[MSG] Kapitel IV: Ein unerwartetes Wiedersehen

Natürlich wäre er tapfer gewesen! prahlte Caleb in Gedanken vor sich selbst, aber er traute sich nicht, es auszusprechen. Was hätte er auch schon groß tun können? Vermutlich wäre er gar nicht tapfer gewesen, sondern hätte sich ängstlich in Sicherheit gebracht... wie er es auch damals in der Taverne in Stormwind getan hatte. Caleb war nur froh, daß Ena das nicht mitbekommen hatte... Etwas riß ihn aus seinen trübsinnigen Gedanken, und er betrachtete Ena stirnrunzelnd. Da war es schon wieder! Er hatte es an diesem Abend schon einmal bemerkt. Ein Gedankenmuster... aber eines, das er nicht kannte. Er betrachtete die Schamanin nachdenklich, und ihr Erlebnis auf der Murloc-Insel fiel ihm wieder ein. War es vielleicht möglich, daß sie...? Es würde wohl besser sein, wenn er sie darauf ansprach.
"Du sag mal, Ena," begann er zaghaft. "Wie ihr auf dieser Insel wart, bei den Mörloks und so..." Er wand sich unbehaglich, während er nach den richtigen Worten suchte. "Also die waren doch so klein, hast du gesagt.. kanns sein, daß du aus Versehen einen von denen gegessen und verschluckt hast?" Er sah ihr erstauntes Gesicht und beeilte sich, weiter zu reden. "Da ist nämlich irgendwas in dir drin, das lebt. Und denkt!" erklärte er.

Einen Murloc verschlucken? Wie sollte das denn gehen? So klein, dass man sie unbemerkt verspeisen konnte waren diese Fischmenschen nun wirklich nicht, und wenn sie es getan hätte, so wüsste sie doch etwas davon, oder nicht? Sie wusste ja über die lebhafte Fantasie Calebs nur allzu viel, doch auch seine Kräfte kannte Ena, und sie glaubte nicht, dass er sie so erschrecken würde, wenn er sie veräppeln wollte. Zudem wirkte der kleine Junge auch eher verlegen. Was konnte es also sein, das da in ihr dachte? Ihr Gedankenmuster kannte er sicher. Und sie hatte in letzter Zeit keine Geister aufgenommen oder lebendige Viecher gegessen, die noch denken konnten. Es gab also keinerlei Möglichkeit, die dies... Nun, es gab eine. Aber das war unmöglich, oder? Sie hatte nur mit Jurek und seitdem... Die verschiedenfarbigen Augen der Schamanin wurden groß wie Untertassen, während sie rechnete und dabei gleichzeitig die Hand ihres Freundes zerquetschte. Eine Stille hatte sich über das Lager gelegt, welche sie nur mit mühsamen Krächzen durchbrechen konnte. "Ich...Ich glaube, das ist kein Murloc...Jurek?" Entsetzt, ängstlich und verzweifelt suchte sie de Blick ihres Freundes. Wenn er zur selben Vermutung wie sie gekommen war, was würde er dann tun? Verschwinden? Wütend werden?

Verwirrt starrte Jurek den Jungen an, als dieser Ena fragte, ob sie einen Murloc verschluckt hätte. Wie kam er auf solch eine Idee? Und wieso sollte irgendetwas in Ena leben? Fragend drehte er sich zu der Schamanin um, als diese begann, seine Hand zu malträtieren. Was war los mit ihr? Hatte Calebs Frage für sie eine tiefere Bedeutung? Neugierig, aber auch irritiert, blickte er seine Freundin an und suchte in ihrem Blick nach der Antwort auf diese Fragen. "Du...du weist, was es ist, Ena?"

