Broken Skies [MSG]

Valt ging dem Dahkin, der ihm dafür sichtlich dankbar war, zur Hand und gemeinsam gelang es ihnen mit einigem Herumprobieren schließlich, sämtliche Riemen an die richtige Stelle zu setzen und festzuzurren. Im Luftschiffermantel wirkte der Dahkin schon weit weniger wie ein nutzloser Akademiker und Valt schalt sich insgeheim dafür, so vorschnell über ihn und seine Tauglichkeit geurteilt zu haben. Auch in einem wie ihm konnte einiges an ungeahnter Geschicklichkeit und Zähigkeit ruhen. Er blickte sich um, suchte nach weiteren Möglichkeiten sich zu betätigen... und blieb mit den Augen an Lésca hängen, der es darauf anzulegen schien, allein in die Ausrüstung zu kommen, ein Unterfangen, dass ihm einseitig ganz gut gelang, aber dort, wo seine Rechte nicht hin kam, eklatant den Mangel an einer zweiten Hand offenbarte. Um Hilfe zu bitten schien ihm jedoch sein Stolz zu verbieten. Valt seufzte. Nun, er war sich jedenfalls nicht zu fein, dem Gatha seine Hilfe dann eben anzutragen.
"Lass mich dir helfen", forderte er und griff ohne eine Antwort abzuwarten nach den Schnallen am rechten Oberarm. Fehlte ja gerade noch, dass Lésca am Ende sein Angebot ablehnte. Sie waren jetzt eine Crew. Sie brauchten keine Scham voreinander zu empfinden. Beim Luftschiffen musste Sicherheit voll unzweifelhaft vor gehen.

"Moment, Faint. Wo war das Ding?", sich am Kinn kratzend stand Ragnar vor dem Mast, an dem ein Gewust an Seilen hing. Die Seile umwickelten den Mast und an einigen Stellen waren Haken sichtbar. Er war sich sicher, dass er so ein Ding hatte installieren lassen. Faint hatte recht. Die gewöhnlichen Seile waren viel zu schwer für die kleinen Elvair. Außerdem sorgte deren vergleichsmäßig leichtes Körpergewicht dafür, dass sie garnicht so dicke Seile wie der Rest der Mannschaft brauchten. Ragnars scharfen Augen fiel schließlich ein Schimmern auf, dass zwischen den Seilen zu sehen war. Triumphierend zog der Leonide...Nichts hervor.
"Seht ihr. Das ist Fayseil. Leicht wie eine Feder, dünn wie Spinnenfaden und teurer als manche Häuser. Wahrscheinlich wird das Zeug aus den Schamhaaren von Jungfrauen bei Vollmond gewoben. Der Preis wäre für sowas jedefalls angemessen!" Ob seines eigenen, eigentlich ziemlich schlechten, Witzes musste Ragnar grinsen, als er dem Elvair das dünne Seil reichte. Am Ende fand sich sogar ein Sicherheitshaken in Miniaturformat. Und der Nesca Li sah ihn so komisch an, während er sich vom Menschen helfen ließ. Warum? Ach ja, richtig.
"Warte einen Moment, Jungspund."
Kurz darauf war der Kapitän mit einer Box zurück an Deck.
"Das ist Kapitän Stahlpranks Klaue. Behandle sie gut, Jungspund." In der Box lag ein Haken. Das Material war dunkles Eisen, die Gestalt einer Klaue nachempfunden. In jedem Fall sah der Haken aus als könne man damit Kehlen aufreißen. Was auch stimmte.
"Alle in ihrer Luftschifferausrüstung?", fragte Ragnar brüllend nach. Er selbst hatte natürlich die ganze Zeit schon seinen Mantel angehabt.

