GQ - [Die MSG]

Fassungslos sah Aldred den Tod der Magierin, die ihn nur Stunden zuvor noch verarztet hatte, mit an und der Anblick – weniger die Tatsache das Todes an sich, als vielmehr die Art, wie es geschah – ließ Panik in ihm aufsteigen. Magie! Verdammte Magie! Warum musste es immer Magie sein? Magie war etwas, das er nicht verstand, nicht einschätzen und nicht bekämpfen konnte. Am liebsten wäre er beim Anblick der graugewandeten Gestalt Hals über Kopf davon gerannt. Wären da nur nicht die Ritter gewesen, die ihn gewiss auf der Flucht nieder gemacht hätten. Und wäre da nicht Finn gewesen, der noch immer in eben jenem Haus liegen musste, das die Gestalt nun durchsuchte. Es war vor allem diese Sorge, die Aldred die nagende Furcht in seinem Herzen niederkämpfen und standhaft bleiben ließ. Mit vor Anspannung zur Fratze verzerrtem Gesicht hob er abermals seinen Hammer, blickte sich nach seinem Kameraden um.
"Amun'Raak! Du musst Finn retten", presste er an den Vogelmann gewandt hervor. Amun'Raak war der Auserwählte unter ihnen. Der Sturmkönig. Und war er nicht selbst Herr über die Blitze? Wenn, dann war er es, der diese Gestalt bekämpfen konnte. An ihm war mehr als an einem einfachen Mann wie Aldred. Und die Ritter würden einen Avior nicht aufhalten können. Nicht, wenn Aldred sie in einen Kampf verwickelte. Er hatte Evelynn und Nethari an seiner Seite. Sie waren in der Unterzahl, aber sie hatten schon Schlimmeres überstanden.
"Für Topan! Für Finn!", krächzte Aldred erstickt, dann warf er sich vorwärts.

Es war irgendwie beängstigend, wie viel Kraft in dem Schmied steckte. Umso erleichterter war Eva, den Vogelmann wohlauf zu sehen. Sie nickte ihm auf seine Frage hin kurz zu, bevor auch ihr der kranke Junge wieder einfiel. Mit Bedauern ließ sie ihre Hellebarde zurück, als sie Aldred folgte. Zwar bevorzugte sie die Stangenwaffe, doch da es möglicherweise weitere Kämpfe in Gebäuden gab, war es sinnvoller, das Schwert mitzunehmen. Sie würde die Hellebarde hoffentlich später noch holen können...
Und wie erwartet: Die graugewandete Gestalt durchsuchten das Heilerhaus. Dankbar für ihre eigene Weitsicht hob auch Eve das Schwert, um Aldred in den Kampf zu folgen. Doch im Gegensatz zu ihm verzichtete sie darauf, ihre Göttin laut anzurufen. Lediglich ein stummes Stoßgebet sandte sie zu ihr. Zyn stand ihr doch meistens hilfreich zur Seite. Und sicher würde sie nicht zulassen, dass ihren Gesegneten etwas passierte.

"Möglicherweise sollten wir tatsächlich hier schlafen", meinte Tristan nachdenklich. "Allerdings würde ich gerne so viel Abstand wie möglich zwischen mich und dieser vermaledeite Stadt bringen ..."
Er seufzte.
"Was meinst du? Hier übernachten und morgen in der Früh weiterhiehen?"
Er stürzte sich regelrecht auf sein Essen, hungrig war er nämlich wirklich.

Obwohl sich die Welt immer noch nicht ganz in eine stabile Lage gebracht hatte, sprintete Amun los. Magie griff ihm unter die Klauen und beschleunigte den Avior. Woraufhin er in rasender Geschwindigkeit zur Seite wegbrach und beinahe in eine Wand rannte. Ein Blitz fetzte die nächste Wand einfach auseinander. Stolpernd kam Amun zum Stehen und stützte sich an der nächsten Wand ab, wobei er wieder einen blutigen Striemen hinterließ. Irgendwo musste Finn doch sein?
"Finn?", kam es hustend und krächzend aus seinem Schnabel gekrochen. Irgendwo hier drin musste auch die berobte Gestalt sein. Vorsichtig streckte Amun die Hand nach einer Türe aus. Niemand hatte ihm gesagt, wo man Finn untergebracht hatte. Verdammt, verdammt! Der Avior drückte die Türe auf.

