Gleve [MSG]

Der Krug leerte sich schnell. Zu schnell! Jandrim war sich nicht ganz sicher, ob er nicht irgendwo ein Leck hatte. Ja, so musste es sein. Vielleicht hatte er aber auch einfach einen guten Teil des Weins verschüttet. Er war sich selbst nicht so ganz sicher, ob sein Hemd weingetränkt oder einfach nur verschwitzt war. In jedem Fall lag es unangenehm klamm an seiner Brust. Oder - das war natürlich auch eine Möglichkeit! - er hatte den Wein wirklich bereits getrunken. Doch das hielt er für unwahrscheinlich. Niemand konnte so schnell so viel Wein trinken. Oder?
In jedem Fall zwang der leere Krug Jandrim dazu, sich wieder seinen beiden Gesprächspartnern zuzuwenden. Gerade eben demonstrierte der Gaukler seine verborgenen Waffen. Zu offenherzig, wie Jandrim selbst in seinem Zustand fand. Warum sollte man eine Waffe derart versteckt halten, wenn man sie dann dennoch herum zeigte? War der Gaukler etwa auch betrunken? Oder ergab das ganze für ihn, Jandrim, nur keinen Sinn, weil er schon ein paar Krüge Wein intus hatte? Nun, wie auch immer. Ein anderer Gedanke war da gerade viel interessanter...
"'s is' keine sehr lange Klinge, die de da has'...", nuschelte er und versuchte, auf das Messer zu deuten. Es wurde eher die Grobrichtung des Messers. Ungeachtet dessen fuhr er fort. "... wird dir nich' viel bring' wenn'e kämpf'n muss'. Damit kanns'e höchs'ns ein'n abstech'n, der nich' drauf ach'et... Du... du wills' mich doch nich' abstech'n?"

"Ihr wollt den Drachen wirklich befreien?" fragte plötzlich eine Stimme von der Seite, und Kazu sah stirnrunzelnd in diese Richtung, hatte er doch dort niemanden bemerkt, der ihre Unterhaltung hätte belauschen können. Nur ein Rabe saß dort auf einem Faß und sah ihn an. Hatte der Rabe etwa...? Einen Moment später bestätigte das Tier Kazus unausgesprochene Vermutung und offenbarte sowohl seine Absichten als auch seine Besonderheit.
"Ein Rabe, der in der Stimme der Menschen zu sprechen vermag?" meinte Kazu, als er seine Überraschung überwunden hatte. "Das riecht mir verdächtig nach dem Werk eines Magiers!" Sein Gesicht verfinsterte sich bei diesen Worten. Er war ein Wesen der Natur, und er hatte kein Verständnis dafür, wenn deren Geschöpfe auf magischem Weg manipuliert wurden. Doch war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, sich darüber zu ereifern - die Befreiung des Drachen hatte Vorrang.
"So sagt mir, wie gedenkt Ihr die Drachenjäger..." er spie das Wort geradezu aus, "...so nachhaltig ab zu lenken, daß wir den Drachen befreien könnten?"

James ließ seine Illusion die Augenbrauen hochziehen, als Kazu davon sprach, die Ketten aus dem Boden zu reißen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass so ein kümmerliches Menschlein soetwas vollbringen könnte. "Das würd ich gerne sehen." meinte er, während er weiterhin Armelle im Auge behielt, die gerade auf ein Fass neben sie flog und anfing zu sprechen. "Ich wusste es..." murmelte er leise, bevor er dem Raben weiter lauschte. "Wie wollt ihr die Ablenkung gestalten? Und wo ist der Schlüssel?"wollte er wissen, während er seine Illusion leicht nicken ließ, jedoch kam ihm Kazu zuvor, was ihn leicht lächeln ließ. "Ich will ihn schon befreien...und..." er sah Kazu an und stockte einen Moment."...er hier auch."

"Wenn der Gaukler Euch hätte töten wollen, so wäret Ihr bereits tot. Es besteht also kein Grund zur Sorge", stellte Kairi ruhig fest. Das mochte ein wenig harsch sein, aber der Kerl war betrunken. Entweder würde er ihr alles oder nichts von dem, was sie sagte, übelnehmen. Das Angebot der Gauklers hingegen war zwar freundlich gemeint, aber leider ineffektiv.
"Ihr seid ein wenig zu auffällig für die Art von Reise, die ich vorhabe. Wenn Ihr Euch anders anziehen könntet, läge das vielleicht im Rahmen des Möglichen. Aber habt Ihr keine Truppe, zu der Ihr gehört? Irgendjemanden?"
Die Straßen in diesen Regionen waren nicht grade ungefährlich. Viele des fahrenden Volks reisten in Gruppen, um Räuber und anderes Gesock fernzuhalten.

