Kyusta (MSG)

Iona hatte zwar aus den Augenwinkeln mitbekommen das Mira und Niyah miteinander geredet hatten, doch das Sie anscheinend miteinander gestritten hatten und Mira danach völlig aufgelöst das Gasthaus verlassen hatte, bekam sie erst mit als Sayeth ohne Vorwarnung ihre kleine Showeinlage auf dem Tisch beendete und Mira nach draussen folgte.
Iona fragte sich, was passiert war und begann sich dann auf der Suche nach Niyah durch die menge an Leuten zu wühlen. Es dauerte ein Weilchen bis Iona Niyah gefunden hatte, schlicht und einfach deswegen, weil diese bereits wieder zum Tisch zurückgefunden hatte, während Iona losgezogen war.
Sachte tippte sie Niyah auf die Schulter. "Sag mal was, war den gerade eben los? Ich hab vorhin gesehen, dass Mira völlig aufgelöst das Gasthaus verlassen hat. Sie hat doch vorher gerade noch mit dir gesprochen, stimmt etwas nicht?" Iona klang nicht verärgert, sie war nur ein wenig verwirrt, weil sie nicht wusste, wie sie das Gesehene deuten sollte.

Ja, natürlich hatte Sayeth recht, mit allem, was sie sagte. Es war vernünftig, Mira wusste das, und es würde zweifelsohne der Wahrheit entsprechen. Dass sie sich von dieser ganzen Sache so mitreissen ließ war absolut sinnlos, unvernünftig, unbedacht. Aber sowas ging ihr eben zu Herzen. Sie konnte in solchen Momenten einfach nicht klar denken. Und dadurch machte sie alles nur immer noch schlimmer. Und irgendwann gab es dann kein Zurück mehr. "Was... was soll ich denn jetzt machen?", wandte sie sich hilfesuchend an die Freundin, "Niyah wollte bei mir übernachten. Ich habe ihr gesagt, dass sie bei mir bleiben kann, weil es doch nirgends in der Stadt noch Zimmer geben wird. Aber jetzt ist sie weg. Und ich weiß nicht, ob sie das jetzt überhaupt noch will. Aber ich kann... kann sie doch auch nicht auf der Straße schlafen lassen..."

"Am besten sprichst du einfach mit ihr", war Sayeth optimistisch. "Ich helfe dir auch dabei, wenn du willst." Sie schenkte Mira ein aufmunterndes Lächeln.
"Oder vielleicht kommt sie ja sogar zu dir zurück. Reg dich nicht zu fest auf. War ja nur eine Kleinigkeit ..."
War ja auch echt abartig, wie sie immer auf diesen Evarim reagierte. WAr der Kerl denn wirklich so schlimm?
Sie stand auf und reichte ihr die Hand. "Na komm ... steh erst einmal auf."

