[MSG] Mithras' Siege Online

Nachdem Ben Candars Vorschlag hörte, nickte er zustimmend. Sie hatte gut gespielt bis jetzt - jeden falls waren ihm keine großen Fehler aufgefallen - und ihre Fähigkeiten passten gut zu ihm. Außerdem war es vielleicht doch ganz nett, mit einer hübschen Gestalt zu questen und nicht alleine. "Einverstanden", sagte er dann anschließend. "Ich denk mal, es sollte für uns beide vorteilhaft sein."
Nachdem das geklärt war und Ben die Tafel an sich nahm, wandte er sich zu den beiden anderen. Diese waren schon am überlegen, wie sie hier rauskommen würden. Er hatte natürlich nicht wirklich aufgepasst, als sie über einen Ausweg sprachen, also fragte Ben nun nach :" Und? Habt ihr schon eine Möglichkeit zum Verschwinden gefunden?"

Zufrieden mit der Verteilung schob Eli sich den Beschwörungszauber zu und erlernte diesen. Sie studierte die Funktion von Listeners neuer Fertigkeit und machte sich mit den Worten vertraut, als Carima sie ansprach. Ihr Blick schwang beim Wort ‚Ranken‘ zu diesen hoch und sie verzog das Gesicht. Schon beim Herabfallen hatten sie ihren Sturz nur bremsen können und waren gerissen. Mehrere grosse Löcher von ihren Stürzen und von Steinbrocken waren im Gewebe zu sehen, am auffälligsten der verbrannte Pfad, den die Magierin wahrscheinlich verursacht hatte. Und sie bezweifelte, dass sie selbst die am tiefsten hängenden Ranken erreichen konnten.
„Ich glaube nicht“, meinte sie und schloss die Interfacefenster hastig, ums ich umzusehen. „Aber einen Ausgang sehe ich auch nicht. Wir sollten uns umsehen, vielleicht ist er verschüttet. Oder wir finden einen versteckten Pfad oder ein zerstörbares Objekt. Irgendwie muss man ja in diese Kammer kommen, ein Fall durch die Decke wird nicht der einzige Weg sein.“

Listeners Worte enthielten viel Wahres. Der Weg durch die Decke, wenngleich gescriptet und als solches sicherlich geplant, konnte nicht der einzige Weg hinunter sein. Im Allgemeinen besaß die Spielwelt eine in sich kohärente Logik. Kammern, die von ihren Erbauern ohne Eingang angelegt worden waren – und ein richtiger Eingang war die einstürzende Decke zweifelsohne nicht – fand man für gewöhnlich nicht. Also musste es irgendwo einen weiteren Ausgang geben.
"Tretet mal alle ein Stück zurück!", forderte Carima die Kameraden auf. Aidan war ein plötzlicher Einfall gekommen. Er ließ seinen Avatar den Blick zu den Resten der Ranken, die unerreichbar an der Decke über ihnen hingen, gleiten. Mit hinauf gereckten Händen wirkte Carima Incinerate. Das über Jahrhunderte ausgetrocknete Rankenwerk fing sofort Feuer, welches binnen Sekunden die gesamte Grabkammer erleuchtete.
"So, Licht", verkündete Aidan zufrieden, ließ Carima einen Schritt zurück treten als erste schwelende Pflanzenteile zu Boden zu fallen begannen, "Jetzt lasst uns mal die Wände absuchen."

Von Jan kam ein seltsames Geräusch und seine Elfe schüttelte sich, als die ersten, teilweise schon verkohlten, teilweise sogar noch brennenden Pflanzenstückchen herunterrieselten. Es schien keinen Effekt auf sie als Spieler zu haben, aber trotzdem war es irgendwie ein schmutziges Gefühl. Als wären der Sand und der Staub überall nicht genug gewesen. Auf einmal fragte er sich, wie staubig es eigentlich in seinem Zimmer inzwischen sein musste. Konnte man an Staubkörnern in der Luft ersticken? Bäh..
"Ja, wir sollten uns beeilen. Die Schätze sind zwar schön und nett, wiegen bei der Endauswertung aber auch nicht viel und ich denke kaum, dass uns die Mumien viele Punkte einbrachten. Es wäre schön, wenigstens noch eine unserer Questen vor Tagesende abzuschliessen", stimmte er Aidan dann aber doch zu und betätigte sich mit daran, nach einem Ausweg zu suchen. Vielleicht war irgendwo eine nicht so dichte oder eine lose Stelle. Oder ein versteckter Mechanismus. In dem Tempel hatte bisher viel über Mechanismen funktioniert. Die Designer gingen da bestimmt nicht aus ihrem Konzept heraus.