"V'lleich'd... hatt'er seine Trubbe mi'dem Messerch'n ab'estoch'n...", warf Jandrim wenig hilfreich ein. Warum er das tat - er hätte es nicht einmal selbst zu sagen vermocht. Es war nicht wirklich so, dass er den Gaukler verdächtigt hätte, ein kaltblütiger Mörder zu sein. Es war mehr so, dass ihm dieser Gedanke schlichtweg in diesem Moment durch seinen vernebelten Verstand geschossen war. Und er hatte keinen Anlass gesehen, ihn nicht mit den anderen zu teilen. Aber er dachte sich auch gar nichts dabei als er diese Worte aussprach. Im Gegenteil! Seine eigene Stimme beflügelte ihn nur noch dazu, den Gedanken fort zu spinnen. "V'lleich'd... will'er dich auch abstech'n, Mäd'l... Bis' du einer von der Sorte, Gaukler?" Er kniff die Augen zusammen um den Maskierten genauer zu mustern, doch es fiel ihm schwer, noch irgendetwas zu fokussieren.

"Das Einzige, was ich gerne in diese hübsche Dame stechen würde hat überhaupt nichts mit meinem kurzen Messerchen zu tun, mein Freund." Man ihm das Lächeln beinahe an, doch vorsichtshalber setzte er noch ein unbekümmertes Lachen hinterher, er wollte ja keinen Streit anzetteln. "Da ich ein Gaukler bin, passe ich mich meinem Publikum natürlich jederzeit an. Solange Ihr mir erlaubt, aus persönlichen Gründen eine Maske zu tragen - gerne auch eine Unauffälligere - bin ich bereit mein Aussehen Euren Ansprüchen anzupassen. Und zu Eurer Frage...nun..." Seine Stimme nahm einen bedrohlichen Klang an und er tippte sich gegen die Stirn, woraufhin eine Rose aus seinen Fingern zu erblühen schien, welche er ihr mit einem süffisanten Masken-Grinsen reichte. "Das klären wir, wenn Euer letztes Geheimnis ebenso geklärt ist, in Ordnung? Erlaubt mir diese direkte Art, aber ich muss sagen, Ihr seht in dieser Stadt noch auffälliger aus als ich."

"Es ist nicht weiter verwunderlich, dass eine Frau aus gutem Hause, aufgewachsen unter den Adligen des Königreiches hier hervorsticht wie eine Rose in einem Dunghaufen. Das hier ist nicht grade der Ballsaal des Königs", antwortete Kairi, ohne dem Gaukler seine Frage wirklich zu beantworten. Trotzdem nahm sie seine Rose mit einem freundlichen Lächeln an. Die Prinzessin hatte nicht im Geringsten vor hier ihre Identität preiszugeben. Nicht in einer Stadt wie Relim. Niemand wusste, was sich hier rumtreiben konnte. Und das Königreich, der König und seine Verwandten genossen nicht grade überall große Beliebtheit. Kairi dachte allerdings einen Moment über das Angebot des Gauklers nach. Einen Mann mit Maske dabei zu haben wäre allerdings wirklich auffällig. Andererseits, wenn sie niemand anderen fand, musste der Gaukler eben herhalten.
"Lasst mich eine Zeit über Euer Angebot nachdenken. Ich werde Euch beizeiten eine Antwort zukommen lassen."

Der Rabe stieß ein belustigtes Krächzen aus, bevor sie schnippisch blinzelte.
"Ich stehle den Schlüssel. Das wird sie ablenken. Ich werde so wegfliegen, das sie mich ein Stück verfolgen können, bevor ich sie ablenke, zu euch zurückkehre und den Schlüssel bringe. Außerdem hab ich noch ein paar andere Tricks auf Lager."
Sie zwinkerte die Beiden an. Sie hatte schon eine Idee, wie sie alle vier Drachenjäger dazu bekommen konnte, ihr zu folgen. Hoffentlich würden ihre unverhofften Verbündeten ihr zustimmen....

