GQ - [Die MSG]

Die vier verbliebenen Männer schienen mit sich selber beschäftigt zu sein, da sie ne zeitlang gar nicht bemerkten das ihr Kumpane fehlte. Dann wurden sie aber langsam misstrauisch. "Erec, bist du eingepennt?" rief der erste. "Wo bleibt das Bier?" fragte der zweite ungeduldig. Der dritte erhob sich und ging dann zum Vorratsraum, um nachzusehen, was los war. Verwirrt blickte er auf den am Boden liegenden und bückte sich um ihn zu rütteln. Geschockt blieb er hocken und ahnte nicht, das er ebenfalls sterben würde.

Es dauerte länger, als Trevin gedacht hatte, doch er verfügte über die Geduld eines Diebes und blieb an seinem Platz. Dann aber hörte er doch Rufe von da drin - Rufe nach dem verbleibenden Kameraden, der in der Vorratskammer tot am Boden lag. Und schließlich kam einer von ihnen heraus und tastete sich in den Gang hinein, neben dessen Eingang Trevin wartete. Rasch schlich er hinterher, ohne dabei einen überflüssigen Laut zu erzeugen.
Als er hinzu kam, beugte sich der Mann gerade über seinen Kameraden. Trevin nutzte dessen Schrecksekunde, riß ihn zu sich nach oben und schnitt auch ihm die Kehle durch. Diesmal schaffte er es nicht, den Todeslaut zu dämpfen, der zudem noch etwas lauter war als bei dem anderen Banditen. Mit grimmiger Miene ließ er den Mann zu Boden sinken und machte dann, daß er so schnell wie möglich zum Haupttunnel zurück kam. Einen weiteren von ihnen würde er kaum unbemerkt meucheln können; selbst wenn sie den sterbenden nicht gehört hätten, würden sie nun zweifellos mißtrauisch werden, wenn auch der zweite Mann nicht zurück kam. So dumm waren sie sicher nicht. Immerhin waren sie nun nur noch zu dritt, womit er und seine Gefährten eine gute Chance hatten, sie im Kampf zu töten.
Er eilte zu den anderen zurück und bedeutete ihnen mit einer Geste zu schweigen, als er in ihr Blickfeld geriet. "Banditen," teilte er ihnen knapp und im Flüsterton mit. "Zwei sind tot, mindestens drei übrig. Macht euch kampfbereit!"

Ein Geräusch ertönte, was die Banditen kurzzeitig verstummen ließ. Etwas fiel dumpf auf den Boden. Die Männer sprangen auf und griffen zu ihren Waffen, die in einer Ecke lagen. Nachdem sie sich jeweils eine Fackel gegriffen hatten, liefen sie auf dem Raum. Von draußen konnte Felitia hören, wie Metall immer wieder an den steinernen Wänden kratzte und ein unerträgliches Geräusch verursachte, welches dafür sorgte, dass sich die Muskeln ihres Kiefers wiederholt zusammenzogen. Das war ihre Chance! Die junge Nymphe riss sich zusammen, atmete tief durch und versuchte, ihre Hände durch die Eisenketten zu zwängen, die jedoch so eng anlagen, dass ihre Handgelenke schmerzten.
Sie zog fester, ihre Haut brannte, als sie sie rücksichtslos weiterdehnte. Noch ein weiteres Stück, um nicht zu schreien biss sie sich auf die Unterlippe. Nun probierte sie es ruckartig, schmeckte Blut. Mit zusammengekniffenen Augen zog sie weiter, immer ein Stückchen mehr, bis sie ihre freie Hand betrachten konnte. Erkennen konnte sie nichts, da lediglich eine einzige Fackel brannte, aber sie spürte, wie eine Flüssigkeit an ihrem Arm entlanglief, leicht antrocknete und an ihrem Arm kleben blieb. Sie überlegte kurz, ob sie das Blut als Schmiermittel für die andere Hand nehmen sollte, verwarf den Gedanken jedoch sofort wieder. Es würde vermutlich nicht ausreichen, außerdem konnte sie nichts erkennen. Die Ketten hatten sich dadurch, dass nun ein Handgelenk weniger darin verwickelt war, etwas gelöst, sodass sie kaum Gewalt anwenden musste, um auch den zweiten Arm zu befreien. "Ich gucke, wo sie hinlaufen und komme wieder.", flüsterte sie der Katze zu, die vermutlich bereits gesehen hatte, dass es der zierlichen Nymphe gelungen war, sich zu befreien.

