GQ - [Die MSG]

Trevin senkte seine Waffe wieder, steckte sie aber noch nicht weg. Von diesem Katzenmenschen schien ihnen keine Gefahr zu drohen, aber er hatte vorhin zwei Gefangene gesehen.
"Was ist mit der anderen Frau?" fragte er, einen Hauch von Mißtrauen in der Stimme. "Ich habe vorhin zwei Gefangene da drin gesehen."
Vermutlich war die andere nur zu verängstigt, um herauszukommen. Irgendwie verständlich, wenn man bedachte, welches Schicksal die beiden Banditen dort im Vorratsraum ereilt hatte. Ein solcher Anblick schreckte zweifellos ab.

Es verwunderte Aldred nicht, dass von der zweiten Gefangenen jede Spur fehlte. Wenn sie es geschafft hatte sich zu befreien – und ganz offenbar hatte sie das, davon zeugten die leeren Fesseln an der Wand – dann war sie nun freilich über alle Berge. Warum hätte sie auch hier bleiben sollen, wenn sich die Chance zur Flucht bot? Es war eher verwunderlich, dass die Katzenfrau nach wie vor hier war.
"Könnt ihr uns hier heraus führen?", fragte er deshalb, ihre Antwort auf Trevins Frage gar nicht erst abwartend. Und dann, als ihm aufging, in was für einer Situation sie sich bis gerade eben befunden haben musste, setzte er hinterher: "Ihr seid doch nicht verletzt, oder? Braucht ihr Hilfe?" Ganz von selbst hatte er der Fremden Unterstützung angeboten, dabei jedoch nicht bedacht, wie merkwürdig das in ihren Augen wirken musste. Abgerissen wie sie waren mussten sie aussehen, als hätten sie selbst Hilfe weit eher nötig.

Felitia zuckte zusammen, als man nach ihr frage. Sie hoffte inständig, dass die Katzenfrau sie nicht verraten würde. Doch dann vernahm sie den besorgten Ton eines Mannes, dessen Stimme leicht zitterte. Womöglich war er einfach nur erschöpft von dem Kampf, der eben erst geendet hatte. Dennoch rührte sich die Nymphe nicht. Es konnte schließlich nach wie vor bloß ein Trick sein, um die Damen guten Glaubens herauszulocken und mitzunehmen. Trotzdem ging ihre Anspannung etwas zurück. Sie streckte ihre mittlerweile fast erstarrten Beine und massierte vorsichtig die schmerzenden Kniegelenke, die bereits weiß angelaufen waren. Die Kerben an den Seiten hatten bis eben noch ihre Nägel in sich gehabt und bluteten ganz leicht, es war also nicht weiter erwähnenswert.

Der Kampf dauerte nicht lange und auch den restlichen Banditen wurde von Trevin und Tristan ein Ende bereitet. Finn folgte, als die Gruppe weiterging, wobei er den Blutlachen und Leichen so gut wie möglich auswich, was mit seinem verstauchten Knöchel nicht leicht war. Kaum war er an den Toten vorbei, schreckte ihn schon Amuns plötzlicher Schrei auf und er hätte um ein Haar einen Satz zurück gemacht, konnte sich aber im letzten Moment noch davon abhalten. Auch wenn Trevin vorhin von Gefangenen gesprochen hatte, war er etwas erschrocken, diese seltsame Frau zu sehen. Sie ähnelte den Katzen, von denen er in verschiedenen Büchern gelesen hatte und die in Städten wegen Mäusen und Ratten gehalten wurden. Allerdings hatte er noch nie eine in echt gesehen und von diesen Katzenwesen hatte er noch nicht einmal gelesen. Dementsprechend wurden seine Augen, nachdem der anfängliche Schock verschwunden war, gross und er musterte es eingänglich, weshalb er den Austausch zwischen dem Wesen, Trevin und Aldred nicht mithörte. Nur die letzten Worte des Schmiedes bekam er mit, der zum Aufbruch drängte.
"So... soll... sollten wir ni... nicht nach Vor... Vorräten suchen?", warf Finn ein. Sein Magen knurrte nach der langen Wanderung und wahrscheinlich hatte niemand mehr seit dem Frühstück auf dem Luftschiff etwas gegessen oder getrunken. Er wollte nicht noch einmal fast verdursten.

