GQ - [Die MSG]

Evelynn hätte nie für möglich gehalten, das es eine Stadt gab, in der die Leute derart fanatisch an eine falsche Göttin glaubten. Reina, Reiva, oder so ähnlich hieß sie und vertrat angeblich das Licht. Welches Licht? Das Sonnenlicht? Eve schüttelte verständnislos den Kopf, während sie durch die Stadt schritt, ihre Hellebarde auf den Rücken gebunden. Um die Hüfte hatte sie sich einen Beutel geschnürrt, in dem etwas Ration zu finden war. Nahrung, Wasser und ihre Hellebarde, das war, von der Kleidung an ihrem Leib einmal abgesehen, ihr einziges Gepäck. Und mehr brauchte sie auch nicht. Offenbar war sie auch hier eine Respekt einflößende Erscheinung, denn die Leute machten ihr bereitwillig Platz. Vielleicht fürchteten sie auch nur die Waffe.
Zu gern hätte sie mehr über diese fremde Göttin erfahren, um den Leuten anschließend von Wujan und Zyn zu erzählen, doch sie war vorsichtig. Es waren zu viele Menschen hier, die die Wahrheit nicht erkennen würden und sie für ihren Fevel an ihrer Göttin bestrafen wollen könnten. Immerhin, das war ein Gedankengang, den die Priesterin verstehen konnte. Immerhin würde sie die wahren Götter ebenfalls mit Waffengewalt rächen wollen. Aber warum beteten sie dann derart blind eine falsche Göttin an? Sie musste vorsichtig sein, wenn sie nicht wollte, das man ihr etwas tat. Da kam ihr der Mann, der offensichtlich verzweifelt nach jemandem suchte, gerade Recht. Insbesondere als sie beobachtete, wie jener von einem dieser Fanatiker angeherrscht wurde, still zu sein. Ja, sie musste sachte beginnen, die Saat zu setzen. Hier helfen, wo es die Lichtgöttin nicht tat, dort Güte beweisen. Es wäre anders, hier den Leuten den wahren Glauben zu zeigen, als in den Gegenden, in denen sie zuvor war. Und irgendwie freute sich Eve darauf.
Ihr viel eine Szene wieder ein, die vor kurzem erst in einer der Seitengassen beobachtet hatte... Männer trugen einen Bewusstlosen durch die Straße. Eve hatte sich nicht viel dabei gedacht, wahrscheinlich war das einfach einer ihrer Kumpanen, der sich in einer Taverne zu viel vorgenommen hatte. Doch was, wenn es dieser Finn gewesen war, den der Rufende suchte? Nein, das wäre ein zu großer Zufall... Aber versuchen konnte man es ja. Beherzt schritt Eve auf den jugen Mann zu und griff nach seiner Schulter, während sie den Blick auf den Paladin legte.
"Ich kümme mich um den Jungen", sagte sie mit einer gewissen Authorität in ihrer Stimme, bevor sie dem Paladin zunickte. Eine Geste, die er hoffentlich als Respekt verstand.

Finn wollte schon in das Schluchzen des anderen Jungen einstimmen, doch sein Körper reagierte nicht mehr. Seine Tränen waren versiegt und er hatte nicht mehr die Kraft, zu schluchzen. Sein Körper konnte nicht mehr als Ventil für seine Emotionen hinhalten. Und auch seine Gedanken waren zur Ruhe gekommen. Er – nein, sie, er konnte diesen anderen Jungen nicht zurücklassen –, sie mussten einen Weg finden, zu entkommen. Sie waren gefesselt und in einem Keller eingesperrt, aber sie konnten miteinander sprechen. Und mit allem, was sich sonst noch in diesem Raum befand.
„Du... nkel… kelgefährten, Halbscha… schatten, die schwar… zen Fle… Fle… Flecken, die im…immer an mir dra…dra…dran hängen, was au…auch immer i…ihr sein sollt“, sagte er, seine Stimme so laut, wie er sie heben konnte. Was für eine verschluchzte, geschwächte Jungenstimme nicht besonders laut war, aber es war der Gedanke, der zählte. „Jetzt, bi… bitte, hel… helft. Kö… könnt ihr die Fesseln lö… lösen?“
Gespannt blickte er herum und versuchte im spärlichen Licht, das durch eine schlecht gezimmerte Klappe am Ende der Treppe fiel, die schwarzen Flecken zu erspähen. Doch er konnte nichts entdecken. Er brachte es nicht einmal fertig, zu seufzen. Stattdessen wndte er sich seinem Mitgefangenen zu.
„Du… hast du ir… irgendje… jemanden, der di… dich suchen wi… wird?“

