest. Schließlich hatte er stundenlang gewartet. Stundenlang! Er ging davon aus, dass niemand mehr auf den Beinen war, also öffnete er die Tür so lautlos, wie ihm das nur irgend möglich war, schritt auf leisen Sohlen ins Innere... und erkannte erstaunt, dass in der Halle Licht brannte. Hatten die anderen es doch noch nicht ins Bett geschafft? Es war doch hoffentlich nichts passiert! Nein, Unsinn. Ignis hatte ja ebenfalls Pläne geschmiedet. Die anderen mussten einfach noch zu tun haben. Als Damion die Halle betrat konnte er Ignis' breiten Rücken erkennen, wie er über den Tisch gebeugt da stand. Immer noch ohne einen Laut von sich zu geben trat er an den Mann heran und schleuderte mit triumphierender Geste einen kleinen Lederbeutel vor diesen auf den Tisch – genau auf jenen Zettel, der dort vor ihm ausgebreitet lag. Ein vielversprechend metallisches Klimpern ertönte aus dem Inneren und eine Goldmünze rollte aus dem losen Bund des Beutels hervor.

Ignis erschreckte leicht als Damion den Beutel auf den Tisch warf und drehte sich zu jenen um. Allein an der Haltung und dem Grinsen vom Damion konnte man sehen das dieser mit etwas Erfolg gehabt hatte und auch der Beutel voller Gold ließ auf etwas schließen.
„Was hast du heraus gefunden?“, fragte Ignis nun seinen Kameraden, während er schon gespannt war. Es schien zumindest so das er etwas wichtiges heraus gefunden hatte oder etwas anderes wichtiges an Land gezogen hatte. So wollte der Söldner erst einmal wissen was Damion heraus gefunden hatte, bevor er die Nachricht die er eben erhalten hatte mit diesen Teilte.

Genüßlich lümmelte Damion sich in einen der Stühle, die am Tisch standen, kippte ihn auf die Hinterbeine und kostete Ignis gespannte Erwartung voll aus, ehe er zu berichten begann. "Diese Rebellen, die hinter der Vereitelung dieser Versuche eines 'Friedensabkommens'..." Er betonte das Wort, als spräche er von etwas Widerlichem, Ekelhaftem. "... stecken, halten sich sehr bedeckt. Nach allem, was man hört, sind sie wohl im Untergrund abgetaucht. Niemand weiß, wer sie sind, wo man sie finden könnte oder wann sie das nächste mal zu schlagen." Damion legte eine Kunstpause ein, fuhr dann jedoch triumphierend fort. "Aber ich habe einen Kontaktmann dieser Gruppierung ausmachen können, einen Mann, der ihnen nicht angehört, aber offenbar mit ihnen sympathisiert und für sie Kontakt zur Außenwelt hält. Er nennt sich Yolwin, aber ich bezweifle, dass das sein wahrer Name ist..." Sein Blick driftete ab. Kurz schien es, als hätte Damion den Faden verloren. Dann jedoch fanden seine Augen erneut die von Ignis und kam zum Punkt. "In jedem Fall: der Mann hatte großes Interesse an den Informationen über die kaiserlichen Aktivitäten in den Sümpfen und die Eskorte, die dem nächsten Boten gestellt wird. Er hat sich... erkenntlich gezeigt." Mit einem Finger deutete Damion auf den Beutel mit den Münzen, der auf dem Tisch lag. Selbstverständlich hatte er sich bereits daraus bedient. Seinen Lohn an sich genommen, der ihm für seine Ausgaben und den Mehraufwand zu stand. Immerhin hatte er sein Leben riskiert! Aber freilich musste Ignis das nicht wissen. Auch von den restlichen Münzen würde Damion seinen Anteil einfordern. "Dieser Yolwin hat mir – das heißt: uns – außerdem in Aussicht gestellt, dass wir uns noch einiges dazu verdienen könnten, wenn wir sie dabei unterstützen, diese vermalledeite Eskorte, der wir ja nun nicht angehören, morgen aufzureiben. Wenn Interesse daran besteht, dann könnten wir ihn treffen und er würde den Kontakt herstellen. Ich bin sehr geneigt, auf sein Angebot einzugehen, Ignis."