"Ich...Ich habe eine Vermutung." Jurek hatte keine Ideen, das war gut. Zumindest insofern, dass er keine übermäßige Reaktion zeigte, die er vielleicht später bereut hätte. Andererseits musste sie ihm nun sagen, was sie dachte - und das war weitaus komplizierter, denn sie hatte keine Ahnung wie man soetwas anstellte. Woher auch? Sie war bei Zwergen aufgewachsen, männlichen Zwergen. Wie man diese Art Gespräch führte hatte sie nie gelernt... Und doch musste sie es nun tun, vor allen, denn sie hatte das Gefühl, dass keine Ruhe war, bis das Mysterium geklärt war. Dennoch senkte sie ihre Stimme. "Erinnerst du dich an das Gasthaus...als wir...in einem Bett geschlafen haben?" Ein rosaroter Schimmer breitete sich um Enas Nase aus, ehe sie fortfuhr, ihren Schoß anblickend, da sie nicht so recht wusste, was Jurek dazu sagen würde. "Ich glaube, also, es könnte sein, dass ich dadurch...Eventuell..."Langsam wurde ihr das Stammeln zu dumm, und sie brach hervor, ohne groß darüber nachzudenken: "Ich denke, ich bin schwanger, Jurek!" ... Upps.

"BABYPARTY!" Ein par kühle Spritzer Wasser klatschten Ena und Jurek in den Nacken und auf den Rücken als sich von hinten ein Monster angekündigt hatte, mit einer, vertrauten, wenn auch nicht beliebten Stimme.
Überall mit Seetang bedeckt, das von Armen, den Schultern und sogar vom Kopf hing, war er schon gruselig genug, die Haifisch Rüfckenflosse die er sich jedoch auf den Rücken gebunden hatte, mit einem Seil das auf seinem Bauch unter dem Seetang nur teilweise Versteckt lag, unterstützte das alles noch etwas. Wie eine art, erweiterten Kopf, hatte er ein monströses Haifisch gebiss auf seine Schultern gestemmt, das so groß war, das sein Kopf im Zentrum der spitzen Zähne lag, aber noch ziemlich viel platz drum herum hatte.
"Das ist ja... FANTASTISCH!" John hatte sich angeschlichen, oder war angeschlurft gekommen, nun jedoch verbreitete er einen penetranten Geruch von Totem Fisch und Seetang. Ein, für Ena unvorteilhafter klopfter auf die Schulter, hinterlies feuchte Reste von Wasser, und Seetang während er nun endlich sie umkreiste um in den richtigen Schein des Feuers zu treten. "Oh.. oh.. darf ich dann eine Babyparty machen? Mit.. kleinen Schühchen.. und.. Söckchen.. und.. Mützchen.." Bei jedem ´´chen´´ machte er eine Auslandende, ruckhafte Armbewegung die dafür sorgte das sich der Seetang teilweise über den ganzen Lagerplatz verteilte.
"Oh.. oh ja.. und vergessen wir nicht die kleinen Hosen.. meine güte.. ein Baby.. das euch immer vollkotzen.. und vollkacken wird.. und.. meine Güte das ist fantastisch! Meinen Glückwunsch.. Hast du gut gemacht.. Hast deiner kleinen einen dicken Braten in die Röhre geschoben? Ganz schön fleißig bei so wenig Zeit die ihr gehabt hattet.. nein.. nein, nein, mich geht's ja garnichts an wie hart er dich ranngenommen hat... ahhh.." mit einem zufriedenen, und entspannen Seufzer, lies sich John endlich vor das Lagerfeuer fallen und hielt seine, immer noch trief nassen Hände dem Feuer entgegen.
"Wirklich... klasse.."

Das war ja großartig. Serrah hatte nicht per se etwas gegen nicht verheiratete, schwangere Frauen, aber sie kannte die Nebenwirkungen einer solchen ganz gut. Es würde noch ein paar Wochen dauern, bevor sie sich zeigten, aber sobald es soweit war, würde Ena nur sich selbst und ihr Kind gefärden, wenn sie weiter mit der Gruppe reiste. Die Paladin kniff sich mit gepanzerten Fingern in die Nase, eine Geste wachsender Angenervtheit. Die beiden hatten eine Nacht zusammen verbracht und direkt wurde Ena schwanger. Das Schicksal war ein ungnädige Schlampe. Das Kind konnte allerdings nichts dafür. Die Kinder konnten nie etwas dafür. Serrah seufzte und stand auf. Als sie eine Hand auf Enas Bauch gelegt hatte, konnte sie es ebenfalls spüren. Ganz schwach nur, aber es war da. Mit der anderen Hand vollführte die Elfe eine ausladende Geste, die sich als glühende Rune manifestierte.
"Ein kleiner Segen. Für das Kind."
Serrah setzte sich wieder, wobei sie Jurek und Ena mit einem kritisierenden Blick bedachte. Beim Licht.

