Gleve [MSG]

"Nee... nix da...", erwiderte Jandrim teilnahmslos und gönnte sich einen weiteren Schluck Branntwein. Beinahe schroff klang seine Antwort. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er im Moment keinen gesteigerten Wert auf Konversation legte. Eine bleierne Müdigkeit hatte ihn überkommen und er verspürte nicht die geringste Lust nun irgendetwas anderes zu tun als einfach nur hier zu sitzen. Er geriet ins Brüten während er so da saß und nur ab und an einen Blick zur Dachluke warf um sich zu vergewissern, dass von draußen noch kein Lichtstrahl hinein spitzelte. Eine ganze Weile lang kauerte er teilnahmslos auf seiner Matraze. Schließlich - es mochten vielleicht zwei Stunden vergangen sein - bekam er das Gefühl, dass das nächtliche Schwarz am Himmel sich aufzuhellen schien. Es wurde morgen.
"'s ist soweit...", nuschelte er, seine Stimme vom Branntwein bereits wieder undeutlich, und erhob sich schwerfällig. Aus der kleinen Kommode zog er ungeschickt eine Kapuzenhaube wie man sie in der kalten Jahreszeit auf dem Land trug und stülpte sich diese über den Kopf. Das gestohlene Schwert des Wachmanns wickelte er in mehrere Lumpen bis nichts mehr verriet, was es denn tatsächlich war und schob es sich zusammen mit dem Branntweinschlauch in den Gürtel. Mit der dreckstarrenden Kleidung, die er ohnehin schon trug, hielt er seine Verkleidung als Bauer für ziemlich authentisch.

Ivylaine hatte stoisch versucht, wach auf ihrem Stuhl zu sitzen, aber irgendwann forderte die Erschöpfung ihren Tribut und ihr fielen die Lider zu. Vielleicht eine Stunde war sie eingenickt, als der Säufer sei aus ihrem unruhigen Schlaf weckte, als er sich verkleidete. Verächtlich musterte sie den Aufzug des Mannes, kam dann aber zum Schluss, dass sich zu verkleiden nicht die dümmste Idee war. Sie begann, eine Illusion um sich zu weben. Während eines anhaltenden Gemurmels und einer Reihe obskurer Gesten legten sich ein Schimmer aus Licht um die Sche'ai, die sich dann langsam zu einer hochgewachsenen, fetten Menschenfrau wandelte, die in einem von Schmutz starrenden Kleid steckte. Das Haar sah schmutzig und wirr aus und wahr nachlässig zu einem Zopf zusammen gebunden und auch ihr Gesicht war eine Ebenbild von Hässlichkeit. Mit einem Fingerschnipsen legte sie einen Reflektionszauber in die Luft vor sich und betrachte ihr Spiegelbild. Ihrer Meinung nach hatte sie das Bild einer menschlichen Frau ziemlich gut eingefangen.
"Gehen wir", meinte sie nur, als Jandrim fertig war.

Zum Glück sah Kairi dank des Kerkers eh schon aus als hätte man sie ein paar Stunden über eine schlammige Landstraße gezerrt. Ihre Haare verbarg sie unter einem kurzerhand zum Kopftuch umfunktionierten Halstuch. Heartsong versteckte sie in einem Hosenbein. Schwert und Scheide waren dünn genug, um unter dem Stoff nicht allzu sehr aufzufallen. Nach einem fragenden Blick auf einen schmuddeligen Umhang, worauf Jandrim bestätigend nickte, warf sie sich das riechende Stück Stoff um. Jetzt noch die Haltung verändern. Kairi hatte bemerkt, dass Bauern und Diener immer etwas gebeugt gingen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
"Gehen wir", seufzte Kairi schließlich. Mal sehen, wie weit sie kamen.

