[MSG] Mithras' Siege Online

"Kopf runter!" Plötzlich hatte Skalai wieder ihren Bogen in Händen und einen Pfeil auf der Sehne. Die Jägerin war auf ein Knie herab gegangen, hatte den Bogen waagrecht genommen. Das schränkte ihre Beweglichkeit ein, aber die Fokusanzeige in Sams UI - noch ein wenig mitgenommen von der heftigen, ausdauerraubenden Nahkampfeinlage - war ein gutes Stück nach oben geschnellt. Die Sehne sirrte, die Befiederung pfiff und der Pfeil sauste eine halbe Elle an der Linken des Paladins vorbei und traf dessen Gegner in die Schulter. Ein wenig Blut spritzte auf und der Lebensbalken des Banditen sank um etwa ein fünftel. Der Mann gab ein Grunzen von sich, packte den Pfeil am Schaft, brach ihn ab und warf sich erneut auf den Paladin. Kein guter Schuss. Skalai zog einen weiteren Pfeil aus dem Köcher, nahm Maß und wartete darauf, dass sich erneut ein Schussfeld für sie öffnete.

Eine Weile lang waren nur die hallenden Schritte der Charaktere sowie das leise Tropfen und Plätschern des Wassers zu hören, das ab und zu in kleinen Rinnsalen von der Wand lief und von der Decke tropfte. Als ein Tropfen in Correns Genick landete, ärgerte sich Steven über die Realitätsnähe des Spiels, denn selbst dieser kleine Nebeneffekt wurde voll simuliert, samt dem unangenehmen Gefühl. Als der Gang breiter und höher wurde, sogar in einer Höhle mündete, staunte Steven nicht schlecht. Hatte er diese Schupplinge bis jetzt für plumpe Gegner gehalten, die man einfach umnietete – sogenannte Trashmobs – wurde ihm hier nun ein eigenes Ökosystem präsentiert. Die Fischmenschen arbeiteten Hand in Hand und mit Einsatz ihrer Magie, um genug Nahrung für das ganze Volk zusammenzuraffen. Primitive Arbeitsteilung mit dem Ziel, allen Fischmenschen zu helfen.

Zweifel wuchsen in Steve. War es gerecht, diese Idylle zu zerstören? Natürlich war all dies hier nur ein sehr gut simuliertes Spiel, aber es wirkte viel zu friedlich, als dass er sich herausnehmen dürfte, über die Existenz dieser Wesen zu entscheiden. Vermutlich wuselten auch irgendwo Schupplingbabys herum… Leise fragte er in die Runde: „Wenn wir virtuelle Gegner töten, sind diese dann für immer tot oder stehen sie nach einiger Zeit wieder an derselben Stelle, um wieder getötet zu werden?“. Es kam ihm einfach falsch vor, in dieses System einzugreifen. Dabei wusste er genau, dass es wahrscheinlich nötig sein würde, um zu diesem Seeungeheuer tief unten vorzudringen und den Quest abzuschließen. Um stärker zu werden und seine eigenen Ziele zu erreichen. Aber war er dafür bereit, über virtuelle Leichen Unschuldiger zu gehen?

Arthur drehte seinen Gegner so, das die Jägerin ein gutes Schussfeld bekam und nicht ausversehn ihn traf. Die Welle des Lichts lief noch und verteilte fröhlich Schaden auf den Banditen. Der Stoß des Lichts war ausgelaufen und für einen Hammer der Rechtschaffenen war der Bandit zu nahe. Also haute er ihm noch einmal einen Stoß rein und ließ sein Schwert herum wirbeln. "Schieß endlich. Ich kann ihn nicht ewig an mich binden," schrie er Skalai zu.

