Die Heimreise

"Überprüfe. Commander, das Bio-Recyclingsystem ist derzeit nicht mit Energie versorgt. Zudem ist es beschädigt. Die Reperaturen werden einige Tage in Anspruch nehmen, doch dann sollte es wieder Einsatzbereit sein."
Einen Moment herrschte wieder Stille seitens der K.I..
"Commander, haben Sie vor, einen Suchtrupp loszuschicken, der Überlebende zur Messe bringen soll? Ich könnte ihnen dabei behilflich sein."
Es war das erste Mal, seit die Minerva gestartet war, dass Solis von sich aus eine Frage stellte und ein Angebot machte. Sie war sich dessen bewusst, dass die Mannschaft enorm reduziert war und ihre eigene Stellung dadurch noch wichtiger war. Egal, wie gut sich jemand in diesem Raumschiff auskannte, niemand kannte es so gut wie sie, denn genau genommen WAR sie das Raumschiff. Daher war es selbstverständlich, dass ihr Wissen darüber nun unentbehrlich war.

"Verstanden." Ich verließ das Zimmer und fühlte mich als wäre eine große Last von mir genommen worden. Eigentlich war das auch der Fall, im restlichen Schiff herrschten normalerweise 1g Bedingungen. Ich bewegte mich also Richtung Messe und nahm mir dabei aber auch Zeit, die Schäden zu begutachten, die entstanden waren... Es sah schlimm aus,  viele Tote und überall gab es Schäden, was war hier passiert? Nun, auf jeden Fall würde es mir nicht helfen hier stehen zu bleiben und darüber nachzudenken...
Auf dem Weg in die Messe fand ich drei Verletzte, eine Medizinerin und zwei Leute von der Security. Alle samt waren bewusstlos und bluteten stark, bei Thosra würde mich die Menge nicht nervös machen, bei Menschen allerdings schon... Ich legte mir zwei über eine Schulter und die Frau trug ich mit einem Arm, während ich mich mit dem anderen abstützte. Drei Menschen zu tragen verlangsamte mich normalerweise nicht sonderlich, aber aufgrund meiner Verletzungen, war es diesmal sogar anstrengend, als ich bei der Messe ankam schwitzte ich sichtbar.

In der Messe angekommen, legte ich meine Fracht vorsichtig ab und schaute mich nach einem Doktor um. Es dauerte nicht lange bis ich Doktor Rutland entdeckte. Das war gut, ich mochte den Doktor. Er war einer der wenigen Aliens auf diesem Schiff welcher  wenigstens etwas von der thosrischen Kultur verstand.... Und dann war da noch meine Vorgesetzte, Technical Commander Velvar. Ich salutierte kurz vor ihr. "Melde mich zum Dienst." Mit ihr konnte man gelegentlich ganz gut diskutieren, aber meistens war sie ruhig, im Gegensatz zu diesem ständig plappernden Menschen. "3 Verletzte, alle bewusstlos. Selbst auch verletzt, aber nicht wichtig. Nach weiteren Überlebenden suchen?"

Kinara blickte empor zu dem Thosri welcher sich zu ihr begeben hatte, in den ersten Momente hatte die Nehala ihn nicht einmal bemerkt. Sie kannte ihn ein wenig... Dagul Zyrak, einer ihrer Techniker. Die Nehala nickte ihm lediglich zu und starrte dann wieder auf ihre völlig mit Menschenblut verschmierten Hände.
Sie dachte die ganze Zeit schon angestrengt darüber nach was passiert sein konnte. Die primäre Hülle des Schiffes war auf 26 Prozent gesunken... die Nehala vermutete, dass sie von irgendetwas getroffen worden waren. Ein dermaßen hoher prozentueller Schaden ließ jedoch auf mehrere Treffer schienen... Das die Ursache im Inneren des Schiffes lag war nicht wirklich wahrscheinlich. Interne Ursachen konnte die Nehala ausschließen... es ergab keinen Sinn, da zu viele der primären und auch sekundären Systeme ausgefallen waren, essenzielle Komponenten wie zum Beispiel der Hauptkomplex und das Frontdeck schienen weniger davon betroffen zu sein. Der Stitana Antrieb konnte es nicht gewesen sein, sollten seine Vertikular-Prismen instabil werden, wird die gesamte Impulsenergie über Notfallsysteme in den Weltraum entlüftet. Durch die automatische Abkoppelung vom System, konnten so auch die restlichen Systeme des Schiffes keinen Schaden nehmen.
Solis hatte keinen Hüllenbruch gemeldet... Zudem schienen die Ortungssysteme nur teilweise beschädigt zu sein... "Solis? Hier technical Commander Velvar. Ich erwarte einen ausführlichen Bericht zur Integrität der äußeren Hülle, so wie Schwankungen in der Magnetresonanz der ablativen leichten Panzerung. Eventueller Hüllenbruch oder Schäden durch Aufprall. Sollte der Schaden nicht zu kritisch sein, möchte ich zudem, dass du das äußere Primfeld des Schiffes nach Resten von Ultraviolett- oder Infrarotstrahlung scannst...", gab die Nehala über ihr Headset an die KI des Schiffes weiter.
Die Welt um sie herum schien zu schwinden, die Verletzten und die Personen um sie herum wurden unwichtig. Sie hatte sich selbst damit herausgefordert, herauszufinden wodurch es zu dem kritischen Shutdown hätte kommen können.

