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 Das Ende einer Diktatur

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Syari

Syari


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Das Ende einer Diktatur Empty
BeitragThema: Das Ende einer Diktatur   Das Ende einer Diktatur EmptyMi 02 Jan 2013, 16:11

Hey.. es ist zwar schon ein wenig her, dass hier jemand was gepostet hat, aber ich dacht mir, da ich neu bin, zeig ich einfach mal so ein bissle davon, was ich so schreib...das ist jetzt ne Kurzgeschichte, eher düster, naja vielleicht gefällts ja dem ein oder anderen

LG Syari

Das erste was mir auffiel, als ich aufwachte, war der Geruch nach Lehm und Erde. Ich hasste diesen Geruch und doch sagte er mir, dass alles in Ordnung war. Neben mir raschelte es. Eine kleine Katze wühlte sich durch die Decken und mauzte schrecklich. Schützend nahm ich sie hoch und drückte sie an mich. Drei Wochen, nur drei Wochen, war es her, dass alles in sich zusammengebrochen ist. Das System, ja das ach so herrliche System war gestürzt worden und seitdem herrschte das Chaos. Niemals in meinem Leben hätte ich mir träumen lassen, dass alles so zusammenbrechen konnte, nur weil die Regierung fiel. Vielleicht war es naiv in Zeiten von Kriegen und Diktatoren an das Gute im Menschen zu glauben, Vertrauen in die Moral zu haben und dennoch: Wer hätte schon ahnen können, dass es so endet? Und viel wichtiger: Hätten die Revolutionäre, die das System zum Fall gebracht hatten, es sich zweimal überlegt, wenn ihnen die Konsequenzen klar gewesen wären?
Ich konnte nicht viel sehen, lediglich ein Loch in der Decke spendete Licht, doch das reichte schon. Es war Tag. Früher, früher hatte ich Angst vor der Nacht gehabt, doch jetzt fürchtete ich mich vor dem Tag. Er war gefährlicher, denn man wurde leichter gesehen und das wollte ich in jedem Fall vermeiden.
Nachdem das System gefallen war, hatten wir, meine Mutter und ich, ein Loch gegraben, eine Höhle. Die ersten zwei Tage war ja auch alles normal weitergelaufen und ich hatte es als sinnlos erachtet, doch meine Mutter war anderer Meinung gewesen. „Wenn die Zeit kommt wirst du verstehen, warum ich das tue“, hatte sie mir gesagt, als wir in der Dunkelheit gegraben haben, die Wände mit Holzpfeilern abstützten, damit ja nichts einbrechen würde. Sie hatte Recht behalten. Schon am dritten Tag nach dem Fall hatte man es bemerkt, Menschen randalierten, brachen in Geschäfte ein, prügelten sich, Schreie erklangen auf der Straße, Schüsse, Explosionen.
Meine Mutter hatte mich von der Arbeit aus angerufen und mir gesagt, dass ich möglichst viel Kleidung und Decken zusammenpacken und zum Loch gehen sollte. Ich hatte ihr gesagt, dass das nicht ginge, weil meine zwei besten Freundinnen bei mir waren. „Nimm sie mit!“ hatte sie nur geantwortet. Sie käme nach. Widerrede war zwecklos, das hatte ich gewusst. Und so hatten wir drei uns auf den Weg gemacht. Mit all den Lebensmitteln, die wir noch im Hause hatten, mit allen Decken und Kissen und allen Kleidungsstücken. Alleine der Weg zum Loch hatte mir Grauen bereitet. Menschen rannten über die Straßen, vermummte Gestalten mit Knüppeln oder Wertsachen in der Hand. Größtenteils Männer. Zerstörte Autos standen herum, kaum welche fuhren noch und die, die fuhren, wurden von einer Horde an maskierten Wilden verfolgt.
Barbaren erschien mir der passendste Ausdruck.
Wir hatten wirklich viel Glück gehabt, dass wir es unbeschadet ins Loch geschafft hatten, das wurde mir erst bewusst, als meine Mutter nicht auftauchte. Nicht abends, nicht nachts und nicht am nächsten Morgen. Seit fast drei Wochen hatte ich sie nicht mehr gesehen. Die meisten Leute wussten nicht einmal, welches Datum wir hatten. Mich erinnerte einzig und allein mein kleiner Taschenkalender daran, dass die Tage vergingen.
