Kyusta (MSG)

"Hey. Das wird schon wieder", meinte Sayeth aufmunternd zu Mira und legte ihr einen Arm um die Schultern.
"Ich frag mich nur, wer ihn so verletzt hat .... Und hoffentlich dauert es nicht zu lange, bis die Wunde wieder verheilt ist ..."
Sie drückte Mira kurz an sich.
"Willst du hier warten oder erst einmal was trinken gehen?"

Mira antwortete nicht auf Sayeths Frage, setzte sich jedoch schweigend in Bewegung, was letztendlich Antwort genug war. "Ich denke, es war ein anderer Kyusta", sinnierte sie, während die drei jungen Frauen sich durch die Straßen bewegten, "Ein fremder Kyusta, der wegen des Fests in der Gegend ist. Siraex wird sich mit ihm angelegt haben. Er kann so furchtbar arrogant sein. Und so aggressiv. Er sieht den Kampf als ultimative Herausforderung, so wie ich einen Berg. Ich hoffe, er hat den anderen Kyusta nicht zu übel zugerichtet..."
Sie betraten ein kleines, etwas abseits gelegenes Wirtshaus. Es mochte ein gutes Stück vom Zentrum entfernt sein, aber trotzdem ging es bereits gut zu. Eine Gruppe Spielleute machte Musik, Leute hatten die Tische und Bänke besetzt, schmausten und zechten. Die Stimmung war freudig, ausgelassen. Während die Freundinnen einen Tisch suchten ging Mira zur Tresen und bestellte Met für alle. Drei Becher in den Händen balancierend ließ sie sich schließlich bei den anderen nieder. Zum Feiern war sie gerade nicht in der Stimmung. Aber ein wenig Alkohol würde ihre Nerven beruhigen. Etwas Bitteres hätte ihrer Laune zweifellos eher entsprochen. Aber sie mochte die Süße des Honigweins.

"Warum bist du dir so sicher, dass es ein anderer Kyusta war?", fragte Sayeth, als sie schliesslich alle ihre Getränke hatten.
"Ich meine ... es kann auch ein wildes Tier gewesen sein. Es weiss ja niemand so genau, was hier alles rumfliegt und längst nicht alle Vögel sind an irgendwen gebunden ..."

Langsam schüttelte Mira den Kopf. "Ich glaube nicht, dass es ein wildes Tier war...", begann sie nachdenklich, "Siraex kennt sich aus in diesen Bergen. Lebt ja schon lange genug hier. Weiß, was hier lebt, womit er es aufnehmen kann und womit nicht. Ihm ist noch nie was passiert..." Sie ließ den weiteren Gedanken unausgesprochen, nippte am Honigwein und warf einen mitleidheischenden Blick in die Runde.

Niyah nippte schweigend an ihrem Honigwein. Sie wollte sich nicht ins Gespräch einmischen, niemanden unterbrechen. Im Stillen jedoch gab sie Mira recht, wenn jemand die Berge kannte, dann war es Siraex. Sie selbst war noch immer nicht damit durch, alles in der Umgebung zu erkunden und dass, obwohl sie nun schon einige Jahre mit Noah hier lebte.
Mira schien noch immer aufgelöst, also streichelte Niyah ihrer Freundin mitgefühlsvol die Schulter.
"Es wird schon alles gut gehen. Siraex ist doch zäh, sie schafft das schon!", versuchte sie, ihre Freundin aufzumuntern.

"Ja wirklich. Sie hat recht. Er wird über die Runden kommen, sich erholen und bald gehts es ihm wieder gut!"
Sayeth lächelte aufmunternd und nahm einen grossen Schluck.
"Lass dich einfach nicht unterkriegen davon. Ich weiss noch, als Raykin in dem verdammten Dschungel mal Schimmel unter den Schuppen gekriegt hat. Das war auch eine widerliche Sache und wir mussten eine Ewigkeit aufs Fliegen verzichten."

"Danke... danke Mädels", murmelte Mira und versuchte sich an einem Lächeln. All die Zuspruchsbekundungen gingen ihr nahe. Sie waren Balsam für ihre aufgekratzte Seele. Noch einmal führte sie den Tonbecher mit beiden Händen zum Mund, nahm einen Schluck. Und versuchte sich dann zusammen zu reissen.
"Was wollen wir jetzt machen?", fragte sie in die Runde und mühte sich um den Anschein der Normalität, "Das Fest ist noch immer im Gang. Das... wollen wir doch nicht ungenutzt lassen, oder?"