Neythani schüttelte den Kopf. "Mir geht es gut.. die Banditen haben mir nichts getan," erwiderte sie dann ruhig. Sie wusste nicht so recht, ob sie die Nymphe verraten sollte oder nicht. "Ich weiß nicht, ob die Banditen viel hatten in der Höhle, aber in den Wäldern kann mann jagen, und es gibt viel essbares zu finden," sagte sie dann in richtung des Jungen. "Wenn ihr wollt, könnt ihr euch da ja umsehen, ich werde euch dann den weg nach draussen zeigen."

"Wir werden nicht viele Vorräte benötigen", erklärte Aldred der Katzenfrau, "Etwas zu Essen für ein, zwei Tage, vielleicht ein paar Decken oder Felle gegen die Kälte in der Nacht. Mit etwas, um unsere Wunden zu versorgen, werden wir hier wohl kaum rechnen können. Vorerst muss es reichen, wenn wir es bis zur Neststadt schaffen." Er wandte sich an den Vogelmann an seiner Seite. "Amun'Raak, wie weit ist es von hier?" Es konnte nicht mehr weit sein. Wenn sie mit dem Luftschiff nicht mehr als einen halben Tag Reise vor sich gehabt hätten, dann würden sie es auch zu Fuß in nicht allzu langer Zeit schaffen. Sie mussten einfach! Zumindest einige von ihnen würden ohne Hilfe nicht allzu lange durchstehen. Und sollten die Schwarzen sie auf dem Weg erneut aufspüren... dann mochten ihnen die Göttinnen gnaden.

"Nicht weit. Sind nahe dran. Neststadt liegt viel weiter oben und ein paar Nadeln weiter. Luftschiff kann nicht so schnell steigen und muss auf Wind achten. Wir können klettern. Muss irgendwo einen Weg nach oben geben. Sind hoch genug. Avior bauten Gänge, vor langer Zeit. Werden nicht mehr benutzt und reichen nicht weit genug nach unten für die meisten Landgeher. Vielleicht Zeichen an den Wänden? Wie in der Bibliothek?"
Nachdem sich Amun von dem ersten Schrecken durch die Katzenfrau, denn eine solche war es wohl, erholt hatte, schien er wieder auf ihr Ziel fokussiert zu sein. Vielleicht gab es hier sogar eine Windpassage, wie unwahrscheinlich das auch sein mochte. Das würde ihre Reise beschleunigen.
"Sollten Essen mitnehmen, Wasser. Finn hat recht. Und dann kannst du uns führen nach draußen, Katze."

Langsam schüttelte Aldred den Kopf. Der Optimismus des Avior war bewundernswert, aber in dieser Situation nach Meinung des Schmiedes schlichtweg nicht angebracht. "Ich denke nicht, dass wir klettern können", merkte er an, "Nicht in unserem Zustand. Nicht, bevor nicht ein Heiler all diese Wunden versorgt hat. Du und Trevin, ja, ihr schafft es vielleicht. Aber der Rest von uns? Keine Chance... die Hilfe wird zu uns kommen müssen." Und sie würden hoffen müssen, dass sie das tat. Amun'Raak würde sicher die Bewohner seiner Heimstatt informieren können, aber würden sie ihnen zur Hilfe kommen? Oder würden sie sie ihrem Schicksal überlassen? Konnten sie ihnen überhaupt helfen? Schließlich schienen die Avior nach Amun'Raaks Befürchtungen derzeit selbst in argen Schwierigkeiten zu stecken. Gut möglich, dass es eine Weile dauerte, bis Hilfe sie erreichte – so sie es denn überhaupt tun würde. Sich mit Proviant und Ausrüstung einzudecken war insofern mit Sicherheit nicht verkehrt.
"Habt ihr gesehen, wo diese Sklavenhändler ihre Vorräte gelagert haben?", wandte Aldred sich erneut an die Katzenfrau, "Dort hinten?" Er deutete auf den Eingang zur Seitenhöhle, vor der sie stand und machte sich daran, an ihr vorbei zu treten.