Auch Eli warf einen misstrauischen Blick zu den brennenden Ranken hoch, doch selbst als eine schwellende Pflanze Listeners Schulter traf, nahm er keinen Schaden und sie ging davon aus, dass sie nicht gefährlich waren. Candaras Beispiel folgende trat Eli an eine Wand heran und begann, sie abzutasten. Die alten Steinquader waren fast perfekt ineinander eingefügt und nur alte Wüstenzwergszenerien zierten sie. Kurz musterte Eli die sorgsam gemeisselten Murale, entschied sich dann aber, dass sie es nicht wert waren und machte sich wieder daran, nach Ritzen oder Löchern in der Wand zu suchen, mehr irritiert von dem Kunstwerk. Schliesslich erreichte sie das Ende der Wand und richtete sich wieder auf, drehte ihren Avatar und sah zu den anderen. Der Grossteil der Ranken war inzwischen verbrannt und die glimmenden Skarabäen wagten sich wieder aus ihren Verstecken, um wieder durch den Raum zu tanzen, wenn auch erstmal nur am Rand.
"Habt ihr irgendetwas gefunden?", rief Eli mit Listeners tiefer Stimme.

Gute Idee von Camira die Ranken anzuzünden. So hatten sie immerhin etwas Licht und es stellte sich auch schnell heraus, dass die schwelenden Reste ungefährlich waren. Auch Ben begab sich auf die Suche nach einem Ausgang. Zwar war die Wandmalerei schön anzusehen, aber kaum nützlich. Stattdessen suchte er nach irgendwelchen Ritzen oder Mechanismen, fand aber an seinem Teil der Wand nichts. Frustriert seufzte Ben, doch dann kam ihm eine Idee. Er hob sein Ohr nah an die Quader und begann diese dann abzuklopfen. Vielleicht würde an einer Stelle ein Hohlraum erklingen und auf einen Ausgang hindeuten.
Tatsächlich fand er nach einigen Minuten eine hohl klingende Stelle, die Ben dann genauer abtastete. Es war ein ziemlich großer Bereich und so rief Ben zur Gruppe :" Ich glaub ich hab' hier was gefunden. Klingt jedenfalls so als ob ein großer Hohlraum hinter den Quadern hier wäre - vielleicht ist es ein Gang?"

Der Befund des Sturmrufers gab Grund zur Hoffnung. Und mehr noch: er klang logisch. Zwei kleine Statuen auf niedrigen Sockeln flankierten die Stelle, die der große Mann bedeutete, zu beiden Seiten. Für einen unbedachten Beobachter mochten sie wie schlichte Dekoration wirken, aber wenn man ahnte, dass dort eine Tür sein musste, dann wirkten sie fast wie Wächter, die diese einrahmten. Ja, vermutlich hatte Fyrn sich nicht geirrt.
Blieb nur die Frage: wie sollten sie durch die Wand durchbrechen? Dass sie mit Waffengewalt zu zerstören war war zwar nicht ausgeschlossen, aber wenig wahrscheinlich. Vermutlich war hier etwas mehr Power gefragt.
"Tritt mal beiseite", bat Aidan den Sturmrufer und ließ Carima dann die Macht ihres stärksten Zaubers kanalisieren: fireball. Wenn etwas die Wucht besaß, hier durchzubrechen, dann das. Flammen leckten um Carimas Hände, lösten sich schließlich in Form eines melonengroßen Projektils, das atemberaubend schnell auf die bezeichnete Stelle zu raste und dort schließlich zerschellte. Funken sprühten in alle Richtungen davon, doch die Mauer blieb solide. Lediglich ein großer, rußiger Fleck verkündete, dass sie überhaupt etwas getan hatte. Frustrierend!
"Gewalt ist wohl keine Lösung", sinnierte Aidan laut, "Aber vielleicht gibt es irgendwo einen Mechanismus..."

"Na ja, bei Gewalt muss man schliesslich immer noch spezifizieren, um was für Gewalt es sich handelt", bemerkte Ian, der lieber nicht zu nahe an die Wand ging - für den Fall, dass noch jemand Magie dagegenschiessen wollte. "Bei einer Eiswand hätte es bestimmt gut geklappt, aber eine massive Steinwand.. da muss dein Feuer schon noch ein wenig heisser oder vor allem explosiver sein, dass sich etwas tut. Obwohl ich zugeben muss, ich bewundere deine Magiereserven auf dem Level."
Was wohl aber hiess, dass sie sonst irgendwo Schwächen haben musste. Wahrscheinlich war ihre Verteidigung schlecht oder auch ein Geschick. Mindestens im PvP würden sie es dann schon herausfinden. PvPs waren toll, da konnte er die Eigenschaften seiner Mistress immer besonders gut ausbauen.
"Bis jetzt hat hier vieles über versteckte Schalter funktioniert.. Und da es sich hier kaum um ein geheimes Goldspecial handeln kann, dass man nur mit viel Glück überhaupt finden kann.."
Sie trat dann zu einer der beiden Statuen, um diese abzusuchen. Es war doch immer so, dass der Mechanismus in der Nähe der Tür war und so kleine Dinger boten sich da einfach an, einen Knopf zu beherbergen.

