Herz von Ranequia - MSG

"Medea, sei mir gegrüßt", begrüßte Gizo die andere Göttin freundlich. Er war sich nicht sicher, ob er sie mochte. Sie achtete viel zu sehr auf Sauberkeit und er viel zu viel auf Effizienz, wobei die Sauberkeit ganz gerne mal unter den Teppich gekehrt wurde. In jedem Fall war sie eine willkommene Begleitung. Er war zwar unsterblich, aber trotzdem war das Wiedererscheinen am Herzen keine angenehme Sache. Die Unsterblichkeit nahm nichts von den Schmerzen weg. Letztes Mal war er langsam aber sicher in einem Lavastrom verbrannt, das war viel unangenehmer gewesen. Das hatte man davon, wenn sich beide Beine und Arme brach bei dem Versuch einen Felsenwurm aufzuhalten.

Die Götter schritten zügig aus und erreichten bald das Haus, wo Gizo gestorben war. Die Tür war wieder fest verschlossen. Gizo deutete darauf.
"Hier war es. Es muss direkt hinter der Tür passiert sein. Ich bin nicht sonderlich weit in das Haus gekommen, bevor ich den Boden geküsst habe."

Medea war überrascht... Nartuuk hatte bei der Errichtung seines Reiches ganze Arbeit geleistet. Alles war enorm ordentlich gehalten, aber dennoch... überall Unreinheit... Andere sahen es nicht, die Göttin der Makellosigkeit jedoch achtete äußerst penibel darauf. Hier ein klein wenig Schmutz... dort eine winzige Menge Staub... und vor allem Sterbliche die im Großen und Ganzen auch nur Dreck produzierten.
Dennoch fühlte sich Medea hier deutlich wohler als draußen in der ekelerregenden Wildnis...
Als Sanel diesen Namen erwähnte, da senkte sie kurz den Blick... Zurana... die Jahre nach dem Vorfall am Herzen waren so schmerzhaft gewesen. In der kurzen Zeit waren sie damals zu besten Freundinnen geworden, doch Zurana veränderte sich nach dem Wandel und schlug einen Weg ein der von befremdlichen Chaos erfüllt war.
Dennoch... irgend eine Stimme in Medea hegte den Wunsch sie nach so langer Zeit sehen zu können, reden zu können... doch die andere Seite in ihr lehnte sie einfach nur ab.
Kurz blickte die Göttin zu dem unsterblichen Mädchen... ob sie sich noch an sie erinnerte? Sie hatten sie damals aus den Fängen des Totenkultes am Herzen befreit. Doch Medea erinnerte sich nicht mehr an ihren Namen...
Schließlich wandte sie sich doch Nartuuk und Gizo zu, vor beiden neigte sie leicht das Haupt als ein gewisses Zeichen des Respekts, doch ihr Mund blieb geschlossen.
So folgte sie eher beiläufig und als es dann galt dem Goblingott zu folgen, erreichten sie ein Haus...
Mit geschultem Blick, beinahe so wie damals ihr Handwerk als kaiserliche Agentin noch ausübend, schaute sie sich das Gebäude an und überlegte kurz. "Wenn ihr wünscht... sehe ich es mir einmal an...", meinte sie schließlich kühl. "Für dies wurde ich doch hierher gebeten... oder benötigtet ihr lediglich einen weiteren Zuschauer?"


Nach kurzer Zeit des Nachdenkens, nickte Zurana schließlich langsam. "Ich denke nicht, dass sie in Säcken ausgeliefert werden... Ich werde den Auftrag an meine treue Camora weitergeben, sie kümmert sich um alles weitere. Jedoch bedenke... diese braven Einwohner Kalthafens werden nicht mehr arbeiten als sonst um diesen Auftrag zu erfüllen, sie werden ihre anderen wichtigen Aufgaben, wie zum Beispiel das Brot für das Volk, nicht außer Acht lassen für eine solch vergleichsweise unwichtige Feierlichkeit. Ihr werdet euch damit zufriedengeben was sie bewältigen können und... eine angemessene Bezahlung für diese hart arbeitenden Menschen versteht sich hoffentlich von selbst.", erklärte die Aschengöttin und machte damit deutlich ihren Standpunkt klar.
Dies war einer der Gründe wieso die zufriedenen Einwohner Kalthafens so sehr hinter ihrer Herrin standen... trotz ihrer oftmaligen Zerstreutheit, setzte sie sich stets für jeden einzelnen ihrer Sterblichen ein und pochte auf unabhängige Fairness.