Der Paladin wich zurück, gab dabei gefährlich an Boden auf, aber öffnete damit auch Skalais Schussfeld. Der Pfeil schnellte von der Sehne, flog auf die Banditen durch, doch verfehlte sein Ziel um eine knappe Handbreit und verschwand irgendwo im Geäst einer nahe stehenden Tanne. Augenblick zog Skalai einen weiteren Pfeil, legte an und schoss. Der Schaft durchschlug den Hals des ohnehin schon angeschossenen Banditen und schickte ihn leblos zu Boden. Sam war sich sicher, dass sie eigentlich gar nicht auf die Kehle, sondern vielmehr den Brustkorb gezielt hatte, doch wahrscheinlich half die Engine bei Todesstößen einfach ein wenig nach um das ganze ein wenig dramatischer zu Gestalten. Einen Moment lang ließ Sam die Jägerin inne halten um wieder Ausdauer zu regenerieren. Der Paladin führte unterdessen mit dem verbliebenen Banditen weiter ihren stählernen Tanz auf. Skalai schoss in die Höhe, spurtete um die beiden herum und positionierte sich im Rücken des Wegelagerers neu. Ein weiterer Schaft fand den Weg auf die Sehne und auf den Weg. Aber wo war eigentlich der Illusionist abgeblieben?

Oliver schielte zu dem Dieb hinüber und sein Charakter runzelte die Stirn. Was war denn das für eine Frage? Das war alles nur ein Spiel, eine klug programmierte KI, die einen möglichst guten Eindruck von Realität vermitteln sollte. Aber was spielte es für eine Rolle, ob die NPC nach einiger Zeit wieder neu spawnten oder durch einen anderen Gegner ersetzt wurden?
"Unterschiedlich, je nachdem, wie sehr die Spieler Einfluss nehmen und wie die Engine so Laune hat. Die Welt ändert sich ständig und es tauchen immer wieder andere Gegner auf, ganze Dörfer werden aufgebaut und wieder dem Boden gleich gemacht. Das da unten ist auch nur so was Temporäres, wahrscheinlich bleibt es noch ein wenig erhalten, wenn wir vorsichtig sind, aber sie werden sowieso bald abwandern oder von anderen NPCs umgebracht, da kann es teilweise ziemlich blutig werden", antwortete er ihm und wollte das gerade noch mit einem Beispiel untermalen, als von der Seite ein Gurgeln zu hören war. Ohne dass sie es bemerkt hatte, waren zwei Schupplinge die Rampe hochgekommen und hatte sie bemerkt. Die beiden trugen einige rohe Fische und folgten scheinbar einer andere KI als gewöhnlich. Statt anzugreifen, drehten sie sich um und machten sich auf den Weg nach unten, um das Lager zu alarmieren.
"Mist!", stiess Oliver aus und deutete auf die beiden Fliehenden, "alles was Sprungfähigkeiten hatten, ihnen nach. Schnappt sie, bevor sie unten sind, sonst haben wir das ganze Lager am Hals!"

Gerade wollte Ben seine Meinung kund tun, als die beiden Schupplinge auftauchten. Verwirrt schaute er zu, wie sie weg rannten. So eine KI war er nicht gewohnt. Als Oliver dann sagte, dass sie Hilfe rufen würden, war er noch verwirrter. Bis jetzt waren in den Spielen, die er gespielt hatte, die Gegner sehr selten weg gerannt und Hilfe hatten sie eh nie gerufen. Doch es hörte sich toll an - endlich mal schlaue KI, die sich nicht in einen aussichtslosen Kampf stürzen würden.
Nach diesen Gedankengängen reagierte Ben - durch seinen Avatar Fyrn natürlich - endlich. Dank Dimension Hop verschwand er in einem weißen Aufblitzen und tauchte nur einen knappen Meter hinter den Schupplingen auf. So schnell wie möglich versuchte er in Angriffsreichweite zu kommen - natürlich hatte er etwas mehr Geschwindigkeit als die Schupplinge, doch seine Ausdaueranzeige nahm durch den Sprung und das Rennen rapide ab. Doch schließlich kam er an einen heran und lies sein Schwert durch den Rücken des Gegners gleiten. Ein erstauntes Gurgeln ertönte, Blut spritzte aus der Wunde und der Schuppling drehte sich um. Er hatte verstanden, dass er nicht entkommen konnte und verwickelte Fyrn jetzt in einem Kampf. Verdammt, dachte Ben, jetzt kann ich den anderen nicht aufhalten. Er hoffte, dass ein anderes Gruppenmitglied ihn fangen würde - zwar war Ben Kampfbegierig, doch gegen das ganze Lager auf einmal hatten sie natürlich keine Chance - das sah auch er ein.