Das Mauzen machte mir bewusst, dass ich nicht allein war. Tips, so hatte ich die kleine Katze genannt, die mir wortwörtlich in den Schoß gefallen war. Eines Nachmittags war sie einfach so vom Himmel gefallen, ins Loch hinein. Seitdem wohnte sie hier, bei mir, Emily und Lisa.
Wasser. Die Kleine brauchte Wasser, genau wie ich. Doch unsere Vorräte neigten sich dem Ende zu. Letzte Woche hatte es geregnet, da hatten wir alle Behälter nach draußen gestellt und das Wasser aufgefangen, doch das reichte nicht mehr. Ob wir wollten oder nicht. Jemand würde herausgehen müssen. Heute Nacht, morgen Nacht. Lange würden wir diesen Gang nicht mehr hinauszögern können.
„Amy?“, hinter mir bewegte sich etwas, Lisa.
„Ja?“, ich drehte mich zu ihr herum. Sie sah schrecklich aus, aber ich war vermutlich nicht besser dran. Lisas kurze blonde Haare waren fettig und klebten an ihrem Kopf. Eine Dusche hatten wir schon lange nicht mehr gesehen, eben auch nur den Regen, letzte Woche. Zum Waschen hatten wir kein Wasser übrig und Deo, tja, das war uns auch schon länger ausgegangen. Alles, weil das System gefallen war. Nun ja, das System war auch nicht viel besser gewesen, meiner Meinung nach.
„Wir haben nur noch eine Flasche Wasser“, bemerkte sie und ich sah die Angst in ihren Augen. Das Essen kümmerte uns nicht. Wir aßen kaum, nur alle zwei oder drei Tage, damit wir uns nicht auch noch darum sorgen mussten. Den Hunger konnte man sich gut verkneifen, wenn man an draußen dachte. An die Schüsse, die Schreie, die wir immer wieder hörten. An das Chaos, das Gesetz des Stärkeren. Da hungerte man lieber freiwillig.
„Ich weiß. Wir müssen gehen, heute!“
„Nein!“, sie schluchzte unterdrückt und sah mich panisch an: „Wir können da nicht raus!“
„Wir müssen!“, ich fasste ihr an die Oberarme und schüttelte sie leicht, „Siehst du es denn nicht? Wenn wir nicht gehen, dann verdursten wir!“
Sie machte sich los und schüttelte zitternd den Kopf: „Wenn wir rausgehen, dann werden wir umgebracht, zusammengeschlagen, oder Schlimmeres!“
Hinter Lisa bewegte sich nun auch Emily. Offensichtlich hatte sie das Gespräch mit angehört.
„Wenn wir nicht gehen, sterben wir auch. So haben wir eine Chance, eine kleine Chance!“
Grimmig nickte ich. Würde irgendwann Hilfe kommen? Ich meine den anderen Ländern dieser Welt war es doch sicherlich aufgefallen, dass hier nichts mehr funktionierte. Wir waren eine Wirtschaftsmacht, einflussreich in der Welt, auch wenn viele Länder mit unserer Regierung gehadert hatten. Natürlich hatten sie das, Unterdrückung, Erpressung und gegebenenfalls Auftragsmorde, das war keine gute Weise ein Land zu führen und doch, sie hatten nicht viel getan, schließlich hatten wir Bürger das auch nicht. Aber wie sollte man als einfacher Bürger etwas gegen ein solch brutales Regime unternehmen? Mein Onkel war ermordet worden, aufgrund von „staatsfeindlichen“ E-Mails. Zwei Jahre lang hatte das System meine Mutter und mich beobachtet, zwei Jahre lang hatten wir unsere Meinungen für uns behalten und dann…dann kam auch schon der Fall und das Chaos.
„Wer geht?“, Lisa schaute unsicher von einem zum anderen. Schon vor Tagen hatten wir beschlossen, dass wir losen würden. Nur eine sollte gehen. Mehr waren zu riskant.
„Das Los entscheidet!“, verkündete ich und zog drei Stöcker heraus. Ich stutzte sie so, dass zwei gleich lang waren und eins nur halb so groß.