Sie verließen das Haus im ersten Dämmerlicht des Tages. Jandrim hätte es vielleicht merkwürdig gefunden, wie seltsam kalt ihn die Aussicht ließ, diesen Ort, der ihm die letzten Monate als Zuhause gedient hatet, zu verlassen, doch der Branntwein hatte in bereits wieder in jenen wohligen Zustand der Gleichgültigkeit versetzt, in dem ihn selbst ein Erdbeben wenig beeindruckt hätte. Seiner Ortskenntnis hingegen konnte der Schnaps wenig anhaben. Er hatte sich im Lauf der Zeit zu sehr an diesen Zustand gewöhnt und war die Straßen des Rattennests wohl öfter betrunken als nüchtern auf und ab gegangen. Auch sein Gang wirkte, wenngleich ein wenig tapsig, für einen Mann, der innerhalb der letzten beiden Stunden einen halben Schlauch Branntwein geleert hatte, erstaunlich sicher. Zielstrebig ging er voran, gar keinen Zweifel daran lassend, dass er als der Ortskundige zu Führung zu übernehmen hatte.
Sie erreichten das Haupttor als die Sonnenscheibe sich eben über den Horizont schob. Ein gutes Dutzend anderer Gestalten, an ihrem Aussehen unschwer als Landvolk zu erkennen, hatte sich bereits dort versammlt. Einige führten Handkarren mit sich, einer saß auch auf dem Bock eines Ochsenfuhrwerks, doch der Großteil stand wie sie mit leeren Händen dort. Jandrim führte die beiden Fraun in die Mitte des Pulks und achtete darauf, den Blick gesenkt zu halten um nur keine ungewollte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Vom Alkohol enthemmt summte er halblaut und ziemlich falsch vor sich hin während sie warteten. Und dann, endlich, öffneten sich die Torflügel. Grelles Morgenlicht brach durch den Spalt zwischen den Torflügeln hinein und Jandrim musste die Augen mit der Hand abschirmen. Doch schon setzte der Tross sich in Bewegung und so blieb ihm nichts anderes übrig als ebenfalls los zu traben, wollte er nicht von den Rädern des Fuhrwerks zermalmt werden. Als er in den Schatten des Torbogens trat und die deutlich in der Decke erkennbare Linie des Fallgitters passierte kam es ihm so vor, als könne er die Freiheit regelrecht auf der Zunge schmecken.

Erst als der drohende Schatten des Tores über sie hinweggehuscht war, ließ Kairi Minuten angehaltenen Atems entweichen. Die Anspannung hatte sich in jeden Knochen, in jeden Zentimeter Haut gefressen und nicht mehr losgelassen. Jetzt fiel sie mit einem Male ab, wie ein Stein von ihrem Herzen. Die Prinzessin nahm den ersten entspannten Atemzug seit langem. Die unmittelbare Gefahr war vorüber, wodurch sich das Hirn, verflucht sollte es sein, anderen Sorgen zuwenden konnte. Zum Beispiel diesem seltsamen Zauber, den abzuwehren ihren Armreifen nicht gelungen war. Kairi warf der Sche'Ai einen bewundernden Blick zu. Ihre beschworene Illusion war perfekt. Nichts deutete darauf hin, dass die dickliche Frau neben ihr nur ein Bild war. Kairi näherte sich Ivylaine und fragte in leisem Tonfall: "Verzeiht meine Unverschämtheit, aber Ihr wirkt wie eine Meisterin der Magie." Die unausgesprochene Frage blieb einen Moment in der Luft hängen, bevor die Prinzessin fortfuhr: "Noch während der Flucht legten zwei Magier einen Zauber auf mich. Würdet Ihr ihn Euch ansehen?"
Kairi streckte zaghaft die rechte Hand nach der Sche'Ai aus.