Leise in den Gang schleichend blieb Felitia stehts an der Wand und suchte nach Lichtern. Die hallenden Stimmen, schienen nicht weit. Sie hielt kurz inne. Dann entschloss sie sich, zurückzugehen und nach etwas Brauchbarem zu suchen, um der Katze zu helfen. Alles andere war zu riskant.

Trevins Bericht wurde bereits untermalt vom zornigen Rufen und dem Geräusch sich rasch nähernder Schritte aus eben jenem Tunnel, aus dem auch der Assassine wieder aufgetaucht war. Und kein Wunder: so rasch, wie er sich zurück gezogen hatte, hätte es an ein Wunder gegrenzt, wäre er unbemerkt geblieben. Ihnen blieb also nur noch ein einziger Ausweg: Kampf. Bedachte man, dass nicht mehr als die Hälfte von ihnen noch dazu in der Lage war und sie kaum abschätzen konnten, wie versiert diese Männer im Umgang mit ihren Waffen waren, war dies keine erfreuliche Aussicht. Nein, sie brauchten einen Vorteil. Das erneute Überraschungsmoment. Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern warf Aldred die Fackel zu Boden, riss sich das zerrupfte Bärenfell von den Schultern und schleuderte es hinterher. Augenblicklich erlosch das Licht und ließ sie um Dunklen zurück. Unter sich konnte Aldred hören, wie jemand einen Bogen spannte. Amun, vielleicht? Oder doch Geralt? Nein, der Junge war zu übel zugerichtet. Der Tunnel war schmal. Mehr als zwei von ihnen würden kaum nebeneinander kämpfen können. Aldred zog seinen Hammer aus dem Gürtel, zwang sich den Schmerz in seinem Bein zu ignorieren und nahm neben Trevin Aufstellung. Weiter vorne im Tunnel erschien Fackelschein...

Das eine Auge zugekniffen starrte Amun den Tunnel hinunter. Angeschlagen wie ihre Gruppe war, würden selbst diese paar Banditen ein Problem darstellen. Und da Trevin grade zweier ihrer Kumpane erdolcht hatte, waren die wohl kaum zu Verhandlungen bereit. Am besten wäre es wohl, wenn sie die herannahenden Menschen rasch ausschalteten. Keiner von ihnen war für längere Kämpfe noch geeignet.
Der Fackelschein im Tunnel kam näher, tanzte an den Wänden und warf Schatten an die Wand. Der Fackelträger kam um die Ecke. Bald hätte der Fackelschein sie erreicht und die Banditen würden sie trotz ihrer ruinierten Nachtsicht sehen können. Amuns Pfeil zischte durch die Luft und traf mit einem dumpfen Geräusch den hintersten der Banditen. Der war zum Glück ein wenig größer gewesen. Mit etwas Glück würden sich die anderen beiden umdrehen, um zu sehen, wieso ihr Kumpan nur noch Schmerzenslaute von sich gab.

Einer der Männer ging getroffen zu Boden, doch den Ansturm der beiden erbliebenen beeinträchtigte das nicht nennenswert. Wenn überhaupt, dann war es wohl die Überraschung, sich einer derartigen zahlenmäßigen Übelregenheit gegenüber zu sehen, die sie verunsicherte und ihre Schritte hemmte. Auf der anderen Hand mussten sie, zerrupft und lädiert wie sie waren, einen erbärmlichen Anblick bieten, sodass die beiden Männer es offenkundig darauf ankommen zu lassen bereit waren. Das Aufeinandertreffen war rasch und hart. Aldred handelte prompt, versuchte den nächsten der Banditen mit einem Hammerschlag abzufangen, doch der Mann wich flink aus und der Hieb ging ins Leere. Seinen Konter, einen raschen Streich mit dem Kurzschwert, fing einzig der Kettenpanzer des Schmieds ab. Um auszuweichen fehlte es ihm an Mobilität. Einen weiteren Angriff, diesmal mit der Fackel, wischte Aldred mit der Schwerthand beiseite, doch schon schoss das Kurzschwert erneut heran und traf ihn vor die Brust. Zwar gelang es der Waffe nicht, die Eisenringe zu durchbrechen, doch sie schickte ihn taumelnd zurück. Im Versuch, sich abzufangen, verlangerte Aldred sein Gewicht auf das verletzte Bein – und knickte prompt ein. Mit zusammen gebissenen Zähnen fing er den nächsten Streich mit dem Hammer ab. Das lief nicht wie erhofft! In seinem Zustand war er dem Banditen nicht gewachsen.