"Nichts da! Das ist mein Reich, mein Haus und meine Untertanen, die dies zu verschulden haben. Also werde ich mich darum kümmern", sagte Nartuuk. Mittlerweile hatte sich um die Gruppe Götter auch eine Menschentraube gebildet. Drei der Maschinenwächter bahnten sich einen Weg durch die Menge und gesellte sich zu ihrem Erschaffer. Nartuuks Wut schien masslos zu sein.
Das Haus, das völlig aus den Elementen bestand, deren er sich damals bemächtigt hatte löste sich sprichwörtlich in seine Einzelteile auf. So wie es einst erbaut worden war, wurde es nun wieder abgerissen. Natürlich war Nartuuk dabei schön ordentlich. Er stapelte die Ziegel auf der Strasse nebeneinander, die Steine aufeinander, das Gold kam auf einen Haufen. Die Mörder würden sich zu erkennen geben. Wenn sie denn noch da waren.

Es war durchaus faszinierend, wie der andere Gott selbst in seiner Wut noch so unglaublich geordnet und durchdacht vorging. Hatte er denn etwa im Sinn, mit dem Material gleich ein neues Haus zu erschaffen, so sorgfältig, wie er es ordnete?
Sanel seufzte tief und irgendwie schien ihm das inzwischen überhaupt keine gute Idee mehr zu sein. Wenn sie einen Gott ohne Vorwarnung töten konnten, was hielt sie denn davon ab, noch weitere zu ermorden? Er wollte eigentlich nicht erneut am Herzen sitzen.
Das Haus war dank Nartuuks Kräften schnell abgebaut. Aber je mehr von ihm enthüllt wurde, desto weniger sah es danach aus, als würden sich die Verantwortlichen noch hier befinden. Eigentlich sah es sogar nicht einmal aus, also ob das Haus überhaupt bewohnt wäre. Nur die nötigsten Möbelstücke befanden sich darin und nichts deutete darauf hin, dass heute jemand darin gewesen sei.


Erst blickte Milian erstaunt die Aschengöttin an, dann aber lachte er auf und klopfte ihr auf die Schulter.
"Zurana, du bist vielleicht ein wenig vom Wind verstreut worden mit den Jahren, aber gewieft bist du definitiv geblieben. Ich werde natürlich gut und reichlich für die Kostbarkeiten bezahlen. Ich bin schliesslich ein Mann von Ehre und so."
Er nickte bestätigend ab seiner eigenen Worte und musterte Zurana dabei von oben bis unten.
"Hm.. du bist irgendwie kleiner, als ich es in Erinnerung hatte. Seltsam."

Das Geschehen brachte Gizo ein wenig zum Schmunzeln. Während sich die Ziegel in säuberlichen Reihen stapelten, Fenster sanft aufeinander gelegt wurden und die Rosenbüsche aus dem Garten in Reih und Glied standen wie kugelrunde, dornige Soldaten. Und natürlich die zwei Leichen, die... Auf Gizos Rücken würden sich alle Haare aufstellen, wenn er noch welche hätte. Die Leichen sahen etwas älter aus, als hätten sie schon ein paar Tage im Garten verscharrt gelegen.
Aber das hier war Nartuuks Theater und er nur ein Bühnenarbeiter. Der andere Gott würde die beiden schon bemerkt haben. Und es war definitiv Lord Gustrov. Aber wenn der schon seit ein paar Tagen tot war, wer hatte ihn dann an der Tür in Empfang genommen.

Entsetzt sog Viola die Luft ein, als sie die beiden Leichen sah. Es war lange her, das sie das letzte Mal Tote gesehen hatte und auch damals war das kein schöner Anblick gewesen. Viola hatte mehr damit gerechnet, das sich ihnen hier Verräter offenbaren würden - oder vielleicht auch einfach Leute, die vor dem Schmiedegott Angst hatten und gehofft hatten, wenn sie ihn töten würde er sie in Ruhe lassen. Leichen... Damit hatte sie nicht gerechnet.