„Ich mische sie hinter meinem Rücken. Ihr zieht!“
Seufzend schaute Lisa mich an: „Ich will aber nicht!“
Natürlich wollte sie nicht. Ich auch nicht und Emily wohl auch nicht.
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch mischte ich die Stöckchen. Das kürzeste war links außen. Hoffentlich musste ich nicht. Obwohl ich genau so wenig wollte, dass eine der anderen beiden ging, zu groß war die Angst, dass sie nicht zurückkehrten. Aber nein! So durfte ich erst gar nicht denken!
Ich hielt die Stöckchen vor mich und hielt sie Lisa hin. Diese hielt die Luft an, als sie nachdem mittleren Stock griff. Erleichtert lachte sie auf, als sie bemerkte, dass ihr Stöckchen lang war. Jetzt war Emily an der Reihe. Sie war kreidebleich ihre Hand zitterte, als sie unsicher nach meiner Hand griff. Kurz vor den Stöckchen hielt sie unsicher inne. Links oder rechts? Immer wieder zuckte ihre Hand von einer zur anderen Seite. Sie konnte sich nicht entscheiden.
„Jetzt mach schon!“, drängelte Lisa und sprach mir aus der Seele, doch ich wollte nichts dazu sagen, schließlich wäre das eine Beeinflussung, denn ich war ja noch im Spiel. Ehe ich wusste, wie mir geschah zog Emily blitzschnell das rechte Stöckchen aus meiner Hand und nun wurde ich bleich. Verdammt!
„Tut mir Leid, Amy!“, sie klopfte mir fairerweise auf die Schulter und ich nickte ihr dankbar zu.
„Ihr wisst, was das heißt, Mädels!“, sagte ich und begann in dem Berg aus Klamotten herumzuwühlen.
„Sucht mir Geld, ein männliches Outfit und Schals, Mützen was auch immer heraus!“
Innerlich war ich keineswegs so gefasst, im Gegenteil. Ich hatte Panik. Was, wenn ich getötet wurde? Was, wenn es noch schlimmer kam und mich jemand folterte? Allein diese Gedanken bereitete mir Angst. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich je so schlecht von Menschen denken würde. Andererseits hätte ich mir auch niemals träumen lassen, jemals in eine solche Situation zu geraten.
„…Waffen?“, hörte ich Emilys Stimmte. Ich wusste nicht, was sie sonst noch gesagt hatte, aber das Wort bekam ich mit. Anhand ihres fragenden Gesichtsausdrucks leitete ich ab, dass sie wissen wollte, ob ich etwas mitnehmen wollte.
„Die Messer!“, erklärte ich. Meine Stimme klang hohl und Lisa war bewusst, dass es die pure Angst war, die meine Stimmte so hohl klingen ließ.
Es begann bereits zu dämmern, wurde mir mit Schrecken bewusst. Mir blieb kaum noch Zeit! Panik keimte in mir auf, sie konnte ich nicht so leicht unterdrücken, wie den Hunger. Vielleicht hatte ich nur noch wenige Stunden zu leben. Ein kleiner Funken Hoffnung in mir sagte, dass vielleicht Hilfe kommen würde, dass gleich vielleicht Hilfstrupps aus anderen Ländern ankamen, die Essen mitbrachten. Die meine Freundinnen und mich retten würden. Doch je später es wurde, desto kleiner wurde dieser Keim. Ich und meine Naivität!
„Es wird Zeit!“, Lisa stupste mich an. Sie hatte Tränen in den Augen.
Ich erhob mich in dem Loch und begann mich umzuziehen. Weite Hosen, dicke Pullis, gleich zwei von denen. Meine Haare band ich nach hinten zusammen, sodass man nicht gleich erkannte, dass ich ein Mädchen war. Ich setzte mir eine Wollmütze auf und zog die Kapuze des Pullis gleich darüber. In meinen Hosenbund steckte ich mir ein Messer. Ein anderes in die Bauchtasche und ein drittes, nur für den Fall, in meinen Stiefel. Ein Palituch machte die Maskerade perfekt.