Neythani hatte mit gespitzten Ohren gelauscht und als die Banditen weg liefen, verfolgte sie das Vorgehen der Nymphe.
Sie hatte sich schnell aus den Fesseln befreit und sich dann umgesehen.
Weiter weg konnte sie hören, das jemand verletzt worden war. Kurz schielte sie zu ihren eigenen Fesseln und seufzte. Sie würde sich nicht so leicht befreien können. Die Geräusch wurden lauter, anscheinend kämpften die Banditen gerade gegen jemanden der im Tunnel war. Doch sie konnte nichts erkennen.

Finn fühlte sich schon unwohl darüber, dass sie durch diese finsteren Gänge wanderten, ohne eine Ahnung, wo sie hinführten. Das hatten sie schon einmal getan und wären dabei fast verdurstet. Und nun hatten sie nicht einmal die Hinweise an den Wänden und auch Kazeel, der ihnen den Weg leuchten konnte. Er wollte hier so schnell wie möglich wieder raus, doch mit jedem Schritt in die Dunkelheit wurde seine Hoffnung, dass sie dem Berg entkommen würden, kleiner. Deshalb war er froh, als andere Geräusche als ihre Schritte ertönten. Das waren Stimmen! Eine Welle neuer Energie flutete durch Finns Körper. Sie waren gerettet!
Doch der Rest der Gruppe schien nicht so positiv eingestellt zu sein. Trevin gab ihnen zu verstehen, dass sie warten sollten und schlich voran, um die Lage auszukunden. Finn war viel zu erschöpft, um sich zu beklagen, vor allem weil sein verknackster Knöchel schmerzhaft pulsierte. Und selbst wenn er nicht erschöpft und verletzt war, hätte er nicht den Mut gehabt, zu protestieren. Aldred und Trevin wussten viel besser, was zu tun war. Statt sich weiter darum zu kümmern, dass sie warten mussten, entschied Finn sich, sich einfach auf den Boden zu setzen und zu warten, bis der düstere Mann zurückkehrte.
Als er dies endlich tat, kam er angehastet. Seine Worte liessen Finn auffahren. Banditen, keine Wanderer! Ein weiterer Kampf! Ängstlich zog der Junge sich zurück, um den anderen mehr Platz zu machen. Wenn er ihnen schon nicht helfen konnte, wollte er wenigstens nicht im Weg stehen.
Gleich nach Trevin kamen die Banditen, einer wurde sofort von Amuns Pfiel gefällt, doch ein weniterer verwickelte Aldred in einen Kampf, der nicht besonders vorteilhaft für den Schmied verlief. Panisch begann Finn, eine Zauberformel herunterzurattern, wie er es schon so oft zu vor getan hatte, doch wie immer blieben es nur Worte nutzlose Worte. Er biss sich auf die Lippe und zog sich noch einen Schritt zurück. Er war nutzlos...

Felitia schlich zurück in das Höllenloch, in dem sie kurz zuvor noch gewesen war und schnappte sich die letzte verbliebene Fackel, mit der sie dann den Boden nach etwas absuchte, was für die Befreiung der Katzenfrau hilfreich sein könnte. Jedoch befand sich nichts weiter dort, als das Diebesgut ihrer Peiniger und Felsen. Zerschlagen könnte sie die Ketten nicht, schließlich wollte sie Neythani nicht verletzen. Auch würde ihre Kraft dafür wohl nicht ausreichen. Sie seufzte wehleidig und kramte in den Taschen der Banditen, stehts lauschend, ängstlich. Wenn sie zurückkommen würden, wäre es wohl ihr Ende.