Kazu runzelte die Stirn, als der Rabe ihnen seine Pläne offen legte. Das klang nicht wirklich überzeugend, war aber auch besser als gar nichts. Irgendwann mußte er ja mal etwas tun, und wer wußte schon, ob sich an diesem Tag eine andere Gelegenheit bieten würde. Zögernd nickte er daher schließlich.
"Na gut, versucht was Ihr könnt. Aber begebt Euch nicht mehr in Gefahr als unbedingt nötig." Er sah James an, gespannt, was dieser dazu sagen würde.

Bevor James jedoch etwas antworten konnte, wurde es Laut bei den Drachenjägern. Vor den Jägern hat sich die Stadtwache aufgebaut, in leichter Rüstung und mit Schwertern. Zwar hingen diese noch unbedrohlich an der Hüfte, jedoch schien das Gespräch zwischen den Jägern und den Wachen nicht so unbedrohlich zu sein.
Der Anführer des Trupps war offensichtlich ein großer Drakone, der den jungen Jäger förmlich in den Boden redete.
"Ihr habt gesagt ihr wollt den Drachen AUSSTELLEN.. nicht das ihr ihn als Pony benutzen wollt. Wer von euch, verblödeten Idioten, hatte die Idee KINDER auf einem Drachen reiten zu lassen? Allein schon für diese Idiotie, sollte ich euren Kopf in den Abfluss des Kerkers stecken, da wo Scheiße hin gehört, weil ihr mehr als Scheiße nicht in eurem Schädel habt.."
"Ah..ah.. der Drache.. das ist vollkommen ungefährlich.. wir haben ihn an..-"
"UNGEFÄHRLICH.." Der Schrei des Drakonen war so laut, das man es sogar noch über das getöse der anderen Leute hören konnte, die auch ihre Aufmerksamkeit langsam auf den Drakonen und den Jäger richteten. Doch wurden sie von den anderen Wachen wieder angewiesen, weiter zu gehen.
Der Mann, nun leicht besprenkelt von den Spucketröpfchen die bei dem letzen Aufschrei auf ihn hernieder geregnet waren, war nun so klein, das er gemütlich in die Hosetasche gepackt werden könnte.
"Ihr habt diesen Drachen vor was.. einer Woche, zwei Wochen gefangen? Glaubt ihr ein Tier domestiziert sich von alleine wenn man ihm lange genug den Kopf tätschelt? Dieser Drache liegt in Ketten, und wenn er nicht in Ketten liegen würde.. dann würde er mit euch das machen, was ich jetzt gerne mit euch tun würde, und zwar euch euer dummes Gesicht von eurem Schädel weg zu kauen.."

Nach fast Zehn Minuten in denen der Mann immer mehr den Eindruck erweckte gleich los zu flennen, keiner der anderen Jäger hatte sich auch nur getraut ihm bei zu stehen, beschimpfte, beleidigte und demütigte der Drakone den Mann soweit es ging. Obwohl die Wachen ihr bestes gaben die Schaulustigen weiter zu schicken, lag das öffentliche Intresse, eindeutig bei dem Drakonen und dem kleinen, kleinen Mann.



Es war nur wenige Minuten her, da hatte sie sich noch mit einem Drachen vergnügt. Nicht unbedingt so wie man es nun annehmen könnte, aber wer konnte von sich schon behaupten einen Drachen geärgert zu haben? Fröhlichen Schrittes quetschte sie sich mehr oder weniger an den Leuten auf der Straße vorbei um etwas zu finden, das man auch trinken konnte. Zu dem Stand mit den konservierten Genitalien, wollte sie sich in diesem Fall nicht zurück verirren.

Ihr Weg ging solange gut, bis wie sie vor einem großen, und übel gelaunten Hinderniss stand. Ein breiter Kerl stand zwischen zwei, ziemlich ungünstig gebauten Ständen. "Könnte ich.. hallo? ich würde gerne vorbei?" Es interessierte ihn nicht, also musste sie, wohl oder übel ihm näher auf die Pelle rücken, und quetschte sich an ihm, und ein par anderen Vorbei. Das gefiel dem Kerl überhaupt nicht, vorallem als sie ihm ´´ausversehen´´ in die Hacke trat. "Verpiss dich..!" Mit diesen Worten, und einem großzügigen Stoß schubste er die zart beseitete Frau schwungvoll zur Seite. Umgebremst und mit ordentlichen Schwung, riss sie die erst beste Person, die in ihrer Gleitbahn war, mit sich. Das war ungünstigerweise, eine wohl nicht weniger übel gelaunte Sche'ai, als der Kerl.

