EoV - Third Mission - "Silent Rain"

Es wurde finsterer je tiefer sie in den Leib des Schiffs gelangten, sodass es bald wieder notwendig wurde, erneut auf Nachtsicht umzuschwenken. Im wirklichen Grün des Restlichtverstärker erstreckte sich ein Gang vor ihnen, der ein kurzes Stück später in eine Kreuzung mündete. Drei Wege zur Auswahl... und keine Hinweise, wo welcher davon hin führte. Andererseits: sie hatten ja nicht einmal eine genaue Ahnung, wo sie am besten hin sollten. Ihre Mission war nicht eben präzise umrissen. Was sie suchten mochte sich überall finden – falls es denn überhaupt etwas zu finden gab.
Aufs Geratewohl wählte Nick, der sich an die Spitze der Gruppe gearbeitet hatte, den mittleren Weg, zu beiden Seiten sichernd als er die Kreuzung passierte. Vollkommen überflüssigerweise, freilich, aber besser, man war vorsichtig. Nach ein paar Schritten in den Gang hinein stoppte er jedoch abrupt.
"Die Strahlungswerte steigen plötzlich ziemlich massiv an", vermeldete er über Funk, was er eben auf seinem HUD registriert hatte, "Ich vermute mal, hier geht es in Richtung Reaktor. Ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, hier lang zu gehen..."

"Liebe Güte", entfuhr es Myra. In dem grünlichen Schimmer der Nachtsicht wirkte die Szene noch befremdlicher. Sie hatte die Kombüse gefunden. Oder zumindest das, was davon übrig geblieben war. Der Stahl war natürlich nicht verrottet, aber an einigen Stellen eingedellt, als hätte jemand mit aller Macht dagegen geschlagen. Auf den stählernen Stühlen saßen Menschen, bzw. die Überreste von Menschen. Die Skelette saßen vorübergebeugt da, die Hände auf dem Tisch. Einem von ihnen fehlte ein Bein. Besagtes Bein fand Myra in einem stählernen Kochtopf. Sofort kam ihr die Galle hoch, die sie mit Mühe niederkämpfte.
"Vier weitere skelettierte Überreste. Kein Geschütz in diesem Raum", gab Myra mit flauem Magen zu hören. Mit einem Finger kratzte sie ein Zeichen neben die Türe. Sollten sie später die Orientierung verlieren, würden sie zumindest wissen, dass sie hier schon gewesen waren. Rasch gesellte sich Myra wieder zu den anderen an der Kreuzung. Die Tür zur Kombüse war nur einige Meter vor der Kreuzung.

Natalia nickte der Police Lieutenant zu, bevor sie sich weiter auf die Kreuzung zu gingen. "Ich vermute mal einen Gesellschaftsbereich für die Marine Soldaten...", sprach die Offizierin, als sie sich über die Kante lehnte und in die verschiedenen Richtungen blickte. Durch die Nachtsicht offenbarten ihr Tafeln an den Wänden zur rechten Seite die Quartiere A und B... zur linken Seite die Quartiere C und D und geradeaus bei der Kreuzung ein Schild an der Decke den Zugang zum Treppenhaus tiefer in den Schiffsrumpf und davor eine Wäschekammer.
"Wir sollten die Räumlichkeiten durchsuchen... Vergesst dabei nicht die Bilder und Aufnahmen welche gemacht werden sollten.", erklärte sie, bevor sie sich selbst zu den Quartieren B begab. "Los, aufteilen."

Hier gab es wirklich nicht viele Pflanzen, aber vielleicht Pilze? Wobei, nach 250 Jahren waren die bestimmt auch verhungert. Seltsam, seltsam. Er seufzte und hängte sich an Langfield. Die wusste wenigstens, wie man mit einer Waffe umging. Die Nachtsicht ließ alles schwummerig und seltsam wirken, und hier war alles tot. Ein widerlicher Ort, an den es ihn hier verschlagen hatte. Die Waffe fest umklammert, deutete er in die Richtung von Quartier A. Sie setzten sich in Bewegung, und beinahe wäre er am Treppenabsatz über einen vornübergekipptes Marinesoldatenskelett gestolpert. Die anderen waren darübergestiegen, aber er Depp war mal wieder voll hineingelatscht. Was solls, dachte er, Tote beschweren sich nicht.