"Naja, wir könnten noch ein wenig tanzen gehen. Oder auch einfach runter zum Strand spazieren gehen", schlug sie vor. "Vielleicht finden wir Muscheln ... oder Schuppen oder Federn. Irgendwas fällt uns sicher ein", meinte sie und trank dann leer.
"Oder wir hören uns Gerüchte über dieses Monster an!"
Ja, das wäre definitiv was für sie. Abenteuergeschichten lauschen. Ob die nun echt waren oder nicht, konnte ihr völlig egal sein. Hauptsache spannend.

Monstergeschichten? Ja, das wäre gewiss etwas für Sayeth. Sie würde darauf brennen, all die Monster aus den Geschichten zu finden, zu jagen und zu erlegen. Das war es, was ihrem heißblütigen Temperament entsprach. Mira hingegen hatte nicht das geringste Interesse an einer Monsterjagd. Sicher, auch sie konnte mit einer Waffe umgehen, wenn es sein musste. Auch sie konnte sich in der Wildnis versorgen, sich Fleisch erjagen. Aber das war etwas vollkommen anderes, als sich mit mächtigen, gefährlichen Monstern anzulegen, nur um die eigenen Kräfte mit ihnen zu messen und sich am Ende eine Trophäe über den Kamin zu hängen. In diesem Punkt ähnelte Sayeth viel eher Siraex als dessen Seelenpartnerin. Miras Trophäen waren erstürmte Gipfel.
Aber dennoch: Geschichten waren mit Sicherheit gut dazu angetan, sie auf andere Gedanken zu bringen. Allemal eher als ein Strandspaziergang. Und zum Tanzen war sie derzeit absolut nicht in der Stimmung. Nicht mit der Sorge um ihren Kyusta im Hinterkopf. "Weißt du denn, wo wir Monstergeschichten aufschnappen könnten?", wandte sie sich an Sayeth.

Sie blieben noch einige Tage in der Stadt. Zumindest solange, bis Siraex wieder einigermassen bei Kräften war.
Sayeth blieb treu an Miras Seite und unternahm mit ihr diverse Dinge, um sie ein wenig abzulenken. Doch immer und immer wieder begann sie mit der Monstergeschichte und sie schien wirklich darauf zu brennen, wenigstens nach diesem geheimnisvollen Untier zu suchen.
So auch am dritten Tag, als sie gesättigt von einem leckeren Mahl an den Klippen sassen.
"Irgendwo da draussen muss es sein. Wollen wir wirklich nicht danach suchen?", seufzte Sayeth und blies eine Locke aus ihrem Gesicht.

Anstatt zu antworten ließ Mira den Blick schweifen. Vor ihren fiel der Fels senkrecht ab, ihre Füße baumelten frei in der Luft. Unter ihnen erstreckte sich das Meer, endlos und bis zum Horizont, tiefblau und silbern glitzernd. Am Morgen war Mira Klippen hinab gestiegen. Die Graue Wand, wie man die Klippen in der Stadt nannte, waren eine der herausforderndsten Kletterrouten, die Curtis zu bieten hatte. Nicht, weil die Wand schwieriger als andere gewesen wäre, sondern weil sie Kraft raubte. Und wenn man unten angekommen war, dann musste man auch wieder nach oben. Es gab keinen Weg vom Fuß der Klippen zurück in die Stadt, abgesehen von eben jenem Weg, auf dem man hinab gekommen war. Dort unten war nur das Meer. Es hatte Flut geherrscht als Mira hinab gestiegen war und am Ende hatte sie sich einfach in die Wellen fallen lassen. Wenn man die Graue Wand richtig machte, dann gehörte das dazu. Ein weiterer Kick! Wenn man nicht aufpasste, dann riss die Strömung den unvorsichtigen Schwimmer hinaus aufs Meer. Oder schmetterte ihn gegen die Wand. Der Sprung war berüchtigt und immer wieder hörte man in der Stadt von übermütigen Jugendlichen, die ihn mit dem Leben bezahlt hatten. Mira jedoch hatte gekämpft und zurück an die Wand, zurück zu ihren Felsnägeln gefunden. Durch und durch durchnässt, aber mit sich selbst zufrieden war sie wieder hinauf geklettert. Es war Mittag geworden bis sie oben angelangt war.
Noch immer klebte Salz in ihrem Haar. Mira wusste, dass das nicht gut war, dass es es ausbleichte, strähnig werden ließ, doch sie liebte den Geruch. Sie würde es sich am Brunnen heraus waschen. Später! Endlich ließ sie sich darauf ein, auf Sayeths Drängen zu antworten. "Wenn wir es finden, dann wirst du es auch töten wollen", gab sie vielsagend zu bedenken. Sie musste nicht aussprechend, dass sie wenig davon hielt. Sie war keine Jägerin. Aber sie wollte Sayeth auch ihren Spaß nicht verderben. Sie würde sich nicht absondern, wenn die anderen es denn unbedingt wollten. "Was meinst du, Niyah?"