„Ob alles in Ordnung ist?“, Niyah schaute kurz zu Iona, die sie neugierig und mitfühlend zugleich anschaute. Eigentlich hätte sie ihr jetzt gerne an den Kopf geworfen, dass natürlich nicht alles in Ordnung war und es auch nicht in Ordnung sein konnte, wenn die beste Freundin einen mal eben so vergaß und dann auch noch darauf pochte, dass es keine Absicht war und doch mal vorkommen konnte, aber über ihre Lippen kam kein Wort. Sie wollte es nicht schlimmer machen, als es ist und sie würde es schwer haben Iona zu erklären, warum genau es so schwer für sie war, dass Mira sie mit Evarim allein gelassen hatte. Nein, Niyah redete nicht gerne über ihre Meinung von anderen Menschen und noch weniger gern redete sie über sich selbst.
„Nein, nein, alles in Ordnung!“, fügte sie hastig hinzu, wobei ihre Stimme dünn war und wenig überzeugend klang. Auch das Lächeln, was sie schnell aufgesetzt hatte schien alles andere als ehrlich, es erreichte ihre Augen nicht und wirkte alles in allem eher so, als habe Niyah starke Schmerzen.
„Es ist nur…Mira und ich hatten Streit“, gab sie schließlich zu, während sie betreten auf ihre Füße starrte. Sie wagte es nicht, Iona in die Augen zu sehen. Das hasste sie generell, andere Menschen ansehen, nie hielt sie ihren Blicken stand, deshalb vermied sie es einfach von Anfang an ihnen in die Augen zu gucken. Jetzt hatte sie aber auch schon genug gesagt, mehr zu der Situation gab es nicht zu sagen, oder doch? Gewiss nicht zu jemand anderem als Iona und sie würde erst Recht nicht den Mut haben Mira in die Augen zu sehen.
Schlagartig fiel ihr ein, dass sie ja eigentlich bei Mira hatte übernachten wollen. Verdammt. Das konnte ein Problem werden, wenn sie weiterhin so zerstritten waren. Offenherzigere Mädchen hätten sich wahrscheinlich einfach auf die Tanzfläche gewagt und den erstbesten Kerl angegraben, in der Hoffnung, dass er sie abends mit aufs Zimmer nehmen würde, aber das war nichts für Niyah. Sie traute sich ja nicht einmal zu tanzen aus Angst, dass jemand sagen würde, dass sie albern aussah. Und dann auch noch einen Kerl anquatschen UND später mit ihm aufs Zimmer verschwinden, nein, das hatte sie noch nie gemacht und wegen eines Streits würde sie jetzt auch nicht damit anfangen.

Irgendetwas an Sayeths souveränem, zuversichtlichen Auftreten ließ auch Mira wieder Hoffnung schöpfen, oder zumindest die Verzweiflung und Verwirrung abstreifen. Scheu und schief zurück lächelnd griff sie nach der dargebotenen Hand und ließ sich auf die Beine helfen. "Du... musst mit mir mit kommen", bat sie Sayeth, aber der Blick, den sie dabei der Freundin zuwarf, sagte eher 'Du musst das für mich erledigen'.
Sich bei Sayeth einhängend ließ sie sich zurück zu dem Gasthof führen. Im Grunde wusste sie natürlich gar nicht, ob Niyah noch da war. Niyah war ebenso davon gerannt, wie sie selbst kurz darauf. Gut möglich, dass sie jetzt auch irgendwo durch die Straßen irrte und sie sie gar nicht mehr im Gasthaus finden würden. Als die durch die Tür traten blieb Mira dennoch stehen und hielt Sayeth am Oberarm fest.
"Du gehst voran und suchst Niyah, ja?", fragte sie mit bettelndem Ausdruck, "Und... und wenn du sie findest, dann sagst du ihr, dass es mir leid tut und das sie das alles falsch verstanden hat und dass... dass sie doch weiß, dass ich Evarim nicht unter die Augen treten kann... ja? Ich bleib dann hinter dir... hinter dir..."

Irgendwie hatte Syeth ja schon damit gerechnet, dass Mira nicht den Mumm haben würde, selbst das Gespräch zu suchen. Doch was tat man als gute Kollegin?
"Alles klar", nickte sie und nahm Miras Hand fest in ihre.
Dann trat sie in das Getümmel. Die Zahl der feiernden Ankinu hatte sich nicht wesentlich verringert, seit sie weggewesen waren.
"Nyyyyaaaaahhh!", brüllte sie durch die Menge.