Keine Rüstung, kein Schild und noch dazu in der Unterzahl. Es waren keine guten Voraussetzungen, mit denen Aldred in den Kampf startete. Aber dafür, sich darum nun noch Gedanken zu machen, fehlte ihm schlicht die Zeit. Adrenalin schoss durch seine Adern, schärfte seine Sinne, stärkte seine Muskeln. Er tauchte unter einem Schwerthieb hinweg und hieb dem ersten Ritter seinen Hammer in die Rippen. Ziemlich sicher keine tödliche Verletzung – wenn es denn überhaupt eine solche war – aber zumindest genug, den Schwarzen aus der Bahn zu werfen. Ohne sich weiter um ihn zu kümmern trat Aldred an ihm vorbei, lenkte einen Streich des nächsten Kriegers ab, nur um sich einen Stoß von dessen Schildkante einzufangen, der ihm Nase und Lippe aufplatzen und ihn zurück taumeln ließ. Sich wieder fangend nutzte Aldred den kurzen Augenblick der Distanz um sich nach seinen Mitstreitern umzusehen. Evelynn und Neythani waren an seiner Seite, Amun'Raak dagegen verschwunden. Er konnte nur hoffen, dass der Vogelmann sich um Finn kümmerte. Grimmig hob Aldred den Hammer und machte sich bereit, dem nächsten Angriff seines Gegners zu begegnen.

Die Kälte kam zurück. Irgendwann hatte er aufgegeben, dagegen anzukämpfen und hatte sich von der Kälte einhüllen lassen. Sie tobte in seinem Inneren, brachte alles zum Erstarren und begann, ihn Stück für Stück aufzulösen. Es tat nicht einmal weh, er verschwand einfach Stück für Stück. Die Kälte war überall.
Dann tauchten die Wälle wieder auf und die Kälte verschwand und damit kam er Stück für Stück zurück. Und jedes kleine Stück tat weh. Er konnte nichts tun. Er wusste, dass die Wälle wieder fallen würden und die Kälte würde wieder zurückkommen. Wie oft würde das noch passieren und wieso? Er hatte aufgegeben.
Das erste, was er bemerkte, war der Schnee. Und mit dem Schnee kam die Kälte wieder zurück, doch diesmal war es anders. Statt ihn wieder aufzulösen und die Arbeit diesmal zu Ende zu führen, zwang diese Kälte ihn in eine Form, drängte alle verlorenen Stücke zusammen und hielt sie dort. Dann berührten Finger sein Gesicht.
„Ich habe dich nicht auserwählt, damit du dich in dir selbst verlieren kannst“, flüsterte eine Stimme. „Du wirst mich finden und befreien und du wirst nicht aufgeben. Ich habe noch ein letztes Geschenk für dich, danach musst du zu mir kommen. Nutze, was ich dir gegeben habe.“
Eiskalte Lippen streiften seine Schläfe und Finn schlug die Augen auf.

Weissblaues Licht strömte durch die lädierte Tür, die Amun’Raak gerade öffnen wollte, dann barst massives Eis aus dem Nichts und die gesamte Wand vor dem Vogelmensch wurde von diesem ersetzt. Einen Moment später zersplitterte ein Teil und die in dunkle Roben gewandte Gestalt torkelte aus dem Loch, gierig nach Luft schnappend. Hinter ihm machte Finn einen vorsichtigen Schritt. Er war immer noch unglaublich bleich und dadurch, dass er nichts ausser Hosen trug, konnte man seine abgemagerte Brust sehen. Aber Zeichen aus hellblauem Licht bildeten eine Maske um seine Augen und sein Mund war zu einem verbissenen Strich verzogen. Er hob eine Hand und eine Säule aus Eis schoss auf den unbekannten Magier zu. Diesmal war dieser jedoch bereit und auf ein gebelltes Wort hin verwandelte sich die Luft vor ihm in einen konzentrierten Sturm, der das Eis zu Scherben verarbeitete. Eine unkontrollierte Böe wehte blies aber auch seine Kapuze herunter und enthüllte das Gesicht von Magister Urnesso.