Auch Sanel sog scharf Luft ein. Leichen machten ihm schon lange nichts mehr aus. Dennoch war der Anblick dieser Leichen bedrückend. Er blickte von Nartuuk zu den anderen und hob dann knapp die Hand.
"Wenn ich die Erlaubnis habe-"
Er glaubte kaum, dass ausgerechnet Medea sich den Leichen nähern wollte. Shera wohl auch nicht. Gizo vielleicht und Nartuuk in seiner Momentanen Wut bestimmt, aber helfen würde ihnen das nicht viel. Also trat der Gott der Leere vor und zwischen die schön sortierten Trümmer hin zu den Leichen, um sich neben einer anderen hinzuknien und sie genau unter die Lupe zu nehmen, auch an diversen Stellen zu berühren umzudrehen und zu testen. Seine Finger hinterliessen hier und da kleine, zusätzliche Schäden, beinahe wie Fingerabdrücke. Die Bewegung förderte sicher auch den Gestank, aber ihm fiel das nicht auf, selbst als unter seinen Fingern so etwas wie kleine Eiterblasen am Gesicht der Leichte aufplatzten.
"Hm.. Das sind mindestens zweiundsiebzig Stunden. Äussere Gewaltakte, die zum Tode geführt hätten, sind keine sichtbar, aber, wenn ich mir einige Dinge genauer ansehe.. könnte ein Gift gewesen sein. Für genauere Befunde müsste ich sie jedoch.. na ja. Genauer untersuchen."
Er wusste ja nicht, wie Nartuuks Leute mit ihren Toten umgingen. Da wollte er seine Wortwahl zügeln, ehe er irgendjemanden verletzte.

Die Göttin der Makellosigkeit hatte auf die äußerst patzige Antwort Nartuuks lediglich geschwiegen, sollte er sich doch auf sein Verlangen hin um sein ebenso unreines Reich selbst kümmern... Sie hatte sich überreden lassen hierher zu kommen und bis jetzt tat sie nichts anderes als es zu bereuen. Sie sehnte sich nach den reinen Gängen und der sauberen Luft Elysias...
Medea folgte Sanel mit etwas Abstand als er sich den Leichen näherte... es war sehr lange her seitdem sie das letzte mal Tote gesehen hatte, alles in allem bewegte dies aber immer noch wenig in ihr.
Diese seltsame Aura welche von Sanel ausging, Medea bemerkte sie nun zum ersten mal wirklich... sie wirkte sich auf die Leichen aus. Süßlicher Verwesungsgestank stieg von ihnen auf...
So verzog Medea kurz das Gesicht, ging an Sanel vorbei und musste bei einer Häuserwand erneut in die Knie gehen um sich zu übergeben. Aber erneut passierte nicht viel außer dem Würgereiz und den Tränen welche sich in ihren Augenwinkeln sammelten.
Medea fühlte nichts anderes mehr als Ekel...


"Kleiner als in deiner Erinnerung...?", fragte sie ein wenig verwirrt mit hochgezogenen Brauen. "Hast du vor deiner Ankunft getrunken...?"

Nartuuk kam nun auch etwas näher. Er starrte die Leichen an und man konnte ihm dabei gut ansehen, dass es ihn hart traf. Warum war so etwas in seiner Stadt geschehen?
Nun war auch sein Volk langsam am Murmeln und Flüstern.
"Genauere Untersuchungen?", hakte er nach, wobei er etwas nervös Medea dabei beobachtete, wie sie krampfhaft versuchte, sich zu übergeben.

"Ganz recht", bestätigte Sanel und erhob sich. Da seine Hände schmutzig waren und er sie nirgends effektiv sauber wischen konnte - ausser vielleicht an Medea, aber das hätte wohl zu einer Götterdämmerung geführt -, konzentrierte er sich einen Moment und liess sie von der Leere sauber lecken. Ein Balken, der einmal die Decke im Raum gehalten hatte, stürzte als Reaktion auf die Tat in sich zusammen und der obere Teil landete auf einer der Leichen, was diese ein wenig zum Spritzen brachte. Da sie schon mehrere Tage alt war, wollte man wohl lieber nicht wissen, was da genau spritzte, und ob es wirklich lediglich spritzte, oder aktiv auf der Flucht war.
"Eine genauere Untersuchung mit.. bestimmten Werkzeugen. Natürlich nur, wenn das für euresgleichen und eure Kultur auch so recht ist. Aber gerade in Zusammenhang mit Gizos 'Zufall', würde ich dringend dazu anraten, eine solche zu erlauben."
Medea war schon wieder am würgen? Ach herrje. Diesmal würde er bestimmt nicht seine Hilfe anbieten. Wäre sowieso verschwendet. Es war seltsam, aber irgendwie tat sie ihm nicht einmal mehr leid. Es gab gerade einfach Wichtigeres als eine heikle Göttin, vor allem, wenn diese so undankbar war.