Beinahe hätte Armelle verpasst, rechtzeitig aufzuwachen. Sie war noch müde, als drei Gestalten das Haus verließen. Waren es die drei vom Abend? Die Rabendame war sich nicht sicher. Sie verschwanden hinter einer Hausecke und Armelle beschloss, das sie es einfach versuchen wollte. Genau genommen hatte sie ja nicht einmal die Gewissheit, das die, denen sie hierher gefolgt war, zu den Flüchtigen Gefangenen gehörten. Und so nahm sie die Verfolgung auf.
Die Gruppe steuerte eines der Stadttore an. Ganz offensichtlich wollten sie die Stadt verlassen. In Ordnung. Armelle flog über das Stadttor hinweg und setzte sich auf einen Wegweiser außerhalb der Ortschaft, von dem aus sie einen guten Ausblick auf das Tor hatte. Sie saß nicht lange dort, bis sie bemerkte, das die Drei aus der Stadt herraus waren. Aufmerksam beobachtete sie sie.

Kazu hatte James schließlich in einen alten Werkzeugschuppen geführt, in dem sie die Nacht verbracht hatten. Als die Sonne aufging, wachte Kazu auf und sah nach draußen.
"Zeit aufzustehen," flüsterte er seinem Verbündeten zu. "Jetzt bei Tag sollten wir Euch durch das Tor bekommen. Aber Ihr solltet Euch noch irgendwie tarnen, damit sie Euch nicht gleich erkennen." Er sah sich suchend um. Ob es hier drin vielleicht etwas gab, das er sich überziehen konnte?

Eine Art Erleichterung erfüllte auch Ivylaine, als sie die Stadt verlassen hatten, auch wenn sie all die schmutzigen Leiber des Abschaums, der diese Stadt mit ihnen verliess, anwiderte. Nicht nur, dass sie endlich aus dem Drecksloch raus war, sie würde auch die Hure und den Säufer loswerden. Es war zwar schade, dass sie ihren Informanten nicht gefunden hatte, aber daran konnte man nichts ändern. Der Clown war es auf jeden Fall nicht gewesen, auf die vorgegebene Phrase hatte er nicht reagiert. Also musste sich jemanden Neuen suchen.
Als sie draussen waren, stand die Hure plötzlich neben ihr und fragte sie ob sie sich einen Zauber, den irgendwer auf sie gelegt hatte, untersuche könnte. Normalerweise hätte sie gesagt, dass sie sich zurück in die Gosse scheren solle und dass sie sich nicht für irgendwelche lächerliche Menschenmagie interessierte, aber das vorangegangene Kompliment, zusammen mit der Erleichterung stimmte die Sche'ai gnädig. Dennoch steuerte sie von der Frau weg. Sie wollte diesen Abschaum nicht so nahe bei sich haben.
"Ich werde es mir ansehen", meinte sie mit hochmütiger Stimme und ging dann weiter. Nur so schnell wie möglich aus diesem Storm aus dreckigen Leibern raus.

Ein kleines Stück entfernt von den Stadttoren, dort wo man zwar noch nicht ganz außer Sichtweite, aber doch schon außer höhrreichweite war, erklang plötzlich der schrille Ton einer weiblichen Stimme, die etwas rief. "Hey.. ihr Banditen.." Abseits von der Straße, in der nähe eines üppigen Buschwerks stand die rothaarige Frau, die sie schon am vorherigen Tag getroffen hatten, und offensichtlich hat sie es auch geschaft wieder aus der Stadt zu entkommen.
Die Wachen Uniform die sie vorher noch angehabt hatte, trug sie nicht mehr. Es war wieder ihrem schwarzen Kleid gewichen. Ihr Haar war etwas zerzaust und lies wohl darauf schließen das sie die Nacht vor den Toren am Boden verbracht hatte, und im gegensatz zu der Sche'ai war sie sogar zu einem strahlenden Lächeln fähig das auf ihrem Gesicht thronte, als wäre mit dem gestrigen Tag, einer ihrer besten Tage gewesen.
Natürlich winkte sie ihnen nicht einfach nur zu, wie jemand der sagen wollte ´´Hey, ich habs auch überlebt´´, sondern sie winkte sie ganz expliziet zu sich, mit dem dafür typischen Winkzeichen.

