[MSG] Dunkle Zeiten

"Ich würde vor allem mal überdenken, wo wir dann anfangen sollen", meinte Blue. "Wir sind sicherlich nicht die ersten und einzigen die einen solchen Plan ins Auge gefasst haben. Es ist ein hohes Risiko und von meinen beiden Pokemon ist nur eines an Land agil genug."
Sie wollte es Lapras nicht zumuten, auf dem Land oder sogar in einem Gebäude zu kämpfen. Es war viel zu trägte. Gallopa hingegen war immer schnell und kraftvoll.

Anscheinend wurde das Klirren von den Leuten im Hof nicht gehört. Sie unterhielten sich weiter, scheinbar über eine Möglichkeit sich Team Rocket zu wiedersetzen. Aber sie machten mir keine Sorgen, wer den Hof kennt, ist sehr wahrscheinlich gegen Team Rocket.
Der Grund, weshalb mir der kalte Schweiß runterlief, waren die Rüpel. In Olivania City gab es einmal eine riesige Razzia, als junge Leute ohne Ausweise - und mit Pokémon - aufgegriffen wurden und sich offensichtlich an den Wachen vorbei geschlichen haben.

Keine Lichter, keine Schritte, nichts. Langsam entspannte ich mich und überlegte mir, wie ich mitten in der Nacht in diese Runde kommen konnte, ohne zu viel Misstrauen zu erregen.
Ohne Misstrauen geht es nicht, allein dies half den freien Trainern ihre Pokémon zu behalten. Natürlich wäre es besser jemanden zu kennen, aber wie viele, die ich kannte, haben ihre Pokémon verloren? jedenfalls haben einige mich aus Trauer über ihren Verlust an Team Rocket verraten.
Es half nichts draußen zu stehen und zu zaudern, ich atmete einmal tief durch und trat ein.

Das überraschende war nicht, dass Trainer mit Pokémon da saßen und mich entgeistert anstarrten, eher überraschend war, dass dort zwei bekannte Gesichter saßen, an das Mädchen erinnerte ich mich lediglich vage, ich könnte nicht einmal sagen, ob ich sie wirklich schon einmal gesehen habe. Aber da saß ein Trainer, mit dem ich diesen Ort entdeckt habe.

"Mike?" Ob er sich noch an mich erinnerte?

"Ich bin mir auch nicht sicher, wo wir anfangen sollten. Ich hab gehört, dass es ein paar Hochsicherheitseinrichtungen von Team Rocket gibt, von den Städten sollten wir lieber die Finger lassen." Mike schien zu überlegen. "Die macht von Team Rocket basiert darauf, dass sie praktisch alle Pokemon kontrollieren und sich deswegen niemand ihnen wiedersetzen kann, wie wäre es wenn..."
Mike brach mitten im Satz ab, als er hörte, wie der Bretterzaun erneut verschoben wurde. Sein erster Gedanke war, dass die Rüpel sie doch beobachtet hatten und nun mit Verstärkung angerückt waren, doch zum Glück war dies nicht der Fall. Mike blickte auf einen jungen Mann, welcher ziemlich mitgenommen aussah und ihn anscheinend zu kennen schien. Mike musterte Lance eine weile, doch er konnte sich beim besten Willen nicht an ihn erinnern, es war einfach schon zu lange her gewesen. "Kennen wir uns?"

"Ähmm... es scheint ewig her zu sein..." Es war ewig her, es fühlte sich wie ein anderes Zeitalter an! " ... aber ich war mit dir in der Gruppe, die diesen Ort gefunden haben, ich war damals auch aus Jotho hierher angereist.. Mein Name ist übrigens Lance." Ich nahm mein Wanderrucksack ab und stellte ihn so an die Bretterwand, dass sie von außen nicht mehr zu öffnen war.
Und wartete. Vertrauten sie mir? Panik schlich sich meine Kehle hoch. Habe ich das Mädchen nicht in irgendeiner Basis gesehen? Wer waren die anderen? Konnte ich Mike trauen?

Ich schüttelte mich kurz. Verdammte Paranoia-Anfälle. Seit dem ich keine Pillen mehr habe, kommen sie in Schüben. Beschweren sollte ich mich zwar nicht, schließlich haben mich diese Anfälle ein paar mal gerettet, aber wer möchte ständig von seinen Freund misstraut werden?
Ich gab mein Bestes, die ruhige Fassade zu wahren.