Mit offenem Mund starrte Jurek seine Freundin an, während er zu verarbeiten versuchte, was ihm gerade offenbart wurde. Sie war schwanger...? Von ihm? Seine Hand begann zu zittern, als er endlich begriff, was nun los war. Sein Blick glitt von Enas Gesicht hinab zu ihrem Bauch. Er wurde Vater... Freude aber auch Trauer stieg in ihm auf und spiegelten sich in seiner Mimik wieder. Was war, wenn er wieder die Kontrolle verlieren würde und die beiden verletzte? Vielleicht wäre es besser, wenn er die Gruppe verlassen würde? Aber konnte er einfach Ena und ihr ungeborenes Kind so im Stich lassen?

"GRATULATION!", brüllte Gerhin ausgelassen und klopfte Ena auf die Schulter. "Herzlichen Glückwunsch zum Miniaturmenschen!" Das wahrhaft schauerliche Geschöpf, das auch seine Glückwünsche aussprach, ignorierte er mal, schließlich mussten Ena und Jurek keine Rechenschaft gegenüber ihm ablegen, mit welchen Wesen sie befreundet waren. Sollte er irgendwas Böses tun, würden die kämpferisch fitten Mitglieder der Gruppe ihn schon zur Räson bringen. "Hoffe, ihr habt Windeln gekauft.", sagte er grinsend zu dem Trampelassassinen, der augenrollend die Szenerie überblickte.
"Nein, wir haben keine Windeln gekauft, du Holzkopf...", sagte Aldrion missgelaunt. "Die werden auch sowieso erst in neun Monaten eine Rolle spielen."
"Spricht nix gegen nen Vorrat.", flötete Gerhin.
Aldrion unterdrückte ein Schnauben. Der Zwerg war echt bekloppt, aber auch mitnichten der Einzige. Und dass auch noch dieser beknackte Untote wieder auftauchte und das noch in einer derart katastrophalen Aufmachung, dass er im krassen Gegensatz zu dem Assassinen stand, der sich nach vielen qualvollen Wochen endlich wieder unter Leuten trauen konnte. Dennoch... dieses Balg würde die Reise erschweren, vielleicht musste das Pärchen zurückgelassen werden. Wenn die schwangere Ena mitkam, würde der Stress der Reise von Hundert auf Tausend ansteigen. Und das konnte er auch nicht gebrauchen.

Gratulationen...von all den unterschiedlichen Eindrücken, die von einem Augenblick auf den anderen auf Ena einprasselten, blieb dieser am Intensivsten hängen. John redete so locker von dieser Sache, als wäre nichts. Gerhin hatte dieselbe Mentalität - so schien es und Serrah...Die Schamanin erstarrte zu einer entsetzten Salzsäule, als die Elfe ihren Bauch anfasste und tatsächlich bestätigte, dass es ein Kind dort gab. Mit einem Mal stand ihre Welt nun Kopf. Würde sie sich nun von der Gruppe trennen müssen? Von Jurek? War es ihr mit ihm ernst genug für ein Kind? Sie blickte zu ihm. Er schaute ihr nicht ins Gesicht. Das hatte sie etwartet. Dennoch hätte sie sich jetzt über ezwas Hilfe gefreut. Zittrig stand sie auf und atmete durch, aus Furcht einfach vor Schock umzufallen. "Ich denke wir sollten uns unterhalten...allein." Mit einem Arm wie Wackelpudding wies Ena zu einem etwas entferntem Ufer und setzte sich in Bewegung. Selbst wenn ihr Freund nicht mit ihr kam...sie musste nun nachdenken. Mehr als je zuvor.