Lysander kümmerte sich so gut wie möglich um die Verletzten. Es waren viel zu viele und er war der einzige aktive Mediziner. Die Medizinerin, die der Thosri mitgebracht hatte, war immer noch bewusstlos und konnte nicht helfen. Es war zum verzweifeln. Es war wohl wahrscheinlich das die Verletzten auch sterben würden.

"Technical Commander Velvar: Am Bug ist die äußere Hülle größtenteils unbeschädigt und hat nur wenige Schäden. Am Heck jedoch ist sie nahezu vollständig zerstört. Uns fehlt das Material, die äußere Hülle zu reparieren. Leichte Panzerung ohne Energieversorgung. Primfeld ist ausgefallen. Technical Commander, wenn Ich mir einen Rat erlauben dürfte: Wir sollten uns zuerst um die Energieversorgung kümmern. Ich laufe derzeit auf Notstrom."
Der sarkastische Unterton in Solis Stimme war deutlich herrauszuhören, ebenso, dass sie bezweifelte, das Ihr Rat willkommen war.

"Tu tas. Wir können im Moment jete Hilfe gut prauchen."
Anschließend betrat er die Messe und legte den Verwundeten auf den Boden. Er blickte sich um. Die Leute die schon hier waren und nicht dringend ärztliche Hilfe benötigten standen herum, starrten fassungslos ins Leere, ein oder zwei weinten sogar. Technical Commander Velvar saß mit blutigen Händen herum, aber wenigstens machte sie sich Gedanken über die aktuelle Lage und die Ursachen.
Darum, das sie anscheinend einen direkten Befehl missachtet hatte, würde er sich später kümmern.
Er deutete nacheinander auf drei kräftige, aber anscheinend nicht ernsthaft verletzte Crewmitglieder.
"Sie, Sie unt Sie. Mitkommen."
Er führte die drei zu den an die Seite geschobenen Toten.
"Wir müssen tie Leichen hier rauspringen. Am pesten wir schaffen sie in ten Hankar."
Dann wandte er sich nochmals an die KI: "Solis, funktioniert die Lepenserhaltunk im Hankar?"

Kinara stand mit einem Seufzen auf und ging zu einem der Wasserspender innerhalb der Messe. Unter dem kühlen Wasserstrahl wusch sie das bereits angetrocknete Blut von ihren gummierten Handschuhen, dabei brachte sie das leise Plätschern des Wassers erneut zum nachdenken. Diese dumme Menschen-KI... am liebsten hätte sie den Server von Solis raus gerissen und über Bord geworfen... Wären die Nehala dazu bereit gewesen mehr technologische Errungenschaften mit dem Konzil zu teilen, könnten sie sich auch auf eine KI der Nehala verlassen. Kein Wunder, dass so viele Besatzungsmitglieder tot waren... Menschen-KI's würde sie nicht einmal die Kontrolle über eine selbst reinigende Toilette überlassen.
Kinara hätte wissen wollen, ob sie unter irgend einen feindlichen Beschuss geraten worden waren, aber das würden sie also auf die altmodische Art und Weise herausfinden müssen.
Zielsysteme welche sich auf künstliche Infrarot- oder Ultraviolettstrahlung stützten hinterließen oft kaum merkliche Spuren, aber sie waren dennoch vorhanden.
"Solis... wir sollten erst prüfen, ob wir bei einem einfachen Reboot der Energieversorgung nicht deine ganzen Systeme rösten.", antwortete ihr die Nehala, bevor sie sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnte und daran zu Boden rutschte.
Eine Katastrophe... unfassbar...
Ob sie jemals wieder Nachhause kommen würde...?