Einen Moment versteifte sich Léscas sehniger Köper, und die Krallen seiner linken Hand schoben sich ungut nach vorne, als Valt ihm ungefragt an den Arm griff und begann die Schnallen seines Fliegeranzugs zu schließen. Er konnte es nicht leiden, wenn jemand ihn anfasste, ganz davon abgesehen, dass sein Stolz davon gekränkt war, dass er sich helfen lassen musste. Trotzdem hielt er still. Er wusste genau, dass der Mantel sitzen musste, und er wollte Valt auch nicht kränken. Das schmälerte nicht seine Erleichterung, als der junge Mann fertig war. Rasch löste er sich aus seinem Griff und rückte noch ein, zwei Riemen zurecht, die ein wenig zu tief in die Haut einschnitten oder im Fell ziepten. Dann erst wandte er sich Valt zu.
"Danke … Ist nicht so einfach alleine …"
Verlegen drehte er sich weg und dachte nach, was er noch sagen könnte, um nicht als ganz so unfähig und unselbstständig dazustehen, als schon der Kapitän wieder auftauchte, mit einer starken Kiste. Mit einem gemurmelten "Danke sehr" nahm er die Kiste entgegen und öffnete sie. Ihm gefiel der Anblick der starken, anscheinend vielerprobten Klaue, auch wenn sie für jemanden etwas größeres als ihn angefertigt worden war. Diesmal ließ er sich nicht helfen; alleine legte er die Riemen an, die das schwere Gebilde am Armstumpf hielten. Probeweise fuhr er mit dem schweren Gerät ein paarmal durch die Luft; es war träge und bei weitem nicht so vielseitig wie die Hand, die einmal seinen Platz eingenommen hatte, aber es war besser, als nur einen runden, nutzlosen Stumpf mit sich herumzuschleppen.
Als Lésca den Blick über das Deck schweifen ließ hob sich seine Stimmung wieder; eine schmucke Gesellschaft in abenteuerlichen Aufzügen. Ein wenig Sorgen machte ihm zwar, dass der Kapitän ihn so unbesorgt als "Jungspund" ansprach – aber das war er im Vergleich zu den anderen wohl auch. Solange er nicht den Decksjungen machen musste war ja alles in Ordnung. Einfach nur väterlich als Jungspund bezeichnet zu werden – das war in Ordnung. Aber wenn man ihn als Jungspund behandeln würde … Lésca hatte ein wenig Angst vor der Aussicht, als einziger nicht wirklich ernst genommen zu werden.

Valt war gerade dabei, sich eines der vom Mast herab baumelnden Seile auszusuchen und an seinem Mantel zu fixieren als der Kapitän zum Antreten brüllte. Hastig bemühte er sich, den letzten Knoten in der Leine fest zu zurren, dann eilte er zu dem Leoniden hinüber. Am Anfang würden sie sich sicher permanent mit ihren Sicherungsleinen verwickeln und sich gegenseitig im Weg umgehen, ging es ihm durch den Kopf. "Bin bereit, Kapitän!", meldete er sich als er vor diesem stand und bemühte sich, eine möglichst gerade Haltung einzunehmen.

Fayseil kannte er! Das stellten sie im Institut her, auch wenn die Fay darum ein Riesengeheimnis machten. Natürlich hatte Faint der Versuchung nicht widerstehen können, sich einmal heranzuschleichen, doch bevor sie zur Herstellung übergegangen waren, hatten sie einen Phasenzauber angewandt. Verdammte geheimniskrämerische Schmetterlinge! Aber immerhin hatte er erfahren, dass zur Herstellung ein halbes Dutzend weisser Kitzlein nötig waren, die hatten sie nämlich dabei gehabt. Ob sie danach noch am Leben waren, hatte er nicht rausgekriegt, nach einer Viertelstunde Auf-die-lila-Kuppel-Starren war ihm das Ganze zu blöd geworden und hatte sich in die Bibliothek verzogen. Ja, der Tag war ihm wegen der brennenden Feuermagieabteilung noch hell in Erinnerung...
Er griff sich den Haken und hängte ihn ein. Fast schien es ihm, als wäre er noch leichter als vorher. Fayseil war neben seiner Leichtigkeit auch für seine Unzerreissbarkeit bekannt. Wahrscheinlich könnte man ganz Solheym an eine andere Insel hängen und dann aus der eingesparten Energie die ganze Insel leuchten lassen. Nun auch angebunden, schwirrte Faint einige Runden um den Mast, bis er, ein lautes Quietschen ausstossend, von dem Seil abrupt abgebremst wurde.