Tatsächlich dauerte es nicht lange bis Candara mit ihrem Herumtasten einen Schalter berührte. Dieser löste allerdings nur ein Nagelbrett aus, das mit lautem Krachen zwischen den beiden Figuren niederfiel und glücklicherweise niemanden traf. Nach einem Moment des Schocks suchte sie weiter und entdeckte einen weiteren Schalter, der diesmal den Ausgang – oder Eingang, je nach Blickwinkel – öffnete. Mit einem lauten Knirschen schob sich eine Sektion der Wand zur Seite und enthüllte einen Gang dahinter, der schnell im Dunkeln endete. Wie auf Kommando sammelten sich die glimmenden Skarabäen und schossen in die Öffnung. Im Licht, das sie verstrahlten konnte Eli erkennen, dass die Wandmeisseleien weiter verliefen, etwa zwei Dutzend Schritte entfernt aber von einem Loch in der Wand unterbrochen wurde. Ein Stück weiter hinten machte der Gang einen scharfen Knick und verschwand aus ihrem Blickfeld. Gegner waren keine zu sehen. Die Skarabäen verschwanden um die Ecke, aber ein weiterer Schwarm sammelte sich um die Gruppe und zirkelte um sie herum, scheinbar nicht darauf aus, sie zu verlassen. Vorsichtig setzte Eli einen Fuss auf die Steinplatte des Nagelbrettes, das unter Listeners Gewicht ein im Boden einsank, aber ansonsten stabil schien. Sie trat darüber und in den Gang, jederzeit bereit, zurückzuspringen, wenn sie eine Falle auslöste. Aber nichts passierte.
"Scheint in Ordnung zu sein", meinte sie und drehte sich zu den anderen um. "Lasst uns verschwinden. Wir müssen diese Steintafeln noch finden."

Die leuchtenden Käfer schienen entschlossen zu sein, bei der Gruppe zu bleiben und dieser Licht zu spenden. Eine witzige Mechanik im Grunde, um die Sicht in diesen düsteren Hallen zu gewährleisten ohne physikalisch unmögliche Lichtquellen einzubringen oder die Spieler dazu zu verdonnern, sich selbst darum zu kümmern. Gleichzeitig war Aidan aufgrund zahlreicher persönlicher, schmerzhafter Erfahrungen durchaus vorsichtig genug um zu ahnen, dass ihnen dieser Bonus unter anderem wohl gewährt wurde, weil sie das Licht benötigen würden um mit anderen Herausforderungen zurecht zu kommen. Er blieb also wachsam, als er Carima dicht hinter Listener in den Gang bewegte.
Im Schein der Skarabäen war nun immer deutlicher zu erkennen, was vor ihnen lag. Dabei wurde ihnen jetzt erst, da sie sich näherten, die Dimension des Lochs gewahr, das offenbar mit roher Gewalt in den Stein gebrochen worden war. Es hatte annähernd eine volle Mannshöhe zum Durchmesser und befand sich sowohl in der linken wie auch der rechten Mauer. Ein grober Tunnel schien sich zu beiden Seiten zu erstrecken.
"Sieht aus, als wäre irgendetwas hier mitten durch gebrochen", kommentierte Aidan mit unwohlem Schauer, "Irgendetwas Großes..."

Fyrn lächelte als die Leuchtkäfer auftauchten - sie waren schön anzusehen und eine kreative Lösung der Entwickler, um den Spielern Licht zu gewähren. So mussten sie sich keine Gedanken machen, wie sie in dem dunklen Gang etwas sehen sollten. Immerhin hatte keiner einen Zauber der über einen längeren Zeitraum licht schaffen konnte, jedenfalls soweit Ben wusste.
Er begab sich leicht duckend durch das Loch, immerhin war Fyrn ziemlich riesig für einen Menschen, und richtete sich auf der anderen Seite wieder auf. Mit der Hand fuhr er über die Wandmeisseleien und sah sich neugierig um. Der Gang wurde, wie alles andere in den Ruinen, schon vor Ewigkeiten gebaut, auch das Aussehen war das selbe. Allerdings war der Übergang in die den Raum, aus dem sie kamen, eindeutig nicht so von ihnen geschaffen. Auf Aidans Kommentar hin, nickte Fyrn. "Eindeutig irgendein Monster. Vielleicht treffen wir sogar auf es. Könnt' spaßig werden," fügte er grinsend hinzu. Fyrn schüttelte sich den Staub aus seinen wilden, blonden Haaren und ging weiter. Er rief zur Gruppe:" Mir nach!". Auf alle Geräusche lauschend, marschierte er ohne Unterbrechung bis zum zweiten Loch in der Wand weiter. Auch dieses schien mit Gewalt entstanden zu sein und hatte fast die selbe Höhe. "Hat jemand 'ne Idee, was das für ein Monster sein könnte?"