Überrascht schaute Niyah auf.
„Hat da jemand meinen Namen gerufen?“, erkundigte sie sich überrascht bei Iona, jedoch auch nicht unerfreut darüber, der für sie unangenehmen Situation entkommen zu können.
Suchend schaute sie sich um. Es waren unglaublich viele Menschen hier in dem Gebäude und ihre Kyusta noch dazu. Wie sollte sie hier genau die Person finden, die wahrscheinlich nach ihr gerufen hatte. Und noch besser: wer sollte nach ihr suchen? Da gab es jetzt nicht so viele Leute, die wussten, dass sie hier war und die Stimme hatte jetzt nicht gerade nach Mira geklungen, außerdem war diese sauer auf sie und schon abgehauen.
Wieder erklang die Stimme, doch, eindeutig, da rief jemand ihren Namen. War noch jemand anders hier, der diesen Namen trug? Er war ziemlich selten und sie hatte bisher erst eine andere Person mit diesem Namen getroffen und das war eine alte Frau, die garantiert nicht auf diesem Fest tanzen würde.
Aber immerhin, sie hatte die Richtung, aus der die Stimme kam, die Tür. Vorsichtig quetschte sie sich durch das Gedränge und versuchte verzweifelt zur Tür zu gelange, was gar nicht so leicht war, immer wieder wollte jemand mit ihr tanzen und versperrte ihr den Weg, die Menschen schoben sich hin und her, wie eine flexible Wand.
Schließlich hatte sie es aber doch geschafft und erblickte Sayeth, deren Blick durch den Raum schweifte. Nanu, dachte sich Niyah, war sie es etwa, die nach ihr gerufen hatte? Aber was sollte sie schon von ihr wollen? Und warum war sie nicht einfach schon früher zu ihr gekommen sondern ließ sie durch den ganzen Raum hin antanzen?
Vielleicht war es ja auch nicht Sayeth gewesen, die nach ihr gerufen hatte, aber wer sonst? Sie konnte niemand anderen erblicken, den sie kannte.
„Hast du mich gerufen?“, erkundigte sie sich so bei Sayeth. In dem Moment wo sie zu sprechen begonnen hatte, hatte sie bemerkt, wie dämlich es klang und wie dämlich sie war. Sie war durch den ganzen Raum geirrt nur um nach jemandem zu suchen, der ihren Namen gerufen hatte.

Bevor Iona noch genauer nachhaken konnte was denn nun genau vorgefallen war, hatte bereits jemand den Namen von Niyah laut durch das Gasthaus gebrüllt und der Anikun einen Grund gegeben sich weiterer nachfragen zu entziehen.
Iona blieb Niyah jedoch auf den fersen und drängte sich hinter ihr ebenfalls durch die Menge, wenn nötig sogar mit spitzen Ellenbögen. In der Zwischenzeit versuchte sie selbst zusammen zufügen, was passiert war. Sie wusste das Mira und Niyah sich gestritten hatten. Warum? Keine Ahnung. Doch als Niyah das Gasthaus betreten hatte, hatte sie vor Mira ein paar Stiefel auf den Boden geknallt. Iona war sich zwar nicht ganz sicher, aber sie meinte sich zu erinnern, dass Mira ohne Schuhwerk unterwegs gewesen war, als sie sich auf dem Fest getroffen hatte, nur hatte Iona zu diesem Zeitpunkt dem keine Bedeutung zugemessen.
Wenn dem so war dann bedeutete das also das Mira und Niyah vorher zusammen unterwegs gewesen waren. Hatten sie sich vorher schon gestritten und das im Gasthaus war nur ein gescheiterter Versöhnungsversuch gewesen? Vielleicht, Mira hatte sich ein wenig komisch verhalten, als sie zusammengestossen waren, doch Iona hatte das auf die Überraschung geschoben. Doch war es das wirklich gewesen?
Danach hatte Iona Mira ja zu sich an den Platz eingeladen und dann.. nun dann kam schon das Gasthaus. Oder lag es vielleicht gerade eben an dieser Einladung? Hatte Iona die beiden unbeabsichtigt auseinandergerissen?
Genau wusste Iona es nicht, aber wenn dann hätte Mira ja nur teilweise Schuld, weil Iona sie quasi abgelenkt hatte, doch es konnte genau so gut sein das etwas vorher Geschehen war von dem Iona nichts wusste.
Inzwischen waren sie beim Eingang des Gasthauses angekommen, wo Iona Syeth entdeckte und dahinter, ganz klein, Mira. Gerne hätte sie jetzt etwas gesagt um den Streit zu beenden, doch sie wusste zu wenig. Und wenn sie das Falsche sagte, würde das die Situation vielleicht nur noch schlimmer machen. Auch wenn Iona das hasste, im Moment musste sie warten.