Unbeholften tapste der Dahkin über das leicht schwankende Deck, um in einer Traube mit den anderen zu stehen.. Wie das erst beim Fliegen werden würde...! Nun, er würde es herausfinden. Es bleib auch zu hoffen, dass er nicht so ungeschickt war und sein Seil mit dem von jemand anderem verheddern würde. Das wäre ihm zuzutrauen...
Als der Leonide losbrüllte, zuckte er ein wenig zusammen, noch hatte er sich nicht an den rauhen Umgangston gewöhnt, der auf dem Schiff herrschte. Vielleicht würde er das auch nie. Man würde sehen. Aufbruchslustig stand die Traube junger und alter Luftschiffer vor dem Kapitän und machte einen allgemein heiteren Eindruck. Irgendwie konnte Apfel da aber nicht reinschwingen. Er hätte viel lieber in einem Studienzimmer gesessen und an seiner Doktorarbeit geschrieben. Nun, vielleicht würde er zum Schreiben kommen und einen Vorabentwurf zusammenzimmern. Papier hatte er genug dabei. Es ging nur um Willen und Zeit.
Entspannt verspannt stand er also mit den anderen vor Ragnar, und erwartete die weiteren Befehle.

"Sehr gut. Passt gut auf, Jungspunde! Das hier könnte euer Leben retten. Die Leinen dienen eurer Sicherung an Deck. Keiner spaziert hier ohne Leine rum! Müsst ihr unter das Schiff, wechselt ihr die Leine von der am Mast auf eine dieser hier", erklärte Ragnar weiterhin im "Flüsterton" der Leoniden, was bedeutete, dass man ihn auch zwei Straßen weiter noch hörte. Der Leonide griff nach einer Leine, die bisher von der Reling verborgen war. Sie schien außen am Schiff festgemacht zu sein, um das Klettern am Rumpf zu ermöglichen.
"Ihr habt vielleicht gemerkt, dass ihr neben der Halterung für die Sicherheitsleine noch ein paar weitere Halterungen habt. Die sind fürs Klettern gedacht. Unten am Rumpf und oben in der Takelage sind überall kleine Haken. In euren Taschen sind ein paar kürzere Leinen, mit denen ihr euch an den Haken festmachen könnt."
Der Ton Ragnars deutete auf nichts weiter als freudige Erwartung hin als er fragte: "Ich brauche einen Freiwilligen! Irgendwann müsst ihr's eh lernen."

Helena hörte aufmerksam zu, doch als Ragnar einen Freiwilligen suchte, wurde ihr doch ein bisschen mulmig. Sie blickte sich kurz um, ging es den anderen auch so? Bei einigen schien es zumindest so. Zögerlich hob sie dann doch ihre Hand und trat einen schritt nach vorne, auf Ragnar zu. Warum zur Hölle hatte sie das jetzt gemacht? Sie musste niemandem auf dem Schiff etwas beweisen... und trotzdem, vielleicht gerade, weil sie ein mulmiges Gefühl hatte, wollte sie es sich selbst beweisen.

Gerade wollte Choraz sich melden, doch da kam ihm das Echsenwesen zuvor. Naja, was solls, wenn es wusste, was es tat, warum nicht?
Die laute Stimme des Käpt'n schüchterte den Luhpin nicht im Geringsten ein, trotz des guten Gehörs. Dass er es als unangenehm empfand, stand da schon wieder auf einem ganz anderen Blatt. Wobei einige der Anderen sicher nicht ganz so widerstandsfähig waren und sicher Angst bekamen bei diesem Monstrum. Nun ja, arrangieren mussten sie sich damit.
Der Wolfspelz richtete nun seinen Blick auf die Echse und wartete ab, dass sie die Prozedur vorführte. Er war schon auf einem Luftschiff gewesen, aber was Besseres hatte er eh nicht zu tun.