(da Syari offensichtlich kein Interesse hat, zu antworten ^^)


"Na klar. also zumindest versuchen muss man es ja", war Sayeth überzeugt. "Ansonsten macht es keinen Sinn, das Vieh zu suchen."
Sie grinste schief. "Du kannst es ja nur dokumentieren, wie glorreich ich die Bestie bezwinge!"
Auch sie liess ihre Beine über die Kante der Felsen baumeln. Die Wellen schlugen schäumend gegen den harten Stein.
"Ich will wieder raus in die Wildnis, verstehst du?"

Es kostete Mira einiges an Zurückhaltung, nicht bissig zu erwidern, was man sonst alles in der Wildnis tun konnte. Warum musste sie nur immer jagen? Immer töten. Nein, dieses Blut wollte sie nicht an ihren Händen haben. Auch wenn es ein populärer Sport war, gerade in ihrer Generation: dies war nicht der Weg der Ankinu. Sie lebten in Einklang mit dem, was in der Wildnis hauste.
"Ich werde dich kaum aufhalten können", erwiderte sie knapp, "Aber für mich wird es auf dem Weg in den Süden andere Dinge geben, die mich eher reizen." So, damit war das auch klar gestellt! Sollte Sayeth doch Monster jagen gehen. Sie würde sich dann eben von der Gruppe abspalten und sich lieber eine anspruchsvolle Felswand suchen.

"Der Weg wird nicht gerade kurz sein. Da gibt es bestimmt einiges zu sehen", meinte sie schulterzuckend. "Auf alle Fälle möchte ich nicht hier bleiben. Das Fest wird auch nicht mehr ewig dauern und dann verschwinden hier sowieso alle."
Sie zog ihren Rucksack zu sich und kramte darin, ehe sie eine relativ zerknitterte Karte hervorholte, die sie dann entfaltete.
"Also. Hier sind wir, da drüben ist mein Ziel. Wir könnten über diesen Weg hier, der Küste entlang und dann ein Bot nehmen und die Splitterinseln erkunden. Die Gegend, wo das Vieh sein soll ist voller Vulkane und solchem Zeug. Ich denke nicht, dass wir das Ding gleich am ersten Tag sehen werden. Also würde ich vorschlagen, wir fahren von Insel zu Insel und erkunden die."

Das Fest dauerte noch drei weitere Tage an und auch nach dessen Ende gelang es ihnen nicht, unmittelbar aufzubrechen. Zu viel gab es noch zu erledigen, zu vieles vorzubereiten und bis sie schlussendlich all ihre Vorräte und Ausrüstung zusammen und sich von jedem der zahlreichen Freunde, die anlässlich des Fests in der Stadt, verabschiedet hatten war der Großteil der angereisten Ankinu bereits wieder aus Curtis abgezogen und hatte die Straßen leer und verwaist zurück gelassen. Fast hatten sie etwas gespenstisches an sich als die drei jungen Frauen im ersten Dämmerlicht des zweiten Tages nach dem Fest durch sie schritten, eine jede von ihnen einen schweren, vollbepackten Rucksack auf dem Rücken, festes Schuhwerk an den Füßen und robuste Kleidung für die Reise.
Als sie die Stadtgrenze erreichten schob sich eben die Sonne über den Horizont und schien ihnen warm entgegen. Mira schirmte ihre Augen mit der Hand ab und suchte den Himmel ab. Bisher hatte sich noch keiner ihrer Kyusta blicken lassen, doch sie wusste, dass dies nur noch eine Frage der Zeit sein würde. Siraex hatte sich gut von seinen Verletzungen erholt, doch sein Stolz hatte es selbstverständlich nicht zugelassen, dass er die letzte Nacht gemeinsam mit seiner Seelenpartnerin in der Stadt verbrachte. Er war wieder in die Berge hinaus geflogen, zweifelsohne um zu jagen, zu töten. Der Adler bevorzugte frisches, heißes Fleisch. Aber nun, da sie sich auf dem Weg befanden, würde er sicherlich bald zu ihnen stoßen.