„Du siehst aus wie ein Kerl. Ein mickriger, aber immerhin ein Kerl!“, bemerkte Emily, doch ich hörte die Angst in ihrer Stimme. Auch sie wusste, dass ich eine Überlebenschance von weniger als 50% hatte. Vermutlich war meine Chance zurückzukehren nicht einmal mehr halb so groß.
„Da das Geld!“, sie reichte mir einen Bündel Scheine, die ich wortlos einsteckte. Die große Tasche für die Vorräte vollendete meine Ausrüstung.
„Alles Gute!“, Lisa umarmte mich stürmisch und ich schluckte schwer. Ich wollte nicht gehen, nicht in das Chaos hinaus. Hier drin, im verhassten Loch, war es doch noch besser als draußen.
Nachdem auch Emily sich unter Tränen von mir verabschiedet hatte, kletterte ich mit pochendem Herzen aus dem Loch. Der Mond schien hell, als ich mich umsah. Die Gegend war vertraut und doch so anders. Die Fensterscheiben unseres Hauses waren zertrümmert, die Wände beschmiert und verdreckt. Auf der Straße standen Autowracks herum, fahren tat keines mehr von ihnen. Doch ich sah niemanden, zumindest niemand Lebendigen. Eine Gestalt lag auf der Straße, doch die Gliedmaßen waren dermaßen ungesund abgewinkelt, dass die Person, wer auch immer es gewesen war, entweder schwer verletzt, oder, wahrscheinlicher, tot war. Mein Magen drehte sich um und ich schaute schnell woanders hin. Zögerlich ging ich ein paar Schritte über das Gras in Richtung Straße. Bisher war alles ruhig, doch das beunruhigte mich umso mehr. Schließlich hörte ich Schreie hinter mir. Sofort ging ich hinter einem Autowrack in Deckung. Eine Gestalt rannte über die Straße, zwei andere hinterher. Die Straßenlaternen waren kaputt, zerschlagen, aber das kam mir nur zugute. Der Weg zum Supermarkt war nicht weit, aber würde mir das überhaupt etwas bringen? Ich hatte Geld, nicht gerade wenig davon, aber war das überhaupt noch eine gültige Währung?
Ich blickte auf die Straße, die Luft war rein und so schlich ich mich weiter, von Autowrack zu Autowrack, sodass ich immer Schutz hatte. Ab und zu sah ich Gestalten vorbeirennen, andere jagen. Ein paar Leichen lagen auf der Straße und ich musste bei dem Gedanken, dass ich sie vielleicht gekannt hatte, würgen. Was, wenn meine Mutter dazugehörte?
„Was tut denn so ein mickriges Kerlchen wie du allein auf der Straße?“, das Blut gefror mir in den Adern, als diese hämische Stimme hinter mir ertönte. Ich wirbelte herum und griff nach dem Küchenmesser in der Tasche meines Pullovers. Vor mir stand ein Riese von einem Kerl, vermummt, so wie ich es war. Doch er hielt keine Waffe in der Hand, vermutlich hatte er das einfach nicht möglich. Blut glänzte noch an seinen zu Fäusten geballten Händen.
„Was tust du hier?“, er trat einen Schritt auf mich zu und ich zuckte zurück, gegen das Auto.
„Nahrungssuche!“, ich verstellte meine Stimme so gut wie es ging, damit er nicht bemerkte, dass ich ein Mädchen war.
„Welches Lager?“ Er schaute mich mit kalten grauen Augen an.
„Keins!“
Von was für Lagern sprach der Kerl überhaupt?
„Na dann…viel Glück!“
Der Riese drehte sich um und ging weg. Langsam atmete ich aus, der Schreck saß mir noch in den Gliedern. Schnell lief ich weiter. Nun war es mir egal, ob ich gesehen wurde, oder nicht. Das machte anscheinend keinen Unterschied. Was hatte es nur mit den Lagern auf sich? Hatten sich Gruppierungen gebildet? Darüber hatten wir drei schon diskutiert gehabt, wie es draußen wohl aussah. Mal abgesehen davon, dass sich alle gegenseitig an die Kehle gingen.
Der Supermarkt kam in Sicht, zumindest das, was davon noch übrig war. Das Schild mit dem Namen des Marktes war heruntergerissen worden, die Scheiben waren zertrümmert. Ob es wohl überhaupt noch heile Glasscheiben gab?