Selest mochte den Blick nicht, mit dem der Neuankömmling - Lance - sie betrachtete. Unwillkürlich zog sie den Hut ein Stück weiter ins Gesicht. Sie hoffte, dass er sie nicht erkannt hatte. Und dass er kein Verbündeter von Team Rocket war. Andererseits konnte sie sich an ein Gespräch über einen Kerl aus Jotho mit Namen Lance erinnern, der ihrem Vater große Probleme bereitet hatte. Es würde sie nicht überraschen, wenn dieser Lance dieser Kerl wäre. Er wäre dann auf jeden Fall ein möglicher Verbündeter.

"Lance..." Er gehörte zu der Truppe, die mit Mike zusammen diesen Ort entdeckt hatten. Das grenzte das Ganze natürlich stark ein und Mike konnte sich den Abend noch einmal genauer in Erinnerung rufen. Die Gruppe war zwar recht gross gewesen, doch er konnte sich daran erinnern das tatsächlich ein Junge mit dem Namen Lance dabei gewesen war. Mike konnte sich daran erinnern mit ihm gesprochen zu haben, doch sie hatten über Pokemon gesprochen und nicht darüber, woher sie stammten.
Die Herkunft aus Jotho konnte Mike also nicht als Bestätigung nehmen, doch es gab einen Weg das zu klären. "Ich kann mich an den Abend erinnern... und daran, dass du ein Pokemon mit mir tauschen wolltest... wenn du wirklich derjenige bist, der du vorgibst zu sein, dann kannst du mir sicher sagen, welches Pokemon ich zu dieser Zeit dabei hatte und dass du unbedingt wolltest." Mike war zu dieser Zeit mit seinen Evolis unterwegs gewesen, hatte es aber nicht übers Herz gebracht, eines von ihnen zu tauschen. Deshalb hatte er Lance den Rat gegeben zur Farm seiner Eltern zu gehen, um dort ein Evoli zu bekommen.

Ich brauchte nicht zu überlegen.

"Evoli. Es war dein Evoli. Du wolltest es jedoch nicht tauschen und hast mich zu deinen Eltern weiterempfohlen."

Wieder kamen Erinnerungen hoch: Die Farm seiner Eltern, deren ruhige Lage jetzt geradezu surreal wirkte. Ich merkte wie die Erinnerung mich merklich entspannte.

Selest räusperte sich, nachdem sie ihren Hut noch einmal ein Stückchen tiefer gezogen hatten, um die Aufmerksamkeit der Anderen auf sich zu ziehen. Ihr war es unangenehm, das alle sie ansahen, doch der Ansatz des Typen - Mike - war interessant.
"Du meinst, wie es wäre, wenn wir die Pokémon befreien und ihren Besitzern zurück geben würden?"
Sie sah zu Vulpix. Es wäre schon schön, eines ihrer anderen Pokémon wieder zusehen, doch sie fürchtete, das diese es ihr übel nahmen, das sie sie ihrem Vater gegeben hatte. Doch sie hatte keine Wahl gehabt... Hätte sie es nicht "freiwillig" getan, dann hätten die Rüpel, die sie begleitet hatten, sie ihr gewaltsam genommen. Ein trauriges Lächeln legte sich bei dieser Erinnerung auf ihre Züge.