Kaum hatte Kazu ihn angesprochen, öffnete James die Augen und stand kurze Zeit später auf. Einige Zeit lang schien er erst darüber nachdenken zu müssen, wo er gerade war, dann lächelte er leicht. "Tarnen dürfte kein Problem sein." meinte er nur, bevor er kurz die Augen schloss. Seine Kleidung begann zu verschwimmen und ihm nächsten Moment wurde sie durch typische Bauernkleidung ersetzt. "Glaubst du, ich werde so durch das Tor kommen?" wollte er von dem Formwandler wissen.

Diese Sche'Ai kratzte über Kairis Hirn wie eine Käsereibe. Alles an ihr verlangte danach, dass man ihr einen stumpfen Gegenstand quer durch den Kopf trieb. Kairi schluckte, um ihre Verärgerung zu unterdrücken. Aber eine Königin ließ ihren Ärger nicht durchblicken. Beinahe wäre sie wieder in ihren gewohnte Gang verfallen, aufrecht und stolz, erinnerte sich aber noch rechtzeitig daran, dass sie unauffällig bleiben sollten. Die andere Frau, die mit ihnen unten in der Zelle gewesen war, winkte ihnen zu. Kairi überprüfte mit einem Blick nach hinten, ob die Wachen ihnen Aufmerksamkeit schenkten. Taten sie nicht. Ohne zu beschleunigen gesellte sich Kairi zu der jungen Frau in schwarz.

Wäre die Prinzessin nicht plötzlich aus der sich ohnehin aufsplitternden Bauerngruppe ausgeschert und wäre auf sie zugegangen, Jandrim hätte die junge Frau aus dem Kerker nicht einmal bemerkt. Der Branntwein hatte zusammen mit der Erleichterung ein benebelndes Glücksgefühl erschaffen, dass seinen Kopf ganz ausfüllte und alles, was um ihn herum geschah, ausblendete. Er hätte nun immer weiter gehen können, einfach weiter, bis die Mauern dieses Rattennests hinter dem Horizont verschwunden waren. So jedoch heftete er sich an die Fersen der Prinzessin, die auf die junge Frau zu hielt. Es wunderte Jandrim, sie dort anzutreffen. Wie war sie hier her gekommen? Er hatte angenommen, dass die Wachen sie erwischt hatten.
"Wo kommst du denn her?", sprach er sie nuschelnd an und warf ihr einen musternden Blick zu, "Und wo hast du den anderen gelassen? Den Gaukler..."

Das die anderen auf die Büsche und von dem Menschenstrom wegsteuerten, kam Ivylaine nur recht. Sie folgte dem Säufer und der Hure zu dem dummen Flittchen, das sie sogleich mit Verächtlichkeiten Blicken traktierte. Dass diese dumme Pute sie gestern fast in den Dreck gestossen hatte, hatte sie nicht vergessen. Irgendwie musste sie sich dafür noch revanchieren.
"Der Säufer hat ganz recht, es ist wirklich ein Rätsel wie du hierher gekommen bist. Bei deinem Geh- und Tarntalent hätte ich wetten können, dass die Wachen dich zehnmal schnappen, selbst während das Schuppenkalb seine Show abgezogen hat", giftete sie, kaum war sie bei den Büschen angekommen. Es war in der Tat erstaunlich, dass scheinbar sämtliche Gefangene entkommen konnten. Andererseits... dieses Gefängnis wurde auch von einem Haufen Bastarden aus der Gosse geführt, da konnte man weder auf ein waches Augen, och auf einen vernünftigen Schwertarm hoffen.

Kazu zuckte zurück, als James seine Kleidung wechselte wie er selbst seine Gestalt. Er hatte schon geahnt, daß mehr hinter diesem Schwertkämpfer steckte, und hier war der Beweis. Doch er konnte sich auch später noch den Kopf darüber zerbrechen - in jedem Fall würde ihnen das helfen, aus der Stadt zu kommen. Er nickte, als er seine Überraschung überwunden hatte. "Ja, das sollte gehen."

