Dara Saol - Die MSG

Inari sah zu der Frau, auf die Jeanne deutete und nickte leicht.
"Jetzt, wo Ihr es sagt..."
Sie zuckte mit den Schultern. Ihr war plötzlich alles egal. Sie stützte ihren Ellenbogen am Tisch auf und legte ihren Kopf in die Handfläche, während sie weiter zu der Frau sah und ihre Gedanken schweigen ließ, ohne daran zu denken, dass es wie anstarren aussehen würde. Sie seufzte schwer, während sie an ihre Heimat dachte. Bilder von Fischerdörfern kamen ihr in den Sinn. Schreine, die den Göttern geweiht waren. Weiße Füchse im Schnee...
Plötzlich fiel ihr auf, dass sie gar nicht so recht wusste, wo sie genau her kam. Und wer sie eigentlich war... Ihren Namen, den wusste Inari, aber der Rest... Es war, als hätte es nie existiert. Irritation machte sich auf ihrem Gesicht breit, während sie noch immer gedankenverloren zu der fremden Frau sah.

Mittlerweile war Loki hungrig geworden. Er war schon zuvor lange unterwegs gewesen und nun verlangte sein Magen noch mehr nach Essbarem. Doch wie es auf Midgard so üblich war, wollten die Menschen etwas für das Essen sehen, das sie verkauften. Doch Loki hatte kein Geld.
Seufzend schwang er sich vom Rücken seines Pferdes und marschierte der Marktstrasse entlang, wo vor jedem Haus einige Kisten mit Obst und Gemüse standen.
Bei einer Kiste in der Äpfel lagerten, blieb er stehen. Hier würde er zu feilschen beginnen.

Arthur sah sich um und betrachtete die beschriebene Frau mit großen Augen.. Irgendwo hatte er dieses Gesicht schonmal gesehen.. Sein vom Alkohol schon leicht benebeltes Gehirn versuchte zu arbeiten.. Er dachte an Gaius und seine Geschichtsbücher.. Er hatte soviele Bücher gehabt über Magische Kreaturen, Sagen und Legenden.
Helden, Könige und noch viel mehr.."Medusa," sagte er leise.. Und starrte diese entgeistert an.

Diese Stadt war überhaupt nicht so, wie er sich eine Totenstadt vorgestellt hätte. Die Menschen waren hektisch, nicht apathisch, die Sonne sonnig, nicht trüb und düster und es gab sogar einen Markt, wo man frische Lebensmittel einkaufen konnte. Wieso sollten Tote Essen brauchen? Wobei... Auch Quetzalcoatls Magen beschwerte sich laut über seine ungewohnte Leere, etwas was der Gott nicht gewohnt war. Er hatte noch nie Hunger gehabt. Er wusste zwar, dass Sterbliche Essen mussten, um zu überleben, aber für ihn war Essen immer nur eine Beschäftigung gewesen, der er nach Lust und Laune nachging. Jetzt wirkten sogar die rohen Fische auf der Auslage eines Fischhändlers verlockend auf ihn. Ob er wohl einfach...
Die Augen auf die Fische gerichtet, hatte Quetzalcoatl gar nicht bemerkt, dass er weiter gelaufen war und deshalb sah er auch den rothaarigen Jüngling nicht, in dessen Schulter er nun einfach hineindonnerte. Überrascht stolperte er zurück und fing sich rasch wieder. Er richtete die Augen auf sein 'Opfer' und runzelte die Stirn. Der Fremde stach irgendwie hervor, er war klarer... wahrnehmbar. Ob er wohl endlich den Geist eines anderen Gottes gefunden hatte? Allerdings kannte er diese Form nicht.
"Äh... kennen wir uns zufällig?", fragte er deshalb forsch.