Lysander hatte sich ununterbrochen um die Verletzten gekümmert, während Girth hier herum kommandierte und Kinara sich über die Schäden informierte. Er sah zu ihr, als sie sich die Hände wusch und dann an der Wand hinunterrutschte. Sie sah so verloren aus. Er ging zu ihr und nahm neben ihr Platz. "Mach dir keine Sorgen Kinara," wandte er sich sanft lächelnd an sie. "Es wird schon alles in Ordnung kommen." Vielleicht konnte er ihr so etwas trost spenden, in dem er für sie da war.

Langsam drehte die junge Nehala ihren Kopf zur Seite und starrte den Menschen abschätzend mit ihren gelben Augen an. Strähnen ihres silbernen Haares hingen ihr dabei in ihr Gesicht. Ihr Gesichtsausdruck war zwar ausdruckslos, doch man konnte doch irgendwie erkennen, dass sie mit der gesamten Situation zu kämpfen hatte...
"Haltlos... eingesperrt mit Menschen, Baht, Thosra... und jetzt sind auch noch davon die Meisten tot... wir wissen nicht wo wir sind, die Schäden sind katastrophal. Die Chancen stehen einfach zu gering.", antwortete Kinara auf den Versuch des Menschen ihr Mut zu machen. Sie brauchte sich nichts vor zu machen, es widerstrebte der Logik einer Nehala sich Hoffnungen zu machen wo vermutlich keine waren. "Ich hätte Alassis gerne noch einmal gesehen... in der Heimat gelebt. Vielleicht auch irgendwann einen Partner gefunden. Daraus wird wohl nichts mehr.", meinte sie und starrte ein Loch in die Luft.
Irgendwie war sie dankbar, dass der Mensch ihr zumindest zuhörte.

Lysander lehnte sich gegen die Wand und atmete tief ein und aus. "Also ich bin noch nicht bereit, mich in eine Ecke zu setzen und zu Sterben. Denn das können wir tun, wenn wir uns keine Hoffnungen mehr machen können. Du bist eine intelligente Frau und eine sehr fähige Technikerin. Du kannst die Systeme dieses Schiffes reparieren und wir werden wieder in die Heimat zurück kommen," wandte er sich streng klingend an sie. "Und du wirst dein Zuhause wieder sehen. Bis es soweit ist, müssen wir hier zusammen halten und uns mut machen."

Die junge Nehala zog ihre Mundwinkel ein wenig nach Oben, kaum merklich, nach kurzer Zeit würde ihr Gesicht jedoch wieder so ausdruckslos wie man es gewohnt war. Sie wünschte sie könnte die Zuversicht von Lysander teilen, aber wer in solchen miserablen Situationen keine Erwartungen hatte, der wurde schlussendlich auch nicht enttäuscht. Einen kühlen Kopf zu bewahren war jedoch logischer als jetzt aufzugeben. Kinara hatte lediglich mit etwas zu kämpfen was die meisten Nehala nie betraf... schon seitdem sie das Transportschiff auf ihrem Heimatplaneten Alassis betreten hatte, verspürte sie dieses seltsame Gefühl. Heimweh...
Wortlos stand Kinara auf und wandte sich abermals an den Menschen. "Um es noch richtig zu stellen bevor es vielleicht zu spät ist... Dein Interesse um unsere Kultur und meine Geschichte ehrt mich, du hast jedoch die falsche Geste angewandt.", erklärte sie ihm, wobei sie anschließend die flache geöffnete Linke in ihre rechte Hand legte, sodass in gewisser Weise ein Dreieck entstand. Anschließend legte sie ihre Hände auf ihre Brust und neigte den Oberkörper leicht nach Vorne. "Dies ist die korrekte Geste die du wohl eigentlich meintest. Das Dreieck geformt aus deinen Händen, steht für die Eckpunkte gebildet aus Planet Medor und Midor, dessen beider Linien zusammen führen und so auf Alassis verweisen. Alle Finger weißen in Richtung der Heimat... das Auflegen der Hände auf die Region des Herzens zeigt, dass wir unsere Heimat immer bei uns in unserem Herzen tragen... das Neigen des Oberkörpers ist der Ausdruck dafür, dass man immer in dessen Lichte wandeln möge, denn ohne es wären wir nicht.", erklärte sie dem Menschen und erhob sich dann wieder von der Geste. Ihre Augen strahlten bei jenen Worten eine gewisse Wehmütigkeit aus, doch sie schüttelte dieses Gefühl so gut sie konnte wieder von sich. "Deine körperliche Begrüßung war zwar nicht falsch, aber... es bedeutet etwas völlig anderes.", erklärte sie und wurde ein klein wenig und kaum merklich rot im Gesicht. Er sollte das lieber selbst noch einmal genauer recherchieren und von sich aus darauf kommen...