Wenn man Tristans innerliche Reaktion auf das Katzenwesen mit einem Wort beschreiben wollte, wäre 'angewidert' wohl das richtige Wort. Mit gerümpfter Nase musterte er das komische Vieh. Er sagte nichts dazu, denn ihm wären wohl nur abwertende bis beleidigende Worte über die Lippen gekommen, weshalb er es für weiser erachtete, einfach die Klappe zu halten. War besser für alle Beteiligten.
Dennoch. Auf eine perverse Art und Weise war er von dem Ding fasziniert. Es war eine Katze … und ein Mensch … und er fragte sich, ob dieses Weib sich seine Fotze selber lecken konnte und wie es sich anfühlen würde, ebendiese zu vögeln. Würde die Kleine Kratzspuren hinterlassen oder vielleicht beissen? Würde sie schnurren oder eher fauchen? Hatte sie wie eine Hauskatzen Zeiten, wo sie sich auf dem Boden rumrollte und danach schrie begattet zu werden?
Tristans hochqualifizierte Gedankengänge bewirkten, dass er dieses Katzenvieh unentwegt aber schweigend anstarrte, ohne irgendetwas Produktives zur Situation beizutragen.

"Exakt, dort hinten," sagte Trevin anstatt der Katzenfrau und trat mit energischem Schritt an Aldred vorbei und auf den Eingang der Vorratshöhle zu. Im Gegensatz zu dem Schmied war er ganz und gar nicht davon überzeugt, daß die andere Gefangene bereits verschwunden war. Zumal er den Eindruck hatte, daß die Katze ihn und die anderen von der Vorratshöhle fernhalten wollte.
Und wenn die andere dort drin war und in Panik geriet, mochte es sein, daß sie handgreiflich wurde. Dann war es vermutlich besser, wenn sich ihr jemand in den Weg stellte, der auch in der Lage war zu kämpfen.

Neythani wusste, das die Männer Felicia finden würden , aber wenn sie sie aufhalten würde, würden sie ihr nachher wehtun. Sie wusste nicht so recht, was sie tun sollte. Sie starrte dem Mann hinterher, der an ihr vorbei in die Vorratshöhle stürmte. Sie wollte ihn anschreien, ihn fortziehen, damit er die Nymphe nicht fand, aber sie konnte nichts tun, ausser zuzusehen. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, und ihre Krallen drangen leicht in ihre Haut. Bestimmt würde er sie gleich finden.

Ohne aufgehalten zu werden, beschritt Trevin den kurzen Gang, die Waffe weggesteckt, die Muskeln jedoch angespannt und jederzeit auf einen Angriff gefaßt. Als er die kleine Kammer erreichte, trat er nicht sofort ein, sondern erspähte zunächst alles, was ihm sein Blickwinkel erlaubte. Erst dann tat er einen weiteren Schritt, der ihn in die Vorratskammer hinein beförderte.
Er war nicht überrascht, als er die Frau erkannte, die er vorhin in der Hauptkammer entdeckt hatte, wo die Banditen sie an die Wand gefesselt hatten. Sofort breitete er die Arme aus, so daß sie gut seine leeren Hände erkennen konnte.
"Wir haben nicht vor, dir etwas zu tun," sagte er leise. Und hoffte dabei, daß sie wirklich nur verängstigt war, wie er es annahm - und nicht etwa feindselig.