Neythani folgte Aldred und umfasste ihren Speer mit festem Griff. Sie war bereit für den Kampf. Wenn die mauer der Magier so sicher sein soll, wie waren dann die Schattenkrieger hineingekommen? Irgendwas konnte da ja nicht stimmen.

Aldred hatte nie eine Ausbildung als Kämpfer erhalten. Er war der Sohn eines Schmiedes, kein Adelsspross. Er hatte das Schmiedehandwerk erlernt. Aber er hatte sich auch zwei Jahre lang durch die Eisigen Einöden gekämpft. Und überlebt. Er besaß Erfahrung. Und er besaß Kraft. Die schwarzen Ritter mochten es verstehen, ihre Klingen zu führen, aber wenn sie sich treffen ließen, dann starben sie wie jeder andere auch. Aldred wusste, dass seine einzige Chance hier darin bestand, zumindest einen Gegner so rasch wie möglich auszuschalten um ihre Zahl auszugleichen. Also ließ er einen wahren Schlaghagel wuchtiger Hiebe auf den Ritter vor ihm nieder gehen, zwang ihn in die Defensive und immer weiter zurück. Aldred war sich durchaus im Klaren, dass selbst er dies nicht lange durchhalten konnte, aber solange sein Gegner nicht dazu kam, seinerseits zum Angriff überzugehen, war er im Vorteil. Wieder und wieder ging der Hammer auf den nachtschwarzen Schild nieder, den der Ritter abwehrend vor sich hielt, zerbeulte das fremdartige Metall bis zur Nutzlosigkeit. Aber gerade, als Aldred seinen Feind fast bis zur Hauswand zurück gedrängt hatte, wo er nicht mehr hätte ausweichen können, bemerkte er eine Bewegung in seinem Rücken. Gerade noch rechtzeitig ließ er von dem Ritter ab um herum zu fahren und dem Angriff eines zweiten Gegners auszuweichen. Verdammt! Jetzt hatten sie ihn in der Zange. Jetzt war es an ihm, zurück zu weichen. Und das, wo er kaum noch Atem hatte.

"Verräter!", krähte Amun, der sich mit einer Hand an der Wand abstützte, die sich nicht soeben disintegriert hatte. Finn ging es gut! Das war ein Anfang. Aber er wurde von diesem miesen, verräterischen Landgeher bedroht. Wie eine Kugel raste Amun durch den Gang, nur um von dem Magier mit nichts weiter als einer Handbewegung aus der Luft gerissen zu werden. Der Aufprall trieb dem Avior die Luft aus den Lungen und die Tränen in die Augen.
"Verräter!", keuchte Amun erneut und griff nach einem Bein des Magisters. Blitze zuckten seinen Arm entlang und wanderten in das Bein des Magisters.
"Finn!"

Zu gerne hätte Eve dem Schmied zur Seite gestanden, doch sie selber war mit einem anderen Ritter beschäftigt. Offensichtlich unterschätzten sie die beiden Frauen, denn der Schmied war der Einzige, der es mit zwei Gegnern aufnehmen musste. Allerdigs war das auch von Vorteil, hatte die Priesterin doch ein Handycap dadurch, dass sie auf ihre bevorzugte Waffe verzichten musste. Außerdem war dieser Kerl nicht ungeschickt mit seiner Waffe. Objektiv betrachtet empfand Eve diesen Kampf als durchaus ausgeglichen. Doch der schwarze Ritter hatte nicht den Segen der Göttin auf seiner Seite. Nach einer Finte gelang es Eve schließlich, ihren Gegner in die Defensive zu drängen. Zwar hielt er sich tapfer, doch früher oder später würde es der Priesterin gelingen, seine Deckung zu durchbrechen - solange sie sich nicht von der Kampfeshitze packen ließ, die sie früher ständig begleitet und unvorsichtig gemacht hatte.