Milian lachte hell auf und liess noch ein wenig von dem schönen Aschenstaub vor ihren Füssen in einen gasförmigen Zustand übergehen, um ihn sich unbemerkt in die Tasche gleiten lassen zu können.
"Aber nicht doch. Ich habe so einige Schwachpunkte, aber übermässiges Trinken gehört nicht dazu. Ich weiss sehr gut, was ich tu und wann ich es tu. Und ich weiss auch, wann ich Fehler begehe, wie in diesem Fall. Ich weiss nur noch nicht, ob ich ihn auch korrigieren werde. Es fällt eigentlich und wahrscheinlich auch gar nicht auf. Aber zurück zum eigentlichen Thema. Wann werde ich die Kekse erhalten? Muss ich sie abholen, oder werden sie eventuell auch geliefert?"

Der Brechreiz ließ kaum noch nach, erst als Medea sich in Gedanken besinnte und an die Worte dachte welche Sanel vor kurzem zu ihr gesagt hatte konnte sie sich langsam beruhigen. Dies alles vor dem sie sich so sehr fürchtete... es konnte ihr in Wirklichkeit nichts anhaben... dabei dachte sie an die Zeit bevor sie zu einer Unsterblichen wurde. Wie oft war sie damals durch staubige Gänge gekrochen oder hatte sich durch den Dreck gewälzt? Sie erinnerte sich...
Schließlich war sie erfolgreich darin den Ekel zu unterdrücken und schluckte erst einmal.
Vorsichtig richtete sie sich wieder auf und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, bevor sie sich umwandte und sich langsam wieder zu Sanel und den Leichen bewegte.
Sie ging neben ihm in die Hocke und vermied es durch die Nase einzuatmen. "Ich... entschuldigt mich. Ich habe eben daran gedacht was ihr mir vorhin gesagt habt... es hat mir sehr geholfen. Ich... danke... glaube ich.", sprach sie schließlich und wurde dabei etwas rot um die Wangen.


Die Göttin der Asche winkte lediglich ab. "Mach dir keine Sorgen um den Transport... gib mir lediglich einen Termin und einen Ort auf einem Stück Pergament welches ich an meine Camora weitergeben kann, sie wird sich organisatorisch um alles kümmern. Alles weitere mit der Bezahlung klären wir nachdem alles erledigt wurde.", erklärte sie Milian bevor sie die Arme hinter dem Rücken verschränkte und sich am Hofe ein wenig umsah.
Es war sehr ruhig, lediglich ein paar Akolythen und Skarabäenwachen welche sich ihre Freizeit vertrieben...
"Gibt es sonst noch etwas was ich für dich tun kann?", fragte sie schließlich.

Sanel blickte auf und zu ihr hin. Ihre Bemerkung, erst recht die letzten Worte, kamen schon sehr überraschend seiner Meinung nach. Aber tatsächlich in einem positiven Sinne. So konnte er sich auch ein Lächeln aufzwingen.
"Das ist doch schön. Es wird sich schon noch bessern. Einfach nichts überstürzen, langsam Stück für Stück vorwärts und dann klappt es irgendwann auch wieder von Anhieb an."
Er zögerte kurz und sah noch einmal zu Nartuuk.
"Du kannst mir sonst auch gerne bei der Untersuchung behilflich sein, insofern du dich von deinem früheren Leben her mit Giften auskennen solltest. Natürlich nur, wenn die Untersuchung erlaubt wird."
Ihre erste Haltung ihm gegenüber hatte ihn zwar schon erschüttert und irgendwie beleidigt, auch wenn er das nie zugegeben hätte. Aber wirklich böse konnte er ihr deswegen trotzdem nicht sein, denn eigentlich wusste er ja, dass sie es nicht böse meinte.