Valt gab sich Mühe, sich die Erleichterung bei Helenas Meldung nicht ansehen zu lassen, doch vermutlich war es ein sinnloses Unterfangen. Sie musste ihm deutlich ins Gesicht geschrieben stehen. Seine erste Befürchtung, als Ragnar erklärt hatte was nun anstand, war die gewesen, dass niemand sich freiwillig melden und der Kapitän einen von ihnen schlichtweg bestimmen würde. Und so wie Valt sein Glück kannte wäre das auf ihn hinaus gelaufen. Um nichts in der Welt hätte er als allererster, vor den Augen aller anderen, diese Kletterei anpacken wollen. Es war dabei nicht einmal der Gedanke, in die Wanten zu steigen, der ihn abschreckte. Dort hoch zu klettern wäre nichts anderes als in einen Dachstuhl zu steigen. Aber die Vorstellung, unter das Schiff zu klettern, mit nichts unter sich außer Meilen und Meilen freien Falls, schreckte ihn. Als er sich von Ragnar hatte in die Liste eintragen lassen war ihm klar gewesen, dass er nicht einfach nur als Zimmerman für Reparaturen bereit stehen konnte, sondern auch andere Dienste verrichten würde müssen. Aber damit, dass er eines Tages unter dem Bauch eines Luftschiffes hängen würde, hatte er nicht gerechnet. Und wenn es nach ihm ging sollte dieser Tag lieber später als früher kommen. Sollte das jetzt erstmal lieber die Echsenfrau machen...

"Ist eigentlich ganz einfach. Und ihr werdet während eines Kampfes niemals da unten hängen. Aufpassen!", fuhr Ragnar aus und griff über die Reling an den Rumpf des Schiffes. Als er sich wieder aufrichtete, hatte er eine weitere Sicherheitsleine in der Hand, die der vom Mast ähnelte. Der Leonide reichte die Leine Helena und schritt dann zum Mast hinüber, wobei er nach der Leine des Elvair griff und dem Ring, an dem dessen Leine befestigt war, einen kräftigen Hieb verpasste. Etwas knirschte, danach ließ sich der Ring drehen, was es Ragnar erlaubte die Leine des Elvair zu entheddern.
"Während des Flugs habt ihr immer angeleint zu sein. Befestigt eine Rumpfleine und danach gebt ihr einem anderen das Zeichen die Mastleine zu lösen. Fertig?"
Ragnar nickte Helena ermutigend zu.

Helena hatte sich zwar freiwillig gemeldet für diese Aktion, doch das änderte nichts daran, dass sie nervös war. Sie war zwar schon ein paar Mal auf einem Luftschiff gewesen, doch das Klettern am Rumpf war dennoch etwas Neues für Sie. Beinahe hätte sie das Seil, welches ihr Ragnar gereicht hatte, wieder fallen gelassen und auch beim Befestigen der Leine stellte sie sich vor Nervosität nicht gerade geschickt an. Schließlich schaffte sie es doch noch das Seil zu befestigen, überprüfte es zur Sicherheit nochmals, und gab dann dem Leoniden ein Zeichen, das Sie bereit war. Nun vielleicht nicht wirklich bereit, aber zumindest, soweit das Ragnar mit seiner Demonstration weiter machen konnte.

Auch Helena schien bei dem Gedanken, unter das Schiff klettern zu müssen, nicht wirklich wohl zu sein. Sie sah ebenso aus, wie Valt sich bei der schieren Vorstellung bereits fühlte. Ein wenig unschlüssig stand sie da an der Reling herum, suchte nach dem Blick das Kapitäns. "Auf geht's! Kletter da runter!", rief Valt ihr zu und versuchte dabei aufmunternd zu klingen.