Fyrn übernahm die Führung und Eli liess sich zurückfallen, um das Schlusslicht der Gruppe zu bilden, die beiden verletzlicheren Mitglieder ihrer Gruppe in der Mitte haltend. Sie hatte ihre Nahkämpfer immer angeschnauzt, dass sie ihren Rücken decken sollten, wenn sie eine Magierin gespielt hatte, deshalb nahm sie sich jetzt selbst beim Wort.
Als sie das zweite Loch erreichten, blickte Eli sich skeptisch um. Sie waren einem gebauten Gang gefolgt und hinter dem nächsten Loch ging es weiter, noch tiefer hinein. Sie fragte sich, ob es nicht besser wäre, wenn sie den normalen Gängen folgten, damit sie die ganzen Mobgruppen nicht stehen liessen und sich dann nach einem Bosskampf geschwächt durch diese kämpfen mussten, blieb aber still. Etwas anderes blieb aber nicht still. Ein lauter, widerhallender Schrei ertönte aus dem Loch vor ihnen. Der Speer flog förmlich in Listeners Hand, doch es tauchte kein Gegner auf. Noch nicht. Vorsichtig spähte Eli durch das Loch, konnte aber nichts erkennen, weil die Käfer sich darauf beschränkten, um sie herum und den Gang entlang zu schwirren. Sie wandte sich an die anderen.
„Sollten wir da wirklich rein? Das klingt… gross“, meinte sie.

"Hm", machte Jans Figur und wirkte ebenfalls äusserst kritisch. "Wenn wir dahinter unser Missionsziel finden, ja. Sonst sage ich eher nein. Risiko ist nicht so das, mit dem man in dieser Welt dauerhaft gut fährt."
Und das Ding musste wirklich gross sein, wenn es Löcher mit solchem Durchmesser in die Wände schlug. Wahrscheinlich war es eine Art von Bestie oder Wächter. Also gross und stark mit viel Leben, aber wenig oder gar keiner Magie, vielleicht auch sogar einer Schwäche dem gegenüber. Für sie eigentlich ein Vorteil. Und trotzdem.. ein Risiko blieb, sie waren heute schon einige Male überrascht worden.
"Mit den Zaubern könnten wir einen Vorteil haben", sprach er seine Gedanken dann auch laut aus. "Aber dennoch ist es vielleicht ein unnötiger Aufwand.. Einige von uns hatten bei dem anderen Gegner schon.. genug Probleme."
Die Dunkelelfe vermied es, gewisse Personen anzuschauen.

"Wenn ich raten müsste, dann würde ich sagen, das, was diese Tunnel gegraben hat, ist richtig groß und tödlich", pflichtete Aidan Listener zu, "Vermutlich eine Art Sandwurm, nur viel größer als die, die an der Oberfläche unterwegs sind. Es muss jedenfalls etwas sein, dass Löcher dieser Größe durch Sand und Stein brechen kann. Ich bin mir dementsprechend ziemlich sicher, dass wir diesem Ding nicht begegnen möchten..."
Mal ganz abgesehen davon, dass auch noch andere Bedrohungen in dem Tunnel lauern mochten, nicht zuletzt die schlichte Gefahr eines Tunneleinsturzes. Kurzum: sie würden kaum etwas lohnendes finden. Und was den Tunnelgräber selbst anging, der war wohl eher eine Herausforderung für höherlevelige Charaktere. Sie als kleine Neueinsteiger sollten besser zusehen, dass sie auf dem konventionellen Weg aus diesem Tempel heraus und wieder ans Tageslicht kamen.