Nach einer kurzen Prüfung konnte Solis den Statusbericht zum Hanger übermitteln.
"Die Lebenserhaltung läuft im gesammten Schiff, größtenteils jedoch auf Minimalanforderung, wie im Hanger. Commander, der Weg dorthin könnte durch offene Kabel lebensgefährlich sein. Seien sie vorsichtig."
Bei dem letzten Satz klang eine gewisse Sorge aus der Computerstimme herraus, die scheinbar nicht rein dem eigentlichen Programm entsprang. Solis machte sich tatsächlich Sorgen. Obwohl sie wusste, dass sie unter normalen Umständen auch alleine Mannövrierfähig war, war ihr durchaus bewusst, dass sie derzeit Glück hatte, wenn die Minerva überhaupt wieder in Stand gesetzt werden konnte. Derzeit trieb das Schiff unkontrolliert durchs All und Solis wusste nicht einmal WO sie überhaupt waren.

Lysander betrachtete sie. Er wusste genau, welches zeichen er ihr gegeben hatte. Er richtete sich auf und sah ihr in die Augen. "Nun, ich kenne beide bedeutungen, Kinara. Ich weiss auch, das die Art und weise, die ich bevorzugen würde, um dir mein Interesse nahezubringen nicht die art ist, die Nehala wünschen. Ich bin an dir interessiert, Kinara Velvar. Ich möchte dich kennenlernen und dir ein Gefährte sein. Und ich hoffe, das meine Worte dich jetzt nicht verschreckt haben.. Mein zeichen war schon richtig.. " sanft lächelte er sie an. Er fühlte sich wie ein unbeholfener Tollpatsch. Bei einer Menschenfrau würde er sie mit Blumen und Pralinen beschenken, sie zum essen ausführen mit Romantischer musik und solche dinge.

Die kurze verlegene röte von vorhin verschwand aus ihrem Gesicht, als sie besonders blass wurde. Der Unterschied war bei der sehr hellen Haut von Nehala ohnehin kaum zu deuten. Ein leichter kalter Schauer fuhr über ihren Rücken während sie Doktor Rutland einfach nur anstarrte. Eine ganze Weile lang konnte sie nichts sagen...
Ihr Kopf rechnete alle Möglichkeiten noch einmal durch, suchte nach einem Fehler oder einer logischen Lücke in den Worten des Menschen... aber alles lief im Grunde auf den Sinn und Zweck hinaus welchen Lysander wohl erzielt hatte.
Kinaras Mund stand ein wenig offen, man sah ihr die Sprachlosigkeit regelrecht an. "Ich...", kam es leise flüstern über ihre Lippen. Bevor sie ihren Blick senkte. Vorsichtig nahm sie die wesentlich größeren Hände von Lysander in die Ihren.
Starr blickte sie auf seine Hände welche nun sanft in den Ihren ruhten. Was sollte sie denken...? Der Doktor... er war ein Mensch... Die Nehala musste zugeben, für einen primitiven Shejen war Lysander schon irgendwie etwas besonderes. Aber dennoch... ein Mensch welcher sich eine Nehala erwählte..?
Kinara zog ihre Hände weg und machte einen Schritt zurück, dabei starrte sie immer noch zu Boden. Es war nicht die richtige Zeit und auch nicht der richtige Ort... um sie herum lagen schließlich lauter Verletzte, Tote und im Sterben liegende. Tat dies der Doktor da er selbst nicht viele Hoffnungen hegte? Wollte er seine Gefühle befreien bevor sie hier alle sterben würden...?
"Deine Wahl war schlecht... du solltest dir einen anderen Menschen erwählen. Wie soll dies funktionieren? Ich kann dir keine Familie schenken... du wirst altern, sterben, während ich lange weiter lebe, alleine. Ich soll diese Trauer dann ertragen? Warum willst du mich quälen?", fragte sie den Menschen kühl und blickte weiterhin beschämt zu Boden. "Das ist ein Fehler... es gibt nichts was ich dir bieten könnte.", sprach sie kühl.

"Kinara..," sprach Lysander sanft. "Es stört mich nicht, das du mir keine Kinder schenken kannst. Ich will dich.
als freundin, als Gefährtin..Es tut mir leid, wenn ich dich quäle.. das will ich bestimmt nicht. Du bist etwas besonderes.. Ich will keine Menschenfrau als Gefährtin.. nur dich." Seine Stimme war sanft und zärtlich.