Sie ging näher an die Katze heran, um nachzusehen, ob sie die Ketten vielleicht mit bloßen Händen lösen konnte. Viele andere Möglichkeiten blieben ihr ohnehin nicht, laute Geräusche würden den Männern sofort auffallen, auch wenn der metallische Klang darauf hindeutete, dass sie wohl beschäftigt waren. Es müssten also noch andere dort sein, doch mit welcher Absicht waren sie wohl gekommen? Misstrauisch zählte sie in Gedanken die Stimmen.

Die Ketten der Katze waren sowohl um ihre Arme, als auch um einen Bolzen, der in die Steinwand befestigt war, gewickelt. Die Risse, die ihn umgaben, deuteten darauf hin, dass er wohl notdürftig hineingehämmert worden war. Sie versuchte, waagerecht an den Ketten zu ziehen, jedoch rührte sich der Bolzen keinen Millimeter. Das Gewicht der Katze war zu groß für Felitia, so dass sie es beim Versuch beließ und in den Vorratsraum schlich, um dort nach etwas Brauchbarem zu gucken.

Als sie ihn betrat, lag dort die Leiche eines Mannes. Jenen Mannes, der die in die Höhle geschleppt hatte. Ohne zu zögern griff sie in die Tasche seiner Weste, die aber leer war. In der zweiten fand sie dann schließlich einen Schlüssel, der mit etwas Glück in das Schloss an Neythanis Ketten passen könnte.

Erfreut beobachtete Trevin, wie der hinterste der Banditen sofort von einem Pfeil, abgeschossen irgendwo hinter ihm, getötet wurde. Damit waren es nur noch zwei - mit denen würden er und Aldred wohl fertig werden!
Bereits als ihre Gegner heranstürmten, erkannte er jedoch, daß es nicht ganz so leicht werden würde, denn offenbar waren diese beiden nicht so betrunken wie die zwei, die er kurz zuvor gemeuchelt hatte. Einer von ihnen stürzte sich auf Aldred, der andere auf ihn. Trevins Gegner kämpfte mit zwei Dolchen, so daß er selbst mit seinem Schwert einen beachtlichen Reichweitenvorteil hatte. Andererseits waren die Dolche in der Enge des Ganges auch wesentlich effektiver einzusetzen.
Gerade als Trevin erwog, seine Kralle hervor zu holen, hörte er hinter sich Finns Stimme, wie sie magische Worte hervor brachte. Sein Kontrahent hörte es offenbar ebenfalls und verlor die Nerven.
"Magier!" rief er aufgeregt und machte Anstalten, einen seiner Dolche als Geschoß nach Finn zu schleudern, als er gerade außer Reichweite der Schwertklinge war.
"Das tust du nicht!" zischte Trevin, klappte seine Kralle aus und schlug damit nach der Wurfhand des Mannes. Der schrie gequält auf, als seine Hand halb zerfleischt wurde und ließ seinen Dolch fallen. Der Ablenkungseffekt war so groß, daß Trevin seine Deckung durchbrechen und ihm seine Klinge in die Brust stoßen konnte.

Neythani beobachtete ganz genau, was die Nymphe tat. Nachdem sie in der Höhle nichts entdeckt hatte, versuchte sie die Kette von der Wand zu lösen, doch dies klappte nicht. Neythani sah ihr nach, als sie zu dem lagerraum ging und als sie zurückkam, konnte sie erkennen, das sie einen schlüsselband bei sich trug. Die Katze war erleichtert. Die Nymphe begann, die schlüssel auszuprobieren, und tatsächlich, einer passte. Als die Ketten ab waren, streckte Neythani sich ausgiebig. Dann ging sie schleichend umher und schnupperte leicht. Dabei kam sie auch an den Tunnel aus dem sie Kampfgeräusche hörte. Aufmerksam spitzte sie ihre Ohren. Die Geräusche schienen leiser zu werden. Ihr Schweif peitschte hin und her. Dann kam Neythani zu der Nymphe. "Wir sollten uns versteckt halten, und abwarten, was passiert. Aber wenn du willst, kannst du auch gehen." Neythani huschte in die Vorratshöhle und beobachtete von da aus den Gang. Sie war neugierig, wer da kommen würde.