"Gut, dann machen wir das so", stimmte Milian ihr zu und steckte die Hände in die Taschen, während er sich den Hof ein wenig genauer anschaute. Sie lebte ja eigentlich schon ganz schick hier. Ein wenig eintönig, aber was da war, war sehr schön in der Architektur.
"Hm, nein, eigentlich wäre damit alles geklärt für den Moment. Aber sag mal, Zurana. Wie funktioniert das zwischen dir und 'deiner' Camora eigentlich genau? Wie muss ich mir das vorstellen? Du hast ja doch einen ziemlich grossen Hofstaat, der dir zu Füssen liegt. Muss recht Spass machen, so viel Befehlsgewalt."

"Verstehe ich das richtig? Du willst ihre Körper aufschneiden?", fragte Nartuuk. "Ernsthaft? Was will man da denn schon feststellen können? Gift sieht man doch nicht in einem Körper ..."
Er fühlte sich dabei irgendwie nicht so wirklich wohl. Man sollte sie verbrennen und ihre Asche von den Inseln werfen, so wie es sich gehörte. Die Mörder hätte man seinetwegen gerne aufschneiden können. So eine ruchlose Tat!

Medea nickte lediglich schweigend und schaute dann wieder zu der Leiche, bevor sie anschließend ihren Blick erneut hob und zu Nartuuk fahren ließ. "Mir ergibt sich nicht ganz der Sinn was wir hier herauszufinden versuchen... aber wenn es um Gifte geht... Bei den Morin nutzten wir verschiedene Arten von Toxinen, manche eher harmlos, andere durchaus als potent zu beschreiben. Es gab stets ein sehr einfaches Verfahren um viele jener Toxine kategorisieren zu können, nämlich mit Gulpustinte. Sie enthält eine Verbindung aus Proteinen, mischt man durch Gifte kontaminiertes Blut hinzu, so verfärbte es sich oder beginnt zu klumpen.", erklärte sie ihnen.
Die Göttin wusste nicht wie es jetzt in dieser Zeit darum stand, doch diese einfache Tinte konnte man damals in jeder Stadt oder Ansiedlung des Kaiserreiches käuflich erwerben.
"Aber wie Sanel sicherlich auch weiß, erkennt man viele Wirkstoffe auch am Verhalten des Körpers nach dem Tod... verfärbte Lippen, eine verfärbte oder aufgerissene Zunge, getrocknetes Blut innerhalb der Nase verursacht durch geplatzte Adern, verfärbte Augen, mit Blut unterlaufene Augen oder sogar milchig gewordene Pupillen durch Stockung, verfärbter oder harziger Schweiß, Blutergüsse an einigen Stellen des Körpers... vielleicht muss man sie gar nicht sezieren.",, meinte Medea und war über sich selbst erstaunt was ihr nach all der Zeit noch einfiel.


Zurana fühlte sich zwar ein wenig geschmeichelt, tat es aber mit einem Schmunzeln recht gelassen ab. "Man wächst hinein... man wird es gewohnt... an Befehlsgewalt liegt mir nichts.", begann sie dem anderen Unsterblichen zu erklären. "... und was deine andere Frage betrifft. Es ist lediglich eine Tradition in meinem Reiche, aber siehst du das Mädchen dort?", fragte sie ihn und deutete in Richtung der Treppe zum hohen Tempel, vor dessen direkten Haupteinganges eine hochgewachsene Frau sich mit einem der Erwachten unterhielt. "Die Camora ist eine in Staubtal sehr angesehene Familie und es ist Tradition, dass junge Camora sehr früh in den Dienst am Hofe wechseln und irgendwann zu meiner persönlichen Gehilfin und Vertreterin werden. Es ist... arge Gewohnheit diesen Begriff so selbstverständlich zu benutzen, verzeih... unsere Bräuche und Riten sind wohl allesamt für Außenstehende etwas befremdlich."