Im Quartier angekommen war nicht viel zu sehen, das übliche. Skelette auf den Betten, und irgendwie war er froh, dass er das nicht ungefiltert riechen musste. Gruftpilze waren schon bei den Pharaonen ein Problem gewesen. Krebs, Krebs, Krebs. Frisch machte er sich an eine der Kisten, die Kamera in seinem Helm lief ohnehin auf Dauerbetrieb, und er konnte noch gut einen Tag durchfilmen. So lange waren sie hier unten hoffentlich nicht. Hoffentlich.

In der Kiste war nicht viel, ein paar alte Vorkriegssachen... Ein vergilbtes Bild einer Familie, in einem Rahmen. Vater, Mutter, Sohn, Tochter. Gehörte wohl dem Typ auf dem Bett. Schlecht hatte er ja nicht ausgesehen, ein Kiefer, mit dem man Nüsse hätte knacken können. Aber Freunde wären sie wohl nie geworden, das war so ein Typ auf dem Weg zum Enlay-Dasein gewesen. Ganz offensichtlich.

Auch sonst zeigte seine Suche wenig Früchte, aber er bemühte sich, alles, was er in die Hände kriegte, abzufilmen.

"Und sie, was gefunden, Langfeld?

Es war nicht eben so, dass sie wirklich gewusst hätten, was sie auch nur suchen sollten. Die Mission war – das musste man bei allem Respekt vor dem Oberkommando schlichtweg sagen dürfen – nicht eben klar umrissen. Wie sollte man etwas finden, wenn man kaum wusste, wonach man suchte? Bisher waren sie reichlich ziellos durch das Schiff geirrt, hoffend, dass sie schon etwas Auffälliges finden würden. Als sie jedoch begannen, die Mannschaftsquartiere zu durchsuchen konnte Nick den Verdacht, dass dies alles zu nichts führen würde, nicht mehr zurück halten.
"First Lieutenant, ich glaube nicht, dass das zu irgendetwas führen wird", meldete er über Funk seine Bedenken an, "Es ist offenkundig, dass diese Räume seit einer Ewigkeit nicht mehr betreten wurden. Was auch immer wir finden könnten, es wird kaum etwas mit unserer Mission zu tun haben. Die Dalgan und ihre Mittelsmänner – wenn sie denn überhaupt auf diesem Schiff waren – werden es in erster Linie auf die Waffensysteme und vielleicht die Energieversorgung abgesehen haben. Entsprechend sollten wir auch dort suchen und alles andere links liegen lassen. Wir sind seit fast einer Stunde an Bord. Langsam geht uns die Zeit aus..."

Natalia sah sich derweil in den Quartieren der Zuordnung B um, anbei machte sie einige Aufnahmen über ihren Visor für welche man sich in Talon sicher interessieren würde. "Sie haben ihre Befehle... machen sie die geforderten Aufnahmen, sollte ihnen etwas Interessantes auffallen... Lieutenant Langfield wird es sicherstellen. Anschließend erneut sammeln im Gang.", antwortete sie auf die Bedenken First Sergeant Fendrings.
Sie war schon angespannt genug, da konnte sie das nicht auch noch gebrauchen...
In dem Quartier selbst bot sich ihr ein ziemlich düsteres Bild... die Überreste von Marine-Soldaten, zusammengekauert in ihren Betten oder daran angelehnt. Es war schwer zu sagen ob sie einfach verhungert waren oder doch an der Strahlung verstarben.
So machte sie noch einige Bilder, bevor die Offizierin plötzlich aufhorchte... "Halt... hört ihr das?", fragte sie über den Funk und begab sich langsam zum Ausgang des Quartieres. Es war wie ein Klopfen... ein Klopfen von Metall auf Metall. Ein Klopfen welches sich zu nähern schien... und lauter wurde...
"Erneut an der Kreuzung sammeln!", gab sie weiter.