"Natürlich." Der Gaukler verschränkte die Arme, nickte leicht mit dem Kopf, wollte sich abwenden, neigte ihn dann jedoch trotzdem in ihre Richtung. "Haltet mich nicht für einen Verbrecher. Zudem würdet Ihr nicht glauben, wie sehr eine Maske manchmal nützlich sein kann. Leute halten dich für einen einfachen Gaukler und nehmen Rosen aus deiner behandschuhten Hand, die man vorher mit Gift getränkt hat, das auf Berührung tötet." Natürlich war diese Blume nicht vergiftet, was auch seine Stimme verriet, denn sie war unbekümmert und keinesfalls feindselig oder überheblich. "Ihr seid vertrauensvoller, als Ihr glaubt."

Bevor James antworten konnte, wurde er von dem Lärm beim Drachenzelt abgelenkt und drehte sich um, um die Auseinandersetzung gespannt zu verfolgen. Die Gedanken an die Befreiung des Drachens waren für einige Zeit wie weggeblasen, solange bis sich der Streit etwas gelegt hatte. "Ich glaube, jetzt wär ne gute Gelegenheit, um den Schlüssel zu holen, falls er nicht gerade bei dem Anführer dieses Haufens ist." meinte er an den Raben gewandt. Er war gespannt, was sie so alles für Tricks drauf haben würde.

Auch wenn ich eigentlich schlechte Laune hatte, schenkte ich meinem Gesicht ein Lächeln. Ich wollte nicht unfreundlich wirken.
Um mich abzulenken gieng ich meiner Arbeit nach, ich beklaute Leute. Ein paar Fuss vor mir stand ein vornehm gekleideter Mann. Sein Geldsack hing an einem mit Gold bestückten Gürtel. 
'Wie wunderschön, den Gürtel werde ich gut für Ru'hin gebrauchen können' dachte ich.
Ich ging auf den Mann zu und lächelte ihn an. Sofort reagierte er und liess zwei blitzende Zahnreihen erblicken. Ich begann das Gespräch mit einem einfachen Satz:
"Guten Tag gnädiger Herr."
"Guten Tag. Darf ich ihnen ein Kompliment machen?" 
"Das dürfen sie mein Herr" Ich wusste das die Reichen es schätzten wenn man sie Herr nannte.
"Sie haben wunderschöne Augen, ich verliere mich fast in ihnen."
das Gespräch verlief wie geplant. Eigentlich wie immer, ich umschmeichelte jemanden und warte den richtigen Moment ab um ihn zu beklauen und die Tat jemandem anderes zuzuschreiben.Ich wollte die Chance nützen, doch plötzlich hörten wir beide den Krach der vom angeblichen Drachenzelt ausgieng. Der vornehme Mann war einige Sekunden länger abgelenkt als ich, ich nuzte die Chance und nahm ihm den Gürtel und den Geldbeutel. Schnell verstaute ich das Diebesgut in meinen eigenen Beuteln. Er merkte es nichteinmal. Auch gut. Mit gespielter Angst sagte ich: "Ach Herrje glauben sie wirklich dort ist ein Drache in dem Zelt?" 
"Ach nein das denke ich nicht, sonst bin ich ja da und beschütze sie!"
"Vielen Dank, das ist sehr gutmütig von euch", mit einem Knicks sagte ich dann:"Entschuldigen sie, ich muss sie verlassen, die Sonne steht schon höher am Himmel als ich mir gedacht habe." 
"Auf wiedersehen Mylady"
"Auf ein Wiedersehen" Mit einem Lächeln auf den Lippen gieng ich davon.

Auch mich hatte das Drachenzelt aufmerksam gemacht, deswegen ging ich auf das Zelt zu und beobachtete es von einem nahen Stand aus.  Ich war für alles bereit, denn ich hatte das Gefühl es würde bald etwas geschehen.