Zumindest war er direkt und ehrlich zu ihr, etwas womit Menschen für gewöhnlich eher Schwierigkeiten hatten. Aber dennoch machte das Geständnis des Doktors die Situation nicht unbedingt besser... Die Nehala senkte erneut beschämt den Blick, bevor sie erneut ein paar Schritte zurück machte. "Du hast noch so viel über uns zu lernen...", sprach Kinara kühl und nahezu abwesend wirkend. Sie neigte dennoch aus Respekt vor seinem Wissen heraus den Oberkörper leicht, wandte sich dann von Lysander ab und verließ die Messer.
Eine ganze Weile lang trottete die junge Nehala einfach ziellos durch die Gänge, ging dabei sogar im Kreis. Für gewöhnlich war es sehr schwierig eine Nehala aus der Fassung zu bringen... Doch durch ihr schmerzliches Heimweh, den Vorfall, die Verletzten und Toten... und nun auch noch Lysander welcher sie bedrängte. Kinara konnte mit dieser Situation nicht wirklich umgehen.
Erneut rutschte sie an der Wand in einem der Gänge zu Boden, zog die Beine an und betete ihre Stirn auf ihre Knie. Eine ganze Weile lang verharrte sie in dieser Position... sie hasste es und verzweifelte daran so ratlos und somit völlig schutzlos da zu stehen.
"Solis... wenn es in deinem System Prioritäten gibt welche meiner Aufmerksamkeit benötigen. Ich stehe gerade frei.", sprach sie schließlich.
Vielleicht würde sie die Arbeit ein wenig ablenken... von all dem Chaos.

Velvar war wohl ziemlich abgelenkt und nickte mir nur kurz zu...... Dann stierte sie wieder auf das Blut an ihren Händen, die Nehala schien mit der Situation nicht wirklich umgehen zu können, was auch irgendwo verständlich war. Andererseits hatte sie die Pflicht, den Überlebenden zu helfen und dass Schiff wieder lauffähig zu kriegen, da konnte man doch nicht einfach so herumsitzen. Ich war durch das Verhalten meiner Vorgesetzten irritiert, es aber nicht meine Sache sie zu kritisieren.
Ich entschloss mich ihr Nicken als eine Bestätigung meiner Frage zu sehen und machte mich auf den Weg. Ich ging die Bereiche ab, die am nächsten am Reaktor lagen. Zwar war es für die anderen Crew-Mitglieder auch nicht gefährlicher als für mich, da die Minvera mit einem angeblich revoltionären Chemie-Reaktor ausgestattet war. In diesem wurde aus Sauerstoff und Wasserstoff Energie erzeugt. In Gedanken schüttelte ich den Kopf, eine ordentliche Kernfusion würde viel effizienter sein! Aber auf mich hörte ja niemand... Strahlungsbelastung und ungesund für Crew.... Ach was, wir Thosri haben das ja auch überlebt, dass sollten Menschen in Strahlunsschutzanzügen auch schaffen! Manchmal waren die Leute vom Konzil auch einfach nur Idioten.
Auf jeden Fall ging ich in diesem Bereich, da ich mich hier am Besten auskannte und somit auch gute Chancen hatte Verletzte zu finden.

Leider fand ich keine Verletzten, nur ein paar Tote, unter ihnen auch Jim. Ich seuftze traurig, Jim war einer meinen Techniker gewesen und hatte die Schicht für mich übernommen. Eigentlich sollte ich jetzt an seiner Stelle sein..... Meine Kehle schnürte sich zu und meine Augen begannen zu tränen. Ich fing an zuschluchzen und das Schamgefühl breitete sich in mir aus. Diese Schwäche... wiederlich! Es dauerte eine ganze verfluchte Minute bis ich mich wieder fangen konnte, gut dass das niemand zu Gesicht bekam..... Zumindest niemand außer Solis. Ich konnte die Ki nicht leiden, sie war - meiner Meinung nach - eine größere Gefährdung als ein Gewinn für dieses Schiff.
Als ich mich einigermaßen gefasst hatte, schnappte ich mir die Toten und brachte sie zum Hangar, dort hin wo der Commander sie haben wollte. Dann machte ich mich auf den zur Messe, meine Seite tat nun stärker weh und ich hatte regelmässig Schwindelanfälle, vielleicht sollte sich das der Doktor doch besser ansehen....