Ah, sehr schön, da war die Dame ja.
"Ja, ich hab dich gerufen", lächelte Sayeth. "Und zwar möchte ich dir sagen, dass Mira traurig ist, weil du wütend auf sie bist und eigentlichs olltet ihr beide euch doch vertragen", plapperte Sayeth in einem Schwall auf Niyah ein.

„Wir sollten uns vertragen, jaah“, machte Niyah leise und unterdrückte dabei einen in ihr aufwallenden Schwall von Wut.
„Und weil sie auf einmal ihre Stimme verloren hat, kann sie mir das nicht persönlich sagen, sondern muss jemand anderen vorschicken, oder wie?“
Niyah schaute auf ihre Füße, während sie das sagte, auch waren ihre Worte mehr an sich selbst gerichtet, als an Sayeth, doch sie waren ihr einfach so entschlüpft, ehe sie sich daran hintern konnte. Kurz schaute sie auf und bemerkte Mira hinter Sayeth stehen. Hatte Mira tatsächlich Sayeth vorgeschickt? Das war doch sonst gar nicht so ihre Art.
Sie wusste nicht so genau, ob sie sauer sein sollte oder nicht, eigentlich fühlte sie sich noch immer hintergangen, weil ihre Freundin sie einfach hatte sitzen lassen, andererseits war es scher für Niyah diese Wut nicht schnell wieder abflauen zu lassen, nach einer heftigen Zorneswelle fühlte sie sich höchstens schlecht, weil sie überhaupt auf jemand anderen wütend war, aber es war ja dieses Mal berechtigt.

"Auf mich wolltest du nicht hören", gab Mira kleinlaut zur Antwort, so leise, dass es im Lärm der Taverne unterzugehen drohte. Sie schaffte es nicht, Niyah dabei auch nur ansatzweise anzusehen, ihr Blick war schuldbewusst zu Boden gesenkt. Sie musste wie ein Häufchen Elend wirken und ebenso fühlte sie sich auch. "Hör ihr doch wenigstens zu, wenn du meine Entschuldigung von mir schon nicht akzeptieren willst..." Unwillentlich zog sie die Nase hoch. Sie spürte, wie ihr erneut die Tränen kamen, doch sie kämpfte sie eisern nieder.

Sayeth seufzte. Wie konnte man nur so unheimlich ... zickig sein?!
Sie zog Mira zu sich und legte einen Arm um sie. "Also hört mal. Das Ganze war doch ein Missverständnis und Evarim ist ja nun auch nicht so eine absolut schreckliche Person, dass er es wert wäre, eine ganze Fehde auf ihm aufzubauen!", meinte sie nun doch leicht genervt von dem lächerlichen Streit.
"Also vertragt euchd och wieder, bitte!"

Niyah wusste nicht, was sie tun sollte. Irgendwo wusste sie, dass Mira es nicht mit Absicht gemacht hatte, aber dann war da die Seite, die trotz allem sauer war, weil man sie mit Evarim allein gelassen hatte.
„Wenn du mich noch einmal einfach so mit Evarim allein lässt und nicht zurückkommst und mich dort vergisst, dann verzeihe ich dir das nicht, verstanden?“, erklärte Niyah und machte einen Schritt auf Mira zu und nahm sie in den Arm.
„Pass auf, Evarim wird dir noch ein Geschenk machen, nur so als Vorwarnung!“, flüsterte sie der Freundin zu. Eigentlich wäre es eine nette Rache gewesen, einfach nichts zu sagen, aber sie hatte wirklich Angst, dass Mira vor Schreck in Ohnmacht fallen würde, wenn Evarim sie damit überraschte.