Arthur wandte sich dem zweiten Banditen zu, nachdem der erste tot umfiel. Auch er hatte bemerkt, das der Magier verschwunden war, also musste er den Banditen an sich binden, damit er nicht auf die Jägerin losging. Ein kurzer blick auf seinen Energiebalken machte ihn nicht grade glücklich. Nach dem kampf würde er sich erstmal erfrischen müssen. Mit einem Kampfschrei band er den Gegner an sich und schickte noch einen Stoß des Glaubens hinterher. Der Balken des Banditen schrumpfte allmählich und Arthur drehte ihn so, das die Jägerin ein gutes Schußfeld hatte.

Mit einem letzten Hieb seines Stabes schickte Leod den Banditen endgültig zu Boden und sah sich nach den anderen beiden Mitgliedern ihrer kleinen Gruppe um. In seinem Nahkampf hatte er sich ein wenig von ihnen entfernt und kam nun gemächlich zurück, während der Paladin auf den Letzten einprügelte. Bevor Skalai einen Pfeil abfeuern konnte fegte bereits ein Phantomschlag in den Banditen und warf ihn zu Boden – tot sogar, unerwartet, aber willkommen, denn der Kampf begann sich zu ziehen. Rasch kehrte er zu den beiden anderen zurück, denn während seines Einzelkampfes hatte er sich ein gutes Stück entfernt.
"Das war das. Aber Orks waren das nun wirklich nicht. Irgendetwas ist hier faul …"
Mithras' Siege war für seine fein ausgearbeiteten Quests bekannt, aber manchmal konnte man in dem Gewirr an Plotlines auch ein wenig den Überblick verlieren. Was sollten sie jetzt tun? Weiter Ork-Späher zu jagen erschien Colin mehr als sinnlos, wenn sich schon Banditen hier herumtrieben. Oder arbeiteten beide Gruppen am Ende zusammen? …

"Wüsste nicht wieso da was faul sein sollte...", erwiderte Sam unegrührt während sie das 'Plündern'-Menü aufrief und mit knappen Wischbewegungen die Liste der Beutestücke durchging. Stofffetzen, Ein Wetzstein, ein Stück Käse, ein paar Münzen. Nichts Spektakuläres. "Ich meine... das ist ein Wald. Da wird einiges rumkreuchen, nicht nur Orks. Wahrscheinlich treibt das Ork-Heer alles andere, was sich hier herum treibt, vor sich her. Aber die Banditen auszuschalten wird uns auch angerechnet. Hat der Questgeber in der Stadt gesagt. Einfach nützlich machen sollen wir uns. Orks jagen. Flüchtlinge schützen. Was weiß ich. Kann ich den Käse haben?" Sie war sich nicht ganz sicher, wofür Käse in diesem Spiel gut war, aber Käse erschien ihr ein sympathisches Stück Beute. Sympathischer als blutige Kleidungsfetzen allemal. Und den Wetzstein würde der Paladin mit seinem Schwert sicher besser brauchen können als sie.

Der Hexenjäger ging zum Angriff über und konnte einen der Flüchtenden aufhalten und in einen Kampf verwickeln, doch der zweite lief immer noch weiter. Ohne einen Sprungzauber würde Listener ihn nicht einholen können, auch nicht mit seinem Beschleunigungszauber. Er ging im Kopf noch einmal seine Zauber und begann dann, einige Worte zu murmeln. Noch war der Schuppling noch nicht ausser Reichweite. Um Olivers Avatar leuchteten hellbraune Runen auf und Sand begann, sich um den Schuppling zu drehen. Momente später war daraus schon ein niedriger Sandwirbel geworden. Von ausserhalb konnte man erkennen, dass der Schuppling angehalten hatte und sich nach dem richtigen Weg umsah.
"Na los, macht schon", zischte Oliver und rannte dann selbst los, auch wenn er wusste, dass er nicht schnell genug da sein würde, bevor der Schuppling dem Zauber entkam, aber vielleicht konnte er ja seine Aufmerksamkeit irgendwie auf sich lenken, wenn er näher kam.