Scheiße! Scheiße, Scheiße, Scheiße! Das klang gar nicht gut. Etwas war da draußen. Etwas, das auf sie zu hielt. Und was auch immer es sein musste: es wäre unter keinen Umständen gut für sie. Die Informationen des Einsatz-Briefings schossen Nick durch den Kopf. Schwere, automatische Kampfmaschinen. Das war es, worauf das 77. Tigris sich spezialisiert hatte. Das war es, was sie hier an Bord erwarten mussten. Aber selbst wenn es nur andere Eindringlinge sein sollten, die ihnen da näher kamen: es würde auf einen Kampf heraus laufen. Und wer mochte sagen, wie mächtig ihr Gegner war? Erschwerend hinzu kam die dürftige Eignung des Geländes für einen Kampf. Die Gänge waren – verständlicherweise – frei von Hindernissen und Barrikaden, die man hätte als Deckung nützen können. In den abzweigenden Räumen mochte es besser aussehen, aber wenn sie sich dort verschanzten, dann säßen sie im Fall, dass der Gegner ihnen überlegen war in der Falle. Insofern war die Kreuzung, zu der First Lieutenant Cavin sie beordert hatte, die wohl beste Wahl. Die abzweigenden Seitengänge erlaubten ihnen wenigstens, sich bis zu einem gewissen Grad in Deckung zu begeben und gleichzeitig standen ihnen genügend Rückzugswege offen. Fraglich war freilich, was ihnen das brachte.
"Deckung suchen und Waffen bereit halten", befahl er den Truppmitgliedern, die einer nach dem anderen an der Kreuzung eintrafen, sich bereitmachten. Nick selbst ging an der Ecke in die Knie, sodass ein weiterer Kamerad über ihn hinweg würde schießen können. Die Geräusche waren inzwischen deutlich auszumachen: sie kamen aus dem Gang, in dem er zuvor die massig erhöhten Strahlenwerte gemessen hatte. Nick richtete das Plasmagewehr in die Finsternis des Ganges, den Kolben gegen die Schulter, den Finger am Abzug. Jetzt hieß es warten, was da kommen würde.

Auf Befehl des First Sergeant hin begab sich die Recon in Position. Das metallische Schaben kam immer näher und inzwischen tanzte sogar ein geisterhaftes Licht auf einer etwas weiter entfernten Wand. Das Licht gehörte wahrscheinlich nur zu einer Art Lampe, die das etwas bei sich trug, aber in Myra meldeten sich uralte Instinkten die besagten, dass so ein Licht nichts Gutes bedeuten konnte. Die Polizeioffizierin spähte durch das Visier des Plasmagewehrs. Etwas kam um die Ecke und drehte sich der Gruppe zu. In diesem Moment fiel Myra wieder ein, dass eine Lampe bei eingeschalteter Nachtsicht verdammt blendend war. Ihr Finger krümmte sich um den Abzug und für einen Moment summte die Waffe auf, bevor sie sich wieder in den Griff bekam. Während die Punkte vor ihren Augen tanzten versuchte sie zu erkennen, was da nun eigentlich um die Ecke gekommen war. Die Maschine nahm Schusshaltung ein.

Noch immer griff Natalia nicht zu der experimentellen neuen Waffe... sie sah es nicht als notwendig an solange das Magazin ihrer AR-9 noch voll war. Schließlich wurde das Geräusch lauter, als wäre es schon sehr nahe. Es wurde mehr zu einem metallenen, präzisen Stampfen... begleitet von einem eher leisen mechanischen Surren.
Man erkannte Lichter welche sich am Ende des Ganges an die Wand warfen, im Takt zu den Schritten tanzten sie auf und ab.
Schließlich schob sich eine massive, humanoide Gestalt um die Ecke... und blendete mit einem Licht auf, sodass die Nachtsicht erneut übersteuerte und einen stark blendete.
"Alert. Use of lethal force in progress. Non-combatant safety cannot be guaranteed.", hallte eine metallische Stimme laut durch den Gang, wobei sich die Maschine weiter auf sie zu bewegte und schließlich seine Arme in eine Anschlagsposition hielt.
Ein kurzes Dröhnen erfolgte, dann prasselte auch schon die enorm hohe Kadenz einer Schnellfeuerwaffe auf sie ein. Die Soldaten konnten sich gerade noch so vollständig hinter die Deckung werfen, während die Geschosse in die Ecken einschlugen und es Schrapnelle regnete.

TGS-III Battlebot:

Diese Mission war ein reines Selbstmordkommando.
Das beschloss Eames, als der Kugelhagel auf sie niederprasselte. Er hatte sich relativ weit in Deckung geworfen, weil sein Anzug nunmal weniger aushielt als der der anderen. Er konnte nicht sehen, was da auf sie zu kam, doch es klang sehr ... Zerstörungswütig?
Er biss die Zähne zusammen. Das würden sie schon irgendwie hinkriegen. Irgendwie.
Er fühlte sich in diesem Augenblick unheimlich nutzlos.