Dankbar erwiderte Mira die Umarmung, den Kopf gegen Niyahs Hals gedrückt. Unendliche Erleichterung, dass die Freundin nun doch bereit war, zu verzeihen, durchströmte sie und für einen Moment gelang es ihr, alles um sich herum einfach auszublenden. Bis der Name 'Evarim' fiel. Sogleich waren die unangenehmen Erinnerungen wieder da und das Schamgefühl, das sie bei jedem Treffen mit dem jungen Mann überfiel, verdrängte die Erleichterung. "Warum will er mir denn was schenken?", fragte sie und Verwirrung begann sich breit zu machen, "Ich... ich glaube nicht, dass ich das will. Ich wollte ihm eigentlich aus dem Weg gehen..." Kurz hielt sie inne. Niyah wusste das natürlich. Ihre Warnung würde nicht von ungefähr kommen. "Er ist noch hier", hakte sie nach, "Oder?"

„Ich habe keine Ahnung ob er noch hier ist!“, gestand Niyah, „Ich sollte ihm helfen das passende Schmuckstück für dich rauszusuchen, weil ich dich ja gut kenne. Er hat irgendeinen Schatz erbeutet und wollte dir was davon geben. Ich glaube, die Kette, die ich ausgesucht habe dürfte dir durchaus gefallen. Wann er die die geben will, weiß ich aber nicht!“
Hatte sie zu viel verraten und Evarim die Überraschung damit kaputt gemacht? Andererseits wäre es nachher so eine große Überraschung für Mira gewesen, dass diese am Ende noch einfach nicht sprechend dagestanden hätte und das wäre auch keine besonders schmeichelhafte Entwicklung für Evarim gewesen. Nein, so was es schon besser, Mira war vorgewarnt und würde nicht ganz so sehr überfallen werden.
Jemand rempelte Niyah von der Seite an und sie seufzte leise.
„Wollen wir uns nicht eine ruhigere Ecke suchen? Mitten im Eingang ist doch irgendwie doof!“

"Wollen wir nicht einfach gehen?", schlug Mira vor, schüchtern, aber bereits wieder gefestigter als noch zuvor, "Wir können zu mir. Ihr könnt bei mir schlafen, in der Stadt werdet ihr ohnehin nichts mehr bekommen. Und irgendwie ist mir der Sinn inzwischen nicht mehr wirklich nach feiern... Machen wir damit lieber morgen weiter..." Zu viel Unangenehmes war geschehen, als dass sie sich nun wieder unbeschwert ins Nachtleben hätte stürzen können. Niyah mochte ihr vergeben haben, aber die schiere Tatsache, dass sie gestritten hatten, belastet noch immer Miras Gemüt und hatte ihr die Lust an den Festivitäten des heutigen Abends gründlich verdorben. Sie würde mindestens eine Nacht darüber schlafen müssen, ehe sie es verwunden hatte. Und dann war da noch die unangenehme Ahnung, dass Evarim irgendwo hier lauerte und einen Anschlag auf sie zu verüben gedachte. Sie wollte sich nicht von ihm beschenken lassen. Sie würde es kaum ablehnen können, aber es gab keinen Grund für ihn, ihr überhaupt ein Geschenk zu machen. Mira wusste genau, dass sie sich schlecht fühlen würde, egal wie sie reagierte. Sie fühlte sich immer schlecht in Evarims Gegenwart. Es war ja nicht mal wegen ihm, es war wegen ihr selbst. Sie hätte damals einfach nicht mit ihm auf das Zimmer gehen dürfen. Aber was geschehen war, war geschehen und Mira blieb nichts anderes, als es zu verdrängen zu versuchen. Konnte Evarim das nicht verstehen? Konnte er sie nicht einfach in Frieden lassen?