Sayeth war noch relativ müde aber dennoch gut gelaunt. Während sie voranschritten, studierte sie die Karte, während sie die ereignisversprechendste Route suchte.
"Hm ... wenn wir mit dem Boot fahren, müssen wir in dieses kleine Dörfchen. Hier hats bestimmt Boote."
Sie hoffte es zumindest irgendwie. "Wir ... also ich könnte natürlich fliegen ... aber hw ... Mira, warst du schon einmal so weit draussen?2
Sie deutete mit dem Finger auf eine weit von der Küste entfernte Insel.

So weit vom Festland entfernt war das? Himmel, konnte Sayeth sich nicht ein Monster suchen, dass an einer angenehmer gelegenen Stelle hauste? In irgendwelchen Bergen zum Beispiel? Wenn sie auf diese Insel hinaus fahren mussten, wie sollte sie sich dann abseilen um irgendwo klettern zu gehen während ihre Freundin sich mit Blut besudelte? Andererseits... es gab wohl auch bergige Inseln. Ja, das war doch nicht einmal ungewöhnlich. Waren Inseln letztendlich nicht alle Berge, die sich aus dem Meer empor geschoben hatten?
"So weit noch nicht", antwortete sie nach einem zweiten Blick auf die Karte, "Aber während meiner Zeit auf der Akademie des Südens bin ich des öfteren mit einem Boot hinaus gefahren. Sollten das also schon überstehen... denke ich mal."
Ein gellender Schrei vom Himmel her ließ sie zusammen schrecken. Ein breites Grinsen legte sich auf ihr Gesicht. Wie sie es erwartet hatte hatte Siraex sie gefunden. Im Tiefflug segelte der Adler über ihre Köpfe hinweg, denn schwang er sich mit einigen kräftigen Flügelschlägen wieder in die Höhe und verschwand irgendwo vor ihnen. Aber Mira wusste, dass er nicht weit war.

"Alles klar. Dann gehen wir da hin und fahren nach draussen. Ich bin auch schon das eine oder andere Mal mit dem Boot unterwegs gewesen. Und bei den Splitterinsel liegen die Inseln so nahe beieinander, dass man immer eine Insel in Sicht hat, bei der man landen könnte."
Sie nickte, als würde sie sich selbst etwas bestätigen.
Also wanderten sie der Küste entlang, machten hin und wieder eine Rast. Raykin meldete sich ab und zu, in dem sie ihre Jagdbeute mit den beiden Mädchen teilen wollte.

Es war der dritte Abend seit ihrer Abreise aus Curtis und die Mädchen hatten sich ein wenig abseits des Weges ein Feuer entzündet als Mira erneut das Ziel ihrer Reise – oder präziser: Sayeths Ziel – zur Sprache brachte. "Wie wäre es, wenn wir dieses Monster einfach nur suchen und schauen, wie nahe wir uns heran schleichen können wenn wir es gefunden haben?", fragte sie, eine Decke gegen die Kälte über die Schultern geworfen, "Ich meine: warum willst du es töten? Das ist doch vollkommen unsinnig..."

Sayeth seufzte innerlich. Sie lehnte mit dem Rücken an Raykins Bauch.
"Wenn ich es nicht tue, tut es jemand anderes und streicht die Lorbeeren ein. Wer weiss, vielleicht kann man es gar nicht töten ..." Sie blickte ins Feuer. "Du weisst doch, das sich mir von jedem schönen Tier das mir begegnet eine Trophäe nehme. Auch wenn es nur eine Schuppe oder eine Feder ist."