Antrainierte Reaktionen hatten zum Glück die Kontrolle übernommen. Die Farbtupfer vor Myras Augen verschwanden langsam, während sie mit dem Rücken zur Wand eines der Seitengänge dastand. Womit auch immer das Ding da schoss, es machte große Löcher. So ein Loch wollte sie nicht im Anzug haben. Vermutlich wäre es gut zu wissen, womit sie es da eigentlich zu tun hatten. Myra steckte ihr Plasmagewehr weg. Mit einer Hand griff sie nach einer der Kameras an ihrem Helm und zog sie am Kabel heraus. Die Sektion 2 benutzte diese Kameras, um unter Türen durchzuspähen. Myra brachte den Kopf näher heran an die Ecke und ließ die Kamera um die Ecke drehen. Mit Nachtsicht war das kleinere Gerät nicht ausgestattet, zu ihrem Glück, denn sie hätte bestimmt wieder vergessen sie abzuschalten.
Das Bild der Kamera sandte Langfield direkt an die Lieutenant. Der Bot wurde immer wieder im flackernden Licht des Mündungsfeuers seiner Waffe sichtbar. Myra fluchte leise und zoomte auf die Waffe. Das Ding wurde per Gurt gefüttert. Dem würde so schnell nicht die Munition ausgehen. Myra zog sich wieder zurück. Nachher schoss der Bot noch durch die Wand und erwischte sie direkt am Schädel. Ihr HT-5 würde einen direkten Treffer nicht überstehen.

HT-5-Kampfanzüge waren so konzipiert, dass sie gewöhnlichen Projektilbeschuss mit Leichtigkeit abkonnten und Unity-Soldaten dementsprechend darauf ausgebildet, sich bisweilen einfach stoisch dem Feindfeuer aussetzten, die Kugeln auf sich niedergehen ließen und ungeachtet dessen selbst den Beschuss erwiderten. Dass dieses Standardvorgehen für Kämpfe in dürftiger Deckung hier jedoch keine Option war, musste jedem von ihnen klar sein. Vor diesem Kaliber würde sie nicht einmal der stählerne Mantel eines gepanzerten Fahrzeugs zuverlässig schützen können. Wer hier in den Kugelhagel geriet, der würde zu Boden gehen und nicht wieder aufstehen. Und darin fand sich bereits das Dilemma ihrer Situation: mit ihren Plasmawaffen mochten sie in der Lage sein, dieses Ding auseinander zu nehmen, aber nicht, ohne dass sie selbst Verluste hinnahmen. Keine verlockende Aussicht. Erschwerend kam jedoch hinzu, dass sie nicht viel Zeit hatten um zu entscheiden, wie sie agieren sollten. Wenn der Roboter die Kreuzung erreichte, dann wäre es aus. Sicher: sie standen auf beide Seiten aufgeteilt, sie alle gleichzeitig ausschalten konnte er nicht. Aber um den halben Trupp wäre es dann wohl geschehen. Und auch an einen Rückzug – zu dem sie sich zu allem Überfluss würden aufteilen müssen – war dann nicht mehr zu denken. Sie mussten jetzt handeln!
Nick entschied sich für die direkteste Vorgehensweise. Um die Ecke zu spähen wäre Selbstmord, also versuchte er es einfach mit einem blinden Schuss. So schwer konnte dieses Ding nicht zu treffen sein. Selbst nicht aus der Deckung hervor kommend richtete er sein Plasmagewehr um die Ecke, versuchte, so gut dies ohne Sicht eben ging, zu zielen. Der Roboter jedoch reagierte sofort. Eine Kugelgarbe pflügte durch Nicks Waffe ehe diese auch nur aufgeladen hatte, zerlegte sie effektiv in ihre Einzelteile und ließ heißes Plasma durch den Gang spritzen. Es gelang Nick gerade eben so noch, seine Hand zurück zu ziehen ehe diese ebenfalls durchsiebt wurde. Um den teuren Prototypen war es freilich geschehen.
"First Lieutenant!", rief er, nicht ohne eine Spur Panik, in den Funk. Dies war der Augenblick, wo Cavin eine Entscheidung treffen, einen Befehl erteilen musste. Entweder, sie handelten jetzt, oder es wäre zu spät.