Tatsächlich schaffte es James solcherart verkleidet durch das Tor der Stadt; Kazu hatte es noch einfacher, denn er spazierte einfach als Katze hindurch. Die Wachen schienen sich an dem Tier nicht im mindesten zu stören. Schließlich hatten sie es geschafft, sie standen draußen vor der den Toren.

Erleichtert atmete James auf, als sie die Tore hinter sich gelassen hatten und er seine zweite Illusion auflösen konnte. Diese hatte ihn mehr Kraft gekostet, als er erwartet hatte, aber er hatte vorher auch noch nie zwei Illusionen zugleich aufrecht erhalten. "Glaubt ihr, der Drache konnte auch entkommen?" wollte er leise von seinem Gefährten wissen.

"Als Euer Leibwächter, Herrin..." Ganecs melodische Stimme drang, leise gewispert, über den Köpfen Kairis aus dem Baum, welcher sich neben dem Riesenbusch befand, in welchem er und die Rothaarige genächtigt hatten, dann kippte der Gaukler mitsamt Maske an den Knien von einem horizontalem Ast. "Erlaubt, dass ich mich Euch wieder anschließe" Ohne darauf zu warten, ob sie es nun bejahen würde oder nicht, sprang er von dem Baum, um sich neben die Frau in schwarz zu stellen und die Anwesenden zu betrachten. "Na sowas, ihr habt tatsächlich nur etwa einen ganzen Tag länger gebraucht als wir, um aus dieser Stadt zu entkommen. Mein Respekt gebührt eurem tollkühnem Plan." Das Lächeln, welches hinter der Maske verborgen war, ließ sich allein an seiner Stimmlage erkennen, doch er hatte nicht vor weiter herumzuspötteln, sondern verschwand mit der vorderen Körperhälfte im Busch, in welchem es sehr unbuschartig klimperte und schabte. Dass er dabei eine Handvoll staubige Erde in Richtung der Sche'ai schleuderte war ein unglückliches Versehen, für das er sich, sobald er es bemerkt hätte, umfassend entschuldigen würde.

"Nicht jeder kann sich seinen Weg dort heraus Vögeln wie jemand euren.. ´´Gewichtes´´" Antwortete sie auf die Sche'ai, ohne nach einem Stein greifen zu wollen. Wobei, jetzt wo sie daran dachte, wäre ein Stein ein wunderbares Mittel ihren Argumenten nötige Schlagkraft zu verleihen. "Wir haben eure Rüstung gefunden. Also.. ich glaube es ist eure.. sie sah zumindenstens so aus als könnte sie mir etwas einbringen wenn ich sie verscherblet hätte, mehr als eine durchschwitzte Wachenrüstung. Nicht so dreckig und hatte einen Schnitt wo höchstens euer neuer Leibwächter rein passen würde.. aber kein vollwertiger Mann.." Zwar klang es ein wenig wie eine Beleidigung, wahrscheinlich war es auch eine Beleidigung, doch sie zwinkerte dem Gaukler zu bevor sie in das Gebüsch hinein griff und einen Kartoffelsack heraus zog, der verdächtig klapperte.
"Nichts zu danken.. aber wenn ihr mir Danken wollt, nehm ich's gerne an" Sie strahlte und wollte ihr den Kartoffelsack reichen, doch sie bekam ihn nicht einmal wirklich vom Boden aus hoch gehoben.

"Danke. Danke euch beiden. Das ist wirklich außerordentlich nett von euch", sprudelte es aus Kairi heraus. Die junge Frau schnappte sich sofort den metallisch klappernden Kartoffelsack und förderte ihre Rüstung zutage. Ein prüfender Blick nach hinten ergab, dass die Wachen ihnen keine Beachtung schenkten. Kairi legte den Umhang ab, faltete ihn zusammen und reichte ihn Jandrim. Erst als die Rüstung wieder anhatte, fühlte sich Kairi wieder einigermaßen sicher. Beim Anziehen des Handschuhes glühten die Schutzzauber kurz auf. Den Zauber von vorher konnten sie allerdings weder entfernen noch registrieren. Dafür würde sie die Hilfe der unglaublich charmanten Sche'Ai brauchen. Falls die sich nicht irgendwo einen Nagel abbrach oder ähnliches.