Shalindreya hatte die Worte des Jungen gar nicht groß beachtet - sie war es gewöhnt, daß er Blödsinn redete. Bei Enas Reaktion darauf wurde sie aber nun stutzig. "Also wirklich, was soll dieser Unsinn..." begann sie ärgerlich, doch diesmal war es Caleb, der sie nicht beachtete. Khel'maar schien gerade etwas zu ihm gesagt zu haben, denn die Miene des Jungen veränderte sich schlagartig, und er riß Augen und Mund weit auf.
"Schwanger, sagst du?!" rief er ungläubig. "Du meinst... Ena bekommt ein Baby?" Seine Stimmung wechselte blitzartig von Erstaunen zu Begeisterung. "Ist ja voll cool!"

"Ihr solltet Ihr vielleicht folgen", stellte Serrah überflüssigerweise fest als Jurek für einen Moment sitzen blieb. Die Elfe warf ein Stück Holz ins Feuer und seufzte. Als wäre diese Reise nicht schon hart genug gewesen. Sie biss sich auf die Lippe, um eine bissige Bemerkung an Caleb zu unterdrücken. Ein Baby zu bekommen war ganz sicher nicht "cool". Von den Risiken einmal abgesehen war das ein ganzes Stück Arbeit. Desweiteren würde die Reise für Ena weitaus schwerer werden, bis sie irgendwann abbrechen sollte, um das Kind nicht zu gefährden. Serrah warf einen Blick zu Shalindreya hinüber, den Kopf gesenkt, fragend.

Zalaschi blickte ein wenig verwirrt zwischen Ena und Jurek hin und her, zumindest solange bis Ena aufstand und richtung Ufer lief. Dem Naga stand die verwirrung ins Gesicht geschrieben, was aber vorallem an den sehr unterschiedlichen reaktionen der einzelen Gruppenmitglieder lag. Die einten freuten sich, vorallem John hätte wohl am liebsten eine Party organisiert, allerdings schob er mit dem stinkenden Seetang dem gleich selbst einen riegel vor. Einigen anderen hingegen schien es gar nicht zu passen das Ena ein Kind bekommen würde, wobei Zalaschi eingestehen musste das er nicht wusste wie eine Schwangerschaft bei den Oberflächen-bewohnern ablief. Er wusste nicht so recht was er sagen sollte und nachfragen schien ihm auch nicht gerade passen, also blieb er lieber still und schaute in die Flamen des Feuers.

Alia und Isis blickten sich nur an und schienen das gerade gehörte ebenfalls noch verdauen zu müssen. Isis hatte sich jedoch recht schnell wieder gefangen und blickte auffordernd zu Jurek. Alia hingegen blickte mit gemischten gefühlen zu Serrah und Shalindreya. "Was hat das nun für auswirkungen für Ena und auch für unsere Gruppe?"

Ohne einen weiteren klaren Gedanken fassen zu können, starrte Jurek weiterhin auf Enas Bauch oder besser gesagt, durch ihren Bauch hindurch. Die Welt um ihn herum schien erstarrt zu sein, kein Laut drang an seine Ohren, nicht einmal das Rauschen des Winds, das leise Knacken des Feuers oder das Schwappen des Wassers. Wie würde es weitergehen? Sollte er vielleicht mit Ena die Gruppe verlassen, um ihr Kind in Sicherheit aufzuziehen? Oder war sie hier sicherer, wenn er verschwinden würde? Während er weiterhin über diese Fragen nachdachte, bemerkte er kaum, dass die Schamanin aufstand und mit ihm redete. Erst einige Sekunden später bemerkte er überhaupt, dass sie nicht mehr an ihrem Platz war und sah sich verwirrt um, bis er sie die Freundeskreis verlassen sah. Sollte er ihr nach? Oder wollte sie lieber allein gelassen werden? Die erwartungsvollen Blicke der anderen nahmen ihm jedoch die Entscheidung ab, sodass er unsicher aufstand und ihr folgte. Sobald er sie eingeholt hatte, strich er ihr sanft mit seiner hand über die Schulter. Kurz wollte er den Mund aufmachen, um irgendetwas zu sagen, doch ihm fiel nichts ein, mit dem er die Stille beenden konnte, weshalb er lieber schwieg und ihr den ersten Schritt überließ.