Och man ... Dieser Eisbärenkerl war echt manchmal mühsam. Rannte durch die Stadt wie ein Irrer. Ganz und gar unauffällig. Juhu.
Tristan folgte Aldred so gut es ging. Er hatte es deutlich weniger eilig, behielt die Augen allerdings offen. Als finn davongerannt war, hatte er ziemlich verängstigt gewirkt. Möglicherweise wollte er ja gar nicht gefunden werden?
Er holte Aldred erst wieder ein, als der von einem Paladin aufgehalten wurde. Und da tauchte auch schon ein schwer bewaffnetes Mannsweib auf.
Tristan kam nicht umhin, die Frau anzuglotzen, als wäre sie ein Pferd. War es überhaupt eine Frau?
Eigentlich lag ihm bereits irgendein blöder Kommentar auf den Lippen, doch der Söldner war vom Anblick der Frau irgendwie zu verstört, um überhaupt etwas sagen zu können.

Mit einer Mischung aus Neugier und Überraschung sah Amun die schwer gerüstete Frau an. Natürlich hatte es auch bei den Menschen Abweichungen von der Norm geben müssen, was dieses Thema anging. Meistens waren es doch eher die Männer gewesen, die zu den Waffen gegriffen hatten. Eines jedoch hatte Amun gelernt, was den Umgang mit Menschen anging und er kniff die Augen zusammen, während sich seine Miene von neugierig zu misstrauisch veränderte.
"Und habt Ihr was davon, heh?"
Die allerwenigsten Menschen würden aus reiner Freundlichkeit etwas für einen anderen tun, noch viel weniger für einen völlig Fremden, den sie grade zum ersten mal sahen.

Der Paladin schien mit der Aussage zu Frieden zu sein, denn er wandte sich wieder seinen eigenen Angelegenheiten zu. Dafür wurde Eve nun von jemand anderem angespruchen. Sie wandte sich zu der Person um und hob die Brauen, als sie erkannte, das es sich um eine ihr bisher nur aus Erzählungen bekannte Spezies handelte. Dennoch ließ sie sich nicht beirren.
"Ich habe meine Gründe, die ich euch vielleicht später mitteilen werde", meinte sie, mit einem vielsagenden Blick in Richtung des Paladins. "Sofern ihr meine Hilfe denn überhaupt haben wollt."
Dann sah sie wieder zu dem Mann, auf dessen Schulter noch immer ihre Hand ruhte.

"Und welche Art von Hilfe kannst du uns anbieten?", fragte Aldred, halb hoffnungsvoll, halb Amun'Raaks Misstrauen teilend, die Fremde. Er hätte nicht eben sagen können, dass sie vertrauenserweckend wirkte, was primär an ihrer schweren Bewaffnung lag. Sie wirkte nicht, als würde sie zu den Paladinen von Kilath gehören. Außer diesen hatte er jedoch – sah er einmal von ihnen selbst ab – noch keine Bewaffneten in der Stadt gesehen. War sie also auch eine Reisende? Eine Söldnerin, vielleicht? Wie konnte jemand, der hier ebenfalls fremd war, ihnen helfen? Wie eine Magierin, die die Fertigkeit besaß, Verlorenes aufzuspüren, wirkte sie nicht.