Ignis hörte Damion aufmerksam zu und nickte leicht. Im Grunde sah die Probleme die ein Frieden mit sich bringen würde, aber auch die Vorteile die sich dadurch ergeben würden. Andererseits würde er sich schwer tun sich gegen die schwarze Sonne zu stellen, wenn diese wirklich den Frieden wollten. Andererseits könnten sie die Situation nutzen um so viel Gold wie möglich aus der Sache zu bekommen und dennoch die Sonne zu unterstützen.
„Verständlich das du dem Angebot nicht abgeneigt bist“, begann Ignis und seufzte leise, während er den Goldbeutel ansah, „Mir jedoch fällt es schwer das wir gegen die schwarze Sonne kämpfen müssten. Selbst wenn, wüssten wir noch nicht einmal welchen Weg die Eskorte nehmen wird. Wobei ich habe vorhin auf interessante weise eine Nachricht bekommen, darin steht in einer alten Verschlüsselung der schwarzen Sonne ein ungefährer Ort und eine Tageszeit. Es könnte sein das dort die Eskorte vorbei kommt oder es handelt sich um eine Falle.“
Ignis setzte sich nun selbst hin und betrachtete Damion. Es musste eine Möglichkeit geben das sie das ganze so lösen könnten ohne das es aussah das sie auf der Seite der Verschwörer standen. „Wir sind leider zu wenige als das wir einen Angriff auf die Eskorte vortäuschen könnten, aber dennoch auch die Eskorte schützen könnten...“, meinte Ignis dann etwas frustriert.

"Bah, warum sollten wir das auch wollen?", konterte Damion, klang dabei aber weniger empört als vielmehr gelangweilt. Er griff sich die einzelne Münze, die aus dem Beutel gefallen war, und begann sie in den Fingern zu drehen. Für einen Moment schien das glänzende Geldstück seine Aufmerksamkeit voll und ganz in Beschlag zu nehmen. Die Unterhaltung trat in den Hintergrund, schien beinahe vergessen. Dann, ruckartig, fuhr das spitze Gesicht des jungen Mannes wieder zu Ignis herum.
"Hör mal, Ignis, ich kann verstehen, dass du diesem Frieden etwas abgewinnen kannst", begann er, "Du gehörst zur Sonne. Ihr seid viele, ihr habt einen guten Ruf, ihr seid professionell. Ihr findet immer Aufträge. Wenn nicht hier in der Gegend, dann eben wo anders. Ihr könnt ganze Kontingente über Monate wohin auch immer schicken. Aber ich bin in der Unterstadt aufgewachsen. Wir kleinen Leute, wir leben davon, dass die Gegend um die Stadt herum unsicher ist. Dass sich sämtliches Gesock und zwielichtiges Pack aus dem Kaiserreich in unsere Sümpfe und Wälder flüchtet. Glaubst du, das bleibt so, wenn wir erst einmal Frieden mit diesen imperialen Arschgeigen haben? Wir haben es nicht so gut wie ihr... Und deshalb habe ich keinerlei Skrupel, diesen Unterhändler, diese kaiserlichen Bürokratenärsche und jeden Penner, den die Sonne ihnen mit schickt, über die Klinge springen zu lassen. Und wenn es Gold dafür gibt, dann umso besser." Er beendete seine Rede indem er demonstrativ mit beiden Händen auf den Tisch schlug. Das Goldstück, das er zuvor noch zwischen den Fingern jongliert hatte, war verschwunden.

Ungeduldig wartete Fachna darauf, das Ignis zurückkehren würde. Doch sie wartete vergebens. Sie zog die Stirn kraus, bevor sie sich von ihrem Bett erhob und ihr Zimmer verließ. Ihr Ziel war die Haupthalle. Paranoid hielt sie vor jeder Ecke an und versuchte ungesehen einen Blick zu erhaschen, was dahinter lag, bevor sie der Leere traute. Als sie die Haupthalle schließlich erreichte und Ignis dort mit Damion sitzen sah, blieb sie unsicher im Türrahmen stehen und beobachtete die Beiden.