Ach du lieber Gott, jetzt hatten sie echt Stress. Der Stimme nach zu urteilen, war das ein Roboter, und zwar ein ganz gemeiner. Snyder packte sein Gewehr und griff es fest, wartete auf den Befehl der First Lieutnant. Es war recht wenig zu haben in der ganzen Sache, zumindest seinerseits. Hatte keiner von den Spacken EMPs dabei? Wenn nicht, mussten sie den Blechkerl durchlöchern, und zwar gründlich. Eben hatte er sich noch ein paar Leichen angeguckt, das war bekanntes Terrain, und nun mussten sie diese Killermaschine ausschalten? Das war alle Steaks der Welt nicht wert! Er seufzte und kauerte sich hinter Langfield, die auch nicht so recht zu wissen schien, was zu tun war.

Leo unterdrückte einen Fluch. Da kam er, ein richtig gefährlicher Gegner. Leo war es gewohnt, sich in seiner Rüstung vor Schusswaffen sicher fühlen zu können, aber bei dieser Maschine konnte er das wohl vergessen. Also Deckung suchen. First Sergeant Fendring war schon seine Plasmawaffe los, zu versuchen, auf den Gegner zu schießen konnten sie also auch vergessen.
Unwillkürlich schlug Leo das Herz fast bis zum Hals. Dieses Monstrum war aus anderem Holz geschnitzt als andere Feinde, die sie schon erlegt hatte. Am Ende würden sie hier alle ihr Grab finden... Bitte nicht...

Kurz verebbte nun das Dauerfeuer, welches auf die Ecken der Kreuzung einhämmerte... Man hörte nun wie sich der mechanische Feind langsam nach vorne bewegte, offenbar scannte die Maschine die Umgebung und suchte nach Lebenszeichen. "Ruhig... ganz ruhig...", gab Natalia und versuchte ihre eigene zittrige Stimme zu unterdrücken. Gerade jetzt mussten sie gefasst und konzentriert bleiben... Panik führte zu Fehlern... und Fehler führten in solchen Situationen schnell ins Grab.
Fokussiert bleiben, komme was da wolle... genau dies hatte man ihnen so sehr, auf den fortgeschrittenen Kursen der militärischen Führung, in den Schädel gehämmert.
Noch überlegte die Offizierin... blickte sich um... schaute dann zu Fendring. "Sergeant! Ihre AV14 EMP-Granaten wären nun einen Versuch wert. Jetzt!"

Die EMP-Granaten! Ja, die waren in der Tat einen Versuch wert. Nicht, dass Nick von der Idee sonderlich begeistert gewesen wäre. Eine gewaltige Unwägbarkeit steckte darin, ihre Leben der Wirkung des EMPs anzuvertrauen. Ihre HT-5-Anzüge beispielsweise verfügten über eine Abschirmung gegen derartige elektromagnetische Angriffe. Die Technik war zwar – seiner Kenntnis nach – erst nach der Katastrophe entwickelt worden, aber sicher, dass es derartiges in Zeiten des 77. Tigris nicht auch bereits gegeben hatte, wenngleich vielleicht nur im experimentellen Zustand, war er sich keineswegs. Wenn die Kampfmaschine nun über solche Abschirmung verfügen sollte und die Granate harmlos verpuffen würde, dann wären sie wohl richtig am Arsch. Dann hätten sie so viel wertvolle Zeit verloren, dass es für einen geordneten Rückzug – und ein ebensolcher hätte Nick vorgeschwebt, wäre er der befehlshabende Offizier der Outcast Recon gewesen – zu spät sein mochte.
Aber Nick war ein Soldat und er hatte soeben von seiner Vorgesetzten einen Befehl erhalten. Und Soldaten wurden darauf gedrillt, Befehle ohne Wenn und Aber zu befolgen. Es mochte Nick nicht gefallen, aber er tat es trotzdem und ohne zu zögern. Löste eine Granate von seinem Gürtel, aktivierte den Zünder. In der Digitalanzeige verfolgte er den rasch abfallenden Countdown. "Bereit halten!", warnte er den Trupp vor, dann warf er. Er begab sich nicht aus der Deckung, sondern spielte über Bande, zielte auf die gegenüberliegende Wand des Gangs. Die Granate prallte ab, wie er es sich erhofft hatte, musste kurz vor den Füßen der Kampfmaschine landen. Wieder ertönte das Rattern des überschweren Maschinengewehrs aus dem Gang. Und dann das hohe, dissonante Piepen, mit dem der Pulsemitter seine Aktivierung verkündete.