Mit Ragnars Hilfe befreite Faint sich aus seiner Fessel und sauste - nun vorsichtiger und mit Bedacht auf den Mast - über die Köpfe der anderen hinweg, um die Kletterversuche der Echse zu beobachten. Es war bestimmt interessant, zu sehen, wie diese sich so ganz ohne Flügel in der Luft anstellten. Bestimmt war das ziemlich mörderisch. Faints Flügel surrten ein wenig lauter und er legte den Kopf schief, während er etwas tiefer flog, um das ganze besser sehen zu können. Dabei sauste sein Seil mitten in die Gruppe hinein und obwohl es unglaublich dünn war, hatte es auch die Eigenschaft, mit genug Wucht Fleischwunden zu verursachen.

Choraz lächelte grimmig, als er die Unsicherheit der Echse sah. Er hätte sich ja zur Verfügung gestellt, aber sie wollte das ja unbedingt machen...

Es war das eine den Sinn von etwas zu verstehen, etwas anderes aber den Sinn dahinter. Seile. Irgendwas damit man nicht vom Deck fiel. Er konnte denn Sinn dahinter nicht verstehen, jemanden zu retten der ein Seil brauchte um nicht vom Schiff zu fallen. Was soll man tun wenn jemand das Seil durchschneidet, sich zusammen kauern und solange warten bis irgendwer mit Seil einen in den Arm nimmt? Aber den Teufel würde er tun dem Kapitän zu widersprechen, so wie der aussah würde er ihn um den Mast wickeln, wenn der ihn ohne Seil an Deck sah.

Er hatte Mühe damit sich das Zeug anzuziehen und schielte immer wieder verstohlen zu den anderen wenn es darum ging sich einen Knoten zu binden. Besser spät als nie sammelte er sich dann hinten bei den Anderen um der Frau dabei zuzusehen irgendwas zu tun, was er nicht ganz mitbekommen hatte.

Mit einem metallischen Geräusch löste Ragnar den Sicherheitshaken. Mit der anderen fing er das Fayseil Faints ein und ruckte heftig daran, was den kleinen Elvair ins Trudeln brachte. Mit dem würde er ein Wörtchen zu reden haben. In der Stadt mochten solche Eskapaden ohne weiteres durchgehen. Aber Ragnar würde sich nicht zwarnzig Jahre tadelloser Führung dieses Schiffes durch einen kleinen Elvair mit Luft im Schädel zunichte machen lassen! Er hatte einen Ruf zu verlieren!
"Gut. Runter mit dir! Nur keine Angst. Mit der Leine kann nichts passieren!"

Aufmerksam sah sich Lésca die Einweisungen an, während er nervös die Riemen des Eisenhakens zurechtrückte. Viel gab es nicht zu sehen: Der Kapitän demonstrierte die Funktion der Sicherheitsleinen, aber das hatte er schon mehrmals auf anderen Schiffen gesehen. Das Fayseil war ihm neu, und es sah wirklich gut aus, aber im Großen und Ganzen war es doch ein Seil, das jemanden mit einem Haken verband. Nichts kompliziertes wie eine Maschine, die er zu bedienen lernen musste. Eigentlich hätte er sich genauso gut für die Übung melden können, aber etwas hielt ihn trotz seiner Übung zurück – er war sich nicht sicher, ob er sich nicht ohne seine gesunde Hand blamieren würde, vielleicht sogar in ernste Gefahr geraten, wenn er da unten vom Seil baumelte. Da war es ihm doch lieber, wenn jemand anderes zuerst einmal demonstrierte, wie diese Dinge funktionierten. Hoffentlich, so dachte er, würde er selbst nie derart von der Leine hängen müssen, denn sich mit einer Hand wieder an Deck zu ziehen würde wohl kaum eine der leichteren Übungen sein.