Mike blickte zu Selest. "Nun, eigentlich war es meine Idee das Teleportnetzwerk hier zu sabotieren und damit den Team-Rocket-Mitgliedern hier in der Stadt quasi den Nachschub abzuschneiden. Als verdeckte Organisation war Team-Rocket extrem mobil, doch nun, wo sie Kanto und Johto kontrollieren müssen haben sie diese Fähigkeit zum Teil eingebüsst. Sie können nun nicht einfach so auf die schnelle viele Leute hin und her verschieben. Wenn es in einer Stadt ärger gibt, Stellen sie den dortigen Leuten starke Pokemon zur Verfügung, bis die Sache unter Kontrolle ist.
Aber solch gut trainierte Exemplare können nicht in jeder Stadt stationiert werden, gewisse Städte haben Priorität, auch wenn ich nicht zu 100% weis warum, und haben immer hochrangige Mitglieder mit starken Pokemon vor ort. Meines Wissens nach ist Azuria City kein solcher Ort mit Priorität, wenn wir also das Teleporter-Netzwerk lahmlegen, ist Team-Rocket von starken Pokemon abgeschnitten. Den, seit die wilden Pokemon verschwunden sind, können auch sie nicht einfach Ersatz besorgen.
Aber ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich vom Netzwerk nicht viel verstehe. Ich hatte eigentlich vorgehabt das alte Labor von Bill, dem Erfinder des Netzwerks, zu besuchen, in der Hoffnung dort Informationen über die Struktur des Netzwerks zu finden, vielleicht sogar Bill selbst. Mit seinem Wissen könnten wir den Leuten aus Azuria-City auch ihre Pokemon zurückgeben und vielleicht..." Mike hielt kurz inne, schüttelte danach aber den Kopf. "Aber das setzt auch voraus das die Leute hier Team-Rocket auch aktiv bekämpfen... und wir müssten solche Aktionen dann auch in anderen Städten durchführen, den auf lange Sicht würde Team-Rocket die Stadt dann doch irgendwann zurückerobern.
Nur wenn wir das dann in anderen Städten wiederholen, können sie ihre Kräfte nicht konzentrieren." Mike hielt nochmals kurz inne. "Aber, wie gesagt, erst einmal müssen wir dazu das Teleporter-Netzwerk bedienen können, dann den Bewohnern ihre Pokemon zurückgeben und sie dann zum Widerstand anstiften. Wobei ich im ersten Punkt das grösste Hindernis sehe, ich kann das Netzwerk nicht bedienen, und wenn es von euch zufällig niemand kann, dann müssen wir erst einmal jemanden finden der es uns zeigt."

Da fiel mir etwas ein, das Teleportsystem selbst war älter als das Pokemon-Lager-System, dass mittels Teleport die Pokemon koortdiniert. Deshalb setzte ich mich hinzu und fing an zu reden.
"Als das Teleportsystem entwickelt wurde, gab es anfangs die ertwarteten Probleme: Gegenstände verformten sich oder kamen nur als Staub an. Auch explodierten immer wieder die Teleportkäbel. Durch diese werden immerhin materie als pure Energie verschickt.
Doch langsam wurden diese Probleme immer weiter bearbeitet und zum Teil gelöst, bis man schließlich erwägte Lebendiges zu teleportieren. Der erste Testlauf fand mit mit einen Rattfratz statt. Es wurde in den TEleporter gestellt und verschickt.
Unmittelbar darauf explodierte das Tranportkabel."
Ich blickte in betroffene Gesichter.
"Einer aus meiner Familie hat dabei mitgearbeitet. Er erzählte mir, das dieses Kabel dazu ausgelegt war, Schwerlastwagen zu transportieren, aber es explodierte trotzdem. Die erste Vermutung war natürlich, dass ein Pokemon nicht mit einen Schwerlast wagen zu vergleichen ist, und das gilt auch noch heute.
ABer nach Tagen der Fehlersuche fanden sie einen Virus, der das Informationenversendeprogramm des Teleporters manipulierte und die gesamte Information auf einmal verschickte.
Einer der Mitarbeiter arbeitete für Silph Co. und wollte die Arbeit der Gruppe firmenexklusiv veröffentlichen, Eigentlich sollte das Programm die Daten nur in falscher Reihenfolge verschicken, jedoch waren einige Parameter fehlerhaft programmiert und es kam zur Katastrophe.
Der Mitarbeiter wurde gekündigt, das Programm von Silph Co. gefördert und abgeschlossen, inklusive Virenschutzsicheheit durch ein Okta-Programmiersystem.
Es gibt nur drei Schlüssel: Einen in der Produktionsanlage für Teleporter in der freien Tochterfima von Silph; einen in der Firmenzentrale, wo weiß nur der verstorbene Firmenchef, und eins bei Bills Haus." Mit den letzten Worten zeigte ich nach Norden.
"Jeder dieser Schlüssel liegt eine angepasste Version des Virus bei. Wenn wir daran ein bisschen rumbasteln, können wir ein Virus freisetzen, der zwar die ganze Welt befällt, aber sich auf Kanto und Jotho konzentriert. Dabei wird ein Versendungsfehler angezeogt und die versendeten Pokemon in einer Box zwischengespeichert werden.
Gedacht war der Virus als letzte Abschaltmöglichkeit der Silph Co. um ungeeigneten Gebrauch des Systems zu verhindern."
Erwartungsvoll blickte ich in die Runde