Zum Glück waren die neueren HT-5, sogar ihr Modell, gegen EMPs gesichert. Sonst säße die Truppe jetzt schön dämlich da. Die Helmkamera gab trotzdem den Geist auf. Vermutlich hatte die kleine Kapsel am Ende des beweglichen Kabels nicht genug Platz für eine Isolierung geboten. Entschlossen bog Myra um die Ecke, den Prototypen im Anschlag. Der Roboter lag regungslos, in einer seltsam menschlich anmutenden Haltung, auf dem Boden. Die Waffe war unter seinem Körper begraben. Elektrizität blitzte ab und an aus einigen Rissen am Rücken. Der war ausgeschaltet, für den Moment. Zeit diesen Zustand zu einem permanenten zu machen. Myra legte mit dem Prototypen an und drückte ab. Nichts passierte. Fuckfuckfuckfuck.
"Der Prototyp ist aus", gab Myra mit hörbar schrillerer Stimme als sonst bekannt. Die Waffe ließ sie fallen und versuchte möglichst schnell ihre P90 aus der Rückenhalterung zu befreien. Lange wäre der Roboter nämlich ganz sicher nicht mehr ausgeschaltet.

Der Befehl wurde ausgeführt und die EMP-Granate geworfen, prallte an der Wand ab und fiel in den Gang in welchem sich noch die Maschine befand. Als die Granate ihren Impuls ab gab, huschte eine kurze Störung über den Visor, doch die isolierten Kampfanzüge blieben wie erwartet unbetroffen.
Es donnerte laut aus dem Gang heraus... die Offizierin konnte sich denken um was es sich dabei gehandelt hatte. "Schnell jetzt!", gab sie weiter bevor sie um die Ecke stürmten.
Erst auf die Äußerung von Langfield hin, blieb Natalia stehen und hob ihr Plasmagewehr... Zwischen Magazinschacht und angestecktem Magazin stieg Rauch aus der Waffe heraus. Die Ladeanzeige der Waffe blinkte wild durcheinander... Umgehend warf sie das Magazin aus, welches qualmend zu Boden fiel. "Waffen wechseln!", lautete der Befehl. Die Prototypen selbst waren vermutlich noch in Ordnung, nur die Akkumagazine waren durch den Impuls hinüber. So hatten sie also auch gleich etwas, was sie der Abteilung mitteilen konnten was es zu verbessern galt.
Zum ersten mal sahen sie nun den Roboter am Boden aus direkter Nähe, während sie sich vorsichtig näherten. Selbst mit der panzerbrechenden Munition ihrer AR-9, war sich Natalia nicht sicher ob sie durch die dicken Panzerplatten dieser Dinger kommen würde...
"Miller, Fendring! Helfen sie mir mal.", forderte sie die beiden Soldaten auf, bevor sie sich hastig zu der Maschine begaben um sie anzuheben.
Dreck... das Ding war vielleicht schwer...
Natalia bekam die Waffe des Bots zu greifen, musste aber einige male auf die mechanischen Hände eintreten, bevor sie es an sich reißen konnte.
Gerade als sie das überschwere Maschinengewehr in ihren Händen hielt und den Munitionsgurt aus dem Behälter am Rücken des Bots riss, kam urplötzlich Regung in die Maschine. Mit einem Ruck packte das Ding sie am Bein, sodass die First Lieutenant stürzt und auf den Rücken knallte... Die Waffe des Kampfbots schlitterte hinter ihr über den Boden.
"Schnell! Die Waffe! Macht es endlich alle!", schrie sie, während das Ding sie weiterhin gepackt hielt und Natalia mit ihrem rechten Fuß immer wieder nach dem Kopf der Maschine trat um sie von sich fern zu halten.

Natürlich war auch Eames neugierig gewesen, zu erfahren, was nun genau die Gefahr gewesen war. Er hatte von seiner Position aus nicht sonderlich viel mitgekriegt.
Als er um die Ecke bog, packte das Monstrum gerade Natalia am Bein und sie stürzte auf den Boden.
"Natalia!", entfuhr es ihm erschrocken und ohne gross weiter nachzudenken, hechtete er nach drei grossen Laufschritten auf die Waffe des Ungetüms zu. Sein Anzug gab ein schrilles Kreischen von sich, als er über den Boden schlitterte und dabei die Waffe packte.
Während er sich aufrichtete, legte er zwei Finger um den Abzug. Dann benötigte er ein paar wenige Sekunden, um das anzuvisieren, das man wohl als Kopf des Viehs hätte bezeichnen können. Er machte sich auf einen heftigen Rückstoss gefasst, als er die Maschine mit ihrer eigenen Waffe abzuknallen begann.