Mit einem Quieken fing Faint sich wieder ab, fast wäre er mit dem Kopf eines der Hunde zusammengestossen. Er stiess ein frustriertes, zischenden Piepen aus und warf Ragnar einen bösen Blick zu, den dieser wohl nicht einmal als solchen erkannte. Da bekam er also gleich noch einen weiteren Nachteil dieser Leinen zu spüren! Nicht nur blieb man überall hängen, man konnte auch noch von diesen Riesen nach Belieben herumgezerrt werden. In ihm regte sich die Vermutung, dass die Leine weniger aus Sicherheitsgründen als viel mehr dazu da war, ihn zu ärgern. Doch er hatte keine Wahl, als das erstmal zu akzeptieren, aber wenn sie erstmal aus der Stadt raus waren, würde er formell Protest beim Kapitän einlegen.
Jetzt hiess es aber immer noch, der Echse zuzuschauen. Langsam wurde Faint ungeduldig? Wie lange brauchte die Echse noch, bis sie sich endlich über die Reling traute? Wenn das noch länger dauern würde, stand die Explosion im Institut in der Zeitung und war ausgetragen, bevor sie mit diesem Kahn aus dem Hafen raus waren.

Trotz des Sicherungsseils kostete es Helena einiges an Überwindung, um auf dem Schiffsrumpf herumzuklettern. Die anderen, die nur rumstanden und zuschauten, konnten ja grosse Sprüche klopfen, aber Helena wollte nicht wissen, wie sie sich anstellen würden, wenn sie dann selber hier standen und unter ihnen nur die Wolken aus magischer Energie schwebten. Nachdem Ragnar das Seil gelöst hatte, stieg sie vorsichtig über die Reling und kletterte langsam aber sicher den Bug hinunter, bis sie schliesslich an der Unterseite des Schiffes war. Es war irgendwie merkwürdig und irritierend. Unter ihr die magischen Wolken, die ihren sicheren Tod bedeuten würden, falls sie hineinfallen sollte und das Wissen um die Sicherheitsleine konnte Helena bei diesem Gedankengang nicht wirklich beruhigen. Und doch, war es irgendwie faszinierend, so nah war sie den magischen Energien noch nie gewesen. Ein merkwürdiges Kribbeln breitete sich in ihr aus, doch lag das wirklich an der magischen Energie, oder einfach daran, dass sie immer noch so nervös war. Das magische Meer lag ruhig unter ihr, doch es schien Helena als würde es in der Tiefe aufbegehren und versuchen auszubrechen. Sie erinnerte sich daran mal gehört zu haben, dass es an den vielen magischen Bauten und entsprechenden Benutzern lag, das das magische Meer hier so ruhig war, aber ganz sicher war sie sich nicht mehr. Aber andererseits würde sie wohl das Gegenteil in ein paar Wochen erleben, wenn sie ihr Reiseziel bedachte. Irgendetwas hatte dieser Anblick bei ihr ausgelöst, auch wenn sie es selber nicht wirklich bemerkte. Dann schrak sie plötzlich auf, wie lange war sie nun schon hier unten und hatte verträumt in den magischen Ozean geblickt? Eilig kletterte sie wieder hinauf an Deck und hoffte das Sie keinen ärger bekommen würde.

Natürlich eilte Valt, von Neugier getrieben, sofort zur Reling als Helena sich über diese hinweg und am Rumpf hinunter ließ, aber wirklich viel zu sehen gab es dann doch nicht. Jedenfalls nicht annähernd so viel, wie Valt sich erhofft hatte. Eine Weile lang konnte er noch beobachten, wie die Salamanderfrau sich dicht am Rumpf weiter abseilte, dann war sie irgendwann unter diesem verschwunden und alles, was es noch zu sehen gab war das magische Meer in der Tiefe und das gelegentliche Zucken der Leine, das davon kündete, dass Helena sich nach wie vor weiter bewegte. Und auch der erneute Aufstieg war gänzlich unspektakulär. Fast einfach wirkte es schon, wie sie sich an Seil und Bordwand wieder nach oben zog und Valts Bedenken begannen zu schwinden. So schlimm schien es gar nicht gewesen zu sein. Er würde es schon auch hin bekommen. Andererseits lagen sie hier noch im ruhigen Hafen. Wie mochte diese Kletterpartie aussehen, wenn magische Stürme sie hin und her warfen? Als Helena die Reling erreichte bot er ihr eine Hand dar um ihr wieder auf Deck zu helfen. Dabei warf er ihr ein aufmunterndes Lächeln zu, aus dem deutlich ein 'Gut gemacht!' sprach.