Gerade als Alesia Medusa neuen Wein gebracht hatte, bemerkte sie die neugierigen Blicke eben jener Gruppe, welche Sie selbst noch eben beobachtet hatte. Medusa fragte sich ob sie selber so offensichtlich hingeschaut hatte wie die Gruppe nun zu ihr, oder ob die Gruppe vielleicht von demselben merkwürdigen Gefühl geleitet wurde, wie Sie selber. Doch nur durch Herumgrübeln würde Sie es wohl nicht herausfinden und auch weiter Beobachten war nun, da Sie bemerkt worden war, keine gute Option mehr. Gut möglich das die Gruppe das nun falsch interpretieren würde.
Sie nahm als ihr Wein-Horn und suchte sich einen Weg durch das Gewühl aus Menschen, Tischen und Stühlen um zu der kleinen Gruppe zu gelangen. "Bitte verzeiht, wenn ich mich erdreiste, eure kleine Private runde zu stören, aber mir sind die Blicke aufgefallen, die jeder von euch in meine Richtung geschickt hat. Dürfte ich erfahren, warum mir die Ehre eurer Aufmerksamkeit zuteilgeworden ist?"

Bevor die merkwürdige Frau aufgestanden und sich allmählich zu ihnen bewegte hatte, bewunderte Jeanne noch eine Weile ihren merkwürdigen Stab... die bunten frei auf dessen Stabkopf schwebenden Steine... sowas hatte sie noch nie gesehen. Übernatürlich traf es irgendwie nicht mehr ganz... Magie... wie in den alten Märchen... gab es so etwas hier wirklich? Sie konnte sich diese Welt und alles daran nicht anders erklären...
Die junge Ritterin konnte den Gedanken jedoch nicht weiter fortführen als sich diese Frau an ihrem Tisch einfand. Auf ihre Worte hin blickte Jeanne erst zu Inari und dann zu Arthur, sie versuchte abzuschätzen was jene über die momentane Situation dachten. Sie wusste nicht wirklich was sie jetzt zu ihr sagen sollte...
"Nun... bitte, zieht euch einen Stuhl heran und setzt euch doch zuerst einmal.", meinte Jeanne und hob erneut ihren Becher mit Wein an ihre Lippen.
"Ich kann nicht für meine Begleiter sprechen... aber... Ihr spürt dies doch auch, nicht wahr? Wie ihr zu uns gesehen habt... wie wir beinahe schon dazu gezwungen wurden auf euch aufmerksam zu werden. Dieses merkwürdige und schwer zu beschreibende Gefühl... wer seid ihr?", fragte sie neugierig und lehnte sich etwas nach Vorne. Die Höflichkeiten und den Anstand der Ritterlichkeit sich zuerst selbst vorzustellen, ließ sie in der jetzigen Situation einmal beiseite. Es ging hier um etwas wesentlich Wichtigeres gute Sitten.



Langsam schlug sie die Augen auf durch das warme Licht der Sonne welches ihr Gesicht kitzelte. Sie hatte viel zu gut geschlafen... langsam drehte sie sich auf den Bauch, begab sich auf alle Viere und streckte sich mit geschlossenen Augen, entspannt und ausgiebig wie eine große Raubkatze das nun mal so tat. Sie hob den Arm und wollte sich gerade über die rechte Pfote lecken... doch ihre Zunge berührte keinen Pelz...
Als Atalanta die Augen aufschlug, musste sie erste einige male zwinkern, doch dann erschrak sie fürchterlich. Das waren ihre alten Handschuhe die sie dort trug... Auf ihren Armen... da war kein Pelz mehr... sie waren glatt und geschmeidig. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie auf den Schindeln eines Daches lag. Verwundert blickte sich Atalanta um... eine Stadt? "Wo bin ich...?", fragte sie sich leise, griff sich dann jedoch umgehend an die Lippen. Sie konnte wieder sprechen...?
Erneut starrte sie ihre Hände an, bewegte ihre Finger... Ein Stein fiel von ihrem Herzen. Sie hatte sich zwar angefangen daran zu gewöhnen, doch sie war nicht mehr zu einem Dasein als Löwe verflucht...
Mit einem ein wenig ungewohnten Gefühl begab sie sich auf ihre Beine und blickte über die Dächer und Straßen hinweg. Das lange Haar ihrer gewohnten menschlichen Form wurde ihr durch den Wind in ihr Gesicht geweht.
Langsam tastete sie mit ihren Händen über ihr Gesicht, über ihren Körper und die Kleidung. Sie war wieder sie selbst... Artemis sei dank.