Zeckker verstand genau nichts von dem, was der andere von sich gab. Inhaltsmässig nicht und akustisch erst recht nicht. Musste wohl ein Gebet oder so etwas sein, so flehend wie es sich anhörte, wenn er denn raten wollte. Und da er das Wort 'Schatten' heraushören konnte, kam ihm da auch gleich in den Sinn, was man sich über die Kilath so erzählt hatte, als sie der Stadt näher gekommen waren. Da gab es so Leute, die an eine Schattengöttin glaubten und Leute, die an eine Lichtgöttin glaubten. Aber die Schattenverehrer waren alles andere als gern gesehen in letzter Zeit, das erkannte sogar ein Fremder an all den bewaffneten Paladinen in den Strassen, die keinen Hehl aus ihren Zielen und Motivationen machten. War es das vielleicht? Waren sie in die Fänge solcher Fanatiker gelangt? Wenn der andere laut Schatten anbetete, dann war das noch halbwegs verständlich, dass er in so einer Stadt nicht lange unversehrt blieb. Aber was hatte das dann mit ihm zu tun? Er war ein Händlersbursche in Ausbildung, die einzige Göttin, die er benötigte, war die des Handels und der guten Reise. Und die war seines Wissens nach eher eine Floskel als wirklich eine Persönlichkeit, die man anbetete. Wirkliche Religion und die damit zusammenhängende Politik interessierte seine Familie nur so weit, wie sie die Wirtschaft beeinträchtigte.
Dann musste es wohl doch das Aussehen sein. Verflucht!
Auch bei der an ihn gerichteten Frage, musste er erst überlegen und die zerstückelten Worte noch einmal im Kopf neu zusammensetzen, ehe er sie wirklich verstand. Aber sie waren nicht ganz so gestottert wie der Rest, das half ein wenig.
"Natürlich habe ich das. Oder denkst du, ich laufe alleine in einer Stadt voller zwielichtiger Gestalten herum und warte nur darauf, dass mich jemand überfällt?"
So eine dumme Frage, also wirklich. Aber das Suchen an sich spielte in dem Fall wohl nur eine geringe Rolle im Vergleich zum tatsächlichen Finden und diese Tatsache liess ihn schwer aufseufzen und den vorherigen Hohn aus der Stimme fegen.
"Na ja. Auch wenn es in so einer Stadt lange gehen kann, bis die Suche auch wirklich erfolgreich ist. Oder überhaupt Erfolg hat. Von daher.. immerhin sind wir jetzt zwei, das sind also auch mehr Suchende und grössere Erfolgschancen. Hoffe ich zumindest. Nach dir wird doch auch gesucht?"
Das wäre es jetzt noch gewesen, mit irgendeinem Waisenbengel da zu sitzen, nach dem niemand fragen würde. Das wäre kaum eine Hilfe gewesen.

Behutsam nahm Eve nun die Hand von der Schulter des Mannes, bevor sie ihn gütig anlächelte. Was aber wahrscheinlich nicht diesen Eindruck erweckte.
"Ich bin mir nicht sicher, doch es könnte sein, als hätte ich diesen... Finn gesehen", meinte sie. Es war leicht den Namen des Gesuchten zu kennen, hatte der junge Mann ihn doch lautstark gerufen. "Es kann sich natürlich auch um jemand Anderes gehandelt haben. Ich habe beobachtet, wie mehrere Männer einen weiteren Mann fort schleppten.."
Kurz beschrieb Eve, wie der Getragene ausgesehen hatte und hoffte, das es sich wirklich um Finn handelte. Diese Gruppe war sehr misstrauisch, daher war es wichtig, wirkliche Hinweise liefern zu können.