Mit zwei Feinden zugleich, denen er sich gegenüber sah und ausgerüstet mit nicht mehr als seinem Kriegshammer blieb Aldred wenig anderes übrig, als sich zu verteidigen und darauf zu hoffen, dass entweder seine Kameraden oder seine Göttin ihm früher oder später zur Hilfe kam. Langsam wich er über den Hof der Akademie zurück, dabei nicht undankbar für die offene Weite, die es den beiden Rittern unmöglich machte, ihn in eine Ecke zu treiben und ihn in die Zange zu nehmen.
Erlösung kam schließlich durch reines Glück: einer der Ritter, offenbar der Verfolgung seiner Beute müde, verzichtete darauf, vor Aldreds abwehrendem Schwung zurück zu weichen und entschied sich stattdessen dafür, in seine schattenhafte Form überzugehen, sodass der Hammer glatt durch ihn hindurch glitt. Der Ritter nutzte diese Gelegenheit um vor zu preschen, Aldreds Deckung zu unterlaufen und ihm den Schwertknauf von unten gegen die Nase zu hämmern – doch er gab seine Schatten einen Augenblick zu früh auf. Früh genug, dass Aldred ihm mit der freien Hand in den Schlag greifen konnte. Und ohne die schützende Distanz, die die Klinge des Ritters zwischen ihnen schuf, sah Aldred sich plötzlich im Vorteil. Seine Waffe war besser für ein solches Ringen geeignet als die des Ritters. Er ließ den Hammerschaft durch seine Hand rutschen, bis er ihn direkt unterhalb des Kopfs griff und drosch ihn dem Ritter gegen den Helm, einmal, zweimal, dreimal. Mit seiner Linken, die noch immer das Gelenk der Schwerthand umklammert hielt, konnte er spüren, wie die Spannung aus dem Körper des Schwarzen wich, dann sackte dieser zu Boden und blieb reglos liegen. All das hatte nicht mehr als ein paar Herzschläge gedauert.

Es folgten einige weitere Schlagabfolgen, die beidseitig ebenbürtig waren, bevor es Eve schließlich gelang, die Waffe ihres Gegners mit einem kräftigen Hieb beiseite zu schlagen. Für den Bruchteil einer Sekunde unschädlich gemacht, nutzte die Priesterin die Gelegenheit, um dem schwarzen Ritter einen Tritt zu versetzen. Zwar stürzte er nicht zu Boden, doch die Zeit, die er brauchte, um sein Gleichgewicht wiederzufinden, genügte Eve, um ihm das Schwert mit Wucht in den Panzer zu treiben. Agiler als erwartet gelang es dem Ritter jedoch, sich ein Stück zur Seite zu bewegen, sodass das Schwert statt seines Herzens nur seine Schulter durchstieß. Mit einem Ruck seinerseit entwandt er die noch in ihm steckende Waffe Eves Griff. Nun Waffenlos gegen einen noch immer bewaffneten Gegner wich Eve ein Stück zurück. Sie wünschte, sie hätte ihre Hellebarde bei sich.

Nina war mindestens genauso hungrig, doch sie hatte gelernt, wie man anständig aß, also mäßigte sie sich und verschlang ihre Mahlzeit nicht so barbarisch wie Tristan. Mit einem nicht unbedingt begeistertem Gesichtsausdruck beobachtete sie ihn dabei, wie er sich das Fleisch in den Mund schaufelte, als wäre er fast verhungert. "Nun, warum nicht. Wir können morgen weiterreisen." Sie hoffte, er wollte nicht ein Zimmer mit ihr teilen. So eine war sie nämlich nicht. Die Perilia besaß Standards und Manieren.