Ein Funke löste sich von Gizos Hand und schwebte zu den Toten. Das Flämmchen zuckte mal hier hin und mal dort hin, blieb aber schließlich über der Brust der beiden Toten stehen. Der Schmied hatte sich auf einen Hammer gestützt, gebeugt, die Augen geschlossen. Es mochte den Umstehenden seltsam erscheinen, aber selbst als Gott betete Gizo noch manchmal, auch wenn er sich nicht sicher war, zu wem.
"Das sind der Lord und seine Frau. Ich habe sie besucht. Ich habe ihm ein Zierschwert geschmiedet."
Die Beiden hatte er gemocht. Sie hatten ihm immer etwas zu trinken angeboten bei seinen Besuchen und waren Bilder der Höflichkeit gewesen.

Sanel nickte zustimmend auf Medeas Erklärungen hin.
"Genau das ist es eben. Die Merkmale, die ich äusserlich feststellen kann, sind zu offen in ihrer möglichen Herkunft, um ohne weiteres eindeutig mit der definitiven Todesursache verknüpft werden zu können. Der Täter scheint gut gewusst zu haben, wie er vorgehen sollte. Entweder, er hat ein sehr subtiles oder weniger bekanntes Gift verwendet, oder es war etwas ganz anderes. Die Gifte der Morin wären bestimmt schon einmal eine Spur, der man folgen könnte, insofern du denn ihr Mitwirken in Betracht ziehst, Medea."
Er sah kurz zu ihr, ehe er schon wieder bei Nartuuk war, den es hier schliesslich zu überstimmen galt.
"Es geht weniger darum, das genaue Vorgehen des Täters herauszufinden, weil wir hier zwei Tote haben -wie tragisch das auch sein mag-, sondern darum, dass es noch mehr von deinem Volk oder auch anderen Nationent treffen könnte. Zumindest, falls dieser Mord wirklich mit dem Attentat auf Gizo in Verbindung steht. Und selbst wenn es sich als eine Sackgasse herausstellen sollte, so könnten wir einen Hinweis finden, der uns zu den Schuldigen führt. Das wäre doch auch in deinem Sinn, Nartuuk."
Vielleicht war es auch kein Gift, sondern eine Krankheit? Oder Magie? Wer es auch getan hatte, er hatte wohl gewusst, dass Nartuuk kein grosses Interesse an weiterer Nachforschung haben würde.


"Nein, nein, nicht doch", winkte Milian ab. "Das hört sich gut an, sollte ich mir vielleicht auch irgendwann zulegen. Du hast dir schliesslich auch eine sehr hübsche Camora ausgesucht. Kaum zu vergleichen mit der Ansehnlichkeit bestimmter Gottheiten, aber doch, doch. Mir gefällts."

Nartuuk wirkte nicht wirklich überzeugt. Hinter ihm stand sein Volk, das es sicherlich nicht verstehen würde, wenn er diese Leichen sezieren liesse. Und andererseits. Er war ihr Gott. Sie hatten es zu akzeptieren.
Nervös kaute er auf seiner Unterlippe herum.
"Und wie lange soll das dann dauern? Kann man sie danach noch verbrennen...?"

"Natürlich kann man sie danach noch verbrennen. Ich will sie mir doch nur genauer anschauen und nicht in in Säure auflösen", seufzte Sanel.
Wenn das noch lange so weiterging, sank seine Motivation so tief, dass er sie vielleicht tatsächlich einfach auflöste und so tat, als würde ihr Problem nicht existieren. Er hätte in dieser Zeit so viele bessere, gute Laune versprühendere Dinge tun können. Oder gar nichts. Wahrscheinlich hätte er gar nichts getan. Aber immerhin wäre er von diesem Wahnsinn verschont geblieben. Die Götter, die nicht zur Versammlung gekommen waren und auch nicht auf die Ansammlung am Herz geachtet hatten, die wussten wohl schon wieso.