Menschen standen vor dem Laden. Mit Schrecken wurde mir bewusst, dass sie Maschinengewehre hatten, jeder einzelne. Wie sollte ich da nur hingelangen, ohne, dass ich getötet wurde?
Langsam ging ich Schritt für Schritt näher. Bisher hatten die Männer mich noch nicht gesehen. Schließlich drehte sich doch jemand zu mir um.
„He, was willst du!“, rief er. Zu meinem Entsetzen erkannte ich die Stimme auf Anhieb. Es war die meines Ex-Freundes. Dass er sich mit solchen Typen einließ und mit einem Gewehr durch die Gegend rannte machte mir Angst. Was taten dann erst die wirklich gefährlichen Typen?
„Was willst du?“, ertönte die Stimme erneut. Scharf und eiskalt. Ich begann zu zittern.
„Wasser!“, rief ich zurück, mit meiner kläglich verstellten Stimme. Irgendwie wollte ich nicht erkannt werden. Mein Ex und ich waren nicht im Guten auseinander gegangen und er hatte eine Waffe.
„Hier gibt es kein Wasser, jedenfalls nicht für jedes dahergelaufene Kind!“
Mist. Natürlich nicht. Einen Versuch war es wert.
„Ich habe Geld!“, rief ich herüber und näherte mich langsam Schritt für Schritt dem Supermarkt. Die Kerle bildeten eine Reihe.
„Geld bringt dir nichts! Wann bist du denn zum letzten Mal aus deinem Loch gekrochen? Geld ist nichts wert, du musst dir schon was besseres einfallen lassen!“
Na super. Ich hatte nichts anderes. Ein Messer konnte ich erübrigen, oder einen der Pullis, aber mehr auch nicht. Mehr hatte ich ja auch gar nicht.
„Ein Messer und einen Pullover!“
Höhnisches Gelächter schlug mir entgegen.
„Sehen wir so aus, als bräuchten wir so etwas?“
Ich schüttelte den Kopf, ging jedoch näher. Vielleicht konnte ich verhandeln? Wahrscheinlich wäre jeder schlaue Mensch einfach weggerannt und hätte sich überlegt, dass es das nicht wert war, aber ich war kein schlauer Mensch, ich war ein naives Kind. Und ich dachte wirklich, dass ich heil aus der Sache rauskommen würde. Wenn man nicht mehr in das Gute im Menschen glauben konnte, woran dann? Schließlich stand ich nur noch einen Meter von ihnen entfernt. Auch wenn ich nur ihre Augen sehen konnte, so bemerkte ich doch, dass sie nicht alt waren. Aber gefährlich. Ihre Augen waren kalt. Mitgefühl konnte ich wohl nicht erwarten, auch wenn ich darauf hoffte.
„Was wollt ihr denn?“, meine Stimme klang nicht wirklich männlich, aber auch nicht, wie die eines Mädchens. Eher undefinierbar und das reichte mir schon.
„Wir haben alles!“, höhnte einer von ihnen und ich schluckte schwer. Wenn sie alles hatten, dann würde ich nichts bekommen von ihnen.
„Dann geh ich wohl lieber wieder“, ich drehte mich um, doch eine Hand hielt mich am Oberarm fest. Das Blut gefror mir in den Adern und ich bekam eine Gänsehaut.
„Vielleicht…“, begann einer der Männer, „Ist dir ja das Versteck von jemandem bekannt..“
Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter. Das hörte sich nicht gut an.
„Stimmt…eine Sache gibt es, die hier fehlt!“, stimmte ihm ein anderer zu. Ich schaute unsicher von einem zum anderen und verstand gar nichts. Wahrscheinlich war ich kein sehr überzeugender Kerl. Noch immer gruben sich die Finger, der mich umklammernden Hand, schmerzhaft in meinen Oberarm, doch ich sagte nichts. Lieber alles aushalten, keine Schwäche zeigen.
„Mädchen!“, klärte mich mein Exfreund auf.
„Ich hab keine Ahnung wo die sind!“, log ich. Unter keinen Umständen würde ich mein eigenes Versteck preisgeben und ein anderes kannte ich nicht.