Die Beschreibung des verschleppten mochte durchaus auf Finn zutreffen. Klein, schmal und auch die Kleider, die die Fremde nannte, mochten mit denen aus dem Kloster der Reija überein stimmen. Natürlich mochte es immer noch ein anderer Junge sein, aber wäre das nicht zu viel des Zufalls? Finn war verschleppt worden... das war ein wichtiger Hinweis, den sie da erhalten hatten. Aber warum? Und viel wichtiger noch: wohin? Das war zweifellos die entscheidende Frage.
"Du hast nicht zufällig gesehen, wo sie ihn hin gebracht haben?", halte Aldred nach, doch seine Hoffnung auf eine hilfreiche Antwort war gering. Aber ohne diesen Hinweis brachte sie auch die Information, dass Finn verschleppt worden war, nicht weit. Alles, was sie dann in Erfahrung würden bringen können, war, wo sie Finn aufgegriffen hatten.

"I... i... ich glaube nicht", antwortete Finn auf die Frage. "Sie... die Leu... Leute mit den... denen ich herge.... gekommen bin... ich bi... bin weg... weggelaufen, weil... e... es ist kompli... pli... pliziert. Aber, nei... nein, glaub i... ich."
Finn wusste nicht, ob sie nicht doch nach ihm suchen würde. Aldred und Amun... vielleicht. Aber die anderen würden sie davon abhalten und überzeugen wollen, Finn zurückzulassen, weil er der Gruppe sowieso nicht helfen konnten. Womit so wohl auch recht hatten. Und Finn wusste nicht einmal, ob er wollte, dass sie ihm folgten, wenn er nicht in diesem Keller stecken würde. Die Angst vor dem Unbekannten war aber grösser. Und irgendwie vermisste er sie. Sie hatte so vieles zusammen erlebt, sie hatten Dinge durchgestanden, die sich Finn nicht einmal hätte vorstellen können und trotz der kurzen Zeit hatte Finn das Gefühl, ein Teil der Gruppe zu sein. Auch wenn er kein Auserwählter war und nichts tun konnte. Er hatte sich gewünscht ihnen helfen zu können. Nachdem was passiert war, wusste er es nicht mehr.
"Wi... wir müssen u... uns selber helfen", brachte er schliesslich hervor. "Nicht auf andere zä... zählen. Ka... kannst du dich be... bewegen?"

Hoa, die Alte war ja gut. Kam dick gepanzert an und brachte eine fast perfekte Beschreibung von Finn hin. Das war irgendwie unheimlich.
Doch ehe sie aufbrechen konnten, den Jungen zu suchen, erklang hinter ihnen Hufgetrappel.
Drei etwas schäbig wirkende Männer stoppten in gebührendem Abstand zu der Gruppe.
"Heh, ihr da!", schnauzte der offensichtliche Anführer.
"Ihr müsst gar nicht nach dem Jungen suchen. Wir geben ihn euch freiwillig. Wenn ihr uns dafür den Bastard ausliefert..."
Er zeigte mit der Spitze eines Dolches auf Tristan.
Tristan wandte sich den Neuankömmlingen zu und seine Gesichtszüge entgleisten ein wenig.
Ach scheisse. Rekhyt und seine verdammten Anhänger.

Der Händler in Ausbildung seufzte. Es war ja so was von klar gewesen. Aber na ja, man musste nehmen, was man nehmen konnte.
"Ein bisschen. Die Kette an der Wand ist alles andere als neu und gut geschmiedet. Aber ich bin leider auch nicht gerade ein sehr starker Geselle", teilte er dem anderen seine bisherig herausgefundenen Gegebenheiten mit. "Wie das mit den Fussfesseln ist, kann ich weniger beurteilen. Ich spüre die inzwischen gar nicht mehr."
Hach, seine armen, zarten, schönen Füsse. Man hätte meinen sollen, bei den Stiefeln, die er trug, hätte man genug Wendigkeit besessen, um sich aus so einer Schlinge zu ziehen. Aber Fehlanzeige, die hatten zugeschnürt wie mit der Kraft von zehn Riesen.
"Falls du also eine gute Idee hast, nur her damit, Junge."