Ich fand den Rutland in der Messe, er stand mitten im Raum und schien etwas verwirrt zu sein, zumindest wenn ich menschliche Gesichtsausdrücke richtig deutete. Die Menschen hatten eine unglaubliche Vielfalt an Gesichtsausdrücken, die alle etwas anderes bedeuteten.... ich fand das sehr verwirrend. Andererseits hatten Menschen bestimmt selbst genug Probleme damit die Thosri zu verstehen....
Ich räusperte mich, als ich an ihn herantrat und zeigte auf meine rechte Hand und die Schnittwunde im linken Arm, aus der schwarzes Blut tropfte, wenn auch nur noch wenig.
"Schmerzen in linker Seite, Untersuchung?" fügte ich etwas wiederwillig hinzu, ich hatte keine Lust zu sprechen. Für heute hatte ich schon genug geredet, aber Rutland brauchte mehr Informationen, wenn er mich behandeln wollte. Unter normalen Umständen hätte ich mir keine Sorgen gemacht, die Thosri heilten erheblich schneller als Menschen, aber da die Beschwerden schlimmer geworden sind, war eine Behandlung vermutlich doch angebracht...

Lysander hatte Kinara hinterher gesehen, als sie die Messe verlassen hatte. Danach hatte er sich wieder um die verletzten gekümmert. Nach einer weile kam der Thosri zu ihm und wollte untersucht werden. Mit dem Scanner untersuchte er ihn. Auf die Sichtbaren stellen trug er das Gel auf und spritzte dann etwas Schmerzmittel. "Ruhen sie sich ein wenig aus. Dann wird es ihnen besser gehen. Und vielleicht sollten sie etwas trinken."
Der Raum leerte sich ein wenig, als diejenigen ihren Dienst wieder aufnahmen, die nicht so schwer verletzt waren.
Lysander nahm auf einem stuhl platz und sah nachdenklich drein. Hatte er Kinara jetzt verscheucht?

Nachdem ein Technical Crewman die Wege abgesichert hatte, ging das Wegräumen der Leichen zwar zügig, aber nicht leicht von der Hand. Es war eine unangenehme Aufgabe die teilweise verstümmelten und verbrannten Körper im Hangar auszulegen.
Nach den ersten drei Fuhren ging Tiarak zu einem Terminal und begann die Crewliste zu aktualisieren – jeden angelieferten Toten identifizierte er, machte ein Bild und speicherte das ganze ab. Er hatte gewusst, dass viele tot waren, aber es so endgültig vor sich zu sehen, war etwas ganz anderes, als es von der KI gesagt zu bekommen.

Nachdenklich kehrte er in die Messe zurück, die sich deutlich geleert hatte. Dr. Rutland saß nachdenklich dreinblickend auf einem Stuhl. Vermutlich hatte ihn das ganze sehr mitgenommen – wie eigentlich alle, die das Glück hatten überlebt zu haben. Aber ob es wirklich ein Glück war? Sie konnten wer weiß wo sein, hatten gerade einmal eine dürftige Rumpfcrew, der Captain rang mit dem Tode und es war noch nicht einmal abzusehen, ob sie das Schiff überhaupt würden reparieren können.

Er ließ sich gegenüber des Mediziners nieder und räusperte sich um seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
Dann fragte er: "Ich prauche einen Pericht, Metical Supervisor Rutland – Wie steht es um tie Crew? Wieviele fallen wie lanke aus unt werten wir noch weitere verlieren?"

Lysander sah zu dem Baht auf und überlegte. "Nun, diejenigen die hier noch liegen werden sicher eine weile ausfallen. Entweder sie schaffen es, oder der Tod holt sie. Ich habe getan was ich konnte, aber zur zeit scheine ich der einzige Arzt zu sein und ich habe nur zwei paar Hände. Ich weiss nicht mal, ob der Captain überlebt," berichtete er ruhig.

Tiarak entfuhr ein tiefes Grollen. Noch mehr Tote war das, was er am wenigsten brauchen konnte jetzt.
"Vielleicht sollten sie sich unter ten Security-Leuten einen suchen, ter interesse taran hat sich zum Sanitäter auspilten zu lassen – tamit sie im Notfall einen Assistenten hapen. Antererseits hapen sie nun ja auch nur noch achtuntzwanzik Leute, auf teren Kesuntheit sie achten müssen. Üperleken sie es sich gut unt melten sie sich, wenn sie eine Entscheitunk ketroffen hapen."
Er überlegte kurz.
"Wenn von ihrer Seite nichts vorliekt, möchte ich, tas sie eine Pestantsaufnahme ter metizinischen Vorräte unt Keräte machen nach ihrer Pause. Unt tanach ruhen sie sich eine Weile aus."
Er blickte den Doktor an ob er noch etwas vorzubringen hatte.