Shalindreya konnte die Begeisterung ihres kleinen Schützlings nicht ansatzweise teilen, und sie gab sich auch keine Mühe, das zu verbergen. Es war schon schlimm genug, daß sie einen schwächlichen Jungen durch die gefährlichen Lande Azeroths schleifen mußte, aber in diesem Fall ging es nun mal nicht anders. Sie brauchte seine Hilfe, und sie brauchte sie an einem der wohl gefährlichsten Orte dieser Welt - sie hatte keine andere Wahl.
Bei Ena sah das schon wieder anders aus. Die Schamanin verfolgte ein edles Ziel, doch wenn sie ein Kind erwartete, hatte sie wohl keine andere Wahl, als ihre Pläne aufzuschieben. Glücklicherweise lag die Erfüllung dieses Ziels nicht in Shalindreyas primärem Interesse, so daß sie auf Ena in ihrer Gruppe verzichten konnte.

"Nun," begann sie, wobei sie zwar auf Alias Frage antwortete, dabei jedoch Serrah anblickte. "Wir können eine schwangere nicht auf dieser Reise mitnehmen, das wäre unverantwortlich. Es ist wohl das beste, wenn Ena und Jurek die Gruppe verlassen. Es sollte von hier aus kein großes Problem sein, Ironforge unversehrt zu erreichen, und von dort aus können sie einen Ort ansteuern, an dem Ena das Kind sicher aufziehen kann."

Im Gegensatz zu vielen anderen Schamanen, die ihre Verbundenheit zu Geistern erst dann entdeckten, wenn sie in deren Beschwörung unterrichtet wurden, hatte Ena schon kurz nach ihrer Geburt den ersten Kontakt zu einem von ihnen gehabt. Tempest, ihr Schutzgeist, war an dem Abend, in dem sie zum ersten Mal in ihrer Wiege lag, aus der Geisterwelt gekommen, eine mächtige, schemenhafte Gestalt, gesandt, um sie zu beschützen. Oft hatte sie sich eingeredet, dass die Zwergenkinder nicht mir ihr gespielt hatten, weil sie ein Mensch war und ihre Eltern ein bisschen verrückt waren, doch tief in ihrem Inneren wusste sie schon immer, dass die dieser Welt nicht ganz gehörte. Vielleicht war ihre Familie deshalb gestorben, weil sie eigentlich ein Geist war und eben nicht dafür bestimmt sein sollte hier zu verweilen. Vielleicht war Tempest nur ein Bote gewesen, der sie hätte holen sollen. Nie hatte Ena Rituale und Totems gebraucht, um mit der "anderen Welt" zu sprechen. Die Elemente flogen ihr zu, immer war ihr alles in den Schoß gefallen. Wann hatte sie sich schon einmal anstrengen müssen? Nicht einmal Jureks Liebe hatte sie sich erkämpfen müssen. Ihr Lächeln brachte ihr immer schon, was sie haben wollte, auf Kosten anderer. Die Schamanin streckte die Füße aus, so dass das kühle Wasser darüberschwappte und stützte sich mit den Armen auf dem weichen Untergrund des Ufers ab. Als ihr Freund kam und sie berührte, zuckte sie kurz zusammen und schüttelte dann den Kopf, um ihre Gedanken zu ordnen. Sie hoffte immernoch, einfach aufzuwachen und zu bemerken, dass alles nur eine Illusion war. Selbst im Blackrock wäre sie nun lieber als in dieser Situation. Verdammt, sie war keine Mutter. Kinder waren nie ein Thema für sie gewesen. "Jurek...", murmelte sie leise, mit rauher Stimme, und räusperte sich dann, während er sich setzte und sie nicht in der Lage war, sich zu bewegen oder ihn auch nur anzusehen. "Diese Welt zerbricht. Die Elementarrisse sind überall, nicht wahr? Das war nicht der Einzige. Und es gibt niemanden außer uns, der sie schließen kann. Ich verstehe, wenn du dich dazu entscheidest mich zurückzulassen und diese Mission zu beenden. Ich meine, nach allem, was wir zu fühlen glauben, kennen wir uns nicht gut genug, um eine Familie zu sein, nicht wahr? Ich erwarte nichts von dir. Das Kind ist mein Problem, hm..." Enas Stimme wurde leiser, während sie sprach, bis sie irgendwann nur noch ein Flüstern war, was in einem zittrigen Atemzug endete. Seufzend setzte sie sich auf und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Was hatte sie nur angestellt?