Sie wurde unterbrochen, noch bevor Eve antworten konnte und sagen konnte, wo sie die Leute gesehen hatte und in welche Richtung sie unterwegs gewesen waren. Verärgert wandte sie den Blick den Reitern zu. Offenbar wussten sie, wo der Junge war, den die Gruppe suchte. Womit sie selber wohl überflüssig wurde und ihre erste Missionierung in dieser Stadt ein Flopp wurde. Sie musste sich beherrschen, um nicht nach ihrer Hellebarde zu greifen und diesen Idioten den gerechten Zorn der Göttin zukommen zu lassen.

"Ich..."
Finn kannte eine Reihe an Zaubern, mit denen er die Substanz der Fesseln schwächen könnte oder es wäre bestimmt möglich, sie mit einem Elementarzauber jeder Art zu zerstören, allerdings gab es da das Problem, dass er keine Magie wirken konnte. Nicht mehr. Der Gedanke liess ihn einen Stich im Magen spüren, doch er versuchte sich, auf die jetzige Situation konzentrieren. Genug getrauert und geweint. Sie mussten einen Weg rausfinden. Allerdings hatte Finn wahrscheinlich noch weniger Kraft, mit der er die Kette brechen könnte und sie waren zu weit voneinander entfernt, um es gemeinsam zu versuchen. Alles, was sie tun konnten, war reden und weil er keine Magie einsetzen konnte, half nicht einmal das. Ausser...
"Ka... kannst du... zau... zaubern?", fragte er. "Oder wei... weisst du, dass du e... es nicht ka... kannst?"

Auf diese Frage hin hob Zeckker die Augenbrauen. Das war seiner Meinung nach irgendwie eine echt seltsame Fragestellung.
"Nicht, dass ich wüsste. Also- In der Bibliothek, in der mein Onkel arbeitet, hatte es gewiss auch das eine oder andere Buch über Zauberei. Aber es ist jetzt nicht so, als ob ich das je ausprobiert hätte."
Wieso auch. So etwas war gar nie in Frage gekommen. Eigentlich hatte er es auch gar nie als eine mögliche Option in Betracht gezogen. War das nicht irgendwie von Anfang an klar, wie so ein Geburtsmal, wenn jemand magisch begabt war oder nicht? Er wusste es nicht und die Frage des anderen liess ihn auf einmal daran zweifeln.
"Ich glaube zwar nicht, dass dies wirklich ein sinnvoller Vorschlag ist, aber es bleibt uns anscheinend keine andere Wahl, als es auszutesten. Es kann nicht mehr als schiefgehen."
Abgesehen davon, dass er sowieso keine Zauber kannte. Pinki, panki, Feuerranki? Fessel verschwinde.. auf eine.. Linde?

Finn rief sich schon eine Reihe an Übungen und einfache Zauber in Erinnerung, die helfen konnten. Er hatte diese selbst gebraucht, als er sie in den Büchern entdeckt hatte. Es sollte angeblich nicht schwierig sein, diese ersten Anläufe mit Magie durchzuführen, auch wenn es ihm selbst relativ schwer gefallen war. Nun wusste er auch, wieso. Finn schob den unangenehmen Gedanken wieder zur Seite, atmete einmal tief durch und begann dann, die entsprechenden Absätze aus den Büchern, die er gelesen hatte, zu rezitieren.
„Die Kraft, Magie zu wirken, kommt aus dem Inneren des Wirkers. Viele verfügen über minimale Reserven, um einfache Zauber zu wirken, allerdings ist die Zahl derjenigen, die ein ausreichendes Potential besitzen, kleiner. Durch die Nähe zu anderen Magiewirkern, Quellen der Magie und eigenes Wirken wird dieses Potential stark vergrössert, ein Minimum muss allerdings vorhanden sein. Da… das hei… heisst, e… es soll… te klappen, ausser d… du hast überhau… haupt kein Po… Po… Potential. Einfache, neutrale Zauber machen es möglich, das Potential einzuschätzen. Die folgenden Atem- und Fokusübungen helfen, den Novizen in die richtige Gedankenhaltung zu bringen. Es ist auch hilfreich, Geräusche, Gerüche und schnelle Bewegungen so weit wie möglich zu reduzieren.
Versuchen Sie zuerst, regelmässig in langen Zügen ein- und auszuatmen. Wenn Sie sich ruhig fühlen, schliessen Sie die Augen und atmen sie dreimal schnell ein und dann einmal lange aus. Wiederholen sie diesen Vorgang, während sie sich auf ihr Inneres konzentrieren. Wenn Sie eine Wärme oder Bewegung in ihrem Inneren spüren, haben Sie sich ihrer Quelle geöffnet und können versuchen, einen einfachen Zauber zu wirken.“
Finn pausierte, um wieder zu atmen, dann fügte er an: „Ve… versuch das. We… wenn… wenn‘s kla…klappt, kannst du di… dich auf die Ke… Kette und Fe… Fesseln kon… konzen… zentrieren, wo sie dei… deine Hau… Haut berührt und einen Schwä… Schächungszau… zauber pro… probieren.“
Wieder mit fester Stimme sprach Finn die Worte des Zaubers, eine ziemlich komplizierte Aneinanderreihung von Worten.
„I… ich kann’s wi… wiederholen.“