Panisch riss Felitia die Augen auf, als der Fremde plötzlich vor ihr stand. Wieder bohrten sich ihre Nägel in die blanke Haut ihrer Beine und verursachten einen stechenden Schmerz. Als er jedoch sagte, dass er ihr nichts tun wolle, beruhigte sie sich etwas. Vertrauen konnte sie ihm nicht, aber immerhin war er nicht bewaffnet und wirkte ziemlich mitgenommen. Seine Wunden konnten keinesfalls vom letzten Kampf herrühren, zumindest nicht alle. Langsam erhob sich die Nymphe und machte vorsichtig einen kleinen Schritt auf den Mann zu. "Ich... Ich bin Felitia.", stotterte sie. Langsam nährte sich noch etwas, um die Wunden etwas näher zu betrachten. "Ihr seid verletzt.", sagte sie mehr zu sich selbst, als zu ihm. Schließlich musste er das mitbekommen haben. "Wenn Ihr mir den Weg aus diesem Höhlenlabyrinth zeigt, kann ich Eure Wunden versorgen.", sprach sie weiter. Irgendwie musste sie sich schließlich für die Befreiung erkenntlich zeigen, die Begleiter der Mannes fürchtete sie jedoch weiterhin.

Aldred, der Trevin gefolgt war, musterte die junge Frau im Licht der Fackel. Irgendetwas an ihr erschien ihm... nicht richtig, wenngleich er nicht hätte sagen können, was. War es vielleicht einfach die Tatsache, dass sie eine Frau war? Obwohl sie kaum Ähnlichkeit mit dieser aufwies musste er an Nicole denken. Es war kein Gedanke, der ihn glücklich stimmte.
"Kennst du dich denn in der Heilkunst aus?", fragte er deshalb düster. Dass sie selbst den Weg hier hinaus erst suchen mussten verschwieg er. Er war überzeugt, dass sie ihn schon finden würden. Und falls diese Frau ihnen tatsächlich helfen konnte, dann durften sie nicht wählerisch sein.

"Ich bin in den Wäldern zu hause und kenne sie wie meine Westentasche. Heilkräuter sind mir alle bekannt. Es wird kein Problem für mich sein, sie zu finden und zu verarbeiten, um Eure Wunden zu versorgen.", sagte sie mit fester Stimme. Einen leicht bissigen Unterton konnte sie nicht verbergen, schließlich konnte sie es überhaupt nicht leiden, wenn man sie in Frage stellte. Vor allem nicht, wenn man sie nicht kannte. Erst danach wurde ihr klar, dass der Mann eine Waffe trug, doch das spielte ohnehin keine Rolle mehr. Dennoch machte sie einen Schritt zurück. Ohne den Fremden den Rücken zuzukehren griff sie nach einem kleinen Gefäß im Vorratsraum. In der Vase befand sich lediglich Getreide, also griff sie nach der nächsten, in der sie Wasser fand. Diese stellte sie beiseite und schaute weiter, bis sie schließlich einen Behälter mit einem großen Stück Fleisch fand, dass ausreichend Fett zu haben schien, um damit eine Salbe aufzusetzen. Zufrieden nahm sie sie an sich und schaute erwartungsvoll in die Runde.

Neythani hatte sich noch ein wenig in der Höhle umgesehen und war dabei auf ihren Speer gestoßen, den die Banditen einfach irgendwo an die Wand gelehnt hatten. Zum glück war dieser heil geblieben. Dann trat sie an den Gang der nach draussen führte und schnupperte ein wenig. Ja, dort waren sie rein gekommen, sie konnte die frische luft und den Wald riechen. "Nun, wenn ihr soweit seid, können wir hinaus. Hier drinne möchte ich nicht lagern, wo es nach Tod und Gewalt riecht," wandte sie sich an die Männer. Dann trat sie zu der Nymphe und nahm den Behälter mit dem Getreide an sich. Getreide war gut, damit konnte mann etwas essbares herstellen.