Es war ne beschissene Situation. Tristan konnte sich kaum auf den Beinen halten und musste das Schwert der schwarzen Kreatur als Gehstock missbrauchen. Diese Banditen hätten sich wirklich keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können, um ihn als den unfähigsten Idioten dastehen zu lassen.
Sogar diese halbe Portion von Möchtegernmagier war irgendwie effektiver als er, der sich im Schatten versteckt hielt, um ja keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

In einem normalen Kampf wäre Aldred wohl vor einem Gegner, dem er in direkter Konfrontation nicht gewachsen war, schlichtweg zurück gewichen. In diesen engen Gängen mit dem Rest der Gruppe dicht hinter sich gedrängt war dies jedoch kaum möglich. Nein, es gab nur eine Option: Angriff. Sie war riskant, aber was sonst sollte er tun? Mit Gewalt sein Gewicht nach vorn verlagernd verwandelte Aldred seinen Sturz in einen Ausfall. Die Klinge des Banditen zuckte gefährlich nahe an seinem Kopf vorbei als er sich auf diesen stürzte, ihn irgendwo um die Hüfte zu fassen bekam, traf aber erneut nur Kettenringe. Gemeinsam stürzten die beiden Männer zu Boden. In einem kurzen, heftigen Kampf gewann der Bandit die Oberhand, schaffte es, auf dem Schmied zum Liegen zu kommen, diesen zu Boden drückend. Bevor er dies jedoch ausnutzen konnte um den Kampf für sich zu entscheiden hatte Aldred seinen Schwertarm am Handgelenk gepackt. Ihm war bewusst, dass er den Mann nicht ewig halten konnte, aber für den Augenblick befanden sie sich in einem denkwürdigen Patt.

Schon ein wenig erschrocken, musste Tristan feststellen, dass sein lebendes Schutzschild - Aldred - direkt vor ihm zu Boden ging. Er vermutete, dass wenn der Schmiede den Kampf verlor, der Bandit auf ihn aufmerksam würde. Das wiederum wäre extrem unangenehm für ihn.
Um seine eigene Haut zu retten, hievte Tristan das Schwert des schwarzen Ritters mit seinen verkrüppelten Händen hoch, versuchte den Schmerz zu ignorieren.
Die Klinge prallte gegen den hinterkopf des Banditen, spaltete dessen Schädel bis zur Mitte und blieb dann darin stecken. Der Körper des Mannes sackte auf Aldred hinunter und Tristan zerrte an der Klinge, wobei Blut spritzte und schmatzende Geräusche entstanden.

Ein Zucken fuhr durch den Körper des Banditen, dann erschlaffte er mit einem mal und brach über Aldred zusammen. Etwas ergoß sich heiß über Brust und Gesicht des Schmiedes. Blut und anderes, von dem man wohl eher nicht wissen wollte, was es war. Dennoch verspürte Aldred Erleichterung. Es war vorbei. Und er lebte noch, die Göttinnen seien gepriesen! Den Kadaver bei den Schultern packend wuchtete er das Gewicht des toten Mannes von sich herunter, setzte sich auf. Notdürftig fuhr wischte er sich mit dem Handrücken die diversen Körpersäfte aus dem Gesicht, zwinkerte bis er wieder halbwegs sehen konnte. Ein Blick an seinem Körper hinab zeigte, dass er einen fürchterlichen Anblick bieten musste. Das Kettenhemd, das Hemd und nicht zuletzt sein Bart – alles war rot gefärbt vom Blut. Aber es war nicht das seine. Das war alles, was zählte. Noch immer schwer atmend von der Anstrengung des Kampfes las er seinen Hammer auf, wuchtete sich wieder auf die Beine und wandte sich dann an Trevin.
"Was... war das?", verlangte er von dem Mann zu wissen, "Wer waren... diese Kerle? Warum... haben sie uns angegriffen? Und was... habt ihr entdeckt?"