Der grauschwarz getigerte Kater lief schnell zum Straßenrand und verschwand in ein paar Büschen. Die Wachen am Tor mußten ja nicht mitbekommen, daß ihnen gerade ein Nesca'Li durch die Lappen gegangen war. Wobei diese ungebildeten Tölpel vermutlich ohnehin nicht wußten, was ein Nesca'Li überhaupt war. Wenige Momente später trat Kazu in seiner menschlichen Gestalt aus dem Buschwerk heraus.
"Ich denke schon," antwortete er, wobei er ziemlich sicher klang. "Es hätte sicher ein großes Aufhebens gegeben, wenn sie den Drachen erneut gefangen hätten. Und ich habe die ganze Nacht über nichts gehört."

Bevor ich mich aufgegeben hatte, schlossen sich sachte 2 grosse Drachenklauen um meinen Körper. Ich realisierte es gar nicht richtig, erst als sich ein Bolzen haarscharf neben meinem Gesicht vorbeiflog und dann an Venox' Schuppen abprallte. Ich stiess einen stummen Schrei aus. Meine Muskeln spannten sich an und ich sog geräuschvoll die Luft ein. Ich tat dies zwei, dreimal hintereinander, bis ich mich beruhigt hatte. Als ich um mich schaute, waren wir schon hoch in den Lüften und ich sah weder den Boden, noch die Sonne, noch den Wachturm. Es jagte mir einen gehörigen Schauer den Rücken herab, denn alles um mich war schwarz.
Kurz und bündig entschied ich mich, auf Venox' Rücken zu klettern. Wie ich das geschafft hatte, weiss ich bis heute nicht.
Als ich mich auf seinem Rücken eingefunden hatte, spürte ich seine kräftigen Muskeln unter den Schuppen, wie sie sich anspannten und schliesslich wieder entspannten. Das Gefühl wie der eisige Wind über meinen Körper strich und ich eigentlich erfrieren sollte, die Wärme des Drachen mich aber bei Temperatur hielt, die erschreckende Höhe, das Kämpfen der mächtigen Flügel gegen den Wind und die Dunkelheit, welche mich umschloss, all dies zusammen erweckte in mir ein noch nie dagewesenes Hochgefühl. Ich musste grinsen wie ein kleines Kind, ich lachte in die Dunkelheit und erfreute mich über den Herrn der Lüfte. Der Drache. Venox.
Das Glücksgefühl verblasste erst in mir, als Venox sich dem Boden näherte. Er steuerte auf eine Lichtung zu. Ich sah mich um, die Sonne war schon zu sehen, aber in der Richtung, in der Relim sein sollte, sah man nur noch einen kleinen Fleck am Horizont. Es war ein geschätzter Tagesmarsch von uns entfernt.
Es wurde langsam heller, aber das störte mich nicht. Kurzerhand stieg ich von Venox' Rücken und sagte zu ihm: "Vielen Dank. Vielen Dank für alles. Für die Rettung und den wunderbaren Flug. Ich bin dir zu tiefem Dank verpflichtet. Wenn ich etwas für dich tun kann, dann lass es mich bitte wissen."
Mit diesem Satz beendete ich die Unterhaltung und sammelte das umliegende Holz zusammen. Es war genug, damit es lange brennen würde.
Mühsam entzündete ich ein wärmendes Feuer. "Ich leg mich schlafen, aber keine Angst, ein wachsames Ohr ist bei mir immer dabei." Ich legte mich auf den Boden, zog die Beine an, eine Hand unter meinem Kopf und die Ohren wachsam aufgestellt. Ich hörte jedes Geräusch der Umgebung, auch noch als ich schon schlief.