Eigentlich wusste Zeckker nicht so wirklich, ob er das gerade wirklich ernst nehmen konnte. Aber wie gesagt, im Moment war jede Idee eine Idee. Zumindest die Atemübungen waren sicher auch gut für die angespannten Nerven. Also unterliess er einen blöden Kommentar, auch wenn ihm da einige auf der Zunge gelegen hatten. Er fragte sich schon, wieso der andere so viel über Magie wusste, sie aber nicht selbst herauszauberte, aber wenn er es gekonnt hätte, hätte er es bestimmt schon getan.
"Na gut. Dann versuche ich das mal", stimmte er zu und versuchte zuallererst, seine Atmung unter Kontrolle zu kriegen und sich in einen ruhigen, wohligen Zustand zu bringen, um dann nach dieser mysteriösen inneren Wärme zu suchen. Das war gar nicht so einfach, in Betracht ihrer Situation.
"Eine.. Wiederholung wäre wohl sehr nett."
Er hatte es sich kaum merken können, selbst ohne das Stottern. Er wollte ja nicht aus Versehen einen Blödsinn herbeizaubern und den Keller auf einmal mit Feuerwanzen füllen.

"Ha... hast du deine Qu... Quelle schon gefu... gefunden?", fragte Finn, sogar eine Spur Eifersucht in der Stimme. Trotz ihrer unangenehmen Situation konnte er den Gedanken nicht abschütteln, dass der Junge es viel zu einfach hatte, während er selbst keine Magie wirken konnte, obwohl es nichts gab, was er lieber wollte. Er war froh, dass er scheinbar nicht mehr weinen konnte. Er atmete einmal tief durch, um sich wieder zu beruhigen und wiederholte die Worte für den Zauber noch einmal klar und deutlich.
„I… ist viellei… leicht einfa… einfacher, wenn ich bu… buchsta… stabiere?“

Falls unterschwellige Bauchkrämpfe als innere Quelle galten.. ja, dann hatte er sie wohl gefunden. Vielleicht war es aber auch nur das Resultat von sich anbahnendem Hunger und einer sehr unbequemen Sitzposition.
"Uh.. auf keinen Fall buchstabieren. Versuch es lieber mit den einzelnen Silben", wies er den anderen dann an, nachdem er versucht hatte, die einzelnen Wörter lautlos nachzusprechen.
Was wollte er mit einzelnen Buchstaben. Die konnte man doch irgendwie aussprechen.
Eine ganze Weile ging das so weiter ohne wirklich grosse Resultate. Zeckker behauptete zwar irgendwann, dass er das Gefühl hatte, dass die Fesseln ein wenig lockerer waren, aber wirklich davon los kam er dennoch nicht, was schon ein wenig frustrierte.
"Hach. Vielleicht sollten wir es einfach sein lassen und uns unserem tragischen Schicksal ergeben. Es gibt sicher schlimmere Situationen. Im Magen einer Bestie sitzen zum Beispiel", sagte Zeckker zuletzt mit theatralischem Seufzen.