"Commander Velvar, ich halte es für angebracht, zunächst die Energieversorgung zu stabilisieren. Der zuständige Supervisor ist vorrübergehend ausgefallen, daher wird es Ihnen obliegen, den Schaden zu reparieren. Der Elektrolyse-Reaktions-Kreislauf ist unterbrochen und Wasser entwichen. Der Notstartakkumulator hingegen ist intakt und hat ausreichend Energie, um den Kreislauf wieder zu starten, doch zunächst sollten sie das Wasserreservoir reparieren und auffüllen."
Der größte Vorteil daran, eine Bord-K.I. zu sein, war Solis' Meinung nach die Tatsache, dass man überall alles im Blick hatte. Nichts blieb ihr verborgen. Umso erstaunlicher war es, dass sie diese Katastrophe nicht hatte verhindern können... Dafür würde sie nun so gut es ging der Crew helfen. Wenn nur ihre Nanoroboter nicht verschollen wäre, wäre das Ganze natürlich einfacher, doch auch sie hätten das fehlende Material nicht ersetzen können. Neben der Menge an Schäden war nämlich genau das das Hauptproblem: Man hatte nicht genug Rohstoffe, um die Schäden auszubessern.
"Commander Girt?", meldete sich Solis bei dem Baht. "Die Notenergiereserven sind beinahe aufgebraucht. Technical Commander Velvar wird sich wohl um den Elektrolyse-Reaktor kümmern, doch sie wird unterstützung gut gebrauchen können. Sie sollten Ihr vielleicht jemanden senden, der ihr zur Hand gehen kann."

Lysander nickte leicht. "Ja, werde ich machen. Die verwundeten können erstmal hier bleiben, sie sind soweit alle versorgt." Er erhob sich von dem Stuhl. "Ich werde dann erstmal wieder in die Krankenstation gehen." Damit machte er sich auf den Weg. Es würde ein wenig dauern alles genau aufzulisten. Er wusste auch nicht, ob im laderaum noch irgendetwas war, oder ob schon alles in der Krankenstation lagerte.

Gut hörbar stieß die junge Nehala die Luft aus als sie die Instruktionen von Solis erreichten. Da hatte sie ja noch einen ordentlichen Stiefel zu tun...
Kinara begab sich wieder auf die Beine und machte sich umgehend auf den Weg in ihr Quartier, sie brauchte ihr Werkzeug.
Als die Nehala ihr Quartier erreichte und die Tür öffnete, blieb sie kurz wie angewurzelt stehen. Ein einziges Chaos...
Durch die Erschütterungen war nichts wirklich an seinem Platz geblieben, folglich dauerte es eine ganze Weile bis sie ihr Werkzeug zusammen gesucht und die kleinen Taschen an ihrem Gürtel befestigt hatte.
Kurz rief Kinara auf einem Holopad die Karte der Schiffssektoren auf und aktualisierte sie um den Schadensbericht... Sah nicht wirklich gut aus, bei all den gesperrten Bereichen würde es schwierig werden auf normalem Wege zu den Speichern mit dem Wasser zu kommen.
Sie blickte zur Seite und sah zu dem Gitter der Lüftungsschächte... und dafür hatte sie ihre Heimat verlassen...
Mit einem festen Ruck konnte sie die einfach aufgesteckte Abdeckung des Belüftungssystemes heraus nehmen und lehnte sie daneben gegen die Wand. Mit einem Seufzen begab sie sich auf den Boden hinab und kletterte in den Schacht hinein. Nunja, für sie war das zumindest wesentlich leichter als für zum Beispiel einen Menschen... bei den Kurven würden die eventuell sogar stecken bleiben.
Kinara hörte über ihr Headset ein wenig moderne entspannende Musik als sie sich recht flink durch die Lüftungsschächte bewegte und dabei immer wieder auf die Karte des Holopads blickte um den richtigen Weg zu wählen.
Als sie anscheinend den richtigen Raum erreichte, krabbelte sie näher an das Lüftungsgitter heran und blickte nach Unten. Sie konnte die Tanks erkennen, offenbar hatte die metallene Abdeckung der Pumpen einen Riss erlitten... für gewöhnlich gehörte so ein Schaden ausgetauscht, doch dafür hatten sie nun keine Zeit.
Die Nehala drehte sich in dem Schacht und stieß dann einige male mit ihrem rechten Fuß kräftig gegen das Lüftungsgitter bis jenes aus dem Rahmen fiel und zu Boden stürzte.
Kinara folgte ihm, sprang aus dem Lüftungsschacht und landete auf dem immer noch feuchten Boden des abgeriegelten Raumes. Das ausgetretene Wasser war zwar durch den Notfall-Abfluss abgesaugt worden, aber man merkte sofort, dass man hier vor kurzem wohl noch knöcheltief im Wasser stand.
Kurz besah sich Kinara den Schaden... offenbar war die Zufuhr gestoppt worden als ein Austritt registriert wurde. Zumindest machte dies die einfach wesentlich einfacher da das Leck so trocken blieb.
Die Nehala griff zu ihrem kleinen Schweißbrenner, die dabei aus der Spitze schießende grüne Flamme basierte auf Plasma und hatte keine erwiesenen schädlichen Auswirkungen auf die Augen.
Sie war nicht all zu lange damit beschäftigt die Bruchstellen wieder miteinander zu verbinden, zumindest hatte sie Recht gehabt. Die Arbeit lenkte sie von all dem Chaos ein wenig ab...
"Solis? Der Riss in den Speichern ist geschlossen, es sollte halten bis wir ein vernünftiges Ersatzteil haben... es sind keine weiteren Schäden feststellbar. Du kannst jetzt die Pumpen wieder in Betrieb nehmen.", gab sie über das Mikro an die KI des Schiffes weiter bevor sie auf einen der Tanks kletterte und darüber wieder in den Lüftungsschacht schlüpfte.
"Ich begebe mich nun zu dem Aggregat und überprüfe die Rückkoppler, damit du dich bei der plötzlichen Überspannung nicht aus Versehen selbst röstest.", meinte sie immer noch an die KI gewandt.
"Ach und Solis... du weißt, dass die kurze extreme statische Überspannung mich wegen meiner Implantate sogar umbringen könnte. Gewähre mir also vorher Zeit um etwas Raum dazwischen zu bringen."