Ein weiterer Scheit warf Funken und knackte als Serrah in dem Feuer überantwortete. Die kommenden Gebiete waren zum guten Teil nicht grade ungefährlich. Das Sumpfland hatte trügerisches Terrain und gefährliche Kreaturen im dem modrigen Wasser. Das Arathi-Hochland war zwar weitläufig, aber beherbergte Raptoren und die alte Garde von Stromgard, die alles und jeden angriff. Dann kamen Hügelland und entweder der Silberwald mit seinen Worgen oder aber Alterac mit seinen gnadenlosen Temperaturen.
"Die Route zurück ist definitiv sicherer und kürzer. Aber es wird seine Zeit dauern, bis Ena mit dieser Reise sich selbst und das Kind gefährdet. Und im Sumpfland können wir vielleicht ein Schiff nehmen, um nach Tirisfal zu gelangen. Die Küste dort ist nicht unbedingt besonders zum Anlanden geeignet, aber es liegt im Rahmen des möglichen."
Serrah hatte den Blick nicht vom Feuer abgewendet und schien zu den Flammen zu sprechen: "Am Ende ist es doch die Entscheidung der beiden, was sie tun wollen und sich selbst zutrauen."

Erschrocken sah Jurek zu Ena auf, als diese davon sprach, dass er sie verlassen könnte, um die anderen Risse zu schließen. Wie konnte sie nur glauben, dass er sie nur wegen soetwas alleine lassen würde? "Ena..." murmelte er, während er sich seiner Freundin näherte und ihren Kopf leicht hochhob, damit ihre Blick seinen traf. "ich denke nicht einmal daran, dich für die Risse im Stich zu lassen. Solange dir dadurch keine Gefahr droht, werde ich immer an deiner Seite bleiben. Egal, was du vorhast, ich werde dich begleiten, solange du mich dabei haben willst. Außerdem können wir uns immer noch besser kennen lernen. Was sollte uns daran hindern?" Langsam kam sein Kopf dem der Schamanin noch näher und küsste sie im nächsten Moment. "Was ich bereits weiß ist, dass ich dich immer lieben werde, Ena."

Wäre Ena nur ein bisschen mehr Menschenfrau und ein bisschen weniger Zwergin gewesen, hätten Jureks Worte sie wohl zu Tränen der Erleichterung gerührt. Taff wie sie jedoch war, lächelte sie nur und fühlte dabei all ihre Sorgen abfallen. Dass ihr Freund so reagieren würde, hatte sie nie für möglich gehalten. Überwältigt löste sie sich von ihm und blickte an sich hinab, als würde sie mehr sehen als in den nächsten Wochen dort auftauchen sollte. "Du stehst also zu dem Kind?", frafte sie zögerlich, unsicher. Es war seltsam darüber zu sprechen.

Amras, Malacay und Nat blickten Ena und Jurek hinterher, als sie das Lagerfeuer verließen. Die beiden mussten selber für sich sich entscheiden, was sie nun machen wollten. Sie würden sich da nicht einmischen. Malacay wickelte sich in eine Decke ein und schlief recht schnell ein. "Wer macht die erste Nachtwache?" fragte Amras in die Runde. Nat machte es sich so gut wie möglich bequem.

Jurek lächelte leicht und folgte ihrem Blick hinab zu ihrem ungeborenen Kind. "Natürlich stehe ich zu unserem Nachkommen, Ena." Er schloss kurz die Augen, bevor er seine Freundin liebevoll ansah. "Was sollen wir dann machen?" wandte er sich nach einer kurzen Pause an sie. "Sollen wir noch weiter mit den anderen mitreisen, oder uns irgendwo niederlassen und uns auf das Kind vorbereiten?"

Als Amras seine Frage stellte, lag Caleb längst zusammengerollt und friedlich schlafend am Boden. Shalindreya sah ihn einen Moment lang an, dann griff sie nach einer Decke, entrollte sie und breitete sie über dem Jungen aus.
"Ich werde die erste Wache übernehmen," sagte sie dann bestimmt.