„Nein!“, rief Finn aussergewöhnlich laut. Er hatte sich ein wenig erholt, aber nicht erwartet, dass er so laut werden konnte. Schnell warf er einen nervösen Blick zur Luke hoch, doch er konnte nichts hören. Hoffentlich standen keine Wächter draussen oder zumindest so weit weg, dass sie nichts gehört hatten. Oder interessierten sich nicht dafür, dass sie etwas laut waren.
„Nein“, sagte er leiser noch einmal. „Wir wis… wissen doch ga… gar nicht, wa… was sie… sie mit u… u… ns vorha… haben. Vie… viellei… eicht wollen sie uns o… opfern oder versklaven oder… a… anderes. Wi… wir könn… können einen ande… anderen Zau… Zauber probieren, aber ni… nicht aufhören.“

Abrupt fuhr Aldred zu den Männern herum, die das Wort an ihn gerichtet hatten. Sie waren ihm auf den ersten Blick unsympathisch. Aber vermutlich lag das vielmehr an ihren Worten, denn ihren Gesichtern. Das waren also die Kerle, die die Fremde beschrieben hatte? Die Finn entführt hatten? Und warum? Um Tristan heraus zu pressen? Nun, wenn Aldred zwischen dem Jungen, der so gern Magier werden wollte, und diesem zwielichtigen Kotzbrocken hätte wählen müssen, es wäre ihm nicht schwer gefallen. Aber auf der anderen Seite – das wurden die anderen schließlich nicht zu unrecht nicht müde zu betonen – konnten sie jeden fähigen Schwertarm gebrauchen. Und Tristan konnte mit seinen Klingen umgehen. Vor allem aber: wer wäre er, einen Gefährten aufzugeben? Ganz davon abgesehen, dass es kaum in seiner Macht gestanden hätte, etwas über Tristans Kopf hinweg zu entscheiden. Was stellten diese Drecksäcke sich vor? Dass die Gruppe sich gegen den Söldner stellen, ihn entwaffnen und fesseln und ihnen übergeben würde? Da hatten sie sich geschnitten.
"Lasst den Jungen gehen!", forderte Aldred mit leiser, ruhiger Stimme, "Was auch immer ihr für Zwist mit Tristan habt: er hat nichts damit zu tun. Und was eure Angelegenheiten mit dem Söldner angeht: regelt das ohne uns." Gleichzeitig nahm er jedoch seinen Schild vom Rücken, griff ihn fest mit der Linken. Ein deutliches Zeichen, dass er bereit war zu kämpfen, wenn diese Banditen es darauf anlegten. Sollten sie sich entscheiden auf Tristan los zu gehen, dann würden sie es mit mehr als einem Mann zu tun bekommen.
Die ansteigende Spannung zwischen den beiden Gruppen wurde nicht nur von Aldred – der sie zu nicht unwesentlichem Teil provoziert hatte – bemerkt. Auch der Paladin, der Aldred zuvor den Weg vertreten hatte, wurde erneut auf den Plan gerufen und schien sich berufen zu fühlen, in seiner Rolle als Hüter der Ordnung aufzutreten.
"Niemand fängt in dieser unserer Stadt Streit an! Hier herrscht Ordnung", bellte er, "Wer meint, sich dem widersetzen zu müssen, der soll die strafende Hand der Göttin zu spüren bekommen!" Seine Klinge flog in seine Hand und mit einer fließenden Bewegung richtete er sie auf den Hals von Aldred, den er als den Anführer der Streitsuchenden ausgemacht zu haben glauben musste.
"Vorsicht...", knurrte Aldred gefährlich ruhig, den Paladin sowie die Schurken gleichzeitig im Auge behaltend. Seine Sorge um Finn hatte sich durch das Eingreifen der Banditen sowie des Paladins in tödlich kalten Zorn verwandelt. In diesem Moment war er zu allem bereit. Und im Moment sah "alles" so aus, als läge bald ein zweiter toter Paladin in den Gassen von Kilath.