Zum Glück hatte ihn Solis daran erinnert, dass er noch ein paar Sätze an die Crew richten wollte – über den Stress mit den Leichen hatte er es ganz verdrängt. Nun, eigentlich hatte sie ihn bewusst daran erinnert, aber wenigstens hatte ihr Einwurf dazu geführt, dass er wieder daran dachte.
Er stellte auf schiffsweite Durchsage, sodass es auch wirklich jede mitbekommen würde.
"Hier spricht Commanter Kirt. Ich will ihnen nichts vormachen: Unsere Situation ist ernst. Wir wissen nicht, was keschehen ist, noch wissen wir warum. Wir wissen nur, tass tas Schiff schwer peschätigt ist, wir gut Achtzik Prozent ter Crew verloren hapen unt einike noch mit tem Tote rinken, unter ihnen auch unser Captain. Tie Liste ter Getöteten ist für jeterman in ter Tatenpank einsehpar."
Er machte eine kurze Pause.
"Alle Mechaniker, tie nicht vom Arzt zu strikter Ruhe verpflichtet wurten, sollen sich umkehent bei Technical Commanter Velvar melten. Sie wirt sie tann entsprechent verteilen. Operste Priorität sollten tapei Enerkieversorkunk, Lepenserhaltunk unt Sensoren hapen. Ter Rest ter einsatzpereiten Crew bekinnt mit den Aufräumarpeiten.
Wir türfen unseren Mut nicht sinken lassen. Es sieht tüster aus, aber ein Sprichwort sakt: Am Tunkelsten ist es vor ter Tämmerung. Tas war alles."
Auch wenn er selbst wenig Hoffnung sah, so musste er doch verhindern, dass die Moral der Crew zu weit sank, sonst würde es nur Probleme geben.
Er musste auch dafür sorgen, dass die Leichen nicht anfingen zu faulen, sonst würden binnen kürzester Zeit Krankheiten auf dem Schiff umgehen, die sie alle nacheinander dahinraffen würden.
"Solis, versiekele den Hangar und schalte tort tie Lepenserhaltunk aus."
Er stellte eine Verbindung zu Technical Commander Velvar her.
"Pitte erstatten sie Pericht üper die geschätzte Tauer ter Reparaturen, sopalt sie sich einen Üperplick verschafft hapen."
Nachdem er so das dringenste geregelt hatte machte er sich an die Arbeit und begann mit der Crew das Schiff wieder in Ordnung zu bringen.