"Ich bezweifel, dass der Schlüssel noch dort zu finden ist", gab Selest zu bedenken. "Sie werden Bills Haus schon auseinander genommen haben. Außerdem kann die Box nicht endlos groß sein. Irgendwann würde sie überquellen. Zusätzlich verhindern wir so auch ein einfaches Versenden der Pokémon an ihre ursprünglichen Besitzer."
Sie schüttelte den Kopf.
"Wenn wir wirklich versuchen wollen, Team Rocket zu stürzen, dann müssen wir unser Team verstärken. Und zufällig kann ich das System bedienen."
Sie lächelte triumphierend, wodurch sie deutlich mehr Ähnlichkeit mit den Bildern erhielt, die in sämtlichen Nachrichtensendungen zu sehen waren.

Was ich darauf sagen wollte, vergaß ich, irgendwas bissiges, gemeines. Dann fiel mir an ihrer Haltung etwas ins Auge - und ich erkannte sie. Der kurze Moment, den sie lächelte, verursachte in meinen Kopf eine wahre Flut an Bildern. Bilder aus Sitzungen über potenzielle Ziele, Zeitungsartikel, Fotos und so weiter.
Mir wurde am ganzen Körper eiskalt und, vorsichtig gesagt, das Herz sank mir in die Hose. Dazu wurde mein Mund trocken wie Digdri-Haut und bevor ich noch einen Ton von mir gab, hielt ich meinen Mund zu. Stattdessen nahm ich eine Wasserflasche aus dem Rucksack, füllte Wasser (kein Wodka, ich vertrag das Zeug nicht) in ein Becher und reichte die Wasserflasche Mike weiter.
Dann trank ich ein Schluck Wasser und räusperte mich. "Wie stellst du dir vor, andere Trainer auf der Flucht zu finden? Oder willst du gar Ehemalige ins Boot holen?"
Ich hoffte, die anderen maßen meine Reaktion meinen Stolz zu. Als wissenseitel zu wirken war mir deutlich lieber, als Selest Identität preiszugeben. Jeder hat hier seine Gründe vor Giovanni wegzulaufen. Selbst ich habe das Kopfgeld nur vorgeschoben.

Als Selest so lächelte erntete sie auch von Mike einen ungewöhnlichen Blick. Er wirkte aber eher irritiert und gab die Wasserflasche weiter, ohne davon zu trinken. Als Selest so lächelte kam ihm das irgendwie bekannt vor, so als hätte er Sie schon einmal so lächeln gesehen, doch ihm wollte einfach nicht einfallen wo und wann das gewesen war.
Schliesslich gab Mike es auf die Erinnerung ausgraben zu wollen und konzentrierte sich wieder auf den Plan. "Ich gebe zu das Ich auch nicht daran glaube, dass dieser Virus funktioniert... alleine schon weil Team-Rocket auch die Silph & Co unter Kontrolle und damit zugriff auf die neuste Hightech Computer hat. Aber was das Verstärken unserer Teams angeht... kannst du eine Sortierung der gelagerten Pokemon anordnen? Dann wären alle Pokemon, deren Besitzer in Azuria-City sind, in den lokalen Boxen gelagert... wenn wir dann das Pokemoncenter manuell vom Netz abkoppeln, können die Pokemon nicht einfach an einen anderen Ort gebracht werden... ihre Besitzer hätten dann genügend Zeit sie zurückzuholen und vielleicht bekommen wir so auch unsere Pokemon zurück... allerdings müssen wir zuvor an Team-Rocket vorbei... sie werden das Pokemon-Center sicherlich bewachen. Vermutlich wird der lokale Chef selbst dort sein."