„Das ist aber seltsam!“, sagte mein Ex und trat gefährlich nahe an mich heran. Sei Gesicht war nur noch Zentimeter von meinem entfernt, aber ich konnte nicht weg, der andere hielt mich immer noch fest.
„Schließlich bist du ja selbst eins!“
Verdammt! Ohne großartig nachzudenken zückte ich das Messer und schlug damit um mich. Die Hand an meinem Oberarm ließ los, als ich sie traf, aber auch durch meinen Arm zuckte ein höllischer Schmerz, den ich jedoch in Anbetracht meiner Notlage ignorierte. Meine Beine trugen mich schon weg, bevor ich überhaupt daran dachte wegzurennen. Hinter mir hallten Schritte von mehreren Personen. Ich wollte schreien, um Hilfe rufen, aber das hätte mir nichts gebracht. So schnell ich konnte bog ich in die nächstgelegene Abzweigung ein. Nur zurück zum Loch!, dachte ich, aber so einfach ging das nicht. Erst musste ich die wilde Meute loswerden. Das verfluchte System. Die verfluchten Rebellen. Ich wusste nicht, wen ich mehr hassen sollte.
Die Schritte näherten sich mir stetig und ich bekam Panik. Wir hätten auf den nächsten Regen warten sollen!
„Bleib stehen!“, rief mein Ex, seine Stimme war bereits bedrohlich nahe.
Natürlich hörte ich nicht. Ich rannte um mein Leben, im wahrsten Sinne des Wortes.
Verfluchtes System!
Meine Beine verhedderten sich und ich flog durch die Luft und landete unsanft auf dem Asphalt. Meine Nase blutete und meine Hände brannten. Ehe ich mich wieder aufrappeln konnte, wurde ich an den Schultern gepackt und hochgezogen. Zappelnd versuchte ich mich zu befreien, aber gegen die starken Arme hatte ich keine Chance. Meine Arme wurden schmerzhaft auf meinen Rücken verdreht, aber ich hörte nicht auf zu zappeln und zu treten. Es begann zu regnen. Ironie des Schicksals. Wir hätten doch bis morgen warten sollen.
Einer der Kerle kam näher und ich trat mit aller Kraft nach ihm. Vor Schmerzen stöhnend wich er zurück. Volltreffer!
„Halt still!“, sagte der Kerl hinter mir. Ein stechender Schmerz fuhr durch meinen Arm, als er diesen weiter verdrehte. Ich musste aufhören, oder mein Arm würde brechen, aber andererseits, zog ich einen gebrochenen Arm vor.
Ein anderer Kerl, der größte von ihnen kam näher. Ich trat zu, er zischte zwar verärgert auf, kam jedoch weiterhin näher. Nein! Ich trat kräftiger zu und ein Knacken ertönte im selben Moment, in dem mir Tränen in die Augen schossen. Mein Arm, mein Arm! Ich bekam kaum noch etwas anderes mit, als den Schmerz, alles verschwand hinter einem Schleier, denn der Kerl hinter mir bewegt den gebrochenen Arm auch noch hin und her. Mein Sichtfeld verschwamm. Tränen verschleierten mir die Sicht. Schwarze Punkte flackerten vor mir auf und ich spürte die Ohnmacht näherrücken, dagegen anzukämpfen war zwecklos.
„Lasst das Mädchen los!“, ein helles Licht blendete mich. Ich erkannte nichts, spürte nur, wie ich zu Boden sackte.
„Hände hoch, sofort!“ Schritte. Handschellen klicken. Taschenlampen leuchteten.
Etwas Warmes wurde um meine Schultern gelegt. Jemand kniete vor mir nieder.
„Kannst du mich hören?“
Matt nickte ich. Noch immer tat mir alles weh und ich konnte nicht so recht begreifen, was da passiert war.
„Gut! Wir bringen dich hier weg. Jetzt wird alles gut!“
Hilfe! Der Gedanke schoss mir durch den Kopf. Endlich war jemand gekommen. Hilfstrupp. Militär. Egal wer.
„Meine Freunde…“, begann ich.
„Die holen wir auch!“
Das Chaos würde enden! Erleichtert ließ ich mich in die Schwärze der Ohnmacht fallen…
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