Die kurze Einlage sollte nur dazu dienen allen ein wenig die Angst vor dem magischen Meer zu nehmen. Es war wichtig, dass sie Vertrauen in ihre Sicherheit hier hatten, sonst würden sie nicht bei voller Kraft arbeiten. Deswegen brüllte Ragnar auch gleich ein Lob: "Sehr gut gemacht. Wir legen gleich ab, dann können wir das Segel setzen und die Manöver üben." Mit einem Sprung war Ragnar bei dem Steuerpult und seine Pranken schlossen sich um die vertrauten Hebel und das Steuerrad. Die Leinen waren bereits von den Hafenarbeitern gelöst worden. Mit einer Pranke legte Rangar einen der Hebel um. Licht zuckte durch die bisher stumpfen Linien am Rump des Schiffes. Die grüne und rote Positionsleuchte erwachten zu zunächst flackerndem Leben. Bald würden sie selbst durch den dichtesten Nebel scheinen. Ein Ruck durchfuhr das Schiff und aus den Tiefen des Laderaums ertönte ein Summen. Langsam glitt die Windfänger aus dem Hafenbecken. Die Segel fingen den Wind ein und die Windfänger sauste auf das Meer hinaus. Ein paar Stunden Sonnenlicht würden sie noch haben. Im Moment war die Sonne hinter einer Wolke magischer Partikel verborgen und leuchtete derzeit in hellem Grün.
"Willkommen auf dem magischen Meer."

Der Wind blies in sein Gesicht, dass seine großen Ohren nur so schlackerten. Ein angenehmes Gefühl, trotz allem. Nur seine Nase wurde ein bisschen trocken, das war unangenehm. Ziemlich sogar! Aber Ragnar deswegen anzusprechen kam ihm unangebracht vor, und ein Zurück gab es jetzt auch nicht mehr. Also lief er über das Deck zu Valt, der genau so wenig wie er zu wissen schien, was auf ihn zukam, und was er zu tun hatte. Den Fay konnte er gerade nicht brauchen, subversiv war er selbst schon genug, da brauchte es keinen zweiten Wahnsinnigen.
"Na? Was hat der Käpt'n gesagt, das wir tun sollen?"

Dankbar hatte Helena die Hand von Valt ergriffen und sich von ihm auf das Deck helfen lassen. Kurz, nachdem sie wieder oben stand und gesichert war, drückte sie ­Valt einen Kuss auf die Wange, begleitet von einem "Danke."
Nur kurze Zeit später hatte die Windfänger bereits den Hafen verlassen und Helena stand am Bug des Schiffes. Neugierig blickte sie auf das magische Meer hinaus und ihre freudige Erregung konnte man auch gut daran erkennen, dass ihr Echsenschwanz immer hin und her schwang und dass, an dessen Spitze ein paar Flammen züngelten. Was hatte der Kapitän in den Jahren hier ­draussen wohl alles gesehen und erlebt?

Nach den obligatorischen Routine-Maßnahmen ging es nun endlich los. Das Luftschiff legte ab. Der Wind störte den Luhpin nicht sonderlich und auch über den Gedanken, sich von dem festen Boden unter den Füßen für längere Zeit zu verabschieden, kam er schneller hinweg, als manch Anderer das wohl tun würde.
Choraz ging auch zu dem kleinen Grüppchen von dem Menschen, dem Echsenwesen und seinem Artgenossen. "Jetzt geht es also wirklich los.", polterte er grimmig. "Ich hoffe, ihr seid alle bereit für eine etwas rauere Erfahrung!"