Es war doch immer wieder gut, ein solcher Charmeur zu sein. Er hatte die Dame bereits fast so weit, dass sie ihm die Äpfel allesamt kostenlos hinterher warf, als auf einmal irgendsoein bekloppter Vollidiot ihn anrempelte.
Loki schaute ihn vorwurfsvoll an und als er ihn fragte, ob sie sich kannten, runzelte er die Stirn.
Hm, der Kerl war schon irgendwie… eigenartig … anders.
"Nicht dass ich wüsste…", sagte Loki langsam. "Aber wisst Ihr, ich bin so ein beliebter Mann, da kann es manchmal sein, dass ich die eine oder andere Person völlig vergesse, die ich bereits kenne…"

"Hm... du siehst ehrlich gesagt auch nicht besonders göttlich aus", entgegnete Quetzalcoatl. Dennoch musterte er sein Gegenüber noch einmal. Da war etwas, eine Art Aura, die die Ausstrahlung des Rothaarigen noch einmal verstärkte. Er stach aus der Menge heraus. "Aber bestimmt hast du schon einmal von mir gehört. Ich bin Quetzalcoatl, Schöpfer der Menschen der fünften Sonne und Gott des Windes, des Himmels, der Erde und des Ozeans. Und, wie dir bestimmt klar ist, momentan in der Totenwelt. Du hast nicht zufällig meiner Brüder gesehen? Sie stechen ziemlich aus der Menge hervor und haben bestimmt schon das eine oder andere zerstört. Huitzilipochtli, Xolotl, Coyolxauhqui, sagen die Namen dir was, mein Freund?"

Beinahe hätte Loki gelacht. Ziemlich laut sogar. Und letztendlich tat er es sogar.
"Nein. Ich kenne keine dieser sonderlichen Gestalten. Ich bin Loki und wir sind hier auf Midgard. Da wo die Menschen wohnen. Das Totenreich meiner Tochter sieht anders aus, darauf kannst du Gift nehmen."
Er stemmte die Hände in die Hüften.
"Aber was bist du für ein Tor, dich als Gott auszugeben? Ich kenne jeden von ihnen und du bist mir nicht bekannt."

Medusa nahm das Angebot an und setzte sich zu der Gruppe. "Ihr beschreibt exakt das Gefühl, welches ich auch genau so empfand... genau seit jenem Zeitpunkt, als Ihr alle das Gasthaus betreten habt." Medusa musterte die Drei nacheinander nochmals genauer. Doch in einer Welt, in der man alles als merkwürdig und anders empfand, war es schwer zu beurteilen ob nun jemand noch ein bisschen mehr merkwürdig oder anders war. Im Prinzip hatte Medusa nur dieses merkwürdige Gefühl, welches sie nicht erklären konnte und ein bisschen wenig war, um darauf alleine zu entscheiden, doch es war auch nicht von der Hand zu weisen. "Mein Name ist Medusa und mit wem habe ich das vergnügen?"

Quetzalcoatls Gesicht verfinsterte sich und er zog die buschigen Augenbrauen hoch. Was erlaubte sich der schmale Wurf eigentlich? Zuerst lachte er, nachdem Quetzalcoatl sich vorgestellt hatte und dann erzählte er irgendwelchen Unsinn. Nicht die Menschen lebten hier, sondern die Toten.
"Wenn interessiert schon das Totenreich deiner Tochter? Das hier ist die wirkliche Welt der Toten. Ich sollte es ja am besten wissen, schliesslich bin ich tot", entgegnete der Schlangengott. "Und du kennst dich wohl kaum mit Göttern aus, wenn du weder mich, noch meine Brüder kennst. Die sollten hier irgendwo sein. Wahrscheinlich bist du noch nicht lange tot, wenn du ihnen nicht begegnet bist. Und was sollte Midgard sein?"