Die Gruppe begann, die Lagerhöhle der Banditen zu erkunden. Trevin und Aldred gingen in die Vorratshöhle, während die seltsame Katzenfrau herumschnupperte und der Rest herumlungerte. Finn trat einige Schritte ins Innere. Sofort stieg ihm der Geruch von schalem Bier in die Nase. Um das Lagerfeuer standen immer noch Becher und Essensreste, die einfach achtlos zur Seite geworfen worden war. Obwohl Finn wegen dem Alkohol das Gesicht herzog, grummelte sein Magen und er bemerkte die unangenehme Trockenheit in seiner Kehle. Für einen Moment war er versucht, einfach bei den Dingen um das Feuer herum zuzugreifen, doch er entschied sich dagegen. Falls es nichts Essbares im Vorratsraum gab, konnte er das immer noch tun. Da sprach die Katzenfrau davon, dass sie sie aus den Höhlen hinausbringen konnten. Finn entschloss, dass die Männer in der Vorratshöhle das am besten schnell erfahren sollten und steuerte deshalb auf diese zu.
"Gi... gibt es genug Vorräte?", sagte er, während er durch die Öffnung trat. "Die F..."
Sein Blick fiel auf die fremde Frau und er verstummte mitten im Satz. 
"Oh."

Eines musste man der Katzenfrau ja lassen. Sie hatte nen erotischen Hüftschwung. Tristan starrte ihr auf den Hintern und machte sich dabei keine Mühe, dies heimlich zu tun. Allerdings wanderte sein Blick dann langsam runter zu dem Feuerchen. Und was er da sah, war bei weitem attraktiver als ein Katzenhybride - Essen.
Ohne weitere Umschweife schleppte der Söldner sich zu dem Feuer hin und liess sich auf den Boden sinken. Ihm tat alles weh, seine Hand pochte und das Bein brannte. Mit der gesunden Hand griff er nach einer Schüssel, wo ein undefinierbares Etwas drin war, und begann etwas unbeholfen, die Reste zu löffeln. Das Essen stärkte und zu seiner absoluten Freude hatte der Gauner, der zuvor hier gespeist hatte, ihm sogar ein paar Schlucke Bier hinterlassen. Bier das zwar eher eine lauwarme Brühe war, doch es stillte den Durst.

"Nun gut", beschied Aldred, sich wenig Mühe gebend, seine Skepsis vor der Frau zu verbergen. Irgendetwas an ihr störte ihn. Aber noch immer hätte er es nicht zu benennen vermocht. "Unser Weg scheint der selbe zu sein und diese Gegend ist ganz offenkundig nicht sicher. Es kann kaum schaden, wenn du mit uns kommst." Kurz zögerte er. "Ich bin Aldred", stellte er sich dann vor, "Das ist Trevin. Und der Junge heißt Finn." Er wandte sich nun Letztgenanntem zu, der eben zu ihnen getreten war und merklich überrascht wirkte. "Vorräte sollten wir auftreiben können", erklärte er, sich nun ernstmals wirklich in dem Raum umsehend, "Viel ist es nicht, aber ein paar Tage werden wir uns über Wasser halten können. Sieh einmal nach, was wir gebrauchen können." Mit gutem Vorbild voran gehend ging er auch selbst – umständlich wegen seiner Verletzung – in die Knie und begann, die umstehenden Gefäße zu untersuchen.

Während die anderen sich in der Höhle umsahen hatte Amun bei dem Zeug der Möchtegernräuber eine Flasche gefunden, die auffällig nach Alkohol roch. Vorsichtig schnupperte Amun an der Öffnung. Der Schnaps schien ganz schön stark zu sein. Avior vertrugen überhaupt keinen Alkohol. Menschen mochten nach dem Genuss eines Kruges Bier vielleicht nicht mehr auf der Höhe ihrer geistigen Kapazität sein, aber Avior verloren ihren Verstand. Allerdings hatte Amun nicht vor den Schnaps zu trinken.
Der Avior zischte vor Schmerz auf als er sich den Inhalt der Flasche über die Stirnwunde goss. Schnaps, vermischt mit Blut floss über das Federkleid des Avior und blieb zum guten Teil kleben. Zum Glück gab es hier nirgendwo einen Spiegel. Amun würde sich grade nicht selbst sehen wollen. Was machten die anderen eigentlich grade?
Ein paar waren in den Vorratsraum gegangen, wahrscheinlich um sich Proviant zu beschaffen. Tristan löffelte irgendwas aus einer Schale.
"Heh. Gute Idee. Lange nichts mehr gegessen."
War nur die Frage, wie sie jetzt zur Neststadt kamen. Aber die Avior mussten das abstürzende Schiff gesehen haben. Zumindest mussten sie eine Gruppe Späher ausgesandt haben, um festzustellen, was hier passiert war. Außer der Sturm sperrte sie auf ihrem Gipfel ein.