Der Boden vibrierte leicht. Die anderen bemerkten es wahrscheinlich nicht einmal, aber Gizo, der in seinen Stollen den Felswürmern hinterher jagte, hatte sich auf so etwas eingestimmt. Wahrscheinlich war das nur ein Erdbeben. Zu spät fiel ihm ein, dass die Stadt schwebte und ein Erdbeben deswegen keinen Sinn machte. Der Goblin fiel wenig elegant auf die Schnauze als irgendetwas aus dem Boden des kleinen Gartens brach und Erde in alle Richtungen verteilte. Die Menge, die bis eben noch still zugesehen hatte, wich einige Meter zurück.
Als Gizo wieder fest genug stand, dass er sich wieder umsehen konnte, fror er an Ort und Stelle fest. Das...Ding vor ihm war riesig, selbst nach menschlichen Standards. Vermutlich war es viermal so groß wie ein Goblin und bestimmt doppelt so groß wie ein Mensch. Auf der hölzernen Maske der Kreatur (denn Gizo war sich ziemlich sicher, dass so etwas nicht einfach entstand) klappten drei grüne Augen auf und fixierten den Goblin.
"GIIIIZOOO!"
Ein baumstammdickes Bein kam herab und zerschmetterte den Goblin, dessen lebloser Körper davongeschleudert wurde. Rollend kam der Körper zum Stillstand auf der Straße, wo er in einer kleinen Stichflamme verging.
Das Wesen streckte kurz die Maske zu Sanel und wandte sich dann desinteressiert ab. Als es jedoch zu Nartuuk war, stellten sich am ganzen Körper der Kreatur Dornen auf.
"NAAAARTUUUUK!", grollte es.

Während Viola noch versuchte, den Schock über die Toten zu verarbeiten, und nicht daran zu denken, wie irgendjemand sie sich "genauer ansehen" wollte, bahnte sich bereits das nächste Unglück an. Während sie versuchten, die Gründe für Gizos letzten Tod zu ermitteln, brachte irgendetwas den Gott noch einmal um - schlimmer noch, es brachte ihn vor den Augen der Sterblichen um, was Violas Verstand dazu brachte, sich nicht rational eine Decke zu suchen, sondern sich zu fragen, was durch die Köpfe der Sterblichen gehen mochte, wenn sie einen Gott auf diese Art sterben sahen. Immerhin war der Körper des Goblins wirklich sehr tot.
Dann erst ging ihr auf, das dieses Ungetüm auch auf die Idee kommen könnte, die Kindgöttin umzubringen. Was dieser ganz und gar nicht behagte. Ihr war heute einfach nicht danach zu sterben. Okay, wann war das denn schon mal der Fall? Bevor das Wesen sie gesehen hatte - zumindest hoffte sie dass das der Fall war - versteckte sie sich hinter einem Stapel Steine, während sie überlegte, wie sie dem Ding beikommen konnte, ohne die Anderen zu gefährden.

Das nächste, das passierte, passierte unheimlich schnell. Da kam etwas aus dem Boden gekrochen. Etwas, das den Schmieden tötete, als wäre der eine Fliege.
Nartuuk war zwar ein Gott, dennoch stellte es ihm dezent die Nackenhaare auf, als das Biest seinen Namen grollte. Er blieb aber an Ort und Stelle stehen. In erster Linie, um sich nicht als schwächer darzustellen als er war.
"Was willst du?", fragte er das Wesen, während sich die letzten Grundmauern des Gebäudes um die Beine der Gestalt schlangen.

Erst verstand auch Sanel nicht, was da passierte. Aber mindestens dann, als die Kreatur erst auf Gizo losging und dann Nartuuk ins Visier nahm, da ahnte er, was los sein könnte. Anstatt Nartuuk jedoch in irgendeiner Weise zu helfen, griff er nach der grösseren Leiche und schleppte sie ein wenig aus der Gefahrenzone heraus. Er wollte die Leiche immerhin noch genauer untersuchen und das Ging nicht, wenn sie Matsch war. Tatsächlich schien die Kreatur ihn bisher auch noch nicht wahrgenommen zu haben. Nartuuk hatte das schon im Griff, jetzt da der Überraschungsmoment vorbei war. Den hatte Gizo sich geschnappt. Armer, armer Gizo.

"DICH!", brüllte die Kreatur und fegte mit einem Hieb einen der Uhrwerksoldaten weg, die auf es zugerückt waren. Als es jedoch einen Schritt auf den verhassten Gott zu machen wollte, bemerkte es die Klammern, die der Gott um seine Beine gelegt hatten. Für einen Moment lang sah die Kreatur aus wie das Nadelkissen einer sehr enthusiastischen alten Dame mit viel Strickzeug. Die Steine wurden pulverisiert als die Kreatur wild um sich schlug.
Ein baumstammgroßer Arm sauste auf Medea zu als das Wesen wild um sich schlug und einen weiteren Uhrwerksoldaten mit dem kreischenden Geräusch leidenden Metalls die Straße hinunter rutschte.