Was die Gruppe tat, schien ganz vielversprechend, fand Armelle. Scheinbar handelte es sich bei den Dreien tatsächlich um Flüchtlinge aus dem Gefängnis. Zumindest verhielten sie sich so, als wenn sie nicht gerade unschuldig wären. Auch das, worüber sie sprachen, konnte man, mit viel gutem Willen, dahingehend interpretieren, das sie Ausbrecher waren. Nun, das beste Mittel, es herrauszufinden, wäre, die Gruppe, zu der sich noch zwei Gestalten gesellt hatten, einfach anzusprechen. Aber der Rabe zögerte. Insbesondere die Sche'ai war ihr nicht geheuer, aber auch die neu hinzugekommene Menschenfrau war ihr eher suspekt. Also wartete sie ab und beobachtete sicher von einem Baum aus, was die Gruppe tat.

"Wie seid ihr'n ü'erhaup' raus gekomm'n?", platzte Jandrim hervor und funkelte den Gaukler giftig an. Der Hohn in dessen Worten war ihm nicht entgangen. Er kam mehr oder mehr zu dem Schluss, dass er den Maskierten nicht mochte. Eine lächerliche Gestalt. Aber gefährlich! Jandrim vermochte ihn nicht zu durchschauen. Dieser Kerl hatte keinen Grund hier zu sein. Aber das selbe konnte man über dessen rothaarige Begleiterin, die Verrückte aus dem Gefängnis ebenfalls sagen. Ebenfalls eine sehr suspekte Person. Jandrim versuchte sie mit scharfem Blick zu mustern, doch irgendwie verschwamm seine Sicht fortwährend. "Warum seid'er'n noch hier, wenn'er schon'n Tag lang raus seid?", fuhr er fort, die beiden auszuhorchen, "Solltet'er nich' längs' ü'er alle Berge sein?"

Le'nique redete so hastig vor aufregung das Venox gar nicht dazu kam überhaupt etwas zu antworten. Ein wenig überrumpelt blickte er der jungen Katzendame zu, wie sie versuchte ein Feuer zu entzünden. Warum fragte sie ihn nicht einfach ob er das übernehmen könne? Vermutlich waren ihre Gedanken immernoch viel zu aufgewühlt um an diese möglichkeit zu denken, doch das machte nichts. Le'nique schaffte es schlieslich aus eigener kraft ein Feuer zu entzünden und macht es sich dann gemütlich. Venox hätte durchaus noch gerne ein paar worte mit ihr gewechselt, schlieslich hatte er dazu nicht sehr oft gelegenheit, doch auch er bemerkte die die Müdigkeit in seinen Knochen. Der Tag war anstrengend gewesen, aber es hatte sich gelohnt, er war wieder Frei... und er hatte sogar leute gefunden die ihn nicht als wilde hirnlose Bestie abstempelten. Die bemerkung von Le'nique, das sie wachseim bleiben würde, entlockte ihm ein Schmunzeln, den Wildtiere wagten sich nicht in die nähe eines Drachen. Dennoch wiedersprach er nicht, Le'nique hatte wohl ihre Gründe vorsichtig zu sein. Venox legte sich also ebenfalls hin und war nach kurzer zeit eingeschlafen.

Es war so gegen mittag als Venox wieder erwachte. Sonnenlicht erhellte die Lichtung und nun da er ersteinmal wach war konnte er nicht nochmals einschlafen. Der Wald war, mit ausnahme des vogelgezwitschers, ruhig. Venox hob den Kopf und sah sich etwas um, konnte aber nichts entdecken. Zu hören war ebenfalls nichts ungewöhnliches und der Wind trug auch keine merkwürdigen Gerüche heran. Er schien also immernoch mit Le'nique alleine auf der Lichtung zu sein. Venox musterte die Katzenfrau. Ob er sie wecken sollte?