Niyah atmete einmal erleichtert durch. Sie konnte endlich aus diesem Gedränge verschwinden? Die Aussicht stimmte sie fröhlich. Sie mochte es nicht, wenn so viele Menschen auf einem Haufen waren, andererseits war eben einfach jeder da, da konnte sie nicht einfach nicht herkommen, dafür hatten ihre Eltern schon gesorgt und sie überredet, aber wenn der Vorschlag zu gehen, jetzt von jemand anderem kam, dann war ja alles in Ordnung.
„Oh ja, lasst uns an die frische Luft und dann weg, hier drin ists mir ohnehin zu voll!“, Niyah strahlte wieder begeistert. Plötzlich kam ihr die Luft furchtbar stickig vor, aufgebraucht, und sie wurde sich der Nähe der anderen nur umso deutlicher bewusst. Bei Mira zu Hause war sie schon öfter gewesen und es hatte ihr dort immer gut gefallen.
Sie schaute sich um, Iona war ihr gefolgt, wahrscheinlich war es unhöflich gewesen einfach so abzuhauen, aber sie hatte nicht weiter über den Streit reden wollen. Wer wohl alles noch mit zu Mira kommen würde? Die Einladung war ja relativ offen formuliert, sodass sich quasi jeder angesprochen fühlen konnte.

Es war wirklich wunderbar, zu hören, dass die beiden offenbar vorhatten, sich wirklich wieder zu vertragen.
"Na, dann auf und los zu Mira!", lächelte sie fröhlich. Sie war froh, hatte der Streit ein Ende.
Sie packte also erneut Miras Arm und diesmal grabschte sie auch Niyahs Arm, um die beiden zu Miras Wohnung zu schleppen. Nur leider wusste sie nicht, wo diese war.

Mira, zum Glück, hatte keinerlei Schwierigkeiten damit, den Weg nach Hause zu finden. Sie mochte getrunken haben, sie mochte nach den Ereignissen des Tages ziemlich durch den Wind sein, aber den Weg durch die Straßen von Curtis hätte sie auch blind noch gefunden. Dies war schließlich ihre Heimat, in der sie aufgewachsen war und den Großteil ihres Lebens verbracht hatte. Das Haus der Familie D'avahir lag ein wenig abseits, am Stadtrand, aber war groß und geräumig. Miras Eltern waren durchaus als wohlhabend zu bezeichnen. So weit vom Stadtzentrum entfernt waren die Feierlichkeiten bereits merklich abgeklungen und nur noch wenige Ankinu waren auf der Straße unterwegs, als Mira schließlich für ihre Freundinnen aufschloss und sie ins Haus und anschließend eine Treppe nach oben bat. Miras Zimmer lag in der Dachetage des Hauses, unmittelbar unter einer zu großen Teilen verglasten Schräge, durch die nun der sternenklare nächtliche Himmel zu beobachten war. Ein großes Federbett stand zentral darunter.
"Macht es euch bequem", bat Mira ihre Begleiterinnen und wies einladend durch den gesamten Raum, "Ich sehe zu, dass ich noch mehr Decken und Kissen auftreiben kann." Und gleich darauf war sie schon wieder durch die Tür des Zimmers hinaus gehuscht.

Niyah wollte Mira gerade noch anbieten mitzuhelfen, die Decken zu holen, oder aber sie davon abhalten überhaupt wegzugehen, doch der Wirbelwind war schon wieder verschwunden, ehe Niyah den Mund aufgemacht hatte. Wahrscheinlich war dies einfach eine Taktik von ihr, die Gäste von irgendwelchen Bemühungen abzuhalten.
So schaute Niyah sich in Miras Zimmer um, auch wenn sie dieses schon öfter gesehen hatte. Es war größer als ihr eigenes und viel geräumiger. Niyah liebte die verglaste Schräge, die einen perfekten Ausblick auf den sternenklaren Nachthimmel bot. Sie könnte Stunden damit verbringen, einfach in die Nacht zu gucken, die Sterne und den Mond zu beobachten. Wie viel würde sie dafür geben, ihr Zimmer im Baumhaus auch mit einem Glasdach ausstatten zu können.
Schließlich, nachdem Niyah ihren Blick durch den Raum hatte gleiten lassen, schaute sie schnell Sayeth an, nur um dann wieder weg zu schauen.
„Na…wie…wie geht es dir so?“, erkundigte sie sich leise. Was sollte sie zu ihr sagen? Sollte sie was zu ihr sagen. Verdammt. Sie hätte doch Mira folgen sollen.