Natürlich hatte der andere recht. Aber Zeckker hatte einfach nicht das Gefühl, dass das wirklich was wurde. Zaubern, so ein Blödsinn. Mit handfesten Taten kam man weiter, nicht mit irgendwelchen Philosophien. Dabei hätte er jetzt gerade wo ganz anders sein können und nach getaner Arbeit in irgendeinem Lokal entspannen, hach..
"Weisst du was ich jetzt wirklich gern zaubern würde? Ein Brathähnchen. Das wäre so schön", schwelgte er und ihm lief förmlich das Wasser im Mund zusammen. Wahrscheinlich gäbe es nie wieder überhaupt etwas zu essen, wenn sie hier nicht fort kamen. Nicht gerade die Art von Motivation, die er gebrauchen konnte. Wenn sie wenigstens gewusst hätten, was sie erwartete. So war es einfach nur elendig und kalt.
"Gut.. Versuchen wir es halt noch einmal. Was hast du denn noch für einfache Zauber?"
Tief durchatmen, konzentrieren, in sich gehen. Nach dem inneren Brathähnchen suchen. Das musste doch wirklich wo zu finden sein, wenn das Gelaber des anderen stimmte.

"Es...", begann Finn und stoppte dann. Was für ein Zauber wäre in dieser Situation am besten geeignet, wenn es ein Schwächungszauber nicht tat? Es gab Zauber, die die körperliche Stärke eines Menschen auf einen Moment zusammenzog, so dass sie mit all der Kraft, die sie in den nächsten zwei oder drei Stunden hatten, an etwas zerren konnten, allerdings hätte das den Nachteil, dass dies Person sich dann zwei oder drei Stunden nicht bewegen konnte. Auch eine Detonationsverzauberung würde nicht helfen, sie wusste schliesslich nicht, wie weit sie entfernt von ihren Entführern waren. Es könnte sein, dass sie sie damit gleich zu ihnen herunterrufen würden, womit ihr Fluchtversuch vereitelt wäre. Ausserdem wollte Finn wirklich nicht mit einer Explosion im gleichen Raum sein. Andere neutrale Magie würde ihnen hier nicht weiterhelfen oder zumindest kannte er die entsprechenden Zauber nicht. Blieb nur noch Elementarmagie.
"Wi... wir können e... es mit Ele... Elementa... tarmagie pro... probieren. Dafür mü... müssen wir aber zu... zuerst herausfi... fi... finden, was für ei... einen eleme... mentare Neig... Neigung deine Qu... Quelle hat. Je... jeder Mensch hat nämli... nämlich nur ei... eine Elementarma... magie, die e... er wirken kann. Au... Ausser du willst es zu... zuerst mit einer De... De... Deton... Detonation probieren."

Eigentlich war es nicht Eves Art, kommentarlos anderen beizustehen, insbesondere dann, wenn es sich um Ketzer handelte. Doch die Ungerechtigkeit, die dieser Paladin an den Tag legte - und die Tatsache, das er sich wohl nicht zum richtigen Glauben bekehren lassen würde - zwangen sie beinahe dazu, dem Fremden zu helfen. Sie griff nach ihrer Hellebarde und lockerte die Halterung, ohne die Waffe jedoch zu ziehen. Sie wollte den Paladin nicht unnötig reizen.

Der Anführer lachte leise.
"Ich bin nicht an einer handgreiflichen Auseinandersetzung interessiert", meinte er kopfschüttelnd.
"Ich wäre für einen Tausch. Der Junge gegen ihn ..."
Tristan selbst wusste nicht so wirklich, wie er reagieren sollte. Er wusste genau, warum die Typen hinter ihm her waren und er wusste auch, dass sie im Notfall ernst machen würden.
Es ehrte ihn ja schon, dass Aldred für ihn einstehen wollte. Jedoch ... Er wollte da eigentlich lieber nicht viel mit zu tun haben.
"Rekhyt ... Lass den Blödsinn. Du legst dich mit den Falschen an", sagte er.