Sie suchten die Räuberhöhlen gründlich ab, doch allzuviel brauchbares trat dabei nicht zutage. Es war jedoch nicht weiter schlimm, denn sie konnten ohnehin nicht viel an Gepäck mit sich tragen, so angeschlagen wie die meisten von ihnen waren.
Nach einer kurzen Ruhepause machten sie sich daran, den Weg nach draußen zu suchen. Sie kamen dabei an zahlreichen Abzweigungen vorbei, wo ein Weg so gut war wie der andere, und wählten meist aufs Geratewohl diesen oder jenen Gang. Nach einigen Stunden des umherirrens in den Höhlengängen nahmen sie dann jedoch einen frischen Luftzug wahr, und die Katzenfrau den Geruch der Wildnis. Ab da dauerte es nur noch wenige Minuten, und sie standen unter freiem Himmel.
Trevin trat als erster nach draußen und sondierte einen Moment die Lage, ehe er den anderen bedeutete, ebenfalls die Höhle verlassen zu können. Ihr Blick fiel auf einen grasbewachsenen Hang, der in sanftem Winkel zu ihren Füßen abfiel und etwa hundert Schritte weiter in einen Waldrand überging. Trevin warf einen Blick an der Felswand nach oben und stellte dabei fest, daß sie weit unterhalb des Berghanges sein mußten, an dem das Luftschiff zerschellt war.
"Sieht nicht so aus, als seien wir der Neststadt merklich näher gekommen," bemerkte er grimmig. "Naja, wenigstens leben wir noch."


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Felitia hatte teilnahmslos zugesehen, wie die Gruppe Fremder sich verteilte und die Höhlenräume nach Brauchbarem durchsuchte. Das Misstrauen von Aldred missfiel ihr zwar, verübeln konnte sie es ihm jedoch nicht. Schließlich fand sie die gesamte Gruppe nicht sonderlich vertrauensvoll und hatte noch immer ein wenig Angst, gerade weil sie in der Unterzahl war. Dass sie sie mitnehmen wollten, war eine nette Geste, aber ob da eine Heimtücke dahintersteckte konnte die Nymphe nicht beurteilen. Langsam, nur zögerlich verließ sie die Vorratskammer mit dem Behälter im Arm. Langsamen Schrittes ging sie einige Schritte hinter den Fremden her, bis sie schließlich im Freien stand. Ein gesunder, dicht bewachsener Wald erstreckte sich vor ihren Augen. Die Erleichterung übermannte die junge Frau, der Herzschlag erhöhte sich etwas und sie lächelte endlich. Felitia konnte es kaum erwarten, sich zwischen den hohen Laubbäumen auf Kräutersuche zu machen, alleine schon, weil sie diese Tätigkeit so vermisst hatte. Doch es würde wohl noch einige Zeit dauern, bis sie die Strecke zum Waldrand zurücklegen würden, schließlich waren alle bis auf sie und die Katze verletzt und würde ein schnelles Tempo nicht halten können, auch wenn sie sich wacker hielten. Sie wartete, bis die Gruppe sich in Bewegung setzte, um nicht selbst ein Tempo vorgeben zu müssen.