Die makaberen Scherze und aufdringlichen Anspielungen, mit denen der Gaukler sich ganz offensichtlich als gefährlicher darstellen wollte als er tatsächlich war, langweilten Jandrim. Selbst in seinem Zustand mochte er dem Mann nicht abnehmen, was er zu sein vorgab. Es war keine wirkliche Abneigung, die in ihm aufstieg, eher soetwas wie Enttäuschung. Von einem Gaukler hätte er erwartet, besser unterhalten zu werden. Seine Aufmerksamkeit schweifte von der jungen Frau und dem Maskierten ab und heftete sich an den auffälligsten Anblick, der sich ihm bot. Unschwer gelang es dem Wachhauptmann und den Drachenjägern, sich als eben jenes Subjekt zu präsentieren. Doch es war nicht nur der betrunkene Jandrim, den das Geschrei von der anderen Seite des Marktes fesselte. Überall wandten sich die Köpfe um und die Menschen eilten ungeachtet der Wachen, die sie wieder aufeinander zu treiben versuchten, zum Ort des Geschehens. Jandrim konnte sich dem Sog nicht widersetzen. Kurzerhand folgte er der donnernden Stimme des Wachhauptmanns. "He, lass den Krug hier, Saufnase!", erklang eine empörte Stimme in seinem Rücken. Es dauerte eine Weile bis Jandrim aufging, dass das Zetern des Händlers ihm galt. Mit glasigen Augen schielte er auf seine Hand herab. Tatsächlich, er hielt noch immer einen Krug in dieser. Warum eigentlich? Was wollte er damit? Er zuckte mit den Schultern. Ein helles 'Tock' erklang als der Krug auf den gepflasterten Boden des Platzes aufschlug und dann scheppernd in Richtung des Standes rollte. Nicht weiter als einen Schritt, aber genug um Jandrim ihn vergessen zu lassen. Mit schwankendem Schritt folgte er der Menge, die auf den Radau vor dem Drachenzelt zuhielt. Das wäre mit Sicherheit interessanter als dieser Gaukler. Und verdammt, er hatte sich nach dem heutigen Tag ein wenig Unterhaltung verdient!

Wäre Armelle ein Mensch, hätte sie jetzt wohl gegrinst. Manchmal kam der Zufall ihr zu den günstigsten Zeitpunkten zu Hilfe. Außerdem gefiel es ihr, das der Anführer der Drachenjäger so ordentlich eines aufs Dach bekam. Also stieß sie ein belustigtes Krächzen aus.
"Ja, dann will ich mal."
Mit diesen Worten breitete sie ihre Flügel aus und erhob sich in die Lüfte. Ein Streit zwischen zwei Zweibeinern lockte meist noch Anderes an als nur Schaulustige... Und nach diesen Genossen hielt Armelle nun Ausschau. Sie brauchte auch nicht lange, bis sie eine handvoll Krähen bemerkte, die sich, auf Beute hoffend, den Streitenden näherten und in ihrer Nähe niederließen. Bei ihnen landete auch die Rabin. Sie warf einen Blick auf die vier Drachenjäger. Der Anführer hatte den Schlüssel einem der drei Anderen anvertraut. Das war gut. Dann wanderte Armelles Blick über die Schaulustigen. Sie lenkten vorerst die Drachenjäger ab, doch erschwerten sie es auch ihren Verbündeten, sich dem Drachen unbemerkt zu nähern.
Eine der Krähen ließ sich von der Dachkante, auf der sie saßen, fallen und glitt zwischen die Drachenjäger. Niemand schenkte ihr Beachtung und so folgten ihr auch Armelle und die anderen Krähen. Armelle landete nicht direkt zwischen den Drachenfängern, sondern zwischen dem Hintersten und der Abdeckung, die den Drachen verborgen hielt. An dem Jäger vor ihr würde sie sich vorbeischleichen müssen, doch der Nächste hatte den Schlüssel...
Sie warf einen nervösen Blick auf die Umstehenden. Es war viel Publikum... Andererseits würden die Meisten von ihnen wahrscheinlich denken, das Alles zu einer Schau gehörte. Sie suchten Unterhaltung - im Zweifel auf Kosten Anderer, wie jetzt gerade - und Armelle hatte nicht vor, sie zu enttäuschen. Es war Zeit, ein, zwei Kleine Tricks anzuwenden. Sie atmete tief ein und sammelte ihren Mut. Dann sprang sie vor.
Geschickt erwischte sie mit dem Schnabel den Schlüsselbund, der mehr schlecht als recht am Gürtel der Drachenjägers befestigt war. Ein klimpernder Ruck und der Schlüssel gehörte ihr.
"Was zum...?"
Noch während der Jäger hinter ihr den Blick senkte und der entschlüsselte Schlüsselträger sich umdrehte, breitete Armelle ihre Flügel aus und war in der Luft, bevor die Drachenfänger weiter reagieren konnten. Ein Blick zeigte ihr, das fast alle ihre Aufmerksamkeit, wenn bisher auch nur für einen kurzen Moment, auf sie gerichtet hatten. Nun war es an der Zeit, die Aufmerksamkeit andauernder zu binden. Mit einem neckischen Blitzen in den Augen ließ Armelle ihre Flügelspitzen aufleuchten, bevor sie drei Illusionen ihrer Selbst mit dem Schlüssel im Schnabel erzeugte. Ein überraschtes Raunen ging durch die Menge, während die nun acht Flügelspitzen aufleuchteten. Dann zogen Armelle und ihre Illusionen in verschiedene Richtungen davon.
Hinter sich konnte die Rabin das Fluchen der Drachenjäger hören, die, wenn sie recht hörte, allesamt die Verfolgung aufnahmen. Sogar der Anführer, der sich scheinbar einen Dreck um die Wachen zu kümmern schien, denn er sah sein glänzendes Geschäft vollends gefährdet. Von einem Raben, den das Glitzern des Schlüssels angelockt haben musste.
Armelle verschwand kurzzeitig in einem Baum, der am Rande des Marktes stand. Schnell erzeugte sie eine weitere Illusion, die sie weiterfliegen ließ, nicht jedoch, ohne alle Illusionen ein weiteres Mal ihre Flügelspitzen aufleuchten zu lassen. Dann ließ sich Armelle im Schatten der Häuser am Rande des Marktes zurück zu James und Kazu gleiten, wo sie abermals auf dem Fass landete. Den Schlüssel ließ sie auf ebendieses fallen und sah die Beiden an.
"Jetzt seid Ihr dran."