Noch über das gesagte nachdenkend bemerkte Steven die beiden Schupplinge zuerst gar nicht. Natürlich war das alles nur eine virtuelle Umgebung und nichts war real, außer den Personen hinter den Spieleravataren. Und die NPCs wurden vom Server gesteuert, das waren keine wirklichen Lebewesen. Er durfte kein Mitleid zeigen mit virtuellen Monstern, um seine Ziele zu erreichen, so einfach war das. Als er einen der Avatare in weißem Licht verschwinden sah, bemerkte er die flüchtenden Fischmenschen. Mit einer Hechtrolle setzte er dem hinterher, der scheinbar durch eine Sandwolke die Orientierung verloren hatte. Er warf eines seiner Wurfmesser auf den Schuppling, kurz darauf steckte es zwischen seinen Schulterblättern und mit einer weiteren Hechtrolle nach einigen Sekunden Laufens erreichte er den kleinen grünen Fischmenschen. Noch immer ohne Orientierung sah er Corren nicht kommen und der Schurke konnte beide Messer in den Körper des NPCs rammen, geschwind zog er sie wieder heraus, warf sie auf den Boden und wechselte die Waffe zu seinem Kurzschwert. Er verwickelte seinen inzwischen vom Sand befreiten Gegner in einen Nahkampf. Dem anstürmenden Sandmagier nicht im Weg stehend hieb er auf den Schuppling ein und gab sein bestes, nicht von der primitiven Waffe getroffen zu werden.

Arthur blickte sich suchend um und wandte sich dann zu Skalai. "Wollen wir wieder zurück zur Strasse gehen oder weiter durch den Wald gehen?," fragte er interessiert. In dieser Gegend kannte er sich noch nicht so gut aus. Deshalb blieb er wachsam, auch wenn er sich mit den anderen unterhielt. Wer wusste schon, ob die gegner nicht bereits in der nähe waren und sie belauerte.

Oliver hielt in vollem Lauf auf den Schuppling zu, der durch seinen Zauber verlangsamt und dann von dem Dieb in einen Kampf verwickelt worden war. Der Speer befand sich in seiner Hand und er murmelte ein Wort, um einen weiteren Zauber zu wirken. Hellgelbe Runen wanderten über den hölzernen Schaft, erreichten die Spitze und verlängerten diese, so dass der Schuppling früher getroffen wurde, als Oliver es erwartet hätte. Das Licht drang in den kleinen Körper ein und trat vorne wieder aus, wo es knapp vor Correns Brust zum stehen kam. Da dieser Zauber, Sunlight Pinpoint, umso mehr Schaden machte, je angeschlagener der Gegner war, frass er den gesamten restlichen Lebensbalken auf, da der Dieb schon ordentlich Schaden verursacht hatte. Natürlich musste die Engine da eingreifen und das Ende des Schupplings etwas dramatischer machen. Er spuckte Blut und glitt dann zu Boden, als das Sonnenlicht sich auflöste. Durch die Fliehkraft war es nicht so leicht, Listener in vollem Laufe abzubremsen und er kam knapp vor Corren zu stehen.
"Puh, Sauerei!", meinte er zu dem Dieb. "Hast du was einstecken müssen oder gehts noch?"

Hustend, würgend und Blut spuckend brach der Schuppling vor ihm zusammen, dass es ihm fast leid tat. Ob er Familie... Verdammt, das war nur eine Simulation! Aber dieser Fotorealismus machte ihm einfach zu schaffen. Als der schlitternd vor ihm zum Stehen kommende Speerkämpfer ihn nach seinem Wohlbefinden fragte, winkte Corren ab. "Die Paar Autohits mit der Fischgräte sind harmlos, denke ich mal. Das werd' ich schon verkraften." Er bemerkte keine körperlichen Beeinträchtigungen, auch wenn der Avatar tatsächlich ein paar blaue Flecken davongetragen hatte, das spürte er. Selbst der verdammte Schmerz wurde scheinbar ein bisschen simuliert. Wie unnötig... Er rappelte sich auf, zog das Wurfmesser aus dem Fischkadaver und wischte es an einem sauberen Stück Schuppling ab. Als er sich wieder aufrichtete, sah er sich erst um und dann Listener an. "Und jetzt?"