Steif stand sie eine Weile einfach nur da. Viele Möglichkeiten hatte sie ohnehin nicht. Was sollte sie auch tun? Die Höhle verlassen konnte sie nicht. Schließlich war dort ein Kampf zugange. Außerdem war unklar, was die Angreifer im Sinne hatten. Sie konnten genau so gut Sklavenhändler sein und den Banditen lediglich ihre "Ware" abnehmen wollen. Leise schlich sie sich in den Vorratsraum, in dem noch immer die Leiche lag, der sie zuvor den Schlüssel abgenommen hatte. Hinter einem Fass nahm sie Platz, zog ihre Knie an den Oberkörper, umschlang ihre Beine mit beiden Armen und hoffte, dass man sie hier nicht entdecken würde.

Das letzte Fünkchen Leben wich aus dem erschlaffenden Körper des Banditen, und Trevin stieß ihn zu Boden, sein Schwert aus der Leiche herausziehend. Neben ihm befreite sich Aldred gerade von dem toten Körper seines eigenen Kontrahenten, doch Trevin stand nur da und lauschte nach Geräuschen aus dem Tunnel. Aus der Unterhaltung der Banditen war zwar nicht hervorgegangen, daß da noch mehr von ihnen waren, doch man konnte ja nie wissen. Schließlich entspannte er sich - es schienen keine weiteren Feinde hier unten zu sein - und drehte sich zu Aldred herum.
"Sklavenhändler," antwortete er knapp. "Ich konnte sie eine Weile belauschen und zwei von ihnen ausschalten, bevor sie mich entdeckt haben. Ich habe auch zwei Gefangene in ihrer Höhle gesehen. Wir sollten sie befreien, vielleicht haben sie nützliche Informationen für uns."

Aldred stimmte dem Vorschlag des Assassinen mit einem Nicken zu. Es klang sinnvoll, abgesehen davon, dass sie kaum eine andere Wahl haben würden als die Höhle der Sklavenhändler zu durchqueren. Und wer wären sie die Gefangenen zum Verrotten zurück zu lassen?
"Geht voran", ließ er Trevin den Vortritt. Auch wenn die Gefahr durch die Sklavenhändler scheinbar ausgelöscht war wollte er in seinem Zustand dennoch nicht die Speerspitze gegen einen eventuellen weiteren Angriff bilden. Seinen Mantel wieder vom Biden auflesend – wie durch ein Wunder war das Eisbärenfell von all dem Blut, das sich großzügig im Tunnel verteilt hatte, verschont geblieben – machte er sich daran, dem düsteren Mann zu folgen.
Es dauerte nicht lange, bis sie das Banditenlager erreichten. Auf den ersten Blick wirkte es unscheinbar, kaum der Rede wert. Im Grunde nicht mehr als ein Lagerfeuer, um das herum einige Dinge verstreut lagen. Nicht das, was man sich unter einem dauerhaften Versteck vorstellte. Von den erwähnten Gefangenen jedoch war keine Spur zu sehen. Lediglich einige eiserne Fesseln an den Händen zeigten, dass hier wohl bis vor kurzem jemand angekettet war.
"Hallo?", fragte Aldred in die Höhle hinein, "Ist hier jemand?"

Neythani hatte sich ein wenig zurück gezogen, als sie sah, das mehrere Menschen näher kamen. Sie rochen nach Blut und anderem. Die Katze rümpfte leicht die Nase.  Neugierig beobachtete sie die Gruppe und sah, das einer davon ein Vogelmensch war. Ihr Schwanz wedelte aufgeregt hin und her und sie schlich zum Eingang der Vorratshöhle. Aus der Sicherheit heraus betrachtete sie die Menschen und fing unwillkürlich an zu knurren.