Aus dem Augenwinkel registrierte Aldred, wie Evelynn von ihrem Gegner entwaffnet wurde. Das war nicht gut. Ohne eine Klinge in der Hand war sie ein gefundenes Fressen für den Schwarzen. Sie brauchte Hilfe. Aber er selbst befand sich kaum in der Lage, diese zu geben. Sein verbliebener Gegner hatte die Gelegenheit, die sich durch Aldreds waghalsigen Vorstoß gegen den ersten Ritter ergeben hatte, genutzt und trieb den schwer bedrängten und aus dem Gleichgewicht gebrachten Schmied vor sich her, der nur mit Mühe den Schlaghagel zu parieren vermochte und bereits etliche Schnitte an Armen und Brust hatte einstecken müssen. Aldreds eigene Situation war nicht nennenswert besser als die Evelynns. Und nach all den Strapazen, die er im ungleichen Duell gegen zwei Feinde auf sich genommen hatte, gingen ihm allmählich die Kräfte aus. Es waren nicht allein die Wunden, die schmerzten. Seine Muskeln, seine Lungen brannten und nur zu deutlich bemerkte er, wie seine Reaktionen erlahmten. Er hatte mehr als genug damit zu tun, sich seiner eigenen Haut zu erwehren. Und doch, er könnte Evelynn nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Als der ihm gegenüber stehende Schwarze zu einem weiteren Angriff ansetzte nutzte er die Gelegenheit, sich Raum zu verschaffen. Er fing die Klinge hoch über dem Kopf mit seinem Hammer ab und trat mit dem Fuß gegen den Schild des Ritters um diesen zurück taumeln zu lassen. Es reichte nicht, um dessen Deckung zu öffnen, aber es verschaffte ihm genug Zeit, sich zu bücken und die Klinge des gefallenen Schwarzen aufzuheben.
"Evelynn!", rief er mit allem Atem, der noch in seinen Lungen steckte und schleuderte das Schwert in ihre Richtung. Einen Herzschlag später spürte er, wie ein Schildstoß auf seine Rippen traf.

Der Ritter scherrte sich nicht um das Schwert in seiner Brust, viel mehr war er darauf versessen, Evelyn zu töten. Außerdem war das Schwert im Moment vielleicht das Einzige, was den Kerl noch am Leben hier. Zöge man die Waffe herraus würde er wahrscheinlich sehr schnell verbluten. Allerdings beeinträchtigte ihn dies auch. Unbewaffnet war dies allerdings auch kein nennenswerter Vorteil für Eve. Da war Aldreds Idee genau das Richtige.
Dennoch nahm der Ruf des Schmied einen Moment ihre Konzentration - lange genug, dass der Ritter sich ihr wieder nähern und zustechen konnte. Offensichtlich wollte er sich für seine eigene Verletzung auf gleiche Weise revanchieren. Doch auch Eve besaß lang antrainierte Reflexe und so ließ sie sich einfach fallen. Das Schwert glitt über ihre rechte Schulter und hinterließ eine nicht tiefe, aber doch später wohl schmerzhafte Wunde. Im Moment zumindest betäubte das Adrenalin jedoch jegliches Schmerzgefühl.
Bevor der Ritter nachstechen konnte, rollte sich Eve einmal zu Seite, sodass sie auch direkt das Schwert des toten Ritters ergreifen konnte. Mit einer geübten Rolle kam sie wieder auf die Beine, wich einem Hieb des Ritters aus und ging dann ebenfalls wieder in den Angriff. Zwar war ihre neue Waffe im Gegensatz zu ihren eigenen nicht mit dem Segen der Göttin belegt, doch Eve selber war von der Göttin gezeichnet. Sie glaubte fest daran, dass dies den Makel des Schwertes wett machen würde.
Tatsächlich gelang es ihr, nach einigen Angriffen und Paraden die Oberhand zu gewinnen. Ihr erster Treffer verlangte Tribut vom schwarzen Ritter. Er wurde langsamer, seine Bewegungen kantiger. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis es Eve gelingen würde, ihn schließlich zu töten. Die Frage war nur, ob Aldred die Zeit hatte, denn seine Hilfe hatte er teuer bezahlt, soweit sie das mitbekommen hatte. Nach einem krägten Hieb, der ihren Gegner zurücktaumeln ließ, sah sie sich kurz nach Neythani um. Vielleicht konnte die Katzenfrau Aldred beistehen?