"Weiter. Die paar Versager werden die wohl noch nicht die Lust geraubt haben?"
Leod strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und rückte seine Robe zurecht. Er war eigentlich schon wieder für den nächsten Kampf bereit, da er sich mit seiner Magie ein wenig zurückgehalten hatte.
Aber ein wenige sonderbar kam ihm die Situation schon vor; wenn die Banditen vor den Orks geflohen waren, warum hatten sie sich dann an ihnen aufgehalten, anstatt einfach weiter zu fliehen? Vielleicht wurden, so war dem Spieler hinter dem Charakter immer noch klar, die Dinge auch einfach durch die Spielmechanik verzerrt. Was wäre schon ein Wald ohne ein Dutzend verschiedener Gegner?
"Vielleicht sollten wir uns nach Flüchtlingen umsehen. Wichtiger, als sich mit irgendwelchen Spähern zu schlagen. Die Hauptmacht kommt so oder so."
Um die Beute kümmerte er sich gar nicht; derart kümmerlicher Kleinkram war eines Magiers wie ihm nicht würdig, und reine Platzverschwendung mitzuschleppen.

Nachdem sich niemand für die übrigen Beutestücke meldete steckte Sam kurzerhand alles selbst ein, lediglich bei den Münzen wählte sie die Option 'gleichmäßig verteilen'. Es ging nicht ganz auf und so bekam sie selbst am Ende ein Kupferstück weniger als die anderen beiden, aber in Anbetracht der Tatsache, dass sie die übrige Beute mitnahm kam sie wohl trotzdem noch gut dabei weg. Es war nicht nötig, dass Skalai das Geld manuell verteilte, es wanderte von selbst in den kleinen Lederbeutel, der an ihrem Gürtel hing und sich nun ein wenig dehnte. Bei den anderen würde es ebenso sein.
"Vielleicht sollten wir uns ganz allgemein umsehen und dann zeigt sich schon, auf was wir stoßen...", erwiderte Sam durch Skalai auf den Vorschlag des Illusionisten, "Ob das dann Banditen, Orks oder Flüchtlinge sind wird sich dann schon zeigen. Oder weißt du, ob es hier in der Nähe ein Flüchtlingslager gibt?"

Ein paar weitere Schläge und Schnitte später, hatte auch Ben seinen Gegner besiegt. Der letzte Schnitt durchfuhr die Brust des Schupplings, aus der dann Blut strömte und der Schuppling anschließend gurgelnd zusammenbrach. Die Effekte und Darstellungen gefielen Ben fabelhaft. Vor allem die Todesanimationen hatten etwas an sich - schön theatralisch. Das, an seinem Schwert klebende Blut, verschwand ein paar Momente später - ein nettes Feature. Im Kampf sah es schön aus, doch nach dem Kampf wollte Ben das Blut nicht mehr an seiner Klinge haben.
Er steckte sein Schwert weg und wandte sich dann an die anderen. Obwohl er noch im Kampf war, hatte Ben Correns Frage mit bekommen. "Ich denke, dass wir zwei Möglichkeiten haben. Entweder wir drehen um und nehmen den anderen Gang oder wir schleichen uns durch das Lager. Dass wir uns durch das Lager kämpfen können, glaube ich eher nicht. Und zurück gehen will ich auch nicht - wäre eine reine Zeitverschwendung hier gewesen und wir wissen ja nicht einmal was uns beim anderen Gang erwartet" meinte Fyrn. Dann begann er zu grinsen. "Also schleichen wir uns durch!"