Westerfeld war der erste, der auf Cavins Notlage geistesgegenwärtig reagierte und sich die Waffe der Kampfmaschine schnappte. Leider war er, der er keine schwere Servounterstützung in seinem Anzug besaß, auch der Ungeeignetste – sah man vielleicht einmal vom Doktor ab – für diese Aufgabe. Das überschwere Maschinengewehr war klar nicht für menschliche Bedienung konstruiert, sondern eben speziell für Kampfroboter wie diesen entwickelt. Ohne maschinelle Unterstützung hatte Westerfeld keine Chance, den Rückstoß auszugleichen oder die Waffe auch nur gerade zu halten. Ein paar Kugeln trafen den Kopf des Roboters, aber das war wohl mehr Glück. Der Lauf der MG zog wohin er wollte, sprühte Kugeln durch den ganzen Gang, nur nicht dorthin, wohin er sollte. Und diese wenigen Treffer schien die Panzerung der Maschine abzukönnen.
Nick zögerte nicht, war mit einem langen Schritt an Westerfelds Seite. Beherzt griff er nach dem Lauf des Maschinengewehrs, bekam ihn mit beiden Händen zu fassen. Mit vereinter Kraft brachten sie die Gewalt der Waffe unter Kontrolle. "Jetzt, Westerfeld!", rief Nick aus, als er den Lauf beidhändig auf den Schädel der Kampfmaschine ausrichtete. Blieb nur zu hoffen, dass in diesem auch tatsächlich die relevanten Einheiten saßen, die zu zerstören die Maschine ausschalten würde.

Natalia hatte bereits einige der daneben gehenden Projektile in ihrer Brust oder ihrem Bein enden sehen, als Westerfeld die schwere Waffe ergriffen hatte. Beeindruckend... durchaus... aber auch gefährlich. Erst als Fendring den Lauf der Waffe packte und in Richtung des mechanischen Feindes richtete, es anschließend einige male im vollautomatischen Modus knallte und es anschließend wieder still wurde traute sich die Offizierin sich ein wenig aufzurichten.
Ihr Herz schlug ihr beinahe bis zum Hals nach dieser Aktion... "Gut gemacht, aber das nächste mal vielleicht jemand Anderes, ja? Wäre eine ziemlich jämmerliche Art und Weise für mich drauf zu gehen...", versuchte sie ein wenig zu witzeln, auch wenn es ihr durch die Aufregung nicht wirklich gelang.
Natalia schaute nun zu der Maschine, klaffende Löcher hatten sich in die Panzerung gestanzt... zumindest rührte sich der Kampfbot nicht mehr. Als die First Lieutenant aber versuchte ihren Fuß aus dem Griff der Maschine zu befreien, gelang dies nicht ganz... offenbar war die Mechanik eingerastet und ließ sich nicht mehr bewegen. Auch ein Tritt gegen den Arm des schweren Bots löste sie nicht aus den Fängen. "So ein Dreck... Langfield? Können sie mein Bein befreien?"