Unbesorgt nahm Kairi einen tiefen Zug vom Duft der illusionären Rose. Vorsichtig, um die Illusion nicht zu zerstören, steckte sie sich die Blume ins Haar. Sollten der Gaukler denken, was er wollte, sollte er sie für töricht halten. Das führte nur dazu, dass man sie unterschätzte. Die Unwissenheit deines Gegners ist deine Stärke, hatten ihre Magister immer gesagt. Statt zu erschrecken lächelte sie also nur freundlich. Die Runen an ihren Armpanzern hatten nicht aufgeleuchtet, also war die Blume nicht vergiftet. Sie wusste nicht genau, wie die zahlreichen Schutzzauber funktionierten, aber dass sie es taten, war sicher.
"Ihr scheint mir nicht der Typ zu sein, der junge Frauen vergiftet. Ich nehme Euer Angebot an." Am anderen Ende des Platzes brach ein Tumult los als eine Krähe oder ein Rabe den Drachenjägern etwas silbriges stahl. Was auch immer der Vogel da geklaut hatte, es schien wichtig zu sein. Die Drachenjäger stoben in alle Richtungen davon.
"Mir scheint, da beherrscht noch jemand Illusionsmagie."

Bei den Drachenjägern ein Tumult losbrach. Dieser Tumult und die Krähe oder so, die Magie einsetzte, lenkten die Sche'ai, als plötzlich jemand mit vollem Schwung in sie hineinraste und sie zu Boden riss. Für einen Moment sah Ivylaine nur rot und bereits lag ein tödlicher Zauberspruch auf ihrer Zunge, als der Vogel mit etwas im Schnabel über sie hinwegflog. Mit geübtem Auge konnte sie eine Lücken in der Illusion erkennen, ein kurzes Flimmern, die meisten hätten es wohl nicht endeckt, aber Ivylaines Augen waren für so etwas trainiert. Sie dachte fasziniert über einen magiewirkenden Vogel nach, doch dann kam sie zu dem Schluss, dass irgendwo in der Menschenmenge ein Magier stand, der diesen Vogel trainiert hatte und die Illusionen wirkte. Uninteressant. Dafür wurde die Frau, die sie umgerissen hatte, um so interessanter. Ivylaine fuhr mit blitzenden Augen hoch und packte das Mädchen mit beiden Hände am Kragen, um sie ebenfalls hochzureissen. Ein unruhiges, blaues Leuchten ging von ihren Händen aus.
"Wie kannst du Abschaum es eigentlich wagen, so über mich herzufallen!", fauchte sie, wobei einige Speicheltropfen über Selias Gesicht regneten. "Dafür sollte ich dir jetzt eigentlich das Gesicht wegfrieren oder dir die Augen ausreissen. Du hast Glück, dass wir hier mitten in der Stadt sind und ich diese so schnell wie möglich verlassen will, wobei Ärger mit den Stadtwachen... ärgerlich wäre."
Der Zauber um ihre Hände erlosch, sie stiess Selia mit einiger Wucht von sich und wandte sich zum gehen. Sie musste diesen Informanten so schnell wie möglich finden.