Neythani konnte sich vor schreck nicht bewegen und auch nicht klar denken. Aldred und Evelyn kämpften mit den Schwarzen und sie stand nur dumm daneben und konnte nichts tun. Sie wusste selber nicht genau, warum sie dastand wie festgefroren. Doch in ihrer Starre merkte sie etwas.
Eine seichte Berührung an der Schulter, die bis zu ihrer Stirn wanderte. Dann hörte sie eine Stimme wispern. "Neythani, Erdkind. Ich brauche dich. Du musst mich finden und befreien," wisperte die stimme. Neythani erkannte sie als die Stimme, die sie schonmal vernommen hatte. Als sie im Gefängnis in Kilath saßen. Bilder huschten vor ihren Augen herum. Von einem strahlenden Tempel, der auf einer blumenwiese inmitten eines Hains stand und von Menschen besucht wurde. Dann einen Zerstörten Tempel. Und wie dieser von dem Hain eingehüllt wurde. Etwas regte sich in ihr.
"Töte die Schwarzen Krieger, Erdkind. Beschütze deine Freunde!," raunte die Stimme nochmal.
Dann spürte Neythani ein brennen an der Stirn. Grüne Linien bildeten sie über ihren Augen, die nase hinab, zu ihren Schultern und dann über ihren Körper. Der Schwarze Ritter der sich gerade auf sie stürzen wollte, bekam die spitze seite des Speers in den Bauch gerammt und starb. Der zweite, der Aldred bedrängte, bekam ordentlich dresche von der Katzenfrau und fiel ebenfalls. Willenlos ging Neythani dann auf den Hof hinaus, und wo sie auftrat blühten Blumen auf. Sie würde die Schwarzen töten.

Urnesso beugte sich nach unten, seine Hand von blauen Blitzen umhüllt, mit denen er den Blitz des Aviors einfing und zwischen seinen Fingern herumtanzen liess, bevor er ihn einfach absorbierte. Dann begann er, Worte zu murmeln und die Blitze zwischen seinen Fingern breiteten kroch seinen Körper hinauf. Bevor er den Zauber aber beenden konnte, rollte eine weitere Wand aus Eis von Finns Fingern und, von Amun an Ort und Stelle festgehalten, zwang ihn, diesen für einen Gegenzauber aufzugeben. Wieder setzte Energie die Luft vor ihm in Bewegung und bildete eine Barriere gegen den Angriff. Dann fuhr er hastig fort, Zauberworte zu murmeln.
 
Finn bewegte sich wie in einem Traum. Seine Gedanken waren vollkommen ruhig und fokussiert und alles, was er sah und mitbekam, wandelte sich in Informationen um. Amun’Raak hielt den Magier, der ihn angegriffen hatte, fest und er konnte sich nicht bewegen. Das Eis, das er geschaffen und das der Magier immer wieder zerstörte, war immer noch da, immer noch eine Ressource. Er musste nur nach dem Meer aus Energie in seinem Inneren greifen, das vor weniger als einer Minute noch gedroht hatte, ihn zu überrollen und dass er nun, ohne gross nachzudenken, unter Kontrolle hielt.
Die Wand aus Eis um Finn herum begann zu zittern, als der Junge magische Kraft in sie hineinschaufelte.