Eli nickte zustimmend zu Carimas Ausführungen: Sie war froh, das die anderen ihr zustimmten und auch lieber nicht gegen das kämpfte, was auch immer vor ihnen war. Sie hatten Glück, dass sie in diesem Stockwerk noch keinen Mumien begegnet...
Ein Klacken schreckte sie auf und Listener wirbelte herum, den Speer in der Hand. Unbemerkt hatte sich eine Gestalt von hinten genähert. Humanoid und mit Bandagen, weshalb Eli sie im ersten Moment für eine Mumie hielt. Doch dann bemerkte sie die stechend blauen Augen, die aus einem zwar grauen, aber immer noch lebendigen Gesicht hervorschauten. Der Rest des Kopfes war von einem weissen Tuch verhüllt, das darum geschlungen war. Der Mann trug eine dunkle Robe, an der überall Bandagen hingen. In der rechten Hand hielt er einen langen, geschwungen Dolch, in der rechten einen Stab mit einer schwarzen Kugel an der Spitze. Beide Waffen waren mit Bandagen an die Hände festgebunden. 
"Eindringlinge in meinem Tempel?", sagte der Mann mit rauchiger Stimme und lachte leise. "Haben die Narren aus Al’Irek  euch geschickt oder hat euch die Gier hierher gelockt? Was auch immer es ist, ihr werdet diesen Ort nicht verlassen. Zumindest nicht lebend. Es tut mir leid, aber ihr werdet keine Bekanntschaft mit meiner Schöpfung machen können."
Er streckte den Arm mit dem Stab aus und rief einige Worte. Drei Schwarze Flecken tauchten vor ihm auf dem Boden auf und drei Skelette erhoben sich daraus. Alle drei stürmten auf die Gruppe zu, während der Nekromant einen weiteren Zauber zu weben begann, wie an den schwarzen Runen zu sehen war, die ihn umtanzten.
Eli reagierte sofort und stellte sich den Skeletten in den Weg. Deren Verhalten waren scheinbar simpel, denn alle drei begannen sofort, auf Listener einzuprügeln. Sein Lebensbalken begann, dahinzuschmelzen.

Zum Henker, dieser Dungeon war ja mal so ganz und gar ungeeignet für Aidans Fähigkeitenset. Schlimm genug, dass alles so beengt war, nun erschienen die neuen Gegner auch noch praktisch in Nahkampfreichweite zur Gruppe – oder zumindest dem nächsten Mitglied. Wie sollte er da seinen verheerendsten Zauber – fireball – einsetzen, ohne die eigenen Leute zu sprengen? Keine Chance! Den Skeletten konnte er nichts anhaben. Aber da war ja noch der Nekromant, der einige Schritte zurück geblieben war. Den konnte er treffen. Wären nur Listener und die Skelette nicht im Weg gewesen. Aber vielleicht, wenn er den Zauber ballistisch einsetzte... Das wäre schwierig, aber es konnte funktionieren. Carima trat einige Schritte zurück. Flammen begannen ihre Hände zu umspielen, als sie den Zauber zu wirken begann.

Der Dungeon hatte es echt in sich. Erst die Fallen, dann die komische Mauermumie, jetzt auch noch ein Nekromant und seine Kreation, auf die sie mit Sicherheit noch später treffen würden. Zwar mochte Ben schwere Quests, allerdings war das hier vielleicht doch etwas viel für Anfänger. Aber gut, er konnte sich später darüber beschweren, denn jetzt musste Fyrn Listener zur Seite schreiten und ihm gegen die Skelette helfen.
Normalerweise waren ja schön schwere Streitkolben gegen Skelette zu empfehlen, allerdings war seine zweihändige Axt auch nicht all zu schlecht. Das Gewicht hatte mit dem Schwung seiner Angriffe genug Kraft um Knochen zu splittern und zu zerschmettern. Fyrn seufzte - nachher in der Stadt würde er seine Axt schärfen müssen. Während Fyrn begann seinen heilenden Regen zu wirken, konnte er für einen Moment Wärme über seinem Kopf spüren und sah ein helles Licht in den Augenwinkeln. Einen Bruchteil einer Sekunde später war das Gefühl schon wieder weg und Fyrn konnte es als das erkennen, was es war: Ein Feuerball, gewirkt von Carima. Der Feuerball traf kurz vor dem Nekromanten auf und löste eine feurige Hölle aus. Die Hitze wallte bis zu Fyrns Gesicht, doch er trug keinen Schaden davon, er war doch noch weit genug entfernt. Die Skelette nahmen auch nur etwas Schaden, allerdings war der Nekromant deutlich stärker davon getroffen.
Nette Idee den Zauber in einen Bogen über sie zu schießen, um den Nekromanten zu treffen, musste Ben gestehen. Ob er selber darauf gekommen wäre?