Am Leben mochten sie noch sein, aye, aber in Sicherheit waren sie noch lange nicht. Aldreds erster Blick als sie die Höhlen verließen galt dem Himmel. War dort etwas zu sehen? Etwas verdächtig Geflügeltes? Er mochte nicht glauben, dass die Schwarzen ihre Jagd auf sie eingestellt hatten, nachdem sie das Luftschiff zum Absturz gebracht hatten. Das wäre so gar nicht ihre Art gewesen, wie sie sie die letzten Wochen kennen gelernt hatten. Nein, früher oder später würde die Heerschar erneut zu schlagen, einen weiteren Anlauf wagen. Und dann mochte ihnen allein die Gnade der Göttinnen noch helfen! Sie würden die Neststadt rasch erreichen müssen, mussten dort ausruhen, ihre Wunden versorgen lassen. Und sie mussten auf dem Weg dorthin unentdeckt bleiben.
"In den Wald! Rasch!", kommandierte Aldred als er bemerkte, dass die Gruppe Anstalten machte, stehen zu bleiben, und humpelte selbst voran. Viel Schutz mochte der Wald ihnen nicht bieten und was sie dort erwartete war ungewiss. Aber wenigstens mochte er sie vor feindlichen Augen vom Himmel verbergen. Und selbst wenn diese Flieger sie entdecken sollten: im Wald hatte die Gruppe einen Vorteil gegen sie, sollte es zum Kampf kommen.

Trevin schob sich rasch an Aldred vorbei, um selbst die Führung zu übernehmen. Von der gesamten Gruppe war im Augenblick einfach in der besten Verfassung zu kämpfen, falls das nötig werden sollte. Dabei achtete er aber darauf, nicht zu weit voraus zu gehen, denn hier auf offenem Feld bestand immer noch die Möglichkeit, daß diese geflügelten Mißgeburten sie angreifen würden.
Doch nichts passierte, sie erreichten den Waldrand ohne Zwischenfälle. In Sicherheit waren sie noch lange nicht, aber vielleicht konnte die eine der beiden Frauen, die sie in der Höhle gefunden hatten, jetzt die Verletzungen seiner Gefährten versorgen. In diesem Zustand würden sie kaum weiter reisen können.


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Schatten huschten durch die Blätter. Amuns Kopf ruckte nach oben. Durch das Blätterwerk waren dunkle Flügel zu erkennen. Der Avior machte eine Bewegung mit den Klauen als wollte er den anderen bedeuten die Köpfe einzuziehen, hielt dann aber inne. Vorsichtig stieß Amun einen Pfiff aus, der irgendwie fragend klang. Von oben ertönte ein anderer Pfiff als Antwort. Amuns Augen verengten sich. Beherrschten die Schwarzen die Sprache der Avior? Falls ja würde er sie alle einer unnötigen Gefahr aussetzen oder vielleicht sogar in ihren Untergang führen. Bevor Amun sich überlegen konnte, was er tun sollte, brach vor ihnen jemand durch das Blätterdach.
Der Neuankömmling war ganz klar ein Avior. Federn bedeckten seinen Körper und auch wenn diese schwarz waren, so war er oder sie doch ganz klar keiner der schwarzen Heerschar. Der Avior stieß einen fragenden Pfiff aus, der wohl an Amun gerichtet war, der seine Krallen zum Schlag erhoben hatte.
Amun antwortete mit einem weiteren Pfiff und bedeutete seiner Gruppe ruhig zu bleiben.
"Rik'Ha ist das. Windwächter der Avior."
Der fremde Avior neigte bedächtig den Kopf.
"(Wir haben das Schiff abstürzen gesehen. Eine Gruppe Windwächter hat sich auf die Suche nach Überlebenden gemacht. Wer ist das?)"
"(Freunde)", antwortete Amun nach einer Pause: "(Wir müssen schnellstmöglich zur Neststadt und danach in den Palast des Sturmkönigs)"
"(Bringst du Neuigkeiten, Fernauge Raak?)"
"(Vielleicht.)"
"(Ich verständige die Neststadt. Bleibt hier und wartet auf unser Zeichen.)"
"(Gebt acht, Windwächter, Feinde haben ihren Weg in die Wolkenberge gefunden.)"
Rik'Ha nickte, breitete die Flügel aus und war mit ein paar staubaufwirbelnden Flügelschlägen in der Luft. Amun konnte es kaum glauben. Es gab wieder einen Silberstreif am Horizont. Der Avior sackte in sich zusammen.
"Die Neststadt wird sie verständigen. Rik'Ha ist schnell. Kommen werden die Windsprecher."