Jandrim erreichte den Ort des Geschehens keinen Augenblick zu spät. Die Darstellung, die sich ihm bot, war es wirklich wert, dass er den Ausschank verlassen hatte. Denn mit einem mal brach ein Tumult los, wie er ihn sich schöner kaum vorstellen hätte können. Den Grund dafür bekam er zuerst nicht mit, da er unter den Drachenjägern nach der Ursache Ausschau hielt, doch als immer mehr Leute zum Himmel deuteten und dabei erstaunt ausriefen hob auch er den Blick. Gerade rechtzeitig um zu sehen, wie ein großer, schwarzer Vogel in den Himmel aufstieg und... in einen einen ganzen Schwarm von Vögeln zerplatzte. Das war unglaublich! Faszinierend. Er konnte es sich nicht erklären, aber er hatte im Moment auch gar nicht das Bedürfnis danach. Mit offenem Mund starrte er den blitzenden Flügelspitzen der Vögel nach, ehe er sich dann wieder dem Spektakel auf dem Boden zuwandte, das gerade hochgradig amüsante Aspekte entwickelte. Die Drachenjäger waren - warum auch immer - in wilde Aufregung verfallen und schienen eilig fort zu wollen - es musste mit dem Vogel zu tun haben, denn immer wieder deutete einer von ihnen hinauf - was die Wachen jedoch gekonnt zu verhindern wussten. Die Stimme des Wachhabenden dröhnte noch lauter als zuvor über den Platz als der massige Drakone versuchte, sich über den Radau hinweg Gehör zu verschaffen. Jandrim konnte bei allem diesem Chaos nicht mehr an sich halten. Er brach in lautes, gehässiges Gelächter aus und bemerkte dabei nicht einmal, wie er sich krümmend zu Boden ging.

Kazu griff nach dem Schlüssel und ließ ihn in seine Westentasche gleiten. Dann nickte er dem Vogel anerkennend zu. "Das war... beeindruckend," sagte er, wobei er sich jedoch fragte, ob dies wirklich noch ein magisch verändertes Tier war oder vielleicht doch eher ein menschlicher Magier, der sich in ein Tier verwandelt hatte? Andererseits, so wurde ihm sofort bewußt, gab es außer den Nesca'Li niemanden, der die Magie des Gestaltwandels beherrschte - selbst den mächtigen Drachen war diese Fähigkeit vorenthalten.
Er verschob den Gedanken auf später und sah argwöhnisch zu den Drachenjägern hinüber, die, wie er mit grimmiger Genugtuung fest stellte, Ärger mit den Stadtwachen bekommen hatten, und nun in heller Aufregung ob des Verlustes des Schlüssels waren. "Im Augenblick können wir wohl nichts tun," bemerkte er finster, denn die Wachen machten keine Anstalten, ab zu ziehen. "Wir werden wohl oder übel auf später warten müssen!"

Venox bekam von dem Raudau bei den Drachenjägern zwar nichts zu sehen, doch das, was er hörte, reichte ihm auch schon. Und er konnte sich ein freches grinsen nicht verkneifen als die Drachenjäger vom Hauptmann der Stadtwache erst einmal so richtig die Leviten gelesen bekam. Doch mit dem, was die Drachenjäger seiner Meinung nach verdient hatten, war das noch gar nichts. Stattdessen beobachtete er, ein wenig neidisch, wie Armelle ihren Kunstflug samt gestohlenem Schlüssel startete... und er wünschte sich ebenfalls wieder in den Lüften zu sein und streckte seine Flügel etwas und zog an den Ketten. Er hoffte, dass er nicht mehr lange hier sein musste.. er wollte weg, weg von den Drachenjäger, weg von diesem Dorf und weg vom Boden.

"Das war...interessant." meinte James, als Armelle wieder zu ihnen geflogen war. "Wo hast du sowas gelernt?" Er konnte sich kaum vorstellen, dass ein normales Vogel soetwas konnte, weshalb er vermutete, dass es sich um einen Magier handelte, der entweder den Raben verzaubert hatte oder dieser nur eine Illusion war. Obwohl er selbst Illusionen wirken konnte, hatte er keine Ahnung, wie er die von anderen auflösen konnte. Nachdem Kazu meinte, dass sie noch warten mussten, betrachtete er das Zelt und die Drachenfänger genauer. "Wieso gehen wir nicht auf der Rückseite ins Zelt rein und holen den Drachen so raus? So könnten wir auch ungesehen entkommen."