Arthur stierte die Frau regelrecht an, seid sie sich an ihren Tisch gesetzt hatte. Und dann stellte sie sich noch als Medusa vor. Sein Mund klappte auf und er musste sich dazu zwingen, diesen wieder zu schließen, um nicht als idiot darzustellen. "Ich bin Arthur Pendragon," stellte er sich dann ruhig vor. Den Krug mit dem Met schob er erstmal von sich weg und betrachtete die Frau dann wieder. "Ich habe das gefühl, das ich euch kenne.
Zumindest der name Medusa sagt mir etwas.."

Jeanne konnte mit dem Namen nicht wirklich etwas anfangen, im Gegensatz zu Arthur welcher sogar Anstalten machen er würde die Frau sogar kennen... Medusa... hatte sie das schon einmal irgendwo gelesen? Die Ritterin konnte sich nicht daran erinnern, vielleicht irrte sie sich auch.
"Mein Name ist Jeanne... Jeanne d'Arc. Ritterin zu...", doch brach den Satz jedoch ab. Weder der Ritter aus England, noch Inari hatten mit dem Ort von dem sie gesprochen hatte etwas anfangen können. Frankreich... vermutlich wäre dies bei niemandem hier anders. Dennoch tat es ihr irgendwie weh ihre Herkunft zu verschweigen... und es tat ihr auch weh, dass sie momentan nicht zurück konnte. Auch wenn sie es noch so gut überspielt hatte weil dieser Ort so lebendig war... Jeanne lehnte sich schließlich jedoch wieder zurück und blickte gespannt zwischen Arthur und der seltsamen Frau mit dem violetten Haar hin und her. Sie fragte sich mit was der Britenkönig nun seine Aussage widerlegen würde.

"Aah, ich seh schon. Du bist nur ein angetrunkener Bauerntölpel", meinte Loki, ehe er die Arme verschränkte.
"Ich bin Loki Laufeyson, Gott des Feuers."
Dass er unter anderem auch hinterhältig, gemein und verräterisch war, musste er an dieser Stelle ja nicht erwähnen.
"Und dies hier ist garantiert nicht das Totenreich. Ich war öfters da unten, als mir lieb ist. Ausserdem ... du bist nicht tot. Wärst du tot, müsste ich mir nicht dein Geschwafel anhören."

Medusa blickte erst zu Arthur und danach zu Jeanne. Ihr war nicht entgangen das die junge.. Ritterin, Medusa fragte sich gerade, was ein Ritter war, mitten in ihrer Vorstellung abgebrochen hatte. Nun gut, Medusa hatte auch ihre anderen Namen abgelegt, seit sie verflucht worden war, aber Jeanne sah nun wirklich nicht so aus als wäre sie von einem Gott verflucht worden und deswegen ihren Herkunftsnamen abgelegt hatte. Aber Medusa wusste selber nur zu gut das der Schein täuschen konnte.
Es war wohl eh nicht der richtige Zeitpunkt um das genauer zu hinterfragen, viel mehr interessierte sie sich führ Arthur, oder besser gesagt für seine Aussage, dass er Medusa kennen würde. "Ohne Euch beleidigen zu wollen, aber Euer Name kommt mir leider nicht bekannt vor Arthur Pendragon..." sie blickte kurz zu Jeanne, " und eurer leider auch nicht... sie klingen nicht einmal Griechisch. Woher glaubt ihr also mich zu kennen Arthur?" Medusa wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte, klar, wenn man von einer Göttin verflucht wurde, sprach sich das herum, doch Medusa hatte nicht erwartet, dass ihre Geschichte je Griechenland verlassen würde.

"Ein Freund von mir, Gaius, besaß ein Buch.. über Sagen und Mythen.. magische wesen.. Daraus hat er mir vorgelesen, als ich jung war. Darin kam auch eine Frau namens Medusa vor.. Sie wurde verflucht und ihre Haare wurden zu kleinen Schlangen.. und jeder der sie ansah, verwandelte sich zu stein," erzählte er ruhig.
Griechenland.. genau da lebte diese Medusa.