Miras Antwort war nichts weiter als ein böser Blick. Lorbeeren, Trophäen... das war nicht ihre Sprache. Mit beidem konnte sie nichts anfangen. Was war es für eine Leistung, ein Tier nur des Kitzels wegen zu töten? Was brachte es, sich mit den Kadavern seiner Opfer zu schmücken? Es ging ja nicht allein um das Schmuckstück. Ausgefallene Schuppen, Federn und sogar Zähne konnte man mühelos sammeln ohne deren Besitzer dafür töten zu müssen.
"Ohne mich...", war alles, was sie noch murmelte ehe sie die Decke enger um sich schlag und sich hin legte. Müde war sie noch nicht wirklich, aber diese Diskussion fortführen wollte sie ebenfalls nicht. Also schloss sie die Augen und tat einfach so, als wolle sie einschlafen. Sollte für Sayeth Zeichen genug sein, was sie von deren Plänen hielt. Und irgendwann würde der Schlaf von selbst kommen.

Die Rothaarige hob leicht die Augenbrauen und seufzte dann. Ja. Sie fand es halt spannend, ein Tier zu jagen, es zu töten und es komplett zu verwerten. Das Meiste konnte gegessen werden oder zu Waffen und Kleidung gemacht werden. Einige Händler waren auch immer wieder interessiert an solchen Dingen und zahlten hohe Preise.
Dafür konnte sie nicht verstehen, was denn bitte toll daran war, auf einen zu gross geratenen Stein zu klettern. Man konnte ja auch einfach hochfliegen.
Sie verzog den Mund und kraulte Raykin unter dem Kinn.
Dann warf sie noch etwas Holz ins Feuer und dann wickelte sie sich in die Decke ein, während sie Raykins langsamen, ruhigen Atem lauschte. Würde sie sich mit Mira einigen können? Oder würden sie letzten Endes getrennte Wege gehen müssen?
Sie dachte noch eine ganze Weile nach. Als sie die Augen schliesslich schloss, war alles Holz niedergebrannt und nur noch die Glut spendete etwas Wärme.
Als Sayeth die Augen das nächste Mal aufschlug, dämmerte es gerade. Alles war feucht, ihr Körper fühlte sich klamm an. Einfach herrlich.
Einige Feuereidechsen hatten sich in den Überresten der Glut versammelt und flitzten leise raschelnd davon, als die Ankinu sich regte. Sie stand auf, streckte sich und rollte die Decke dann zusammen. Anschliessend kramte sie ihr Gepäck zusammen und begann Raykin zu satteln.

Sayeth war bereits wach und – wie es schien – beschäftigt als Mira aufwachte. Blinzelnd, schlaftrunken richtete sie sich auf und musterte die geschäftige Freundin, die sich an ihrem Kyusta zu schaffen machte. Warum?, schoss es ihr durch den Kopf. Sayeth würde Raykin kaum satteln, wenn sie nicht vor hatte, auf ihm zu fliegen. Aber sie wusste genau, dass Mira daran nicht teilhaben konnte. Wollte sie also alleine los? Warum das? Hatte sie ihr den Streit des vorherigen Abends so übel genommen?
"Willst du heute fliegen?", fragte sie mit vor Müdigkeit noch ganz belegter Stimme und kroch unter der Decke hervor.

"Oh .... guten Morgen", sagte Sayeth, als Mira sich bemerkbar machte. Sie hielt mit satteln inne.
"Naja. Da du offenbar nicht grossartig was mit meinen Plänen anfangen kannst, bist du sicher erleichtert, wenn ich alleine losziehe, oder?", seufzte sie dann und warf ihr über die Schulter einen kurzen Blick zu.

Erleichtert? Nein, erleichtert nicht. Enttäuscht vielmehr! Mira hatte gehofft, dass ihre Freundin zur Vernunft kommen würde. Dass sie einen Kompromiss finden würden. Wenn Sayeth nicht Bergsteigen wollte, dann mussten sie das ja nicht tun. Aber Mira wollte nicht jagen. Verlangte das von Sayeth dann nicht auch zwingend das Zugeständnis, nicht Monster jagen zu gehen? Aber nein, dieser nordische Sturkopf musste natürlich ihren eigenen Willen durchsetzen! Auch wenn das hieß, dass sie sich trennen würden. Aber sie würde garantiert nicht die sein, die darum bettelte, dass sie es sich noch einmal anders überlegte. Oder die kleinbei gab und sich überzeugen ließ, diesen Irrsinn mit zu machen.
"Geh ruhig!", entgegnete sie bissig, gar nicht erst zurück haltend wie beleidigt sie sich fühlte, "Ist wahrscheinlich eh besser so. Wird schon mal wieder eine andere Gelegenheit geben, bei der wir uns treffen."