Fyrns Heilzauber kam gerade recht und half, den Schaden der Skelette ein Stück zu negieren. Zusammen mit dem Sturmrufer konzentrierte Listener sich auf ein Skelett, um dieses schneller zu erledigen, so dass sie sich um den Nekromanten kümmern konnten. Plötzlcih verändert sich das Licht und es wurde wärmer, dann schlug ein Feuerball vor dem Nekromanten ein und setzte diesen in Brand. Auch die Skelette nahmen Schaden und der Lebensbalken des bereits angeschwächten Untoten fiel in kritischen Bereich. Eli aktivierte Sunlight Pinpoint, um diesem den Todesstoss zuzufügen und traf. Das Skelett zerfiel zu Staub. Gleichzeitig beendete der brennende Nekromant seinen Zauber.
Carimas Feuerball hatte einen ordentlichen Batzen des Lebensbalken des Nekromanten gefressen und Brandschaden durch seine brennenden Bandagen verkürzten diesen noch weiter. Eben diese Bandagen leuchteten nun schwarz auf und erwachten zum Leben, um auf die Avatare der Gruppe zuzuschiessen. Einige wickelten sich um Fyrns Fuss und eine andere erwischte Listeners Arm, was es erschwerte, seinen Speer gegen das zweite Skelett einzusetzen. Auch diesen wurde von den Bandagen ergriffen, aber komplett umwickelt und verwandelte sich so in eine Mumie mit vollem Lebensbalken. Diese Version war aber deutlich grösser als die, die ihnen bisher begegnet waren. Zu allem übel pulsierte auch noch schwarze Energie durch die Bandagen und Fyrn und Listener verloren Lebenspunkte, während sich der Balken des Nekromanten wieder zu füllen begann.
"Verdammt! Lebensraub!", rief Eli. "Fokussiert euch auf den Nekromanten, der muss schnell sterben!"
Das ging vor allem an Carima und Candara, da Fyrn und Eli selbst von den Bandagen in Platz gehalten wurden. Deshalb griff sie die Mumie an, um diese aus dem Weg zu räumen, was mit einem gefesselten Arm gar nicht so einfach war. zu allem übel waren Mumie und Nekromant immer noch verbunden und die Treffer des Untoten heilten den Meister. Das konnte mühselig werden.

Der Zauber hatte getroffen und einiges an Schaden verursacht. Soviel war schon einmal positiv zu vermerken. Vollends zufrieden stellte der Treffer Aidan dennoch nicht. Ein Körpertreffer hätte den Nekromanten wohl von den Füßen gerissen und somit seinen eigenen Zauber – ohne Zweifel noch einmal entschieden mächtigere Magie als der fireball – unterbrochen. Der Schaden, den er so noch abbekam, war zwar nicht zu verachten, aber wie sich herausstellte kein nennenswerten Hindernis für den finsteren Magier. Aber gut. Man musste wohl nehmen, was man bekommen konnte. Es war besser als nichts. Zumal der Tod des Nekromanten in diesem Moment oberste Priorität genoß.
Aidan ließ Carima Incinerate auf den Totenrufer wirken und begann dann einen erneuten indirekten Fireball aufziehen. Mit etwas Glück würde dieser besser treffen.

"Verdammte Bandagen, ich kam mich nicht vom Fleck rühren!", rief Fyrn, nachdem der Nekromant seinen dunklen Zauber gewirkt hatte. Ihre Lebensbalken begannen zu schrumpfen, doch sein Heilzauber wirkte zumindest etwas dagegen und gab ihnen etwas Zeit, um etwas zu unternehmen. Er konnte sich leider nicht selber um den Nekromanten kümmern, denn die Bandagen hielten ihn auf der Stelle fest. Ihm kam eine Idee - man konnte die Bandagen doch bestimmt zerstören. Allerdings griff die neu erschaffene Mumie Fyrn an, bevor er seine Idee in die Tat umsetzen konnte. Fyrn musste die Bandagen wohl doch in Ruhe lassen, auch wenn es ihn stark beschränkte. Er erwehrte sich den Angriffen des Feindes und sagte gleichzeitig zu Listener :" Versuch die Mumie abzulenken, ich muss kurz einen Zauber kanalisieren."
Nachdem Listener die Mumie verstärkt attackierte, trat Fyrn einen kurzen Schritt zurück - mehr ging leider nicht. Doch es war genug, damit die Mumie sich Listenr zuwendete, denn Fyrn hatte ihn nur mit normalen Angriffen bedrängt und daher keine große Bedrohung aufgebaut. Er hob seine Axt in die Luft und begann seine Magie zu kanalisieren. Ein Sturm schien sich über den Gegnern zusammen zu brauen und als Fyrn den Stil der Axt auf den Boden krachen ließ, erschallte ein Donner in dem engen Gang und ein Blitz fuhr hinab, welcher sowohl die Mumie, wie auch den Nekromanten traf. Die Mumie hatte dem Blitz den Rücken zugewendet, doch der Nekromant sah direkt in das Licht und wurde daher geblendet. Fyrn rief Carima und Candara zu :"Greift jetzt mit allem was ihr habt den Nekromanten an! Er ist geblendet und kann sich nicht wehren."