Armelle sah James an und legte den Kopf schief. Auf eine solche Frage war sie nicht vorbereitet gewesen. Während sie nachdachte, legte sie den Kopf auf die andere Seite und wählte ihre Worte mit Bedacht.
"Mein Vater hat mir das beigebracht. Und weil er mich darum gebeten hat, bin ich nun auch hier."
Dann sah sie zu dem Zelt mit dem Drachen.
"Ich denke nicht, das wir den Drachen ungesehen herraus bekommen. Aber die Drachenjäger werden wohl eine ganze Weile damit beschäftigt sein, mein Illusionen zu suchen, in der Hoffnung, das eins davon ich bin. Aber sie werden vergeblich suchen, denn die Illusionen sind längst verschwunden."
Sie stieß ein leises, belustigtes Krächzen aus.

Sie kam ja nicht einmal dazu irgendetwas zu erwiedern, so schnell hatte die Sche'ai ihre Hand gehoben, war kurz davor gewesen sie anzugreifen und hatte sich dann doch wieder dagegen entschieden, das sie eigendlich nur mit einem verwirrten Gesicht und leicht offenen Mund der Frau hinterher sah.
Kaum hatte sie sich wieder gefasst, suchte sie mit ihren Augen nach einem lockeren und großen Stein den sie dieser Furie an den Hinterkopf werfen könnte. Zu ihrem, höchstwahrscheinlich, beider Glück, fand sie keinen Stein der ihren Anforderungen genügte.
Dafür aber etwas anderes das der Frau, ganz offensichtlich aus der Tasche gefallen war, denn dort wo sie aufeinander getroffen war, lag etwas blaues und rundes. Es stellte sich heraus das es eine Münze war, in einem tiefen dunklen Blau mit einem kupferfarbenden B in der Mitte. Die Verzierungen die wie ranken an der Seite entlangliefen, wie kleine Edelsteine, es sahen zumindenstens aus wie Edelsteine, machten diese Münze ziemlich Wertvoll in ihren Augen.
"So ein Pech.. da hat wohl jemand etwas Wertvolles verloren?" Sie sah nach oben der Sche'ai hinterher und rief in einer flüsterstimme "Lady, sie haben hier eine unglaublich Kostbare Münze verloren.. Lady? Wollen sie diese Münze nicht? So ein Pech aber auch.." Grinsend verschwand die Münze in ihrer Tasche und sie drehte ihr den Rücken zu und lief in die andere Richtung.


Es schien als wäre der Plan, an den Schlüssel zu kommen gelungen. Kein Wunder, waren doch ihre Gegner in diesem Plan, ein Haufen aufgeplusterter Jäger die sicherlich nicht einmal wussten, wie man eine Falle wirklich baut. Leider reichte das noch nicht um den Drachen zu befreien, der grade unter seinem Schutz seine Flügel spannte um an den Ketten zu zerren. Als er den Zug von den Ketten wieder ablies, fiel ihm plötzlich etwas hartes auf die Schnauze, und vor ihm auf den Boden kullerte eine blaue Münze, mit einem kupfernden B in der mitte..

"Ich beherrsche keine Illusionsmagie, aber ich nehme diese Annahme mal als Kompliment, ja?"
Der Gaukler hatte den Vogel misstrauisch beobachtet und fragte sich, ob es sich lohnen würde, seine Flugbahn zu verfolgen. Ein zaubernder Rabe war definitiv eine Seltenheit, selbst in Relim. Wäre er alleine gewesen, hätte er das vermutlich getan, doch nun war er als Leibwächter angestellt und würde sich deshalb nicht von seiner neuen Schutzbefohlenen entfernen, außer, sie verlangte es. "Wie es aussieht, beginnt der Spaß...."

"Ich glaube kaum, daß sie das nicht bemerken würden," wandte Kazu ein. "So dumm sind sie dann doch nicht. Wir werden wohl zumindest noch so lange warten müssen, bis die Wachen weg sind. Oder - noch besser - bis Einbruch der Dunkelheit. Dann dürfte unsere Chance, den Drachen zu befreien, am größten sein."