"Ich spreche nicht von anderen Trainern. Sie zu finden dürfte schwer sein, zumal es schon sehr viel Glück bedeutet, das WIR uns gefunden haben."
Selest schüttelte den Kopf, dann rief sie Vulpix zu sich und nahm es auf ihren Schoß. Das Pokémon rollte sich zusammen, während seine Trainerin es streichelte.
"Ich rede davon, unsere Pokémonteams zu komplettieren, indem wir in das Pokémon-Center eindringen und sie uns mittels des Transportsystems zusenden."
Sie wandte sich an Mike.
"Das, was du beschreibst, ist nicht möglich. Die Boxen, auch für die einzelnen Regionen, sind alle an einem zentralen Ort: Der Silph Company. Selbst, wenn wir die Pokémon dort zwischenlagern würden, ohne Zugriff auf das Transportsystem kommt man nicht daran. Außerdem vermute ich, dass die Pokémon, die hier eingesammelt wurden, auch in der entsprechenden Box sind. Hinzu kommt, dass jeder Transportvorgang Zeit braucht. Und die haben wir nicht."
Nachdenklich legte sie die Hand ans Kinn und stützte den Ellenbogen an ihrem anderen Arm ab, den sie nun um ihren Bauch schlang.

Ich räusperte mich.
"Was die Ablenkung angeht, könnte ich eventuell helfen. Ich könnte in Lavandia mein Gesicht zeigen lassen. In Jotho werde ich wegen tätlichen Angriffen auf mehreren Team Rocket-Basen gesucht. Wenn ich dort von einen Einheimischen 'gesehen' werde, gibt es einen Alarm, da sie denken, dass es entweder einen Angriff auf das Kraftwerk oder auf die Radiostation geben wird.
Ich kenne einen alten Freund in Lavandia. Da fällt mir ein, der Hafen im Süden ist noch ein besseres Ziel. Bei beiden Orten kann ich so etwas arrangieren.
Wäre das was?"
Eigentlich wurde ich wegen Planung und Durchführung tätlicher Angriffe auf TR-Basen gesucht, Rocketintern wurde ich auch noch wegen Industriespionage gesucht. Aber nicht wegen dem Besitz von Pokemon. Diese wurden immer gejagt.

Selest dachte nach. Der Vorschlag war gut. Andererseits wäre es zu riskant, lange in dieser Stadt zu bleiben. Das Beste wäre, wenn sie in dieser Nacht zuschlagen würde.
"Nein. Je länger wir hier bleiben, desto höher ist das Risiko, das sie uns finden. Zumal Team Rocket wissen dürfte, das Trainer mit Pokémon in der Stadt sind. Ich hatte heute leider eine kleine Auseinandersetzung mit zwei Rüpeln. Wir sollten heute Nacht zuschlagen und dann so schnell wie möglich von hier verschwinden."
Sie sah die anderen Trainer an.
"Die Frage ist: Seid ihr wirklich bereit, es zu riskieren?"

Ich lehnte mich ein Stück zurück. Während ich mir überlegte, was ich sagte, sah ich zu den Sternen hoch. Je früher, desto besser, das war natürlich logisch, aber sie war immer noch seine Tochter. Aber jeder braucht ein Vertrauensvorschuss.
"Okay. Ich bin dabei. Aber behalt meinen Vorschlag im Hinterkopf."
Gespannt wartete ich auf die anderen.

"Nach der Aktion sollten wir die Stadt sowieso verlassen, gut möglich das Team-Rocket Verstärkung schicken wird, da können wir uns auch gleich zu einer anderen Stadt aufmachen um ihnen dort auf die Füsse zu treten." Mike seufzte und rief danach Blitza und Rotom zu sich.
"Ich bin bereit, ich und meine Pokemon haben mehr als ein halbes Jahr trainiert um Team-Rocket Paroli bieten zu können, wir sind bereit und uns auf der Konsequenzen bewusst... ich hätte nur nicht erwartet, dass ich Mitstreiter finden würde."

Erwartungsvoll sah Selest zu der anderen jungen Frau, die bei ihnen war, doch diese schüttelte den Kopf.
"Tut mir Leid", sagte sie lediglich und ihr Gesicht war ein Ausdruck des Bedauerns. Enttäuschung machte sich in Selest breit. Je mehr sie wären, desto einfacher wäre es, Team Rocket zu zerschlagen. Aber gut, sie konnte sie dazu auch nicht zwingen. Selest hörte auf, Vulpix zu streicheln und holte stattdessen seinen Pokéball herraus. Das Pokémon sah sie traurig an. Selest wusste, dass es es hasste, ständig im Pokéball zu sein, doch was sollte sie tun? Würde jemand Vulpix sehen, musste sie wieder fliehen und irgendwann würde sie es nicht mehr beschützen können. Im Ball war es einfach sicherer... Also rief sie es zurück und erhob sich.
"Dann also los."