Aufmerksam hörte Ignis Damion zu und seufzte leise, während er sein Gegenüber betrachtete. Er konnte ihm gut verstehen und natürlich wäre ein Frieden nicht unbedingt das Beste was der Stadt passieren könnte, andererseits würde er den Frieden begrüßen. Wie viele der Sonne hatte er bereits gegen das Kaiserreich gekämpft und meist mehr als nur Verletzungen erlitten.
„Ich kann dich mehr als nur verstehen“, begann Ignis dann und seufzte erneut, während er sich am Tisch abstützte, „Wie du es sagst die schwarze Sonne hat es im Falle eines Frieden sicher besser und wir könnten wieder entlegene Orte bereisen. Der Frieden hätte auch von Vorteil das wir nicht immer wieder gegen die Soldaten des Kaiserreichs kämpfen müssen und somit weniger Leben an diese verlieren. Auch das es sehr wahrscheinlich etwas härter für die wird die in der Unterstadt leben ist mir auch bewusst. Jede Münze hat zwei Seiten...“
Kurz pausierte Ignis und sein Blick wanderte langsam zu den Gold das auf den Tisch lag. „Ich will es dir gar nicht aus reden, aber ich kann dich nicht dabei unterstützen. Es fällt mir einfach schwer gegen meine eigenen Leute zu kämpfen“, meinte Ignis dann und sah wieder zu Damion, „Leider wissen wir zu wenig über die Verschwörer und ihre wahren Ziele, doch so wie es sich angehört hat könnte der Botschafter selbst zu ihnen gehören. Am besten wäre es ja wenn wir ein paar Schläger anheuern und du mit ihnen die Eskorte aufreibst, während ich versuche der Eskorte zu helfen. Ich weiß nicht ob es gut ausgehen würde...aber mit etwas Glück erfahren wir so was los ist und greifen zweimal soviel Gold ab. Andererseits bräuchten wir einen Weg uns gegenseitig zu benachrichtigen, wenn das ganze länger dauert.“

Lange schwieg Damion, wägte Ignis' Worte sorgsam ab. Im Grunde war die Idee nicht schlecht, doch sie barg... Unsicherheiten. "Wir würden gegeneinander kämpfen müssen", gab er schließlich ungewohnt vorsichtig zu bedenken, "Und wenn wir erkannt werden, dann wird man uns Verrat vorwerfen. Das kann uns die Köpfe kosten. Außerdem gleicht es nur die Zahlen aus, wenn wir beide Seiten gleichermaßen verstärken. Und ich mag keine ausgeglichenen Zahlen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass soetwas die Sache unschön macht. Blutig. Aber wenn du glaubst, es wäre das Sinnvollste, dann geh du zur Sonne und ich zu den Verschwörern." Damion war sich bewusst, dass Ignis die gefährlichere Hälfte des Plans übernahm. Die Stärke der Eskorte konnten sie mit den Informationen des kaiserlichen Hauptmanns recht präzise einschätzen. Die Stärke der Angreifer hingegen war völlig unbekannt. Sollte der Überfall fehl schlagen, Damion würde sich mühelos davon schleichen und seine Haut retten können. Aber wenn er gelang, dann befand sich Ignis inmitten des blutigsten Getümmels. Und auf der falschen Seite...

"Aus Frieden könnte Handel werden", mischte sich Fachna überraschend leise ein.
Langsam trat sie zu Damion und Ignis an den Tisch und betrachtete die beiden Menschen kurz. "Und der Handel kann die gesammte Stadt reich machen. Auch die Ärmeren könnten davon profitieren. Ein Friede würde bedeuten, das Söldner in andere Reiche gesandt werden können, ohne, das wir einen Angriff des Kaiserreichs befürchten müssten. Das würde bedeuten, dass mehr Söldner die Stadt verlassen können und wir mehr Geld von außerhalb erhalten können."
Sie betrachtete blinzelnd den Geldbeutel, den Damion mitgebracht hatte.
"Dein Plan ist viel zu riskant, Ignis."

Ignis blickte zu Fachna als sie sich bemerkbar machte und ihre Meinung äußerte. Natürlich konnte ein Frieden mit dem Kaiserreich bedeuten das der Handel erblühen würde und somit mehr Reichtum in die Stadt käme. Sollte wirklich Frieden zustande kommen dann könnte sich vieles Ändern und für die Meisten wohl nur zum besseren.
Ignis seufzte leise, während sein Blick wieder zu den Goldbeutel wanderte. Natürlich wusste er auch das sein Plan viel zu Riskant war und der Gewinn ebenfalls zu gering war, wenn er sich ehrlich war. „Was ist deine Meinung was wir tun sollen?“, begann Ignis schließlich, während er wieder zu Fachna sah, „Sollen wir versuchen die Verschwörer zur Strecke zu bringen oder uns aus der ganzen Sache heraus halten?“ So ungern er auch wirklich Frieden mit dem Kaiserreich hätte, konnte und wollte er sich auch nicht gegen die schwarze Sonne stellen.