Während Listener sofort in den Kampf gestürzt war und auch die anderen beiden eifrig mit ihrer Magie unterstützten, hatte sich die Dunkelelfe lieber vorerst zurückgehalten und beobachtet. Gerade die generischen, fest eingebauten Gegner hatten immer irgendwelche bestimmten Verhaltensmuster und wenn man diese durchschaut hatte, war der Kampf ein Leichtes. Leicht zumindest in der Theorie, denn zumindest die Attacke mit den Bandagen, die Leben raubten, war schon sehr beeindruckend.
Da Candara vermutete, dass der Nekromant durch den Angriff an seine Opfer gebunden war und erst wieder einen neuen Zauber aufbauen musste, näherte sie sich von der Seite her an ihn heran. Auf einmal liess Fyrn seine Axt zu Boden knallen, während über ihm schwarze Wolken hingen. Candara quietschte und wandte sich eiligst ab, während sie sich den freien Arm vor das Gesicht hielt. Es wirkte, denn selbst wenn sie auch so den Blitz mitkriegte, so war sie immer noch kampftauglich, im Gegensatz zu dem Nekromanten.
"Eine Vorwarnung wäre ganz nett!", gab sie im telephatischen Chat bekannt, ehe sie sich wieder auf den Gegner fixierte und schnell die Optionen durchging. Die Peitche war nicht gerade die idealste Waffe gegen solch einen Gegner auf dem Level, Scratch also noch viel weniger, erst recht, wenn der Gegner schon einen hinderlichen Status besass. Sich zurückziehen konnte sie in dieser Situation noch viel weniger und bezirzen eines Gegners, der sie nicht im Visier hatte und auch gar nicht sehen konnte. Das war unpraktisch. Aber ihr blieb wohl nichts anderes übrig, als dennoch anzugreifen, denn sonst hatte sie nichts nützliches im Inventar.
Candara holte mit der Peitsche aus und schlug auf den Beschwörer ein. Viel Leben zog es tatsächlich nicht ab, aber als sie einen besonders guten Hieb ausführte - tatsächlich steigerte die neu erhaltene Krone die Konzentrationsleiste des Avatars -, riss eine der Bandagen, die Fyrn und Listener umklammerte. Auch eine zweite zerfiel, als Carimas Feuerzauber von dem Nekromanten auf die Fesseln übergriff. Macht eigentlich Sinn.
"Haltet noch kurz durch!", rief sie den beiden zu und fixierte dann direkt die noch übrig gebliebenen, gespannten Bandagen, um diese mit den Hieben zum Reissen zu bringen und so den Lebenszauber zu unterbrechen.

Candara umging den Kampf in der Mitte des Ganges und griff nun direkt den Nekromanten an und auch, wenn sie mit ihrer Peitsche eine gewisse Reichweite hatte, so war sie doch gefährlich nahe an diesen heran getreten. Das machte es für Carima nicht eben einfacher. Ihr Fireball hatte einen nicht zu verachtenden Explosionsradius und gerade wenn sie ihn ballistisch warf, war er nicht eben präzise. Wenn sie den Zauber durchbrachte, dann brachte sie Candara damit in Gefahr. Aber andererseits hatte Fyrn auch recht gehabt: sie mussten diesen verdammten Zauberer weg bursten. Nachdem er sich selbst heilen konnte war das ihre einzige Option. Da konnte sie sich nicht einfach auf Dots und ihr Zepter beschränken. Nein, sie brauchten den großen Zauber.
Der Zauberbalken des Fireball füllte sich. Die gleissende Flammenkugel löste sich aus Carimas Händen, segelte hoch über die Köpfe von Fyrn und Listener hinweg. Sie hatte ein wenig auf die Seite des Ganges gezielt, die Candara gegenüber lag, doch wie es schien war ihr der Zauber zu weit abgedriftet. Er hielt ziemlich exakt auf die Mitte des Ganges zu. Hervorragend im Grunde, denn dort stand auch der Nekromant. Das magische Geschoss erzielte einen Volltreffer, traf den bösen Zauberer frontal gegen die Brust, riss ihn von den Füßen raubte ihm in einer ausladenden, flammenden Explosion fast den gesamten Rest seines Lebensbalkens. Damit sollte er wohl erledigt sein. Der Rest war Formalie. Aber was war aus Candara geworden?