In den ersten Augenblicken war Medea einfach nur starr dagestanden... sie kannte im Grunde nur die Behaglichkeit und Sicherheit ihres Reiches... Elysia... da war es wohl nicht verwunderlich, dass sie mehr als nur verwirrt und auch erschreckt von dem Auftauchen dieser merkwürdigen Kreatur war.
Gizo wurde von diesem Wesen umgehend getötet, nicht gerade angenehm... auch wenn er am Herzen umgehend wiedergeboren werden würde.
Diese Stimme tat einem in den Ohren weh... und so sorgte dieses hölzerne Ungetüm für reichlich Chaos. Schließlich schlug es um sich, dabei geriet nun auch Medea durch ihre Starre in die direkte Gefahrenzone. Aus einem Reflex ihrer sehr alten Gewohnheiten und wohl reinem Überlebenstrieb heraus, ließ sich die Göttin fallen um dem mächtigen Hieb zu entgehen, dabei rollte sie sich hektisch zur Seite und versuchte so mehr Abstand zwischen sich und dieses randalierende Ding zu bringen.
In einiger Entfernung stand sie wieder auf und blickte hastig nachdenkend über den gesamten Platz. Es gab wohl nichts was sie tun könnte... Ob sie dieses Wesen kontrollieren könnte war fraglich... ansonsten hätte sie noch die Bewohner von Nartuuks Reich allesamt auf die Kreatur hetzen können... aber das hätte ihr Nartuuk vermutlich niemals verziehen...
Sie wusste nicht wie sie helfen konnte...


Zurana zuckte lediglich mit den Schultern. "Nun gut, wenn dies alles ist... außer ich kann sonst noch etwas für dich tun?", fragte sie, kniff im Anschluss aber ein wenig die Augen zusammen. Sie verspürte erneut die Präsenz eines Unsterblichen am Herzen... aber so plötzlich... Milian wird es vermutlich auch vernommen haben.
"Ich sollte eigentlich nicht einmal hier sein... Ich sollte bei Sanel, Gizo und Viola sein, welche sich in Nartuuks Reich aufhalten. Aber es schaudert mir die Vorstellung vor einer Begegnung. Zugegeben... so hatte ich es für einen Moment vergessen... oder verdrängt... aber ein ungutes Gefühl bleibt."

Sanel hatte die Leiche unterdessen um die nächste Ecke gebracht und da gegen eine Mauer gelehnt und war nun dabei, die zweite dahin zu schleifen. Dabei sah er, wie Medea ebenfalls beinahe von dem Ding erwischt worden wär. Er verharrte kurz und sah von ihr zu dem Ungetüm und auch kurz Nartuuk, dann zurück zu Medea.
"Wir müssen die Menschen aus der Gefahrenzone bringen, Medea! Kannst du da etwas tun?", rief er ihr zu.
Es war unglaublich, denn auch wenn einige der Bewohner der Stadt mindestens dann, als Gizo von dem Untier zerdrückt worden war, schreiend geflohen waren, so waren noch immer viele in der Nähe, kauerten hinter Stein und Metall und sahen zu, wollten wohl nicht verpassen, wie ihr eigener Gott sich gegen die Bestie schlug. Ihnen war wohl nicht klar, dass Nartuuk sie nicht vor einem zertrümmerten Schädel retten konnte, wenn das Ding einmal einen Schritt zur Seite machte.


Auch Milian blickte nun mehr verwundert als noch verschmitzt wie zuvor drein.
"Ah, ja. Die. Sag mal, verehrte Zurana.. was ist überhaupt los in letzter Zeit? Mir scheint es, ich kann mich auch täuschen, aber seit ich diese eine Versammlung ver..passt habe, klebt ihr alle so ungewohnt arg aneinander und vor allem auch an dem Herzen."
Das war schon sehr verdächtig. Er wollte schliesslich nichts verpassen, wenn die da etwas Grosses planten, für was war er denn ebenfalls ein Gott? Ausser natürlich, es wäre eine Überraschung, speziell für ihn. Aber nachdem einige der Götter bisher nicht so begeistert von seinen Vorschlägen gewesen waren in letzter Zeit.. hmja. Wohl leider eher nicht der Fall.