Schweigend verfolgte Inari das Gespräch. Eigentlich hatte sie sich ebenfalls vorstellen wollen, aber die anderen schienen bereits ein interessantes Thema gefunden zu haben und es wäre unhöflich, sie nun zu unterbrechen. Wieder begannen ihre Gedanken abzuschweifen... Griechisch... Was war Griechisch? Es Irritierte sie. Vielleicht... war das die Sprache ihrer Heimat? Nun, wo sie darüber nachdachte, fiel Inari auf, dass die Wörter, die sie hörte, die sie sprach und sogar dachte nicht die waren, die ihr vertraut waren. Und doch verstand sie und sprach sie diese Worte, als wenn es ihre Muttersprache wäre. Sie seufzte.

Medusa hörte aufmerksam zu, der Geschichte von Arthur fehlte es zwar an Details, wie zum Beispiel warum man Medusa verflucht hatte, aber so im groben war sie dennoch korrekt. "interessant, und wie geht die Geschichte weiter, falls sie überhaupt weiter geht?" Im Prinzip kam nun der Interessante teil, den die Erinnerungen von Medusa an ihr altes Leben endeten bei diesem Teil der Geschichte und ihr Dasein in dieser Welt begann. Klar fand sie es merkwürdig, wie weit sich ihre Geschichte offenbar verbreitet hatte, doch die Neugierde überwog im Moment.

"Es gab einige, die versuchten Medusa zu töten. Erst ein Held namens Perseus schaffte es. Und er benutzte ihren Kopf als Waffe gegen seine Gegner," erzählte er freundlich. Er war zufrieden, das er soviel von der Geschichte noch in erinnerung hatte. "Ich war ein Kind, als Gaius mir diese Geschichte erzählte. Mein Vater verbot es dann irgendwann. Er hasste alle Magie, weil dadurch meine Mutter starb."

Oh ja, Medusa erinnerte sich an die Abenteurer und Möchtegernhelden, die es versucht hatten und auch das Sie alle als Steinstatuen geendet hatten. Nicht gerade etwas auf das Medusa stolz war, aber welche Wahl hatte sie den gehabt, entweder Sie oder die Abenteurer. Als Arthur jedoch begann von Perseus zu erzählen, wanderte eine Hand von Medusa unbewusst an ihre Halsschlagader. "Mei... Medusas Kopf als Waffe?" Der stechende Schmerz, den Medusa gefühlt hatte, als sie in dieser Welt gelandet war, Sie erinnerte sich nur zu deutlich daran.
Arthur hatte keinen Grund zu lügen und auch der Schmerz würde zur Geschichte passen, doch wenn das alles wahr war, warum lebte sie dann noch? Ganz offensichtlich sollte Sie tot sein und doch sass sie hier, an einem Ort, der so gar nicht an das erinnerte, was sie als Totenreich kannte, und Trank Wein. Das alles fühlte sich viel zu Real an. "Enthauptet... dann müsste ich tot sein, doch ich habe weder den Zerberus gesehen noch den Fluss Styx passiert... und diese Welt wirkt nicht gerade so wie das Reich von Hades... irgendetwas stimmt hier nicht."

Die Vorstellung der Frau von dem Totenreich war zwar eine völlig andere, doch Jeanne kannte diese Darstellung. Sie hatte es schon einmal gelesen... Der dreiköpfige Hund, auch Kerberos genannt, welcher in dem griechischen Glauben den Eingang zur Hölle vor den Lebenden beschützte und verhinderte, dass Tote aus jenem entfliehen konnten. Die Vorstellung jenes Totenreiches war jedoch eine völlig andere, wie zum Beispiel Jeanne sie hatte. Eine völlig andere Kultur...
Gespannt hatte sie den beiden zugehört, bei der Erkenntnis von Medusa, dass sie tot sein müsste, wich Jeannes Blick von ihr ab als sie nachdenklich wurde. Das selbe Indiz also...
König Arthur, ein Mann verlorener Legende der längst verstorben war... die Medusa, anscheinend ein ebenfalls längst vergangener Mythos... lediglich Inari war noch ein einziges Geheimnis, doch vielleicht hatte sie ein ähnliches Schicksal heimgesucht? Es klang alles nicht nach einem Zufall, mehr nach einer unerklärlichen Fügung...
Hatte Jeanne sich all die Jahre in ihrem starken Glauben doch geirrt? War es nun falsch einen Zweifel zu hegen...?
Es gab zumindest für die Ritterin nur noch eine wirklich logische Erklärung... offenbar befanden sich ihre Seelen an einem Ort fernab von Zeit und Raum... aber welchen Sinn hatte dies? Gab es noch mehr von jenen wie ihnen? Es warf nur noch mehr Fragen auf...
"Das klingt alles durchaus plausibel... Bevor ich an diesem Ort aufgewacht bin... ich wurde verraten, gefangen genommen und eingesperrt. Nach Monaten der Gefangenschaft verbrannte man mich schließlich bei lebendigem Leibe. Jetzt bin ich hier und fühle mich so lebendig wie schon lange nicht mehr...", erzählte sie nun zum ersten mal offen von ihrem Leidensweg. Sie würden schon verstehen, was Jeanne ihnen damit sagen wollte. Sie alle fanden sich nach ihrem Tode hier ein... eventuell war die Vorstellung des Totenreiches bis jetzt also stets die Falsche gewesen...