Auch Gerhin lag bereits friedlich schlummernd in seinen Decken und träumte von großen Abenteuern.
Aldrion hingegen saß nachdenklich am Feuer und war in Gedanken versunken. Er war müde, hatte aber keine Lust zu schlafen. Verflucht, noch eins, wieso bereitete ihm das so ein Kopfzerbrechen? Lag es daran, dass er angefangen hatte, die Anderen als Freunde wertzuschätzen? Nein, das konnte nicht sein! Sie waren nur eine Zweckgemeinschaft, nichts weiter! Verflucht noch eins, alles war so furchtbar kompliziert!

Die Nacht verlief ruhig und ohne Zwischenfälle, doch für einige schien sie zu kurz zu sein. Jedenfalls hatte Shalindreya am nächsten Morgen einige Schwierigkeiten damit, Caleb aufzuwecken; erst als sie einen kleinen Teil des Inhalts ihres Wasserschlauchs über ihm auskippte, geruhte er aufzustehen, wenn auch nur unter teilweise derben Flüchen und Beschimpfungen, von denen sie - aufgrund seines furchtbaren Dialekts - nicht einmal die Hälfte verstand.
Während sich der mies gelaunte Junge das Wasser aus den Haaren schüttelte, fiel der Blick der Priesterin auf Ena und Jurek. Da gab es wohl noch etwas zu klären.
"Was werdet ihr nun tun?" fragte sie, wobei sie beide gleichermaßen ansprach. "Wie gedenkt ihr mit eurer neuen Verantwortung umzugehen?"

"Wir haben eine Verantwortung für das Kind, natürlich." Ena hatte immernoch Probleme, darüber zu sprechen. Es kam ihr unwirklich vor, irreal. Und dennoch hing es in ihrem Kopf fest, stemmte sich gegen alle Gedanken und hatte sie davon abgehalten, mehr als eine halbe Stunde zu schlafen. "Aber wir sind auch für diese Welt verantwortlich. Ich werde weiter mit euch reisen, vorerst. Noch bin ich in der Lage zu reisen. Azeroth soll nicht leiden müssen, weil ich furchtbar dumm war..." Die Schamanin seufzte und betrachtete Jurek mit einem Seitenblick, ehe sie sich auf den Boden setzte und wartete. Noch waren nicht alle startklar, deshalb gönnte sie sich ein paar Sekunden lang die Augen zu schließen. Immerhin hatten sie noch einen weiten Weg vor ihnen.

"Die Freude Mutter zu werden, steht euch richtig ins Gesicht geschnitten.." Die Nacht war für einen Untoten immer das gleiche. Man sucht sich irgnedwo einen ruhigen Ort und macht die Augen zu. Entweder das, oder man verbringt die Zeit damit zu versuchen die Hände von anderen Leuten in Schüsseln mit warmen Wasser zu tunken. Diesen Spaß hatte er sich zwar mal gegönnt, doch nicht diesesmal.
Nun stand er über Ena gebeugt und sah auf sie herunter, mit einem immer noch strahlenden Grinsen. "Soll ja so ähnlich sein wie einen Hund zu haben.. also.. mit eurem Elementar Knäuel habt ihr doch schon wirklich ein gutes Training genossen.. einmal davon abgesehen das es wohl nicht versucht hat euch bei eurer ersten Begegnung voll zu pinkeln.. oder doch? Eigentlich egal. Ich wollte euch nur fragen ob ich mit euch unter Vier Augen reden kann, wenn ihr euch dafür bereit fühlt. Momentan seht ihr so aus als wärt ihr eher dazu bereit euer Gesicht in einem Kissen zu verstecken"

Slik schlief anders. Selbst wenn schlafend, war er immer nur in einem äußerst wachen Zustand, um schnell fliehen zu können, wenn ihm jemand an den Kragen wollte. Obwohl er das garnicht nötig hatte, konnte er es sich trotzdem nicht abgewöhnen. Nun stand er irgendwo in der Gruppe, mit leicht geschlossenen Augen und viel Müder, weil er viel länger geschlafen hatte als er es sonst tat.