"Mir gehts super", grinste Sayeth. Warum sollte es ihr auch anders gehen? Sie hatte gefeiert, was getrunken, ihre Kollegin verstand sich wieder mit Nyiah, war doch also alles in Butter.
"Und du? Bist du müde?"
Sie setzte sich auf einen herumstehenden Stuhl und versuchte mit den Händen ihre Haarpracht zu ordnen.

Müde. Niyah horchte in sich hinein. Doch, ihre Knochen waren schwer, ihre Augen wollten zufallen. Eigentlich war sie eben noch hellwach gewesen, aber jetzt, wo Ruhe eingekehrt war, wo sie die Musik nicht mehr hörte und die Menschenmassen weg waren, da kam auch ihr Körper langsam zur Ruhe. Und wenn das Adrenalin verschwand, dann blieb da nur noch die Müdigkeit.
„Ja, ich bin tatsächlich ein wenig müde!“, sie lächelte schief, ungefähr in Syaeths Richtung, „Heute war ein langer Tag, bin erst seit heute hier, war vorher meine Eltern besuchen, hatte also ne ziemlich lange Reise.“
Sie ließ sich langsam auf Miras Bett sinken und seufzte erleichtert auf. Ja, das war schon viel angenehmer als noch weiter zu stehen.

"Ich denke, wir können alle drei in meinem Bett schlafen. Es sollte groß genug sein", kommentierte Mira, die in eben jenem Moment mit einem Arm voller Decken zurück kam und Niyah auf der Bettkante sitzend vorfand. Sie ließ die Decken neben der Freundin auf das Bett fallen und blickte ein wenig unschlüssig von einem der Mädchen zum anderen. Niyah wirkte der Erschöpfung nahe, Sayeth dagegen eher so, als ob sie noch ein wenig aufbleiben wollen würde. "Ich hole uns noch eine Kerze", verkündete sie schließlich, "Und wir sollten im Keller noch eine Flasche süßen Himbeerwein haben. Die hol ich, dann können wir sie rum gehen lassen bevor wir uns schlafen legen." Nun, in den eigenen vier Wänden, gelang es Mira langsam, den Gram des Abends hinter sich zu lassen und langsam blühte sie wieder zu ihrem leichtherzigen, geselligen Selbst auf. Ein breites Grinsen legte sich auf ihre Züge als sie abermals das Zimmer verließ und mit leichtem, hüpfendem Tritt die Treppe hinab ging. Das würde noch eine lange Nacht werden!

Niyah schaute Mira einen Augenblick lang nach. Sie sollten zu dritt in einem Bett schlafen. Oh, das würde kuschelig werden, nicht, dass sie da ein Problem mit hatte, aber doch, es würde kuschelig werden.
Die Idee noch Himbeerwein zu holen, gefiel Niyah allerdings, den süßen Wein trank sie sehr gerne, auch wenn sie nur wenig Hoffnung hatte, dass dieser sie wieder wacher machen würde, sie musste sich einfach selbst noch ein bisschen motivieren.
„Wie lange bist du eigentlich schon hier?“, erkundigte sie sich bei Sayeth, während sie ein Gähnen unterdrückte, "Schon von Anfang an, oder bist du auch erst später nachgereist?"
 Kurz schüttelte Niyah den Kopf und rieb sich die Augen, das Gähnen konnte sie nicht mehr unterdrücken, aber sie würde jetzt garantiert noch nicht schlafen, wenn sie anderen beiden noch wach bleiben wollten, es war immer langweilig, die erste zu sein, sie schlafen ging. Im Zweifelsfall verpasste man den ganzen Spaß.

"Ach, ich bin erst heute gerade gekommen. Musste noch ein grosses Monster erledigen", grinste sie. "War ein wenig abseits der Insel, daher hab ich es erst mitgekriegt, als ich wieder auf dem Festland war", meinte Sayeth.
"Wo hast du denn MIra nochmals kennengelernt?" Sie kannte so viele Leute, da konnte sie sich kaum merken, wer wann wo was gemacht hatte.