Es war zum Mäusemelken! Niemals hätte Maya gedacht, dass eine Reichweite von zehn Metern nicht ausreichend sein könnte, aber diese kleine Einlage hatte sie eines Besseren belehrt. Zehn Meter waren arschweit, wenn man mit der Blitzenden Klinge seinen Gegner eben grade nicht erreichen konnte! Sie hatte das Schlusslicht der Gruppe gebildet und war so an dem kurzen, panikbedingten Gemetzel überhaupt nicht beteiligt gewesen. Allerdings hatte auch niemand aus der Gruppe nennenswert etwas abbekommen, wie ein kurzer Blick auf die Lebensbalken der Gruppe bestätigte.
"Die Schupplinge sind schwach", stellte Maylin fest. Das waren Anfangsgegner. Solange sie sich nicht allzu dumm anstellten. Aber sowas war ja nie gegeben, was die ganze Sache auch wieder interessant machte.
"Durchschlachten oder durchschleichen. Mir solls gleich sein. Da unten läuft allerdings nen ganzer Batzen EXP rum."

Wieso eigentlich nicht? Sie waren zu viert und hatten dazu noch einen relativ starken Charakter dabei. Wenn sie vorsichtig vorgingen, würden sie auch nicht gleich das ganze Lager pullen. Bestimmt gab es da das eine oder andere Ausrüstungsstück zu holen und Gold würden sie für all die Drops, die es bestimmt gab, auf jeden Fall bekommen.
"Also, wenn wir uns leise verhalten und aufmerksam sind, dann sollten wir uns da schon durchprügeln können. Die Gegner haben keinen unendliche Aggressionsradius, selbst wenn wir eigentlich sichtbar wären, bemerken sie uns nur, wenn wir nahe genug dran sind oder ein Fliehender ihren Agressionsradius betritt. NPCs sind nie so positioniert, dass man ein ganzes Lager pullt, wenn man jemanden angreift", kommentierte Oliver. "Ausserdem haben wir unsere Fechterin hier, die es schon alleine mit mehr Gegnern aufnehmen können und es gibt bestimmt den eine oder anderen guten Gegenstand für uns alle, was für uns alle praktisch wäre, oder?"

"Soll mir recht sein, gegen Gold, Erfahrung und Gegenstände habe ich nichts einzuwenden. Wer holt die ersten Gegner? Wenn wir sie hier bekämpfen, rennen sie nicht direkt zurück zu den anderen." Er musste sich abhärten. Er durfte keine schlechtes Gewissen haben, wenn er irgendwelche gut simulierten Monster abschlachtete, immerhin waren sie nur simuliert. Das würde mit der Zeit wohl noch besser werden und er würde nicht permanent daran denken, ob irgendwelche Fischmenschen nicht auch Familien hatten, die sie ernähren mussten und ein Recht hatten, zu leben. Schließlich war das Spiel dafür programmiert worden, diese Monster zu töten und nicht, um ethische Diskussionen zu führen. Aber vielleicht war es auch ein Zeichen von Menschlichkeit, wenn er Skrupel hatte, unschuldige Lebewesen aus Profitdenken zu töten. Es sollte ihm nicht selbstverständlich werden, zu töten.

"Ich würde sagen, um ein paar Gegner zu pullen, nehmen wir einfach Fernkampfangriffe und -zauber. Das ist am einfachsten und so besteht am wenigsten Gefahr, dass wir uns zuviel aufhalsen", antwortete Oliver auf die Frage des Diebes. "Das heisst, du und ich erledigen das. Du kannst ja Wurfmesser benutzen. Pass einfach auf, dass du dir eher die Ziele aussuchst, die grösser sind und entweder Waffen haben oder nach Zauberer aussehen. Ich glaube, die NPCs, die Sachen hin und her tragen, haben die Flucht-KI, die müssen wir entweder umgehen oder schnell erledigen. Ich übernehme den ersten Pull."
Ohne eine Antwort abzuwarten, trat er um die Ecke und erblickte die erste Gruppe von Schupplingen. Er überprüfe noch kurz über das Menü die Worte für seinen einzigen Schadenszauber mit Reichweite und begann dann, das - erstaunlich unkomplizierte und kurze - Kauderwelsch aufzusagen. Hellbraune Runen erschienen um seine Hand und er machte eine schnelle Bewegung, wodurch ein Schwall Sand entstand, der mit beeindruckender Geschwindigkeit auf die Schupplinge zuraste und auf ihn aufmerksam machte. Während sie mit Gegurgel auf ihn zusprangen, liess Oliver Listener herumwirbeln und zu den anderen rennen, die bereits kampfbereit waren.