Seinen Instinkten gehorchend stellte Amun die Flügel auf als er das Knurren hörte. Die anderen mussten es auch hören. Den peitschenden Katzenschwanz nahm Amun aber wohl als erster war. Der Avior stellte die Flügel zu ihrer vollen Spannbreite auf und schrie die Katze gellend an. Zumindest war das der Plan gewesen. Dank seines Zustands brachte er die Flügel auf kaum mehr als die Hälfte seiner Spannbreite und der gellende Schrei glich mehr einem heiseren Krächzen als jenem majestätischen Laut, der sonst die Täler der Wolkenberge durchschneiden mochte.
"Bergkatze, heh! Vorsicht, Vorsicht. Haben scharfe Klauen."

Ein Krächzen ließ Felitia erzittern. Ein Vogel? Hier in der Höhle? Sie kniff die Augen zusammen. Es klang, als käme der Laut von einem riesigen Federtier. Neythani knurrte im Eingang der Vorratskammer. Ein Zeichen für Gefahr? Was sollte sie bloß machen? Hoffen! Unbewusst begann die Nymphe zu summen, um ihre Angst zu übertönen. Das kleine Herz pochte, als wollte es aus ihrer Brust springen. Die Kälte des Gesteins nahm sie gar nicht mehr wahr, stattdessen wurde ihr heiß. Sie glühte nahezu. Dabei bohrte sie ihre Nägel tief in die Beine, bis ein stechender Schmerz sie durchfuhr und endlich die Augen öffnen ließ. Sie war noch immer alleine. Man hatte sie bislang nicht entdeckt und wenn sie ruhig dasitzen würde, ohne auch nur den kleinsten Laut von sich zu geben, würde man sie vermutlich nicht finden - vorausgesetzt die Katze würde ihre Anwesenheit verschweigen.

Trevin hatte sich an Aldred vorbei geschoben, um die Höhle und speziell die Ketten zu untersuchen. Auf halbem Wege hörte er Amuns Worte und wirbelte auf dem Absatz herum. Rasch kehrte er in den Gang zurück, sich einen Dummkopf schimpfend, weil er nicht daran gedacht hatte, den Vorratsraum zu untersuchen. Daß sich dort drin eine Raubkatze herum trieb, hielt er für unwahrscheinlich - wo sollte die plötzlich hergekommen sein? Doch er glaubte sich zu erinnern, daß eine der Gefangenen katzenartige Züge getragen hatte.
"Kommt da raus," rief er mit einigermaßen ruhiger Stimme, als er dem Eingang in den Nebengang nahe gekommen war. Sein Schwert hielt er gesenkt, doch er konnte es jederzeit wieder hoch reißen, falls ihm ein Angriff drohte. "Wir haben nicht vor, euch etwas zu tun."

Vorsichtig kam Neythani aus der Vorratshöhle und beäugte aufmerksam die Gruppe. Es schienen nur Männer zu sein, sowie der Vogelmann. Zwei von den Männern sahen aber eher aus wie Knaben. "Ich bin Neythani," stellte sie sich vor.
Sie würde die Nymphe erstmal nicht erwähnen, vielleicht würde die Gruppe sie schon selber entdecken. Kurz rieb sie sich über das Fell, das dreckig war und sie ein wenig juckte. Beim Anblick des Vogelmannes begann ihr Schwanz, wieder hin und her zu wedeln. "Ihr seid keine Sklavenhändler?" fragte sie dann.

"Sklavenhändler? Wohl kaum...", murmelte Aldred, mehr zu sich selbst denn wirklich an die Fremde gerichtet. Auf Amuns Warnung hin hatte er erneut seinen Hammer gezogen, ließ die Waffe nun jedoch, da die Fremde keinerlei Anstalten machte, ihnen etwas anzutun, wieder sinken. "Wir sind nur durch Zufall hierher gelangt", erklärte er dann, "Unser Luftschiff wurde angegriffen und ist an der Flanke des Bergs hier zerschellt. Wir suchen nur einen Weg ins Tal und dann zur Neststadt der Avior. Sagt, gibt es einen solchen Weg hier?"

Neythani sah den Mann überlegend an. "Nun, einen weg raus gibt es. Durch den Weg haben die bösen Männer mich hier hereingebracht. Aber ob es einen weg in die Berge gibt, weiss ich nicht. Ich kenne mich in dieser Gegend nicht so gut aus," antwortete sie dann mit ruhiger Stimme.