Der Magier schien ihn nicht einmal zu beachten. Wahrscheinlich stufte er Amun grade völlig zu recht nicht als Bedrohung ein. Der würde schon noch sehen, was er davon hatte. Mit beiden Händen zog sich der Avior an dem Magier und der Wand hoch, der grade damit beschäftigt war einen Zauber zu weben. Mit einer Klauenhand griff Amun um den Hals des Magiers herum und legte ihm die Finger auf den Mund. Jetzt regte sich Widerstand in Unesso. Ohne die Worte konnte er den Zauber hoffentlich nicht fertig weben. Und Amun hing an ihm wie eine Klette. Zu mehr war er nicht fähig, aber hoffentlich reichte diese kleine Ablenkung, damit Finn etwas tun konnte.

Plötzlich unfähig seinen Zauber zu beenden, versuchte Urnesso, den Avior von sich zu lösen und wegzustossen. Aufgestaute magische Energie tanzte in Form von Elektrizität um sie herum, während der Magister erfolglos an Amuns Fingern zerrte und unverständliche Laute zwischen den Fingern hindurchschrie, als wolle er seinen Zauber dennoch wirken.
Um Türrahmen war Finn noch damit beschäftigt, seinen Zauber in die Bahnen zu leiten. Mit einem Gedanken spann er unzählige Fäden aus Magie durch das Eis und versuchte gleichzeitig, die perfekte Schwachstelle zu finden, um den Magier zu töten. Amun’Raak machte das schwerer, indem er nun mit dem Mann rang und sich immer wieder vor ihn bewegte. Aber Finn konnte bereits ein Muster erkennen.

Mit einem schrillen Klang zerbarst die Wand aus Eis in unzählige Splitter, die in der Luft hängen blieben. Auf einen Wink Finns hin schoss ein Teil des Eises auf den Magier und den Avior zu, teilten sie auf, um in einem Bogen um den Vogelmenschen herumzufliegen und von der Seite auf Urnesso einzuprasseln. Finn hoffte, dass er Amun nicht zu schlimm traf…

Interessant. Da steckten Nadeln in seinem Arm. Das waren die ersten Gedanken in Amuns Kopf als der Avior wieder zu sich kam. Unesso hatte ihn davon geschleudert und er war mit dem Kopf aufgeprallt. Und jetzt steckten da Nadeln in seinem Arm. Interessant. Während die Augen sich bemühten die Umgebung wieder scharf zu stellen, stand Amun leise krächzend auf. Auch in Unesso steckten Nadeln. Allerdings viel mehr. Und die Nadeln färbten sich langsam rot. Der Avior zuckte zusammen und nahm eine halbfertige Kampfhaltung ein, bevor er aufstöhnte und mit Entsetzen auf seinen Arm sah. Das Eis brannte in den Wunden. Hastig zog er mit der rechten Hand die Splitter aus seinem Arm.
"Gut...gut gemacht. Denke ich, heh. Nach draußen sollten wir. Fliehen." sie hatten nicht einmal eine ganze Nacht schlafen können. Tot ist er?" Irgendwo musste doch noch sein Speer herumliegen. Den konnte er grade gut gebrauchen, als Stütze.

Während Neythani damit beschäftigt war, den schwarzen Ritter, der Aldred noch immer bedrängte, zu töten, gelang es Eve letztendlich einen schwachen Hieb des Ritters weit nach unten abzulenken. Die Zeit, die er benötigte, um die Waffe wieder zu heben, nutzte die Priesterin, um selbst einen horizontalen Hieb durchzuführen - und den Feind sauber zu enthaupten. Einen Moment blieb der kopflose Körper noch stehen, bevor er einfach in sich zusammensackte. Angewidert ließ Eve das fremde Schwert fallen, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, das gerade keine akkute Gefahr bestand, drehte sie ihren Gegner auf den Rücken, setzte einen Fuß auf seine Brust und umschloss ihr Schwert mit beiden Händen. Dann zog sie es mit einem kräften Ruck herraus, bevor sie sich den Anderen zuwandte.
"Alles okay? Seid ihr verletzt?" Ehrliche Sorge klang in ihrer Stimme mit, was sie selbst ein wenig verwunderte. Schließlich waren die Beiden Ketzer, die an irgendwelche lächerlichen Göttinnen glaubten.