"Solltest du nicht schon längst wieder Nüchtern sein?" Sie verschränkte ihre Arme während sie Jandrim kurz Musterte. Gestern war er nüchterner als Heute, zumindenstens machte er den Eindruck, und sie wollte garnicht Wissen welchen unheiligen Vorrat er aufgebraucht hatte, bis sie aus der Stadt heraus gekommen waren.
"Du willst also wissen wie wir raus gekommen sind? Also.." sie warf dem Gaukler einen kurzen Blick zu bevor sie wieder zu dem Säufer sah und sich langsam zu ihm vorbeugte, als wolle sie ihm etwas zuflüstern das für niemand anderen bestimmt war.
"Schildkröten.." mit einem vielsagenden Grinsen, auch wenn es überhaupt nichts zu sagen gab, nahm sie wieder eine grade Position ein und hob ihre Augenbrauen ein par mal als verschwörerisches Zeichen und zwinkerte ihm zu.
"Und diese.. Schildkröten.." sie betonte das Wort so geheimnisvoll wie sie konnte, ".. haben uns auch etwas gegeben. Eine Karte. Eine SCHATZ Karte.." Ihre Finger verschwanden in ihrem Ausschnitt, der sicherste Ort wenn man nicht grade genötigt oder vergewaltigt wurde, und zauberte einen dünnen Lederfetzen hervor den sie mit einer Handbewegung galant entfaltete und dann an den Ecken zwischen Zeigefinger und Daumen nahm, um sie vor den anderen auszubreiten.
Die Karte war nicht sonderlich groß. Es hatte die größe eines, etwas größeren Taschentuchs, jedoch eignete es sich wahrscheinlich nicht sonderlich dafür, sich damit die Nase zu putzen. Das, was auf der Karte drauf gezeichnet war, sah auf den ersten Blick nicht sonderlich eindrucksvoll aus. Tatsache, es war eine Karte, auf der die Stadt, die sie grade verlassen hatten, und etwas von der Umgebung. Jedoch fast ganz unten Rechts auf der Karte war ein makierung mit einem X, und daneben eine kurze, mit schwarzer Tinte geschriebene Notiz ´´Imperiale Ruine´´
"Also.." bevor sich die Anwesenden die Karte richtig eingeprägt hatten, faltete sie sie wieder zusammen, und verstaute sie zwischen ihren Brüsten. ".. Fals es jemand nicht gelesen hat.. das ´´X´´ Makiert eine Ruine vom Imperium.. und ich dachte mir vielleicht könnten wir.. da wir sowieso grade alle auf der Flucht sind, gemeinsam eine Ruine Plündern, und die Beute fair teilen?"

Saftiges Gras, vermischt mit feinen Wiesenkräutern, stieg mir in die Nase. Ich sog den Geruch ein und versuchte ihn mir zu merken. Er war angenehm & erinnerte mich an jemanden...an jemanden aus meiner Vergangenheit. Ich schob den Gedanken beiseite.
Erst jetzt bemerkte ich in welch misslicher Position ich geschlafen habe. Unter meinem Bauch ein Stein und neben mir eine Pfütze, von welcher mein Oberteil schon einiges aufgesogen hatte.
Leise stöhnte ich in den mittlerweile nicht mehr jungen Tag. Ich stand auf und klopfte mir den Dreck aus der Kleidung. Mein Oberteil war pitschnass. Ich liess ein leises Knurren ertönen um meine Empörung auszudrücken. Genervt zog ich mir das Kleidungsstück über den Kopf, lief zum Rande der Lichtung und wrang das Wasser aus. Nach kurzem glattstreichen legte ich es auf den nächstbesten Stein. Von der strahlenden Sonne wird es schnell trocknen.
Erst dann bemerkte ich Venox, ich hatte ihn fast vergessen! Zum Glück hatte ich oben rum noch etwas an. Auch wenn es nur ein weisses Stoffband war, es beruhigte mich, dass ich mich, vor ihm, nicht ganz entblösst hatte.
Ich ging auf ihn zu, ohne Furcht, denn ich vertraute ihm, streichelte seine Nase blickte ihn an und fragte: „Guten Tag Venox, hast du gut geschlafen?“