Listener steckte noch einige Treffer von der Mumie ein, da Fyrn die Aggro nicht übernahm, wie Eli gehofft hatte und sein Balken schrumpfte dadurch und durch den beständigen DoT des Bandagenzaubers in einen gefährlichen Bereich. Selbst nach Fyrns Blitzzauber, dem Eli gleich ein Sunlight Pinpoint folgen liess, war der Balken der Mumie noch mehr als halb voll. Diese war zäher als die Mumien, denen sie oben begegnet waren und diese waren bereits nur langsam zu Boden gegangen. Dementsprechend war sie froh, als Candara die Bandagen zerstörte und Listener so von seinen Fesseln befreite. Einen Moment später schlug ein weiterer von Carimas Feuerbällen ein, diesmal direkt in die Brust des Nekromanten. Dieser wurde von den Füssen gerissen und sein Balken war schon fast verschwunden. Da Candara die meisten Bandagen zerstört hatte, rettete auch sein Lebensraub ihn nicht mehr. Eli nutzte die Gelegenheit, um aus der Reichweite der Mumie zu verschwinden und gleichzeitig den Nekromanten zu erledigen. Sie aktivierte Quickstep und umrundete die Mumie mit erhöhtem Bewegungstempo. Dann visierte sie den Nekromanten an und schoss auf ihn zu, den Speer wieder in beiden Händen. Mit Schwung und ordentlich von der Spielengine geführt rammte Listener diesen dem finsteren Magier in die Brust, wodurch eindeutig zu viel Blut spritzte. Der Lebensbalken fiel auf null und obwohl Eli sich ziemlich sicher war, das niemand mit einer solchen Wunde sprechen konnte, öffnete der Nekromant noch den Mund.
„Ich bin nicht der… einzige. Al… Irek wird fallen, die Toten…“, brachte er, zusammen mit einem Schwall Blut hervor, dann sackte sein Kopf auf den Boden und er regte sich nicht mehr. Eli wirbelte herum und stellte sich der Mumie, die ihr gefolgt war. Dieser Kampf war noch nicht vorbei.

Jan war richtig stolz auf sich, als sein Plan so gut klappte. Er liess Candara gleich noch einmal ausholen, richtig schick, als auf einmal alles um sie herum heiss und hell wurde. Im nächsten Moment war der Nekromant auch schon verschwunden und selbst wenn Carimas Zauber sie nicht direkt getroffen hatte, so löste der Feuerball einen ziemlichen Druck auf die Umgebung aus und dieser Druck schleuderte die Elfe davon. Die teilweise zerstörten Wände, die Löcher, denen sie nun doch nicht folgen wollten, eines davon war direkt hinter Candara und verhinderte so, dass sie mit voller Wucht gegen die harte Mauer knallte. Dennoch schlug sie sich grausam den Hinterkopf, als sie den Boden erreichte und ein Stück ihres Lebensbalkens verabschiedete sich. Manchmal war Jan froh, dass das Spiel trotz des teilweise erstaunlich gut eingebauten Realismus' doch nicht vollkommen realistisch war. Sonst hätte er nun wohl eine aufgeplatzte Schädeldecke und bestimmt ein paar Stunden Schwärze gehabt, genug Zeit, um von Mumien zerfetzt zu werden. So jedoch konnte sich Candara problemlos wieder aufsetzen und sich umgucken.
Da die Glühwürmchen ihr nicht gefolgt waren, war es an dieser Stelle ziemlich düster, jedoch konnte sie weiter Hinten die anderen und den Nekromanten erkennen. Listener vollführte gerade einen Hieb in die Brust des Feindes und es spritzte blut und Jan war erstaunt, wie gut diese Szene gerade zumindest aus der Ferne aussah. Er hätte das dem anderen Spieler irgendwie nicht zugetraut. Teils in der Hoffnung, dass sie nach diesem doch sehr schweren Gegner wieder einen Schatz finden würden, teils aus der Befürchtung, selbst Gegner in der Nähe zu haben, lauernde Gestalten in der Dunkelheit, erhob sich Candara und kontrollierte erst, ob irgendetwas verloren gegangen war im Inventar, was aber nicht der Fall war. Dann tat sie einen Schritt zurück und konnte gerade noch einen schrillen Schrei von sich geben, als da nicht wie erwartet Boden war. Dann fand der Boden die Elfe auch erneut mit einer alles anderen als liebevollen Umarmung etwa drei Meter weiter unten.

Der Nekromant war tot und die schlimmste Bedrohung damit beseitigt. Verblieb noch eine Mumie. Der definitiv leichtere Gegner. Sie mochte zäh sein, aber schien zumindest keine besonderen Fertigkeiten zu besitzen. Nichts, dem sie zu viert nicht beikommen konnten. Nein, zu dritt. Candara war irgendwie verschwunden. Wohin, das konnte Aidan im ersten Moment nicht feststellen, aber er besaß auch nicht die Zeit, sich Gedanken darum zu machen. Er wirkte Incinerate auf die Mumie – einerseits, weil er keinen Feuerball zwischen Fyrn und Listener werfen wollte, andererseits weil es der einzige Zauber war, den sein Manabalken noch her gab – und griff dann nach dem frisch erbeuteten Zepter. In diesem Augenblick hörte er Candaras Schrei.
"Alles in Ordnung?", erkundigte er sich sogleich über den telepathischen Chat, machte aber ansonsten keine Anstalten, sich in die entsprechende Richtung zu bewegen. Zuerst musste die Mumie weg!