"Pah!", exklamierte Quetzalcoatl. "Du, ein Feuergott? Da würde ich eine bessere Figur für die Stelle machen, du Wurm, und ich bin Herr anderer weltlicher Domänen! Überlass das Feuer lieber meinem Vater und meinem Bruder, kleiner Loki."
Der Schlangengott setzte ein überlegenes Lächeln auf.
"Ich glaube eher, du hast zuviel getrunken. Hah! Eine betrunkene Seele! Die Totenwelt ist eindeutig ein angenehmerer Ort als mir immer erzählt wurde. Mictlan sah ja nicht sehr einladend aus, aber als Gott steht es mir natürlich zu in ferneren Destinationen zu 'ruhen'. Was hast du getan, um hierher zu gelangen, meine betrunkene, kleine Seele?"

Gut. Jetzt war eindeutig klar, dass dieser Kerl nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Aber … Es schien so, als wäre er genauso überzeugt von seiner Göttlichkeit, wie er es selbst war.
Loki runzelte die Stirn. Was, wenn dieser Mann wirklich ein Gott war? Nur ein … anderer Gott?
"Was bist du für ein Gott, dass du stirbst ohne zu wissen, wie das Totenreich aussieht? Das hier ist nicht das Totenreich, sonst hättest du schon längst die Bekanntschaft mit der Herrin der Toten gemacht. Hel. Und ich wette mit dir um einen Sack voller Äpfel, dass ich Herr über das Feuer bin."

Inari drehte es bei den Erzählungen den magen um. Totenreich? Nein, in Yomi befand sie sich mit Sicherheit nicht. Sie WUSSTE, dass Yomi anders aussah. Ihr Vater war dortgewesen, bevor es verschlossen wurde und war zurückgekehrt. Yomi war kein lebendiger Ort, dies war nicht das Totenreich. Mal ganz davon ab, das Inari nicht daran glaubte, gestorben zu sein.
"Aber wo sind wir dann?", stellte sie murmelnd die Frage, die an niemanden gerichtet war, bevor sie erschrocken den Kopf hob.
"Verzeiht, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt", meinte sie dann an Medusa gewandt. "Ich bin Inari. Und ich zumindest glaube nicht, das ich tot bin."

"Wer auch immer Hel ist, sie ist keine der dreizehn Götter des Mictlan", erklärte Quetzalcoatl, sich seiner Überlegenheit immer sicherer. "Und auch wenn ich schon viele Male in Mictlan war, wo die meisten Sterblichen nach ihrem Tod landen – schliesslich habe ich dort die Menschen geschaffen – , aber als Gott gelange ich natürlich weiter, in die Totenreiche hinter Mictlan, die Fernen Orte. Hierhin eben."
Das war doch eigentlich alles Allgemeinwissen, aber der Kerl war scheinbar noch nie in einem Tempel gewesen. Sonst wäre ihm auch klar gewesen, dass Quetzalcoatl nicht um kleinliche Dinge wie Äpfel wettete.
"Einen Sack voller Äpfel? Abgesehen davon, dass du keinen solchen hast, was soll ich damit anfangen? Ich bin ein Gott. Und um ein Blutopfer können wir in der Totenwelt wohl kaum wetten?"