Mike nickte und lies sein Blitza in den Pokeball zurückkehren, Rotom hingegen versteckte sich wieder im Pokedex von Mike.
Kurz darauf verlies die kleine Gruppe die Sicherheit ihres kleinen Versteckes und machte sich auf den Weg zum Pokemoncenter. Es dauerte ein Weilchen, weil sie sich durch die Nebenstrassen und Seitengassen schleichen mussten, auf den Hauptstrassen patrouillierten zu viele Rüpel, doch schließlich erreichten sie ihr Ziel.
Das Pokemoncenter besass einen kleinen angrenzenden Park, in dessen Gebüsch man sich gut verstecken konnte. Im Center brannte kein Licht und es standen gerade mal zwei Rüpel als Wachen am Eingang. "Das ist komisch, einen so wichtigen Ort müssten sie doch stärker bewachen... irgendwas stinkt hier", flüsterte Mike leise zu seinen Begleitern.

Was mir als erstes auffiel, das außer den Rüpeln gar keiner draußen war, nicht einmal Fernbeobachtungseinheiten.

Nur einmal hatte ich Scharfschützen des TEam Rockets gesehen. Und daran wollte ich nicht zurückdenken.
Aber das Gebiet war weit einsehbar und keine der fraglichen Positionen war mit einen Beobachtungsposten ausgestückt.

Da gab es zwei Möglichkeiten: Entweder gab es irgendwo in der Nähe ein Problem und wir hatten einen kurzen Zeitfenster für das was wir vorhatten, oder es war eine Falle.

Ich neigte zu letzteren, denn ich habe nichts gemerkt, was sonst auffällig gewesen wäre. Aber woher sollte Team Rocket von uns wissen?

Vielleicht erwarten sie jemand anderes?

Was es auch war, ich holte ein Fläschen und zwei Tücher aus dem Rucksack.
"Chloroform. Stinkt zwar, aber ein ordentlicher Atemzug durch ein Tuch voll damit schickt einen ins Reich der Träume. Ich habe zwar das Gefühl, in eine Falle zu laufen, aber die Chance ist zu gut."
Hoffentlich tat ich das richtige. Das gewohnte Gemisch von Adrenalin und Angst kam in mir hoch.

3/12

Selest teilte die Paranoia der beiden Anderen nicht. Wahrscheinlich, weil sie aus anderen Gründen auf der Flucht war, als dem bloßen Besitz von Pokémon und daher auf solche Sachen weniger geachtet hatte. Und wohl auch, weil sie wesentlich mehr Insiderinformationen besaß.
"Du kommst aus Jotho, nicht war? Dort gibt es wesentlich mehr Aufständische, als hier. Hier... gibt es eigentlich niemanden mehr, der gegen Team Rocket aktiv vorgeht. Klar, einige planen und träumen davon, etwas zu unternehmen, aber keiner traut sich..."
Sie wirkte bedauernd, was man ihr aufgrund ihrer Herkunft wohl nicht zugetraut hätte. Doch ihr Bedauern war echt, denn sie wünschte sich, dass aus ihrem Vater wieder der Mann wurde, der er vor dem Tod ihrer Mutter war: Warmherzig und freundlich und gut zu allen Menschen und Pokémon... Selest wusste nicht viel über die Umstände ihres Todes, doch es musste etwas schreckliches gewesen sein, dass es ihren Vater derart verändert hatte.

"Wie auch immer, wir sollten damit rechnen, dass wir auf mehr Widerstand stossen als auf diese beiden ­Wachen... wenn nicht umso besser." Mike schnappte sich eines der Tücher und schlich dann zusammen mit Lance den beiden Team-Rocket Wachen entgegen. Es war zwar ein bisschen knifflig doch schliesslich gelang es den beiden unbemerkt an die Wachen heranzukommen. "Ok, bei drei schnappen wir sie uns, ich nehme den linken", flüsterte Mike leise. "1... 2... 3... Los!" Mike preschte nach vorne und war mit zwei schritten bereits neben der Wache und drückte ihr das Chloroformgetränkte Tusch auf Mund und Nase.