Hatten sie sich also doch überwunden. Bei Gott, Anfänger waren furchtbar mit ihren Skrupeln und Ängsten. Das waren Schupplinge, verdammt. Die kamen auf Mayas persönlicher Gefährlichkeitsskala knapp über großen Ratten und weit hinter Wölfen. Wölfe waren immerhin auf Rudelverhalten gescriptet. Schupplinge hingegen mit dem zweifelhaften Segen des Fluchtverhaltens ausgestattet. Das sorgte eigentlich nur dafür, dass eine Einheit, die ihre letzten paar Lebenspunkte noch Schaden verursacht hätte, weglief um dann unverrichteter Dinge zu Boden zu gehen.
Mit dementsprechender Selbstsicherheit warf sich Maylin den Schupplingen entgegen, um sie auf ihrem Weg zu Listener zu stoppen. Besser, die Biester versuchten sie anzugreifen als die anderen. Die Distanz würde ausreichen, um flüchtende Schupplinge zur Strecke zu bringen.

Skalai führte die kleine Gruppe tiefer in den Wald. Zur Straße zurück zu kehren, dass erschien ihr widersinnig. Die Banditen und Orc-Späher würden sie dort kaum antreffen. Und die Flüchtlinge, die konnten überall sein. Natürlich mochte es auf der Straße sicherer sein, aber wozu waren sie schließlich Abenteurer, wenn sie das Abenteuer nicht gesucht hätten?
Es zu finden erwies sich als wenig schwierig. Mithras' Siege mochte größer sein als jedes andere Onlinespiel und sich allein aufgrund der riesigen Spielwelt eine niedrigere, realistischere Gegnerdichte leisten können, als man dies anderso fand, aber selbstverständlich konnte niemand wollen, dass die Charaktere stundenlang ungestört durch die Wälder spazieren mussten - so schön diese auch animiert waren. Die Spieler wollten Action. Skalai und ihre Begleiter fanden diese in Form eines kleinen Lagers. Es war das Feuer, dass es zuerst verriet: das Knistern und Knacken der brennenden Scheite und der beissende Geruch in der Luft. Das Lager lag in einer kleinen Senke, die von dichtem Buschwerk umgeben war, eigenlich also gut vor Blicken geschützt, aber nun, da sie es einmal entdeckt hatten, war die Deckung auf Seiten der Abenteurer. Fünf Gestalten in dreckigen Kapuzenwämsern in Braun und Grün saßen um das Feuer, über dem ein Fleischspieß briet. Skalai ging im Buschwerk in die Knie und winkte den Rest der Gruppe zu sich. "Was meint ihr? Banditen oder Flüchtlinge?", fragte sie mit aktivierter Flüstereinstellung des Chats. Sie war sich nicht ganz sicher, ob zu lautes sprechen innerhalb des Aggressionsradius' der Gegner diese zum Angriff bewegen würde.

Arthur hockte sich neben Skalai und blickte zu dem Lager hinüber. "Es könnte beides der Fall sein," erwiederte er, ebenfalls im Flüstermodus.
Leider konnte er wirklich nicht erkennen, ob es nur Flüchtlinge waren, oder Banditen."Wir könnten einen Stein werfen oder sowas und schauen wie sie reagieren," schlug er dann vor.

"Einen Stein werfen?", wiederholte Skalai ungläubig im Flüsterton, "Selbst wenn sie nur Flüchtlinge sind werden sie sich nicht drüber freuen, einen Stein an den Kopf zu bekommen. Außerdem hatte ich mehr an etwas gedacht, womit ich mich nicht entlarve. Ich habe Skills, die ich nur einsetzen kann solange ich unentdeckt bleibe." Sie hielt kurz inne, dachte nach. Der Paladin war zwar an und für sich ein Allrounder, aber über gewisse Tank-Fähigkeiten verfügte er immerhin. Es war wohl an der Zeit, die klassische Rollenspiel-Aufgabenverteilung hervor zu kramen. "Ich würde sagen, du gehst da runter und schaust, wie sie reagieren. Falls sie angreifen kommen wir dir von hier oben aus zur Hilfe."