Oft in seinem Leben hatte Aldred sich gefragt, ob seine Göttin – so fern und hilflos sie stets auf ihn gewirkt hatte – nicht doch ihre schützende Hand über ihn, den Sucher, hielt. So häufig hatte er Dinge überlebt, die er nicht hätte überleben dürfen. So oft war ihm im letzten Moment Hilfe zuteil geworden, als sein Tod bereits sicher erschien. Nun tat sie es wieder, in der Gestalt Neythanis. Der Stoß des Ritters hatte Aldred zu Boden geschickt und hatte ihm ziemlich sicher die eben erst geheilten Rippen wieder gebrochen. Er hatte den Schmied auf alle Viere geschickt und dort dem Schicksal seines Bezwingers ausgeliefert, zu kraftlos, um sich zu verteidigen, dem fatalen Hieb auszuweichen. Aber dann war die Katzenfrau gekommen und hatte kurzen Prozess mit Aldreds Peiniger gemacht. Im rechten, im letzten Moment. Wie so häufig. Er lebte also noch. Wieder einmal. Obwohl er es wohl nicht sollte. Doch wer würde darüber klagen?
Ohnehin hätte er im Moment nicht den Kopf dafür gehabt. Da waren dringendere Dinge. Schmerzen in seiner Brust. Eiserner Geschmack in seinem Mund. Er hustete, spuckte Blut. Und zwang sich dann, obwohl er doch viel lieber zu Boden gesunken wäre, wieder in die Höhe. Blickte Neythani nach, die in unwirklichen grünen Runen erglühte und mit jedem Schritt Blumen aufblühen ließ.
"Du nun also auch...", stellte Aldred keuchend fest.

"Na gut. Dann bezahl ich uns ein Zimmer ..."
Er stand auf um beim Wirt ein Zimmer zu bestellen. Eins würde reichen müssen. Die Kleine musste gar nicht meinen was es fürn Luxus gab.
Er bezhalte und kam dann zurück um den Rest seines Fleisches zu verschlingen.
"Gut. Und morgen früh aus den Federn. Für nen Schönheitsschlaf haben wir keine Zeit!"

Neythani hörte Aldred gar nicht. Sie schritt hinaus in richtung Heilerzimmer. Kurz vor Amun und Finn blieb sie dann schließlich stehen."Der Tempel der Erde, verborgen vor den Blicken der Sterblichen. Ziehet dahin und befreit die Göttin," sprach Neythani, doch ihre Stimme klang, als wäre sie weit weg. Langsam verblassten die grünen Linien auf ihrem Körper, hinterliessen nur ein mal über ihren Augen. Dann wurde die Katzenfrau bewusstlos und glitt zu boden.

Auch Eve konnte nicht anders, als die Katzenfrau anzustarren, die leuchtenden Linie zu bewundern. Offensichtlich hatte die Göttin auch sie berührt... Aber waren Pflanzen - eines der Zeichen für Wissen - nicht eher Wujans Zeichen? Was konnte diesen friedlichen Gott dazu bewogen haben, die Neythani mit tödlicher Macht zu erfüllen? Offensichtlich war die Mission noch wichtiger, als die Priesterin geahnt hatte. Und irgendwie machte es sie stolz, dass sie auserwählt war, bei dieser Mission zu helfen. Doch dann erinnerte sie sich an Finn und Amun'Rak. Erschrocken sah sie zu dem Zimmer, in dem die Heiler praktizierten, und beobachtete, wie Neythani auf dem Weg dorthin zusammenbrach. Auch das noch!
Mit wenigen Schritten war sie neben der Katzenfrau und noch während sie ihr Schwert wegsteckte, ging sie bereits in die Hoche, um Neythani behutsam auf die Arme zu nehmen, bevor sie sich an Aldred wandte.
"Wir müssen den Jungen und den Vogelmann suchen", sagte sie zu ihm. "Seid Ihr dazu in der Lage - auch, wenn es zu einem weiteren Kampf kommt?"