Wir überraschten die Wachen aus den Schatten regelrecht. Sie warfen lediglich die Arme aus Überraschung hoch zur Abwehr, doch da waren die Tücher schon auf ihren Mündern und sie klappten beide zusammen. Dies hätte beinahe eine Synchronperformance seine können.
Während ich und Mike uns anschickten, die beiden Rüpel in der Seitengasse zu fesseln, deutete ich Selest, dass wir 90 Minuten haben, bis Team Rocket etwas merkt. Sie nickte und schlich sich in das Center.

Zum Fesseln benutzen wir Streifen, die wir aus ihren Hemden rissen. Das hatte zwei Vorteile: Wir hinterließen weniger Spuren, die zu uns führen konnten und auch Rocket-Rüpel haben ihren Stolz und tauchen ungern mit fast freien Oberkörper auf, um zu melden, dass sie überrumpelt und mit ihrer eigenen Kleidung gefesselt wurden. 

Dann schlich ich mich zur Haupttür, um hineinzusehen. Bevor ich reinsah, blickte ich die Straßen entlang nach Patroullien. Zum Glück keine zu sehen, die nächste war ich auch erst in 85 Minuten fällig.
Ich stand neben der Tür mit dem Rücken zur Wand und sah mit der Spiegelung eines polierten Löffel (den ich nur zu diesen Zweck polierte) hinein.

Die Haupttür war nicht abgeschlossen. Diese Tatsache machte Selest doch misstrauisch und so ließ sie Vulpix aus seinem Pokéball. Vulpix war durch Größe und Gewicht unauffällig, doch war es mit Hypnose ein Prima Begleiter. Sie konnte mit ihm Gegner unschädlich machen, ohne diese zu verletzen.
Die Eingangshalle war leer und der leichten Staubschicht nach schon eine Weile nicht mehr benutzt worden. Wen wunderte es auch? Die Pokémoncenter dienten lediglich als Nachschubbasis und da es keine Aufstände gab, waren die Pokémon vor Ort mehr als ausreichend. Anmutig schritt Selest zu der Transfermaschine. Mit nur wenigen Handgriffen war sie angeschaltet und Selest riff das Übertragungsmenü auf.

PASSWORT: _

Verblüfft starrte die Trainerin den Bildschirm an. Das war neu. Hatte ihr Vater etwa doch Angst vor ihr? Nein, wahrscheinlich hatte es einen Übergriff gegeben und daraufhin war ein Passwort eingefügt worden, der das System sichern sollte. Doch was konnte das Passwort sein? Selest versuchte den ersten Begriff, der ihr einfiel: Ihr eigener Name.

ZUGRIFF VERWEIGERT

Sie runzelte die Stirn. Nungut, ihr Name war auch zu einfach gewesen. Sie überlegte. Was stand mit ihrem Vater, beziehungsweise dem Team Rocket in Verbindung, dass aber nicht allzubekannt war. Ihr Nachname war recht unbekannt, die meisten kannten ihren Vater nur als Giovanni, doch auch der war wahrscheinlich ZU bekannt. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Das Geheimprojekt, das ihrem Vater sehr zu schaffen gemacht hatte...

PASSWORT: MEWTU_

Selest atmete tief durch und drückte die Entertaste.

ZUGRIFF GEWÄHRT

Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, bevor sie sich durch die Systeme suchte. Ein Glück, das sie ihrem Vater vorgetäuscht hatte, Interesse an gerade dieser Machenschaft zu haben. Nach kurzer Zeit fand sie, was sie suchte: Der Ort, an dem ihre eigenen Pokémon gelagert wurden. Schnell hatte sie sich für die sechs Pokémon entschieden, die sie mitnehmen wollte. Sie wählte das erste aus und bereitete es für den Versand vor, als die beiden jungen Männer in das Pokémon Center kamen.
"Wenn ihr mir verratet, woher ihr kommt, dann kann ich eure Pokémon finden", rief sie ihnen entgegen.