Hätten Eames und Westerfeld nicht eingegriffen, so wäre die First Lieutenant nun wohl tot. Langfield war viel zu langsam gewesen und selbst wenn sie die P90 schnell genug aus ihrem Halfter hätte befreien können, so hätte sie nur wenig Schaden angerichtet. Wenigstens konnte sie auf anderen Art und Weise hilfreich sein, wenn sie schon keine Roboter erschießen konnte. Die Anzeigen des Prototypen flackerten immerhin schonmal wieder. Vielleicht war das Gewehr bald sogar wieder einsatzbereit.
"So ein Dreck... Langfield? Können sie mein Bein befreien?"
"V-Vielleicht. Lassen sie mich mal sehen."
Die Kugeln hatten zwar an einigen Stellen die Panzerung des Roboters durchschlagen und einen Großteil des "Kopfes" regelrecht zerfetzt, aber das machte ihre Arbeit nicht einfacher. Im Grunde erschwerte es sie sogar. Langfield zog probeweise an der Panzerplatte des Armes und mit einem Ruck wurde die Platte weggerissen und die Mechanik und Elektronik freigelegt. Die Kabel waren seltsam menschenähnlich angelegt, als hätte sich jemand den menschlichen Körperbau genommen und Arterien und Venen durch Kabel ersetzt. Diese Erkenntnis half zwar dabei die Kabel zu identifizieren, die dafür gesorgt hätten, dass Cavins Bein freigegeben wurde, aber leider hatte ein Schuss durch das Handgelenk eben diese Kabel vernichtet.
Ein kurzer elektrischer Impuls am Ende des Kabels sorgte wenigstens dafür, dass sich die Hand ein wenig öffnete. Das Kabel war dafür allerdings hinüber, verschmort bis zur Unkenntlichkeit.
"Tut mir leid, aber mehr kann ich nicht tun. Außer...vielleicht."
Unterstützt durch die Servos löste Myra noch mehr Panzerung ab. Nach kurzer Zeit richtete sie ihre P90 auf den Arm und drückte einmal ab. Mit einer Hand griff sie nach den Fingern, die sich jetzt einfach bewegen ließen. Die Mechanik im Inneren des Arms war zwar komplett zerstört, aber wenigstens hatte sie ein paar Bilder gemacht. Das musste reichen. Schließlich konnte Cavin nicht die ganze Zeit den Roboter hinter sich herziehen.

Natalia wagte es nicht sich zu bewegen, grundlos... aber sie war noch zu aufgeregt und fürchtete, dass durch eine falsche Bewegung dieser dämliche mechanische Arm sich nie wieder von ihr lösen würde.
Schließlich war sie aber erleichtert, als der Griff sich sichtbar lockerte. Mit einem nun wütenden Aufschrei holte die Offizierin mit ihrem anderen Fuß aus und trat so kräftig sie konnte, mitsamt der Servounterstützung gegen den Kopf des außer Gefecht gesetzten mechanischen Feindes. "Dämliches! Mistding!", gab sie von sich, bevor sie endlich frei kommen konnte und sich noch auf dem Boden ein wenig von der Maschine weg bewegte.
Die Luft ausstoßend lehnte sich Natalia gegen die Wand und blickte noch einige Weile zu der Maschine, bevor sie erneut zu ihren Männern... und Langfield... schaute. Wow... heftig... eigentlich waren diese Dinger cool... ziemlich geil sogar. Wenn sie bei den Truppen solche Kamfbots hätten, dann müssten sie sich nicht mehr in solch arg verschissene Missionen begeben. "Tja... und jetzt?", fragte sie ganz offen an jeden gewandt und blickte noch am Boden sitzend zwischen ihren Kameraden hin und her.

Hilfe, war das knapp! Diese Situation hätte auch ganz schön ins Auge gehen können. Leo warf einen Blick auf den zerstörten Roboter, während er in tiefen Atemzügen die Luft einatmete und sein Puls langsam abnahm.
"S-Saubere Arbeit.", murmelte er, während er die vernichteten Kabel genauer in Augenschein nahm. Was für ein Monster, man konnte es fast als... menschlich bezeichnen. Auf jeden Fall war es einem Menschen haushoch überlegen.
"Aber von nun an müssen wir höllisch aufpassen!", sagte er an die Anderen gewandt. "Was, wenn mehrere von denen hier rumlaufen?"

"Ich stimme Sergeant Miller zu", antwortete Nick seiner unschlüssig und sichtlich aus dem Konzept gebracht wirkenden Offizierin, "Wir müssen mit weiteren Begegnungen dieser Art rechnen. Das hier ist knapp ausgegangen und es ist keinenfalls gewiss, dass wir noch einmal so glimpflich davon kommen. In Anbetracht dessen empfehle ich einen geordneten Rückzug. Was auch immer wir sonst noch hier drin finden könnten: ich bezweifle, dass es das Risiko wert ist."
Es war keine Feigheit, die Nick zu diesem Ratschlag veranlasste. Es war schlichte Kalkulation. In früheren Zeiten, hunderte von Jahren vor der Katastrophe, mochten Soldaten entbehrlich gewesen sein und ein Feldherr opferte sie bewusst. Aber diese Zeiten waren vorbei. Den Trupp möglichst unversehrt wieder hier heraus bringen hatte oberste Priorität. Aber je länger sie sich hier aufhielten, desto eher riskierten sie Verluste. Und wofür? Für eine mögliche Spur auf Dalgan-Aktivitäten? Der Preis erschien hoch. Zu hoch...